Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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stempel, m.

stempel, m.;
spätahd. stemphil (s. u. A 1 a), mhd. stempfel, stempel; mnd. stempel, daneben stempe Schiller-Lübben 4, 384ᵃ, mnl. nl. stempel. aus dem mnd. übernommen sind dän. norw. stempel, schwed. stämpel. das čech. stemfel 'stempel, kolben, vorlochstempel, ladestock, stütze' ist entlehnung aus dem dt. stempfel, s. A. Mayer dt. lehnw. im tschech. (1927) 40. zu stampf oder stampfen resp. stempfen, stempen gehörig (s. teil 10, 2, 675; Wilmanns 2, 208); grundform germ. *stampila; frz. estampille, und darnach rumän. stampilă, ist wie ital. stampino selbständig aus entlehntem fränk. *stampôn entwickelt, vgl. Gamillscheg etym. wb. d. frz. spr. 386ᵇ.
form: nd. stempel, md. stempel und stempfel; im obd. steht neben durchgängigem stempfel 'stampfer' eine alte und seltenere bildung stempel mit der bedeutung 'pfahl, stütze, pflock' (s. u. B 1 a, b), die aber auch als stempfl, stämpfl erscheint (s. B 1 a, B 2). offenbar liegen verschiedene bildungen vor; obd. stempfel läszt sich als deverbative ableitung von stampfen bzw. stempfen auffassen, doch vgl. u. B, während obd. stempel nur als direkte ableitung aus germ. *stamb- zu idg. stembh, einer variante von germ. *stamp- zu idg. stemb (s. stampfen), gelten kann (vgl. Walde-Pokorny 2, 623 f.), die auch im nd. als stemmel neben stempel vereinzelt auftaucht (s. u. B 3); vgl. dazu auch obd. stempen, m., stempicht, ¹stempe, f., sowie stumpen, stumpel, stummel teil 10, 4, 399; 400 u. 462, sowie das nebeneinander von tremmel und trempel, krampf, krampe und kramme. für die idg. verwandten vgl. s. v. stumpf, stumpen, m., teil 10, 4, 427. — neben stempel, stempfel steht strempel, strempfel wie strummel neben stummel. — in der nhd. schriftsprache reicht der gebrauch von stempfel bei obd. u. md. autoren bis zur mitte des 18. jhs. (z. b. noch bei Abr. a s. Clara etw. f. alle [1699] 1, 79; Ludwig teutsch-engl. [1716] 1831; Lindenborn Diogenes [Cöln 1742] 2, 565; Triller poet. betracht. [1750] 2, 152), vereinzelt auch bei autoren nd. herkunft, z. b. bei dem Braunschweiger Petri d. Teutschen weiszheit (Hamburg 1604) 2, 308. stempel, bei md. und nd. autoren von jeher gebräuchlich, im 17. und 18. jh. z. t. neben stempfel bei demselben autor (vgl. Schottel haubtsprache [1663] 1422; Stieler 2120; stämpfel, stempel Kramer teutsch-ital. 2 [1702] 906ᵇ; Rädlein [1711] 1, 841; H. Fr. v. Fleming soldat [1726] 432ᵇ), erscheint seit dem 18. jh. auch bei oberdt. schriftstellern: einen stämpel (münzeisen) 1722 Stranitzky ollapatrida 94 Wiener ndr.; seit der zweiten hälfte des 18. jhs. gilt schriftsprachlich nur noch stempel. vereinzelt schwache pluralform stempfeln Lindenborn Diogenes (1742) 2, 565. selten abweichung im genus: das stempel Schopenhauer parerg. u. paralip. (1851) 2, 306; 355; werke 5, 82 Gr. in den heutigen mundarten obd. fast ausschlieszlich stempfel, nur ganz vereinzelt daneben stampl, stæmpl im südl. Elsasz Martin-Lienhart 2, 759; schwäb. mit schriftdt. p öfters bezeugt Fischer 5, 1628; md. stempel J. H. Schmidt Eifel 1, 231; wb. d. lux. ma. 423; Follmann lothr. 496; Hofmann niederhess. 230; Heilig ostfrk. ma. d. Taubergrundes 5 u. andere und stempfel Hertel Thür. 235; Gerret Vogtl. 422; Neubauer Egerl. 99; stempel neben stempfel Müller-Fraureuth obersächs.-erzgeb. 2, 560. als stimpel Haltrich siebenbürg. 91; Kisch vgl. wb. der Nösner ma. 217; Kramer Bistritz. 126; stimpfel Schröer Gottschee 217.
bedeutung und gebrauch.
A.
mit dem bedeutungselement des stampfens.
1)
stampfer, stöszel, kolben, vgl. stampf, stampfe, stampfel, stampfer.
a)
ein keulenförmiges gerät, mit dem gestampft wird, insbes. um etwas zu zerkleinern, am häufigsten als mörserkeule, schlegel: stämpfel im mörsel sive mörselstempel pilum, pistillum Stieler 2120. schon in den spätahd. glossen: stozil vel stemphil pilum 3, 169, 15 St.-S. (summ. Heinrici); stempel (de rebus coquine) pilum 3, 372, 32 (niederdt. 13. jh.); ein moserstempel triterium voc. von 1429 bei Schiller-Lübben 4, 384; der stempel oder stöszer pistillum Alberus nov. dict. genus (1540) 10ᵃ; stosz die ding in einem blien mörsel mit einem blien stempel Petr. de Crescentiis vom ackerbaw (1493) 118ᵇ; die muͦter zerstoszt den senf, sie hat den stempfel in der hand und weltzet in darin umb Geiler v. Keisersberg schiff d. penitenz (1514) 36ᵃ; ohngefehr bey einem mörser, worinn zerstoszener schwefel gewest ... ein funcken in den gemeldten mörser gefallen und den schwefel angezündt, welcher mit gewalt den stempffel in die höche getrieben Abr. a s. Clara etwas f. alle (1699) 1, 79; sie trugen mörser und stempfeln H. Lindenborn Diogenes (1742) 2, 565; die werkzeuge (zum zerstoszen) sind der mörser und der stempel J. Liebig hdb. d. chemie (1843) 130. sprichwörtlich: wenn du den narren im mörser zustieszest mit dem stempffel wie grütze, so liesze doch seine narrheit nicht von im sprüche Sal. 27, 22, darnach ähnlich Hans Sachs 19, 350 K.-G., J. Agricola 750 sprichw. (1534) j 6ᵃ; wenn man eines narren kopff im mörsser hette und mit dem stempffel zerstiesze, so meinet er, man könte ihn doch nicht treffen Petri Teutschen weiszheit (1604) 2, 308ᵇ; entgegengesetzt:
ez beswæret niht kündigen man ...
stiez erz houbet in ein stampf,
in træfe niht der stempffel,
sîn kündige wempfel
bræhten in gesunden hin
Seifried Helbling II v. 543 Seemüller;
mit obscönem sinn:
sag deinem pfaffen gleich,
meinn mörser ich im nimer leich.
der deuffel im sein stempfel hol!
Hans Sachs 22, 333 K.-G.;
leihet sy mir ires mörsers nit, so leihe ich ir meines stempfels nicht Arigo decamerone 473 Keller, vgl. M. Lindener rastbüchlein 49 lit. ver., M. Montanus schwankbücher 402 lit. ver. in dieser bedeutung als 'mörserkeule' auch landschaftlich weit verbreitet: Hunziker Aargau 253; Martin-Lienhart elsäss. 2, 597; Fischer schwäb. 5, 1628; Crecelius oberhess. 809; Doornkaat-Koolman ostfries. 3, 309; brem.-nieders. 991; J. Neubauer Egerländ. ma. 99. übertragen auf den klöppel der glocke: ein krieg ohne disciplin ist eine glocke ohne stempel und klang Schupp schrifften (1663) 107. ähnlich ohne den besonderen zweck des zerkleinerns als stampfer am butterfasz Mensing 4, 833: ich fand sie ... am butterfasse, wo sie abwechselnd mit der alten Wieb den stempel führte Storm werke (1899) 1, 82; (bei der butterbereitung) können nun vielleicht über eine stunde lang die knie das gerät festhalten, können die arme den durchlöcherten kolben (der stämpfel) in unermüdet gleichem tempo auf und ab führen Friedli Bärndütsch 1, 484. weiterhin ähnlich geformte geräte, mit denen speisen, früchte zerstampft oder festgestampft werden: zum zerstoszen der kartofleln dient der stämpfel ebda 3, 376; hördöpfelstämpfel kartoffelquetscher ebda 5, 384; hölzerner zerstampfer des schweinefutters Fischer schwäb. 5, 1628; die trauben ... hat man müssen mit holtzenen stämpflen verdrückhen elsäss. volksschr. 43, 10 bei Martin-Lienhart 2, 597; krautstempfel werkzeug, mit dem kraut eingestampft wird Meisinger Rappenau 183ᵃ; stempfl stampfholz, welches zur graupenbereitung benutzt wird J. Neubauer Egerländ. ma. 99. gröszere und schwerere werkzeuge für erde, steine usw.: hültzerne stämpfel, die erde damit auff einander zu demmen, dasz sie fest werde Weickhmann königsspiel (1664) 233; in diese (dammgrube) werden die geschützformen ... eingesetzt, und mit ... dicken lagen sehr trockener erde verdünnet, die man mit heiszgemachten, eisernen stempeln fest stampfet J. G. Hoyer wb. d. artillerie (1804) 1, 2, 189; insbesondere in mühlen und pochwerken: stempel in stampfmühlen pestone Jagemann (1799) 2, 1160; (eine) stattliche und groose mühl, mit vielen läuffen (oder gängen) und stämpffeln J. W. Valvassor ehre d. hertzogthums Crain (1689) 1, 608; von den auffallenden stämpfeln (in pulvermühlen) ... man musz sie an solche gehebe antreiben und verspannen, dasz des stempels natürlich holtz unten etwas vorgehe, welches wie des hafens boden formiret seyn musz H. Fr. v. Fleming teutsche soldat (1726) 432; stämpfel, stöszel oder stoszer zu ainem mörsel, walk- oder schlagmühl voc. v. 1663 bei Schöpf tirol. id. 699, vgl. Hulsius-Ravellus (1616) 1, 306; und waren eben ... sechs stempel einer walckmühle welche ... dieses getöse verursachten Bastel v. d. Sohle junker Harnisch (1648) 247; verkauft seine papiermühlin zue A. mit redern, prunnen und stämpflen quelle von 1597 bei Fischer schwäb. 5, 1628. als poch-, puchstempel, s. teil 7, 1963, vgl. pilae praeferratae die stämpel im pochwerck Zehner nomencl. (1663) 401, Stieler 2120; weiter bocht man es (das erz) auff dem bochwerck, das ist, man zerstoszt es mit stempffeln Seb. Münster cosmographey (1550) 532; dasz newe puchwergk, das der wind mit zwölff stempeln treiben solt Hardanus Hake bergchronik 95 Denker; fast eisenfreier concentrationsstein ... wird unter eisernen stempeln auf 2 mm korngrösze gebracht Muspratt chemie (1898) 6, 1266. ein stab oder stock, mit dem man etwas stopft und festdrückt: denn wenn man ein stück gelahten (geladen) und gnugsam pulver darein gethan, stöst man mit dem stempffel ein mal oder drei darauff, dasz es zu sammen geht J. Th. de Bry archeley (1614) 96; so wohl auch als 'ladestock': item kaufte man ym abe zwu buchsen an dryen stucken unde sechs schern, do man dy blei in geust zu den buchsen, unde vor acht stemphil 6 fert (1399) codex Lusat. sup. 3, 307, vgl. čech. stemfel 'ladestock'. ähnlich: ein mensch ..., der unaufhörlich pfeifen stopft und mit einem hölzernen stempel den tabak hinein zwängt K. Fr. Bahrdt gesch. s. lebens (1790) 3, 280; 'st., der stab der den zweiten pfropfen in die knallbüchse treibt' Hertel Thüring. sprachsch. 235; als stoszstange des schiffers, vgl. stempffel contus Diefenbach nov. gl. 112ᵃ.
b)
kolben, wie er sich im stiefel einer pumpe, dampfmaschine, knallbüchse und dergl. befindet: stämpel einer pumpe le piston d'une pompe Schwan nouv. dict. (1783) 2, 696; die beschreibung der pumpe ..., darinn sonst keine gewöhnliche reibung des stämpels vorgeht Gottsched anm. gelehrsamkeit (1751) 2, 95; bei hahnpumpen strömt die luft ... beim niederdrücken des stempels ... in die freie luft J. Liebig hdb. d. chemie (1843) 33; in langsam feierlicher bewegung gingen ihre (der dampfmaschine) hebel und stempel auf- und abwärts K. Gutzkow ritter v. geiste (1850) 4, 294;
und wie der stempel steigt und fällt,
so pfeift die dampfmaschine nach
A. v. Droste-Hülshoff ges. schr. (1878) 1, 287;
es seien in einer röhre ... drei gase ... vorhanden, welche durch drei bewegliche stempel getrennt sind L. Boltzmann popul. schr. (1905) 128; stempfel kolben in knallbüchsen und wasserspritzen, stöszel Martin-Lienhart 2, 597; n stempel fan n knap- oder ballerbüsse Doornkaat-Koolman ostfries. 3, 309; bei chirurgischen instrumenten: 'der stämpel in der röhre der spritze, womit man die feuchtigkeit in die röhre der spritze zieht, und sie dann vermittelst desselben wieder herausspritzt oder fortstöszt' Krünitz 169, 385; für sonstige kolbenähnliche instrumente: zuerst musz man das loch der brandröhre mit einem eisernen stempel wohl säubern H. Fr. v. Fleming teutsche soldat (1726) 66; man hat bekanntlich feuerzeuge dieser art, einen cylinder mit einem stempel, der darin paszt, und unten zunder Hegel werke (1832) 7, 1, 164.
c)
'werkzeug zum stampfen von löchern oder vertiefungen, locheisen, z. b. bei den grobschmieden das eisen, womit sie die löcher in die hufeisen, radschienen usw. stempen' Campe 4, 633: (löcher in) hufeisen, radschienen ... mit dem stämpel einschlagen Krünitz 169, 519; locheisen, durchschlag Gangler Luxemb. 432; Mensing 4, 833. bei den goldschmieden dasselbe wie punze: stempel instrumentum aurifabri, formarium, tuntorium voc. Engelhus (1445) bei Schiller-Lübben 4, 384; stempel, stempffel der goltschmidt formarium, mit der variante strempfel (s. d.) in md. vocabularien des 15. jhs. s. bei Diefenbach gl. 243ᵃ, tuntorium 601ᶜ;
goldschmid die stempffel han und sticken,
schreiber die desz fürsten siegel tragen
Petri d. Teutschen weiszheit (1604) 2, 6ʳ;
auch grabstichel der künstler: wenn ich die genaue verwandtschafft betrachte, welche die künste derer leuten, die mit der feder, die mit dem pinsel, und die mit dem griffel und stempel arbeiten, mit einander haben discourse der mahlern (1721) 1, 1; bildlich:
durchgraben mit dem stempfel
der scharfen minne ortes
ist mîner fröuden kempfel
Hadamar v. Laber jagd 539 Schmeller.
für ähnliche geräte anderer handwerker: 'bei den nadlern das eisen in der wippe, die knöpfe damit auf die stecknadeln zu stampfen' Adelung 4, 283, vgl. Krünitz 169, 382, Hoyer-Kreuter technol. wb. 1, 729; ein schmiedegerät zur herstellung der nagelköpfe luxemb. ma. 423; ein runder stählerner stempel an der schneidemaschiene der knaufmacher, der in das loch einer unterlage paszt, s. Jacobsson technol. wb. (1781) 4, 286ᵇ; die knöpfe (werden) wie bei stückelung der münzen, durch einen scharfen stempel ausgeschlagen G. Forster s. schr. (1843) 3, 402; bei den messerschmieden ein rundes, 1 fusz langes eisen mit einem loch auf der grundfläche Jacobsson 4, 286ᵇ; 'bei den flitterschlägern: ein starker eiserner stempel, welcher auf dem einen ende, welches man bey dem flitterschlagen auf die zu schlagende flitter setzet, die flitter werden hiemit auf dem flitterambos platt geschlagen' Jacobsson 4, 286ᵇ.
d)
übertragen auf den weiblichen fruchtknoten der blütenpflanzen, pistillum, vgl. frz. pistil 'blütenstempel', in anlehnung an die keulenartige form des mörserstempels; seit der mitte des 18. jhs. gebräuchlich:
wenn man erblicket, wie aus der
so wie aus jener (blüte) zarte stäbe,
mit einem stämpfel in der mitten,
von innen in die höhe ragen
D. W. Triller poet. betr. (1750) 2, 152;
Goethe lehrte den aufbau des ganzen aus vielfach modificierten blättern, so dasz die daraus hervorgegangene ... morphologie nicht blos die eigentlichen blätter 'blätter' nennt, sondern auch ... stempel ... dahin zieht Ratzeburg waldverderbnis (1866) 1, 3; der stempel (pistillum) besteht aus dem fruchtknoten (germen, ovarium) dem griffel oder staubweg (stylus) und der narbe (stigma) ders. standortgewächse (1859) 29, vgl. H. Zschokke s. ausgew. schr. (1824) 11, 24; (ich) tat mit vorsichtigen fingern einen blütenkelch auf, um hineinzuschauen ... und die stille ordnung von adern und stempeln zu betrachten Herm. Hesse schön ist d. jugend (1925) 15.
2)
eine besondere bedeutung und ausdehnung hat stempel seit dem mittelalter von der speciellen anwendung als prägestock aus entwickelt.
a)
am gebräuchlichsten als 'münzstempel' zur erzeugung des plastisch erhabenen münzbildes, 'typus monetarius, qui malleo vel prelo tunditur et metallum vicissim premit' Wachter 1583; anscheinend erst im 15. jh. aufgekommen und aus stempfen 2 b und c abgeleitet an stelle der älteren stempfîsen (s. sp. 2347), prægîsen, münzîsen, îsen, vgl. auch stempeleisen sowie strempel: item so kostede der stadt gulden munte und de stempele to wandelende 853 lubesche mark (1476 Lüneburg) städtechron. 36, 333; die dritten meinen, sie (die stadt Villingen) hiesz Villingen von einem mann, der Welling geheiszen hat unnd zum ersten do gemüntzt, des stempffel noch vorhanden ist Seb. Münster cosmogr. (1550) 722; ich wil auch gerne glauben, dasz für alter die dünne oder leichte silbern groschen und pfenning mit hültzern stempeln gepreget sein Joh. Mathesius Sarepta (1578) 165ᵃ; allerhand eiserne werckzeuge, hammer, stempel und dergleichen ..., womit man ... die müntze geschlagen J. Qvirsfeld geistl. creutzhöle (1717) vorr. 1; wenn ein falscher münzer oder eine diebsbande eingezogen wird, so ist mehrenteils ein schlosser darbey, der die stempel geschnitten und die dietriche und brecheisen gemacht hat Chr. F. Weisze kom. opern (1777) 2, 154; die rückseite (der münze) ist durch einen doppelschlag, weil der stempel rückte, etwas unscheinbar geworden Göthe IV 23, 251 W.; und so wird die vermuthung wahrscheinlich, es seyen die stempel zu den alten münzen durch steinschneider gegraben H. Meyer gesch. d. bild. künste (1824) 1, 140; unter sächsischem und bärenburgischem stempel ausgeprägte schlechte geldsorten Lessing 18, 469 L.-M.; des russischen oder Dantziger stempels ebda 18, 414; ebenso bei medaillen: man wünscht zu erfahren, was eine medaille kosten könnte ... in silber etwa 7 loth schwer. wieviel würde der stempel, wieviel das exemplar in gold, silber oder kupfer kosten? Göthe IV 30, 80 W.; IV 41, 215. bildlich: stell du nummen den stempfel dins frien willens uff die müntz des lidens, und stracks anrucks ist gott do und schlecht uff den stempfel dins guͦten frien willens mit dem hammer siner gnoden, das din liden guldin würd Geiler v. Keisersberg bilger (1494) 86ᵃ; nur bitte ich meine leser, sich der vortrefflichen gedächtniszmünzen zu erinnern, die der herr M. Sievers, wiewohl nur in idea und mit dem stempel seines verstandes, auf den schwärmer Gerhard gepräget hat C. L. Liscow sat. u. ernsth. schriften (1739) 104; hierher auch: ofte ein man, wenne der anhebet zu reden, im werde dann understoszen, nicht aufgehoren kan. du bist auch aus demselben stempfel gewurket ackermann aus Böhmen 78 Bernt-Burdach. sprichwörtlich: wer den stempel hat, schlägt die münze Seume s. w. (1826) 2, vorr. v, vgl. Lipperheide sprichwb. 821ᵃ, Binder sprichw. 189; was über den alten stempel geschlagen ist, gilt nit ein heller Wander sprichw. 4, 828; die sind mit einem stempel geschlagen ebda; vgl. Körte sprichw. (1837) 413, Schellhorn (1797) 52.
b)
ähnlich als 'siegelstock, petschaft', ebenfalls seit dem mhd.: diu sêle ist nâch gote geformet unde gebildet, dâ von mac si ûf deheinem andern dinge ruowen wan ûf ir eigenlîcher forme, dâ si ûf gebrouchet ist als ein insigel ûf sînem stempfel David von Augsburg in: dtsche mystiker d. 14. jhs. 1, 323 Pfeiffer; und also wie disz sigel sein soll, soltu dir zwen stempffel lassen schneiden Paracelsus opera (1616) 2, 571 Huser; oben auf sasze das bild der tugend, ... in der hand haltend ein in einen guldnen stempfel gegrabenens pythagorisches y Sigm. v. Birken ostl. lorbeerhayn (1657) 98; sie (die buchhändler und autoren) könnten beyde mit allem recht das berühmte motto Vespasians in ihren stempel und ihr petschaft schneiden lassen Klinger werke (1809) 11, 59; und er (Theoderich) muszte einen goldenen stempel mit seinem namenszug dazu gebrauchen Freytag bilder (1897) 1, 122. landschaftlich stempfel siegel, petschaft Martin-Lienhart elsäss. 2, 597; stempel Follmann lothr. 496; lux. ma. 423; Bauer-Collitz waldeck. 98ᵇ. — gelegentlich für das schandeisen des henkers: 'zeig deine stirn ganz', befahl der fürst. er meinte, darein müsse ein glühender brand- und schandstempel sich eingefressen haben H. Watzlik d. teufel wildert (1933) 255; der stempel gefällt mir nicht, sagte der bauer als er einen dieb brandmarken sah Wander 4, 828; vgl. auch unter 3 c α.
c)
auf ähnliche geräte zum prägen und pressen eines erhabenen bildes im handwerklichen gebrauch bezogen, z. b. als buchbinderstempel: 'messingne verzierte stempel mit erhabnen ausgegrabenen figuren. sie werden bey dem vergolden eines bandes erwärmt gebraucht, um die figuren der vergoldung einzuprägen' Jacobsson 4, 286ᵇ; zum vergolden benöthigt der buchbinder ... der verschiedenartigen ... stempel, fileten Karmarsch-Heeren techn. wb. 2, 123; 'bei den schriftgieszern, diejenigen stempel auf welchen die buchstaben geschnitten sind und mit welchen sie in die schriftmutter eingeprägt werden' Campe 4, 633ᵇ; stempel 'womit von seiten des staates papiere zu gerichtlichen und andern öffentlichen verhandlungen etc. gestempelt oder gezeichnet werden' ebda (vgl. stempelbogen, -papier); 'im forstwesen wird auch die mahlaxt, der waldhammer, womit die zu fällenden bäume bezeichnet werden, stempel genannt' (vgl. stempelaxt) Adelung 4, 284; zur kontrolle darüber, dasz ... nur angerissenes holz gefällt wurde, bediente man sich ... bisweilen auch des stempels, welcher mit hilfe eines hammers auf den stamm ... geschlagen wurde, des sog. baumstempels Schwappach hdb. d. forst- u. jagdgesch. (1886) 1, 365; wird solches (holz) mit dem waldhammer oder stempel bezeichnet H. W. Döbel jägerpractica (1754) 3, 40. auch sonst als 'merkeisen' zur kennzeichnung: dafür (für das pentagramm) andere religiosiores ein creutz ... mit dem stempel oder merckeisen ... einpregen J. Prätorius anthropodem. Pluton. (1666) 1, 9 ; vgl. noch stempel 'werkzeug mit harter aufsatzfläche, die durch druck oder schlag in das material eingetrieben wird und es kennzeichnet' Stenzel seemänn. wb. 402ᵇ; Meisinger Rappenau 183ᵃ; Dähnert 460ᵇ.
d)
in jüngerer zeit als farb- oder druckstempel, um bestimmte figuren und dergl. mit farbe aufzudrucken, die kein erhabenes bild, sondern eine einfache, ebene zeichnung, siegel, schrift etc. darstellen, vgl. B. Bucher kunstgewerbe (1884) 382ᵇ: die stempel der gedruckten muster sind ebenfalls von seiner hand Athenäum (1798) 2, 339; in der tapetenmanufaktur 'kleine formen, womit jede farbe und schattierung in die umrisse der stempelformen abgedruckt wird' Jacobsson 4, 286ᵃ; insbesondere führen behörden und ihre beamten stempel: wer (das tor) passierte, erhielt ein zeichen, das ihm um 1388 und 1449 zu Nürnberg mit einem messingnen vergoldeten stempel auf den daumen gedruckt wurde und daher pallicke hiesz G. Freytag bilder (1897) 2, 1, 285; (accise-)stämpel ... z. b. mit der umschrift: königl. preusz. accise- und zollamt Krünitz 169, 383.
e)
bildliche und redensartliche anwendung, die sich in älterer sprache an stempel als prägestock der münzen oder als siegelstock anschlosz (siehe oben bei a und b), verliert in jüngerer zeit solche bestimmte einzelvorstellung: der teig ist gehorsam, wenn der stempel grob ist Alexis Roland v. Berlin (1840) 2, 265; die biegsamkeit und die bereitwilligkeit ... mit welcher sie wie eine weiche masse den stempel annehmen, den eine überlegene kraft ihnen aufdrückt Fr. Schlegel s. w. (1846) 2, 9; so wie die natur ihre groszen zwecke ... durch ... eigenschaften und kräfte, die sie allen körpern mit dem stempel der schöpfung eingedrückt hat F. Th. v. Schubert verm. schr. (1823) 2, 3. noch allgemeiner ohne bewuszte unterscheidung zwischen prägestempel oder druckstempel: (die männer) wissen nichts zu schätzen, als was sie vorher mit dem stempel einer willkürlichen leidenschaft bezeichnet haben Göthe I 23, 106 W.; er bezeichnete mit dem stempel der verwerfung jede historische monarchie F. C. Dahlmann gesch. d. franz. revol. (1845) 385.
3)
'prägebild und zeichen', das durch prägen und aufdrücken mit dem prägestock und druckstempel entstanden ist; junge übertragung von der bedeutung 2 her. die belege sind nicht älter als das 18. jh., denn bei dem ganz isolierten mhd. stempel als 'erhabenes bild, relief' (doch vgl. stempfen 2 a) handelt es sich um ein geschnittenes bild, nicht um ein geprägtes:
er (gott) gruop in oblatîsen
sich selben lamp ...
sus wart ein brustlich ôsterbrôt ...
dâ mitten (im tempel d. i. Maria) stuont ein stempel
an eime sarke schône erhaben,
der sarc was rôt ein marmel
der stempel guldîn, wol ergraben ...
waz in dem stempel stüende?
ein tau mit lambes bluote rôt (als zeichen des kreuzes)
Frauenlob 135 Ettm.
ähnlich occasionell für 'gemme': da ew. durchl. einige neigung zu der gemmensammlung der fürstin G. zeigen, so läugne ich nicht, dasz ich wohl wünschte, ew. durchl. möchten ... auch noch diese kostbare und seltene sammlung von stempeln acquiriren Göthe IV 16, 2 W.
a)
plastisch-erhaben vor allem als 'münzbild, münzzeichen': so wie noch heutiges tages ... in einigen asiatischen reichen das geld nur mit einseitigen stämpeln gebräuchlich ist Gottsched anm. gelehrsamk. (1751) 7, 794; denn es giebt in der that auch hier paduanische münzen, die zwar falsche, aber doch von so schönem und dem wahren so nahe kommendem stempel sind, dasz sie gar wohl aufbehalten zu werden verdienen Lessing 11, 244 Lachm.-Muncker; münzen, deren wehrt erst der kaiserliche stempel erhöhet v. Haller Alfred könig d. Angels. (1773) 110; wobey silber mit fremdem stempel oder in barren als eigentliches handgeld keineswegs ausgeschlossen seyn konnte B. G. Niebuhr röm. gesch. 1, 270. lokal beschränkt ist stempel eine münzart selbst: stempels 'wurden in Pommern die doppelschillinge genannt, die früher, besonders nach der kipperzeit, mit einem gegenstempel versehen und dadurch auf 11⁄2 schillinge herabgesetzt worden waren' v. Schrötter wb. d. münzkde (1930) 660; stempel moneta Pomeraniae Apinus gloss. nov. (1728) 512; stempel 'ist eine münze in Pommern, deren 30 auf einen reichsthaler gehen' J. Hübner curieuses lex. (1712) 1208. für sonstige eingedrückte kennzeichen, warenzeichen und ähnl.: die gedrechselte rolle (messingnen saitendrahts) selbst, auf welcher noch ein stempel eingedrückt ist Fr. Nicolai reise d. Deutschland (1783) 1, 258.
b)
heute die verbreitetste anwendung als druckstempel, zumeist als hoheits- und urkundungszeichen der behörden: die stimmung war sehr gut, aber seit die revolution uns von den königlichen behörden unter königlichem stempel eingeimpft worden, ist sie schlecht geworden Bismarck ged. u. erinn. 1, 62 volksausg.; man ... sucht die beglaubigung der urkunden wesentlich in der unterschrift, in dem siegel und stempel Avé-Lallemant dtsch. gaunertum 2, 310; der oheim nahm die papiere aus dem umschlage, hielt sie gegen das licht, prüfte den stempel Immermann 7, 16 Hempel; ist dies geschehen, so braucht der unterschrift des protestbeamten ein siegel oder stempel nicht beigefügt zu werden wechselordnung art. 88 a abs. 3 satz 2; eine zuständige steuerstelle, welche ... die aufdrückung des stempels zu veranlassen hat reichsstempelgesetz v. 3. vii. 1906 § 1; zwei briefe, einer mit gerichtlichem stempel C. Viebig d. schlafende heer (1904) 2, 260;
die einfalt nahm den handschlag an;
was fodert itzt ein kluger mann?
verschreibung, zeugen, pfand und stempel
Ramler fabellese (1783) 1, 206.
ähnlich als zeichen privater gesellschaften, firmen etc., vgl. firmenstempel, warenstempel: stempel handelsmarke von waren Hoyer-Kreuter technol. wb. 1, 729. prägnant als poststempel: der brief ist hüt erst uf d post gekummen, mer siehts am stempfel Martin-Lienhart elsäss. 2, 597; am 6. oktober haben die vereinigten ministerien ... folgenden ... beschlusz gefaszt, den sie, wie der stempel aussagt, am 13. zur post gegeben Görres briefe (1858) 1, 281; dieser (brief) ... trug den stempel einer kleinen deutschen grenzstadt Holtei erz. schr. 20, 147. landschaftlich bedeutet stempel auch die briefmarke Follmann lothr. 496; Martin-Lienhart elsäss. 2, 597. sprichwörtlich, zumeist als beglaubigungszeichen aufgefaszt: er het der stempfel druf machen lossen; der musz uf alles de stempel dricke musz sich in alles mischen Martin-Lienhart elsäss. 2, 597; das ist der richtige stempel die sache ist in ordnung Wander sprichw. 4, 828; darauf will ich meinen stempel nicht drucken ebda 4, 828; der stempel ist darauf die sache ist echt und richtig ebda. dann für die gebühr, die für erteilung des amtlichen stempels bezahlt wird, vgl. stempelgebühr: i zohl amohl koan stömpfl mear Schöpf tirol. 698, vgl. stempel bezahlen Heyne wb. 3, 797; ähnlich im sinne 'steuer': der finanzminister ... suchte zu helfen ... durch einen hohen stempel auf juwelen, gold- und silbergeräthe Treitschke dt. gesch. im 19. jh. (1897) 1, 333, vgl. stempelentrichtung, -erhebung, -erhöhung, -ersparung, -kraft, -recht, -satz; auch für die gebührenmarke, durch die die zahlung erfolgt: (ich) kenne keinen einzigen fall, in welchem dort (in England) der kaufmann nicht ohne weiteres der stempelpflichtigen quittung den stempel beigefügt hätte P. de Lagarde dtsch. schr. 387, vgl. stempelverteiler; ganz isoliert in älterer österr. ma. auch 'drucktype':
dödl (die kalender) mit den klienern stempel, dö mä schiebt in sack,
sötzen stattn stolprian (= skorpion) n schüzen oder d waag
M. Lindermayr dicht. in ob d. enns. volksma. (1822) 157.
c)
in dieser bedeutung von stempel als '(präg)bild, zeichen' hat sich seit dem ende des 18. jhs., vor allem im 19. jh., weitausgedehnter bildlicher gebrauch von selbständiger geltung, z. t. mit festen wendungen, entwickelt; die zugrunde liegende vorstellung ist dabei durchweg die des plastisch geprägten stempels, bes. des münzbildes, doch verflüchtigt sie sich im allgemeinen gebrauch meist zu dem abstracten begriff 'kennzeichen, merkmal, art'.
α)
mit deutlich erhaltener sinnlicher vorstellung: wer mit dem geist geizt ..., wer ihn aufschichtet oder ihm einen stempel einbrennt, der ist der eigennützigste schelm Bettine d. Günderode (1840) 1, 147; der stempel der alten liebe ist meinem herzen noch so tief eingedruckt Chr. F. Weisze lustspiele (1783) 1, 128; dasz Enewald stets und ständig an seine krankheit denken muszte und dasz ihm das einen gewissen stempel, wenn man sich so ausdrücken darf, aufpreszte für sein tägliches leben D. v. Liliencron ges. schr. (1917) 6, 238; ihren (der ideen) groszen stempel hat weder das geschwätz der schulen noch der witz der weltleute abgerieben Schiller 6, 37 G.;
auf meine freunde! — wo sind die?
ach zeit und weltbrauch schliff den stempel
der treue bei den meisten ab
Gotter ged. (1787) 1, 449;
denn meine buchhändler wissen es schon, dasz ich alles gleich haben will, was mit dem Wielandischen stempel bezeichnet ist Schubart br. bei D. Fr. Strausz werke 8, 67; auf die geringste von seinen schönheiten ist ein stämpel gedruckt, welcher gleich der ganzen welt zuruft: ich bin Shakespears! Lessing 10, 95 L.-M.
β)
abgezogener als 'merkmal, art'; zum teil noch mit einem rest sinnlicher vorstellung, so wenn stempel als zeichen, züge persönlicher eigenart auf der stirn oder dem antlitz eines menschen sichtbar vorgestellt wird: ist dieser geistige stempel der mannheit auf seiner stirne, in seinen worten, urtheilen, thaten und handlungen sicht-, fühl- und merkbar Fr. M. Klinger werke (1809) 12, 3; war ich blind, das mir der adeliche stempel auf dieser stirne entging? A. v. Kotzebue sämmtl. dram. w. (1827) 1, 211; der reine germanische stempel ist auf den gesichtern aller ihrer familienglieder unverkennbar Alexis Isegrim (1854) 238; Peter, dem die reizbare eitelkeit ihren ruhelosen stempel auf alle züge geklatscht hat Bismarck briefe an s. braut. u. gattin 184; doch meist noch abstracter 'art, wesen':
geh, zeige Schweizern, Galliern und Britten,
dasz herzensreinheit noch und einfachheit der sitten
des deutschen jünglings stempel ist
Fr. W. Gotter ged. (1802) 64;
jeder füllte seine stelle so gut als übel aus, doch jedem mangelte der stempel eines wahrhaft groszen geistes A. v. Kotzebue sämmtl. dram. w. (1827) 4, 104; (einige reisen hatten) nichts erhebliches ändern können und ihm (dem kommerzienrat) jedenfalls ... seinen spezifisch lokalen stempel ... gelassen Fontane ges. werke I 3, 3; zum La Plata hin hat ... die groszviehzucht geradezu eine bevölkerung eigenartigsten stempels geschaffen Ratzel völkerkunde (1885) 2, 603; so auch als qualitätszeichen von unpersönlichen objecten: ein trefflicher kopf, dessen musik einen eigenen stempel hatte Schubart ästhetik d. tonkunst 131; zu den darstellungen älteren stempels gehörten verschiedene schäferspiele Immermann 18, 136 Hempel. die nähere angabe der kennzeichnenden eigenart durch den genetivus subjectivus eines abstractum führt in wechselseitiger analogie zu zahlreichen, oft formelhaften verbindungen; vgl. oben bereits den stempel der liebe, der treue, der mannhaftigkeit: der 'unerfreuliche stempel der zeit' ist mir ein lächerlicher ... ausdruck Görres ges. br. (1858) 2, 200; den besitzungen fehlt der stempel der daurhaftigkeit Th. Mommsen röm. gesch. (1894) 5, 116; stempel der gemeinheit K. Gutzkow ges. w. (1872) 5, 289; seine worte sind zweideutig, und — ihnen fehlt der stempel der ehrfurcht, den meine fragen und mein zustand selbst den göttern einflöszen sollten Göthe 17, 66 W.; der sicherste stempel der weisheit ist ein ununterbrochener frohsinn J. J. Chr. Bode M. Montaignes ged. u. mein. (1793) 1, 319; doch den stempel der schlechtigkeit wird man sehr oft gewahr J. D. Gries Ariostos rasender Roland (1804) 4, 3, vgl. noch: die absurditäten im dogma sind eben das stempel und abzeichen des allegorischen und mythischen Schopenhauer parerga u. paralipom. (1851) 2, 306; so häufiger stempel der natur: sie begreifen, welche sichere kunst, welche schöpfergewalt über seine physiognomie dazu gehört, in den groszen tragischen rollen diesen stempel der natur zu verwischen H. P. Sturz schr. (1779) 1, 10;
im dunklen reich selbst ...
gilt als gesetz der stempel der natur
Müllner dram. w. (1828) 3, 116;
stempel der wahrheit: obgleich unser werk durch den stempel der wahrheit vor allen jenen schaalen romanen kennbar sein soll J. J. Chr. Bode gesch. d. Thomas Jones (1786) 2, 4; die wahrheit hat so ihren eignen stempel A. v. Kotzebue sämmtl. dram. w. (1827) 2, 5;
ihr zart gefühl, das jeden miszlaut spührte,
litt auch kein wort, auch keinen blick,
der nicht der wahrheit stempel führte
Lenz ged. 227 Weinhold;
so auch falscher und wahrer stempel: allein ich sehe schon voraus, wie wenig verwirrung diese abschaffung der erblichen vorzüge, diese vernichtung eines falschen stempels des verdienstes wird K. Fr. Kramer Neseggab (1791) 3, 36; dannoch aber trägt er eben das himmlische gepräge der tugend, das nur allein wahrer stempel der freundschaft ist Schiller 1, 34 G.
γ)
in diesen abstracten, abgegriffenen gebrauch sind auch ursprünglich eigentlich verwandte und sinnlich aufgefaszte verbale verbindungen mehr oder weniger stark hineingezogen und damit formelhaft geworden: den stempel auf- oder einprägen:
schwärmer prägen den stempel des geistes auf lügen und unsinn
Göthe 1, 321 W.;
der stempel eines verheerenden krieges war der ganzen gegend aufgeprägt Gaudy s. w. (1844) 13, 98; die römische verwaltung (bewahrte) den stempel, den die catonische zeit und ... T. Gracchus ihr aufgeprägt hatten Mommsen röm. gesch. 2, 18; mir scheint, dasz niemand den stempel wieder verliert, den ihm die zeit der jugendeindrücke einprägt Bismarck an L. v. Gerlach in: briefwechsel (1893) 353. den stempel aufdrücken: so glaubte ich doch durch aufnahme derselben (ode) in meiner anthologie ihr den stempel des gleichgefühls aufgedrückt zu haben Schiller 1, 290 G.; er wird ... seinem tun den stempel des aparten ... aufdrücken Fontane ges. w. I 4, 69; die behandlung (des bildes) ist mit jener liebe durchgeführt, die allein ... einem werke den stempel der kunst aufzudrücken im stande ist A. Stifter s. w. (1901) 14, 88; (Marie) kredenzte ihn (den becher) dem geliebten mit jener holden anmut, die allem, was sie that, einen eigenthümlichen stempel aufdrückte W. Hauff s. w. (1890) 1, 212; (die gewaltsame religionsänderung hat) einem ganzen volke den stempel der furcht und des misztrauens aufgedrückt A. Sperl fahrt n. d. alten urkunde (1909) 56; jedem drückt er (der zeitgeist) sein stämpel auf: daher z. b. das zeitalter der phrasen ohne sinn auch das der musiker ohne melodie sein muszte Schopenhauer parerga u. paralipom. (1851) 372. den stempel tragen: die zweite generation, die mit dem kaiser Nicolaus gleichaltrig war oder doch seinen stempel trug, pflegte sich in der unterhaltung auf hofangelegenheiten, theater, avancement und militärische erlebnisse zu beschränken Bismarck ged. u. erinn. 1, 244 volksausg.; seine züge trugen ... den stempel der gewiszheit, die sich auf erfahrung stützt Holtei erz. schr. 25, 18; es waren männer darunter, die den stempel langjähriger, ernster gedankenarbeit auf der stirn trugen Storm ges. schr. (1884) 2, 155; Danzig ist eine schöne stadt und trägt so recht den stempel der naturwüchsigen eigenthümlichkeit Moltke ges. schr. u. denkw. (1892) 6, 369; die Goslarschen urkunden s. 110-137 tragen den stempel frecher unechtheit an sich J. Grimm kl. schr. (1864) 5, 20;
jedwedes edle trägt der schönheit stempel
Körner werke 2, 241 Hempel;
(der intellekt) ist der sklave der nothdurft, trägt das stämpel unserer armsäligkeit A. Schopenhauer werke 5, 82 Grisebach; vor allem von geistigen producten, die den stempel ihres urhebers oder einer eigenart tragen: gewisz ists, dasz sie (die schriften) den stempel des guten kopfes tragen, der einmal eine ziemlich mittelmäszige sammlung seiner kleinigkeiten hat compilieren wollen Gerstenberg recens. 7 lit.-denkm.; zugleich trägt das gedicht wie kaum ein andres den stempel des schillerschen genius D. Fr. Strausz schr. 6, 223; und alles, auch das geringste liedchen oder menuetchen trägt seinen originellen stämpel Schubart ästhetik d. tonkunst 180; dieses vortreffliche buch trägt den stempel der wahrheit wie die bibel Thümmel reise i. d. mitt. prov. v. Frankreich (1791) 3, 124; das drama (Don Juan von Tellez) ... trägt in merkwürdiger weise den stempel der zeit und der nation, welchen es angehört O. Jahn Mozart 4, 333; geschichten, die den stempel der erfindung an der stirn trugen ..., amüsierten ihn am meisten Fontane ges. werke I 5, 152.
B.
unabhängig von der tätigkeitsbezeichnung des stampfens ist stempel als 'pfahl, pflock; kurzer, dicker stiel', eine bildung, die alt und selbständig neben A steht und für die das obd. vorwiegend stempel, neben seltnerem, aber gleichfalls altem stempfel zeigt, vgl. auch oben sp. 2322 und unten ¹stempen, m.
1)
'pfahl, pfosten, stütze': der stempel ist ein kurzer stiel, gleichbedeutend mit drempel Schönermark-Stüber hochbaulex. (1902) 799; 'kurze holzsäule' Müller-Mothes 883ᵃ; an jedem karrenbaume sind vier eiserne ûre, in welche die stempele (pfosten) der löᵉn (lehne) gesteckt werden (für Geldern) korr.-bl. d. ver. f. nd. sprachf. 3, 78; das abziehen der räder geschiehet bei dem geschütz ..., indem man den schwanz der laffete in die höhe heben läszt und an der achse einen stempel (pointal) untersetzt Hoyer wb. d. artillerie 2, 2, 77. von der form her im Erzgebirge auf ein gebäck, stollen übertragen: (wenn die frau am heiligen abend geht)
un keeft ihr bischen krämpel,
setzts o a stückchen stempel
W. Werner aus d. bauernstuben d. Zschopauthales (1892) 21;
von hier übertragen ist auch stempfl 'flüssigkeitsmasz, bes. für branntwein, halber schoppen' K. Reiser sagen d. Allgäus 2, 738, vgl. den gebrauch von stampe teil 10, 2, 675, stange für eine bestimmte form eines bierglases, stumpf H 4 b, teil 10, 4, 438.
a)
am ältesten und häufigsten als hölzerne stütze im bergbau, seit dem anfang des 14. jhs., vgl. 'stempel, starcke höltzer uf beyden seiten tief eingeschnitten, so zwischen die wandruthen und anfälle getrieben werden' A. v. Schönberg berginformation (1693) 91, stempel palus Ph. Bech Agricolas bergkbuch (1621) t 3ᵃ; bei der einfachen zimmerung wirkt jedes holz für sich, entweder gegen den druck in der achsenrichtung des holzes d. h. als säule ... oder gegen den rechtwinklig darauf lastenden druck d. h. als balken ...; jene hat man in Sachsen bolzen, diese stempel bezeichnet A. Serlo leitf. z. bergbaukde (1869) 1, 339; s. noch stempel Scheuchenstuel idiot. d. österr. berg- u. hüttenspr. 114; stempel bei Schmeller-Fr. bair. 2, 759: es hat auch ein veldpau, da joch und stempfl inn ist, vierzehen tag recht (1308) bei Lori baier. bergrecht 5; ein pau, das stempel und joch hat (steiermärk. 1336 oder 1346) bei J. v. Sperges tyrolische bergwerksgesch. (1765) 383; joch und stempl (Steierm., Kärnten, Crain 1517) bei Thom. Wagner berggesetze (1791) 40;
phæle, stempfel und gespan,
leiter und mancher slahte,
allez daz er vor gedâhte,
ez wær gelogen oder wâr,
daz muost wir allez koufen gar
d. märe v. feldbauer v. 324 (md. 13.-14. jh.) in Germania 1, 346 ff.;
das auch das perkholz ... in rechter grösz und leng ordentlich gemacht und ... ainem jeden nach gelegenhait seiner pew an pfäln, stempeln, stengeln und andern eingegeben (werde) (Salzburg 1532) bei Lori baier. bergrecht 222; wie er (der bergmann) aber den stempel auszschlegt, findet er in strauben unnd spalten gediegen und zeinicht weisz silber J. Mathesius Sarepta (1571) 62ᵃ; ich sah beim aufladen von grubenhölzern zu, die von oben geschwommen kamen, mit langen hacken wurden sie zum flosz gezogen ... als ein solcher stempel davon schwamm, ... rettete (ein flöszer) das kostbare holz J. Blau Böhmerwäldler hausindustrie 1, 86; der (zug) bestand aus zwei personenwagen und vielen wagen mit brettern, wellen, stempeln und balken Paul Ernst d. schmale weg z. glück (1926) 110; in festen verbindungen, z. b. stempel schlagen, setzen, anbringen, einbauen d. h. aufstellen bzw. an das gestein anlegen und fest an- und eintreiben Veith bergwb. 462: wenn der bau niedrig und das dach nicht allzu klüftig, so werden meistens nur stempel unter die lockeren dachteile geschlagen zeitschr. f. berg-, hütten- u. sal.-wesen 1 (1852) 38, vgl. ebda 10, 31; item wer ainen newfund verveht mit seinen rehten als vor verschriben ist, dieweil er nit joch und stempel geseczt hat in seine paw, der hat nit lenger frid ... wenn drei tag österr. weist. 1, 197 (anfang d. 14. jhs.); der stempel reitet auf dem fuszpfahle Veith bergwb. 211; der stempel steht stolz er steht vollkommen senkrecht auf der sohle auf 462; ein gut gesetzter stempel musz hell klingen und darf nicht zu stolz stehen A. Serlo leitfaden z. bergbaukunde (1869) 1, 340; mit anderem sinn: hat man diese flächen (anfall und bühnenloch) gehörig vorgerichtet, so wird die länge, in welche der stempel zu liegen kommt, ... genau abgenommen, damit er nicht zu kurz geschnitten wird, wo der gemeine bergmann sagt: er ist zu kindisch, und im gegentheil, wenn er zu lang ist, nennt er ihn zu stolz J. Fr. Lempe magazin f. d. bergbaukunde 9 (1792) 371; mal. stempl ständer in der verzimmerung Schmeller-Fr. 2, 759; stempel 'heute im salzburg. Lungau in der bedeutung pilote (pfahl im pfahlrost)' auskunft d. bayr.-österr. wörterbuchkanzlei; s. auch markscheidestempel 'pflock zur bezeichnung der markscheider' Schröer ungr. bergl. 68.
b)
ähnlich auch sonst in verschiedener, gewerklich specieller anwendung als wandstütze: stempel einer fachwand Hoyer-Kreuter technol. wb. 1, 729; die erfahrung gibts und zeugets noch heutiges tages, wenn unser herr gott die gottlosen wil straffen und am weltgebäude etwas einbrechen, so nimpt er die stempel und mawren zuvor hinweg G. Strigenicius Jonas (1595) 35ᵇ; stempal türpfosten Schröer ungr. bergl. 259; Mothes ill. baulex. 4, 270; 'stempel, beim reepschlägern der pfosten, worin die krone eines spinnrades steht; sie kann in demselben aufgekeilt werden, damit die schnur desto fester um die getriebe liegt' Bobrik seewb. (1850) 662.
c)
stützen, beine von möbeln usw.: sdämbel bein von stuhl usw. Christa Trier 198; pfosten, tischbein Rovenhagen Aachen 139; Gangler luxemb. 432; stimpel Haltrich siebenbürg. 48ᵇ; Kramer Bistritz 126; die füsze des spinnrades heiszen wie die von tisch und stuhl etc. stempele (Geldern) korr.-bl. d. ver. f. nd. sprachf. 2, 36, vgl. erden pot myt vier stymplen scitropedis v. d. Schueren Teuthonista 196ᵇ Cl.
d)
übertragen auch von dicken, kräftigen beinen des menschen: sö haod ö paor geherisch sdämbelen Christa Trier 198; luxemb. ma. 423; wat heet dat weït en paar stempels Leithäuser Barmer ma. (1929) 150; Hofmann niederhess. wb. 230; stämpels beine Bauer-Collitz Waldeck. 267ᵃ; spazierhölzer oder stempel (für Sachsen) Th. Imme soldatensprache 103; schenkel: er hat ein paar rechte stempel (Pfalz) A. v. Klein provincialwb. (1792) 2, 170; auch von einem kleinen, dicken menschen (vgl. ¹stempen sp. 2345: stämpfel Martin - Lienhart elsäss. 2, 597; Meisinger Rappenauer ma. 183ᵃ; Fischer schwäb. 5, 1628; stempel Hentrich Eichsfeld 8; stempfl J. Neubauer Egerländer ma. 99; kräftiger mensch Leithäuser Barmer ma. 150; Thereschen, ein kleiner dicker stempel, hübsch, zuweilen spröde, im ganzen zuthraulicher seit kurzem A. v. Droste-Hülshoff briefe 234 Cardanus; vgl. mhd. den namen Stempfel, namen des Eisenacher henkers im Wartburgkrieg 8, 11; 11, 13; 14, 1; 16, 4; 25, 2 Simr., vgl. dazu Joh. Rothe dür. chron. 331 Liliencr. und rechtsaltert. 2, 527.
2)
'pflock, zapfen, stöpsel': die Japaner ziehen aus dem schiff (um selbstmord zu begehen) einen stämpfel, den man zu solchem ende in den boden gesteckt, damit sinken sie zugleich unter Christoph Arnold wahrhafftige beschreibungen (1672) 515; specieller: das loch dadurch man den teig ablässet, da der stempfel steht A. Corvinus fons lat. (1646) 545; stempfel, stempel fistula it. obthuramentum stagni Schottel haubtspr. 1422; so heute in obd. mundarten: stempfel Hunziker Aargau 253; der mittelst durchhohlten stämpfels regulierbare auslauf (eines weihers) ermöglicht gänzliche entleerung Friedli Bärndütsch 1, 48, vgl. dazu stumpfel und strümpfel teil 10, 4, 122 u. 462. ähnlich in der Schweiz der stöpsel einer bütte: (die) volle bütti wird mittelst des unten befindlichen auslaufs, der von oben durch den rohrartig eingefaszten stämpfel (stöpsel) sich regulieren läszt ... entleert Friedli Bärndütsch 1, 433; schwäbisch für flaschenkork: wann damit ein Schwalbacher oder sonst ein enghalsichter krug vollgefüllet und mit einem stämpfel von pantoffelholz wol verwaret wird Lentilius sauerbrunnen zu Göppingen (1725) 104.
3)
nd. ist stempel als stengel von pflanzen, s. Schumann Lübeck (1907) 24; besonders die abgebrochenen stengel, deren stumpf im boden steckt, z. b. reetstempels die stümpfe des geschnittenen schilfs Mensing 4, 833; 'halm': sit den natten summer ... wot bi uns regen, dat man kum mal uns herr gott sin leef wussen korn inbringen kunn un menni morgen weten oppen stempel utwusz Kl. Groth ges. w. (1893) 3, 33;
wi hebbt meihers hinut, dat gras versort oppen stempel
bi dis drögde un warms
ders. 2, 116;
ebenso stemmel 'halmstengel' Mensing 4, 832; dat koorn steit noch up'n stemmel (Dithmarsch.) brem.-nieders. 6, 342; vgl. dazu stümpel und stummel teil 10, 4, 400, sowie stumpf, stumpen ebda 427; vgl. dazu stempffel stipula (1466) Diefenbach nov. gloss. 349ᵃ.
C.
zusammensetzungen mit stempel als erstem compositionsgliede sind erst seit dem 15. jh. bezeugt; die hauptmasse sind substantivcompositionen. zu stempel A 1 a gehören aus dem 16. jh. stempelhaus, -mühle, dazu jüngere bildungen technischer herkunft: stempeldruck, -halter, -hub, -pochwerk, -presse, -schlag, -stosz; stempel A 1 b bildet: stempelklappe, -stange; zu stempel A 1 c gehören: stempellüfter, -stange, -zug; stempel A 1 d entwickelt im 18. und 19. jh. eine gröszere zahl botanischer fachausdrücke: stempelblüte, -boden, -decke, -faden, -fusz, -halter, -haube, -hülle, -morchel, -mündung, -polster, -stiel, -träger; zu stempel A 2 a stellen sich eine anzahl bildungen, von denen stempelgräber (15. jh.) die älteste ist, wenn stempeleisen, stempelgeld, stempellohn (sämtl. 15. jh.) zum vb. stempeln gehören: stempelarchiv, -glanz, -härtung, -nachmacher, -schneidekunst, -schneider, -schnitt, -stecher, -stock, -verschiedenheit; für stempel A 2 c ist nur stempelaxt belegt; bildungen von stempel A 2 d sind: stempelbewahrer, -fabrik, -form, -kissen; stempel A 3 a bildet: stempelabdruck, -bild, -zeichen, sämtlich dem 19. jh. angehörig; reich entwickelt sind compositionen zu stempel A 3 b in der sprache des rechts- und geschäftsverkehrs seit dem 18. jh.: stempelabdruck, -abgabe, -akte, -amt, -aufdruck, -betrag, -bogen, -entwicklung, -erhebung, -erhöhung, -ersparung, -fälschung, -form, -freiheit, -gebühr, -gesetz, -hinterziehung, -impost, -kammer, -karte, -kraft, -magazin, -marke, -meister, -ordnung, -papier, -pflicht, -recht, -satz, -steuer, -strafe, -taxe, -verwaltung, -wesen, von denen ein teil z. b. stempelabgabe, stempelersparung, stempelhinterziehung anscheinend erst aus tricomposita mit stempelgebühr, stempelgeld oder stempelsteuer u. dgl. (stempelsteuerabgabe, stempelgeldersparung, stempelgebührenhinterziehung usw.) verkürzt worden sind; für stempel A 3 c vgl. stempelabdruck. die zahl der zusammensetzungen mit stempel B bleibt gering; zu stempel B 1 a stellen sich aus dem 15. jh. stempelholz, aus dem 17. jh. stempelfäustel, -hammer, jung sind stempelgerüst, -schlag, -setzer, -zaun; zu stempel B 1 d gehört stempelbeine dicke beine Hofmann niederhess. 230; für stempel B 2 finden sich stempelbolzen, -bütte Staub-Tobler 4, 1913. — vereinzelt treten seit dem 19. jh. adjectiva als zweiter wortbestandteil auf: stempelbedrückt, -bödig, -frei, -pflichtig, -polsterig, -tragend.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1935), Bd. X,II,II (1941), Sp. 2322, Z. 30.

stempeln, vb.

stempeln, vb.,
ableitung von stempel, seit dem mittelalter belegt; im älteren hd. stempfeln auch schriftsprachlich wie heute noch mundartl., vgl. Stalder 2, 391; Tobler Appenzell. 408; Fischer schwäb. 5, 1630 usw., s. das verhältnis von pf zu p bei stempel; seltener mit ä, vgl.stämpeln Gottsched dtsche sprachk. (1748) 266, stämpfeln Ludwig t.-engl. (1716) 1831; nl. stempelen, schwed. stämpla, dän. stemple.
1)
einen stempel aufdrücken, mit einem stempel versehen.
a)
ein plastisches bild oder zeichen einpressen, zu stempel A 2 a-c und A 3 a gehörig; vor allem vom prägen der münzen: gold und silber gestempelt, d. i. mit einem zeichen, für wie viel sie gelten sollen versehen, sind gesetzliches geld d. i. münze Kant s. w. (1838) 5, 96; das stempeln des geldes Herder 14, 42 S.; man sagt auch, dieser Clodovius habe in seinem wappen und königlichen schilde drei grausame und erschreckliche kröten geführet und auff die müntze stempffeln lassen W. Bütner epitome historiarum (1596) 60ᵃ; denn wenn gleich alle (münzsorten) mit den gesichtern der regierenden herrn ... gestempelt waren v. Gaudy s. w. (1844) 2, 38; eine sammlung von belagerungsmünzen und nothmünzen. er hatte in der that viele stückchen gestempeltes blech, zinn und leder Nicolai Seb. Nothanker (1773) 2, 216; ähnlich in allgemeinerer anwendung 'erhabene oder vertiefte zeichen eindrücken': gold, silber stempeln marquer Beil techn. wb. 1, 574; eine ansicht, die meine pflegemutter doch minder kräftig verfocht, als der staat von ihr begehrte, sie möge ihm ihr silberzeug aushändigen, oder dasselbe ... stempeln lassen Holtei erz. schr. 1, 129; (das alte buch) ist in rotes leder gebunden und der schnöde name Ludwigs XV. ist ihm auf den rücken gestempelt G. Keller ges. w. 6, 24 (vgl. stempel A 2 c); mit einem siegel: ich stämpele sigillum impono Steinbach 2, 667, vgl. noch unter 2 c α und β; poetisch übertragen:
sie wüszte nicht, ob solcherlei
fuszstapfen menschenfuszes
nochmals den blutgefärbten staub
zu stempeln sich erkühnten
Göthe 3, 204 W.
specieller 'ein brandmal als kennzeichen einbrennen', vgl. bei stempel A 2 b ende: die bestellung der felder durch eine heerde nicht selten mit dem eisen gestempelter sklaven Mommsen röm. gesch. 2, 77; so markierte man die kinder, um sie wiedererkennen zu können, wie der herdenbesitzer sein vieh stempelt v. d. Steinen naturvölker Zentralbrasiliens (1894) 179; bildlich:
du miszgeburt voll mäler! wühlend schwein!
du, der gestempelt ward bey der geburt,
der sklave der natur, der hölle sohn!
Shakespeare 9, 42 Schlegel;
vom schandmal: sie stempelten den verbrecher mit einem glüenden eisen auf den rücken Möser patr. phantas. (1774) 4, 146.
b)
am gebräuchlichsten ist heute die stempel A 2 d und A 3 b entsprechende bedeutung 'mit einem farbstempel versehen'; zur kennzeichnung: die windeln ... waren alle mit einem kreuze gestempelt Hippel kreuz- u. querzüge (1793) 1, 150; in fester anwendung von behörden, firmen und dergl. 'mit einem beglaubigungsstempel versehen': zettel, politen, licenten stempen ò stempeln improntare, sigillare Kramer t.-ital. 2, 906ᵇ; dasz unter vorberührten amtsaccidentalien jedesmal das siegelgeld inclusivè mit verstanden, hingegen das pergament und gestempelte papiere besonders bezahlt werde (a. d. j. 1734) sportulordn. Friedrichs v. gottes gnaden landgraffen zu Hessen 12; man wird journalist, unterschreibt seine namenschiffre ... in verschiedenen gestempelten oder ungestempelten blättern K. Gutzkow ges. w. (1872) 8, 204; die schlusznote ist doppelt auf einem vorher gestempelten ... formular auszustellen reichsstempelges. v. 3. juni 1906 § 12, abs. 2; wenn jemals ein jude ... durch den zollhof wollte, muszte er dem wächter einen schein vorzeigen, der von dem vogt in Bingen gestempelt war W. Schäfer erz. schr. (1918) 2, 58;
und wer nicht straffe geben will,
der läst die charte stempeln
Chr. Fr. Henrici ernst-, scherzh. u. sat. ged. (1727) 4, 262;
stempeln 'waaren mit zeichen versehen, dasz der impost davon erleget ist' Dähnert 460ᵇ; desselben weges kam der flachs, den die bracker im hafen prüften und stempelten Treitschke hist. u. pol. aufs.⁵ 2, 42. prägnant vom poststempel: ihr letzter schriftlicher auftrag ist am 18. dez. gestempelt fürst Pückler briefw. u. tageb. (1873) 1, 166. in neuester zeit wird mit subjectswechsel stempeln vom arbeitslosen gesagt, der sich durch einen stempel des arbeitsamtes auf die ausweiskarte (stempelkarte) bescheinigen läszt, dasz er sich dort wegen arbeit gemeldet hat: in Berlin sieht man gar nicht auffallend viele schäbige, ausgemergelte 'blasse'. auch beim stempeln auf den arbeitsämtern nicht Rumpelstilzchen das sowieso (1931) 207;
heute, nur heute verdiene ich noch,
morgen, ach morgen, stemple ich doch
H. Fallada kleiner mann, was nun (1932) 138;
in der verbalen verbindung stempeln gehen: die jungen bauernsöhne ... ziehen lieber in die stadt, wo sie leichter arbeit zu finden hoffen ... und wo man 'stempeln gehen' kann, wenn die arbeit ausbleibt W. Weigand die gärten gottes (1930) 237.
2)
im bildlichen gebrauch hat stempeln im 18. und 19. jh. ähnlich wie das substantiv, vgl. stempel A 3 c, eine ausgedehnte anwendung von fast selbständiger geltung gefunden; die dabei zugrunde liegende vorstellung ist in der regel von stempeln 1 a hergenommen (zumeist von der münzprägung, doch auch von der verwendung des stempels als siegelstock oder brandeisen), seltener von stempeln 1 b (dem aufdrücken eines farbstempels); im allgemeinen gebrauch aber wird nicht deutlich geschieden, da die sinnliche vorstellung meist zu einer abstracten bedeutung wie 'kennzeichnen' und ähnl. verblaszt ist.
a)
nur verhältnismäszig selten kommt eine sinnliche grundvorstellung deutlicher zum ausdruck: du wirst ... zugleich meiner meinung beipflichten, dasz ein schatz von schönen materien allemahl angenehm sei, ob er gleich schon vor uhralten zeiten von andern autoren gleichsam gestempelt oder beschrieben worden E. G. Happel relationes (1685) vorw. 2; alle vorgeblich a priori bestehenden erkenntnisse waren nichts, als falsch gestempelte gemeine erfahrungen Kant s. w. (1838) 3, 168;
... doch bald, wie jeder sein antlitz,
das er im spiegel gesehen, vergiszt die beweglichen züge,
so vergiszt er das wort, wenn auch von erze gestempelt
Göthe 1, 298 W.;
was er sagt, ist so einzig und eigen gestempelt (d. i. hat so eigne 'prägung'), dasz man über die allerbekanntesten dinge etwas nie gehörtes erfährt Sturz schriften (1779) 1, 67; Herder beweiset ..., dasz jeder mensch seinen gegenstand durch das individuelle, worin er sich von andern unterscheidet, neu stempeln könne G. Forster sämtl. schr. (1843) 6, 59, vgl. noch unten 2 c α und γ. zu stempeln 1 b: um nichts in seinem vaterlande ans licht kommen zu lassen, das nicht von ihm und seinem geschmacksrath vorher war gestempelt worden Lenz vertheidig. d. herrn Wieland (1776) 16.
b)
meist abstracter 'züge, eigenart verleihen, kennzeichnen': die willkühr stempelt den freien menschen Tieck schriften (1828) 6, 200; nur die ausführung stempelt den entschlusz, der bis dahin immer nur noch veränderlicher vorsatz ist A. Schopenhauer werke 1, 152 Grisebach; kein schriftsteller, so sehr er auch an gesinnung weltbürger sein mag, wird in der vorstellungsart seinem vaterlande entfliehen. wäre es auch nur die sprache, was ihn stempelt, so wäre diese allein genug, ihn in eine gewisse form einzuschränken und seinem product eine nationelle eigenthümlichkeit zu geben Schiller 6, 103 G.; der schnitt des auges, der augenbrauen, der nase ... alles stimmt zusammen ... gesundheit und irdisches wesen zu stempeln J. K. Lavater physiogn. fragm. (1775) 6, 285; 'die endgültige fassung geben, festlegen': ich wäre nicht aufs rechte gekommen, wäre ich nicht im begriff gewesen, das halbwahre zu stempeln Göthe IV 28, 129 W.; nicht selten mit geringschätzendem unterton: in der groszen stadt des nördlichen Deutschlandes, die ... alles, was nicht in ihr gestempelt wurde, als kleinstädtisch verachtete Tieck schriften (1828) 6, 5; denn wer das rechte weisz ..., dem ists nicht blosz darum zu thun, nur allerley zu wissen, was die mode eben stempelt Fr. Schlegel im: Athenäum 2, 1; so vor allem als partic. perf. gestempelt, etwa in dem sinn von 'allgemein gültig', aber auch 'alltäglich, nichtssagend, unbedeutend', gelegentlich auch auf grund der vorstellung von stempeln 1 b, vgl. in ähnlicher bedeutung abgestempelt: dasz er mehr und einen bessern rechtsspruch erlangete, als ein ander mit seinem gestämpelten, ernsthafften sonntagsgesichte d. lustige philosophus (1715) 407; ein urtheil über ihn ... giebt einen merkwürdigen beweis ab, ... wie so ganz verkehrt menschen von vielem verstande ... andere menschen beurtheilen, die mit den vorurtheilen, den sitten, den gestempelten grundsätzen ... disharmonieren A. W. Rehberg pol. hist. kl. schr. (1829) 36; doch will man nur das gelten lassen was gestempelt ist Bettine d. Günderode 1, 271; (Äskulap) der seinen namen sogar jetzt noch jedem facultätsmäszig gestempelten quacksalber und stümper in der heiligen heilkunde zum schanddeckel seiner pfuschereien borgen musz C. A. Böttiger kl. schr. (1837) 1, 97. besonders häufig von der sprache (vgl. in derselben anwendung prägen und geprägt): wenn er mit einem gestempelten kunstworte drein stolpert Göthe 19, 112 W.; dasz jene gerade wie wir es in einer fremden sprache thun, sich mit schon gestempelten hergebrachten phrasen — behelfen müssen 19, 216 W.; Anselm, der gern für jede sache gleich das gestempelte wort sucht Solger Erwin (1815) 1, 258; hier wurde etwas weniger von musik für den kenner und für das publikum in hergebrachten redensarten und gestempelten worten, die eigentlich auf keinem gefühl ruhen, die man blosz im munde hat, gesprochen M. Hauptmann briefe a. Franz Hauser (1871) 1, 140; welch treueres bild der leidenschaft, seele, sprach und denkart, als diese langweilige, schielende, europäisch gestempelte schilderung Herder 25, 82 Suphan; da die damalige romansprache noch so ganz aus schlichten worten zusammengesetzt ist und gar nicht die eigenen, jetzt gestempelten ausdrücke kennt W. v. Humboldt in: W. u. C. v. Humboldt in ihr. briefen 6, 462 v. Sydow.
c)
am häufigsten ist dieser bildliche gebrauch von stempeln in verbindung mit festen syntaktischen fügungen.
α)
zu etwas stempeln. in poetischer sprache gelegentlich in vollausgeführtem bilde:
um euretwillen
mag euer sohn und bruder noch vor nacht
das zeichen, das zu seiner magd mich stempelt
mir auf die lippen drücken, denn ich bin
noch ungebrannt, wie ein zu junger baum
Hebbel I 4, 71 Werner;
weil der teufel
das siegel gottes führt und höllenfrevel
zu heldenthaten stempelt
ebda 6, 72.
im allgemeinen gebrauch aber formelhaft abgegriffen ohne wirkliche anschauung. mit persönlichem object: fräulein Kalliste stempelte den ehrlichen Friedbert zu einem tetrarchen von Schwabenland J. K. A. Musäus volksmärchen 2, 41 Hempel; wer den Germanen zum halben wilden stempeln möchte, lese dieses werk und mache andere schlüsse J. Grimm kl. schr. 4, 179;
und, graf, wer höhnte euer recht,
wer stempelt euch zum pfaffenknecht?
A. v. Droste-Hülshoff ges. schr. (1879) 1, 267;
hört doch, ihr habt da einen zug um den mund, der euch zum heuchler stempelt Klinger werke (1809) 3, 87; ein zweckmäszigeres mittel, den könig zum volksfeind zu stempeln ..., konnte nicht erdacht werden Dahlmann gesch. d. franz. rev. (1845) 443;
wenn einer fühlt, dasz ihn die nächste stund
zum ungeheuren frevler stempeln wird
Hebbel I 1, 155 Werner;
mich stempelte die natur zum helden Klinger werke 3, 226; wie das glück, so hatte schon die natur ihn (den herzog von Guise) zum herrscher der menschen gestempelt Schiller 9, 302 G. mit sächlichem object: der geist wird zur tüchtigkeit gestempelt, gelangt zu einem ernst ohne trokenheit Göthe 30, 213 W.; steht es so mit uns, dasz die lehre des christenthums, den strauchelnden zu warnen, zu einem politischen vergehen darf gestempelt werden J. Grimm kl. schr. 1, 42; sieh da zwey worte bös und gut, die ihr gerne zu begriffen stempeln möchtet Klinger werke 3, 59; professor Heiberg stempelt die abänderung meiner Judith zu einer ästhetischen sünde Hebbel werke 11, 11 Werner; darin liegt der unterschied, den der herr abgeordnete ... zur 'lüge' stempelt Bismarck reden 2, 91;
ihr habt gestempelt zum verbrechen
die liebe für das vaterland
Hoffmann v. Fallersleben ges. schr. (1880) 4, 302;
die erfahrung stempelt einen satz zur wahrheit Thom. Abbt verm. werke (1768) 6, 3, 277; das leichte gerücht stempelt sie (die allzu freie presse) zur gewissesten wahrheit Gutzkow ges. w. (1872) 8, 445; die österreichische frage wurde durch diesen schachzug des bundeskanzlers D. zu einer schlechthin europäischen frage gestempelt H. Stegemann weltwende (1934) 269; in intensiverer bedeutung 'eine person oder eine sache zu etwas bestimmen', vgl. denn nun zeigt sich erst, wessen der dämon fähig sei; er ... der mit unbedingtem wollen in die welt griff ... er fühlt nun, dasz er nicht allein durch natur bestimmt und gestempelt sei Göthe 41, 219 W.: seinen sohn stempelt er nicht mehr zum soldaten, sondern er sagt: 'der balg mag werden, was er will' Jean Paul 32, 45 Hempel; aber wunderbar las dieser junge mann, den ein zufälliger scherz seines vorgesetzten zum vorleser gestempelt hatte Hauff s. w. (1890) 5, 301; auch schien ich ... zu einem bacchischen leben gestempelt zu sein E. M. Arndt s. w. (1892) 1, 54; hätte man die Nibelungen gleich in tüchtige prosa gesetzt und sie zu einem volksbuche gestempelt Göthe 7, 235 W.
β)
als etwas stempeln, als etwas ausgeben, seltener: wer wird blödigkeit, bei der man immer ein stümper bleibt, als demuth stempeln? H. v. Chézy erz. u. nov. (1822) 1, 92; erfahrung und wissen werden als verkehrtheit und befangenheit gestempelt R. v. Jhering geist d. röm. rechts (1852) 2, 2, 330; den rationalisten war es erwünscht, eine jede religiöse äuszerung ... als katholizismus zu stempeln H. Steffens was ich erlebte (1842) 5, 101.
γ)
deutlicher erhalten ist die sinnliche anschauung im anschlusz an stempel als 'siegelstock' (s. A 2 b) und stempeln 1 a zumeist in der verbindung mit etwas stempeln: professor Fischers jahrbuch der mechanischen naturlehre, wo der Newtonsche irrthum abermals recht kräftig mit akademischem siegel gestempelt ist Göthe IV 33, 171 W.; was er (der künstler) ... mit dem lebendig machenden siegel seines geistes stempeln konnte G. Forster sämtl. schr. (1843) 3, 32; nur derjenige, der mit nachdruck die hand an die wurzel des verderbens und unglücks legen kann und darf, der mag seine handlung mit dem wort that stempeln Klinger werke (1809) 4, 77; ich kenne wirklich keinen gröszeren irrthum als den ..., unsere zeiten mit dem charakter der unzucht zu stempeln J. J. Chr. Bode gesch. d. Thomas Jones (1786) 5, 187; ich wählte einige (schriften) aus, die mit berühmten namen in dem reiche der gelehrsamkeit gestempelt waren Thümmel reise i. d. mittägl. provinzen v. Frankreich (1791) 1, 192; wer kann z. b. die berathschlagungen der vereinigten mächte mit weisheit, neuheit, erfindungskraft und allen ressourcen des genies stempeln G. Forster s. schr. (1843) 9, 103; würde und hoheit der seele, welche sterbliche werke mit dem zeichen der gottähnlichkeit stempeln E. M. Arndt s. w. 1, 247 R.-M.
3)
vorwiegend auf nd. boden beschränkt ist ein bildlicher gebrauch jemanden stempeln in der fest gewordenen bedeutung 'jemandem seinen willen aufdrücken, jem. beeinflussen', 'ihn dahin bringen, dasz er starr eines anderen meinung vertritt' Heyne dt. wb. 3, 798; vergleichbar erscheint mit sachlichem object mnd. stempeln in der bedeutung 'etwas formieren, anstiften, betreiben', s. Schiller-Lübben 4, 384: B. de umme siner vorrederie willen, alse he tegen uns gestempelt unde dan hefft, lantfluchtig geworden (1473) bei Schiller-Lübben a. a. o.; vgl. auf demselben gebiet den gleichen gebrauch von stempen, s. stempfen 4, mit persönlichem und sachlichem object. in nd. maa. stempeln 'bestechen, zu etwas bereden': he iss stempelt 'er musz seine aussagen so machen, wie es ihm eingegeben ist' Danneil altmärk. plattd. 211ᵃ; hê is gôd stempeld, hê wêt genau beschêd, wat hê to seggen hed Doornkaat-Koolman ostfr. 3, 309; vgl. noch Mensing schlesw.-holst. 4, 833; Frischbier preusz. 2, 368ᵇ; ebenso auch, doch vereinzelt, in md. maa. bezeugt, s. Albrecht Leipzig. 217ᵃ; Müller-Fraureuth obersächs.-erzgeb. 2, 560; ebenso literarisch: mein freund war von mir schon gestempelt und wohl unterrichtet elysäische felder (1735) 113; ich reiste nach Metz, um den juden zu stempeln, dem wir das (unterschlagene) gold und silber verkauft hatten Laukhard feldzug 2, 2, 11; es wird auch so gehen, ich will nur schnell meine leute stempeln F. Raupach dram. w. kom. gattung (1829) 4, 95; im rotwelsch: natürlich waren diese herren 'auf die viole gestempelt', d. h. gekauft, und waren deshalb verpflichtet, sich besiegen zu lassen R. Thomas unter kunden (1905) 242, vgl. noch Wander 4, 828; hierher auch: he is stempelt 'er ist gerieben, pfiffig' Mensing schlesw.-holst. 4, 833.
4)
verhältnismäszig selten ist stempeln im sinne von '(zer)stampfen', stempel A 1 entsprechend: stämpflen durch stampfen zerkleinern Fischer schwäb. 5, 1630; die gestempelten kantuffeln brennen an volksztg. 26, 185ᵃ bei Sanders wb. 4, 521ᵇ; 'feststopfen, feststampfen': stempfelen 'die ladung eines gewehres mit dem ladestock feststoszen' Martin-Lienhart 2, 598; zu stempel A 1 b: 'den kolben bei einer knall- oder wasserbüchse nach vorn stoszen' ebda 2, 598. wie stempel A 1 a auch obscön gebraucht, z. t. im spiel mit stempeln 1: eine stempeln futuere Müller-Fraureuth 2, 560; Wenisch Nordwestböhmen (1926) 45; und damit sie (zwei mädchen) vor allem vorwurff (dasz sie keine jungfrauen mehr wären) sicher seyn möchten, habe ich (Fuchsmundi als stadtrichter) sie mit meinem angebohrnen gerichtssiegel gestämpfelt Stranitzky ollapatrida 63 Wiener ndr.zu stempel A 1 c stellt sich technisch stempeln in einen bolzen stempeln 'einen bolzen vermittelst eines stempelbolzens heraustreiben' Beil techn. wb. 1, 574, Bobrik seewb. 663ᵃ, vgl. Heinsius 4, 794ᵃ.
5)
in der sprache der gewerke stellt sich ableitung von stempel B ein; schon früh im bergbau nach B 1 a stempeln im sinne von 'festrammen':
heilic heilic heilic die drî clammen,
die immer wernden rammen,
gestempelt sint, dâ himel und erde an swebt
meisterlieder d. kolmarer hs. 162, 14 Bartsch;
stempeln durch stempel unterstützen, verwahren Veith bergwb. (1870) 462, vgl. 'einen unterzug auf eine lange tragesohle feststempelnd (durch auf die tragesohle aufgesetzte stempel fest stützend)' Karsten arch. f. bergb. 5, 12; formal zu stempel B 1 a gehört auch stempeln in occasioneller, bildlicher bedeutung 'verkleinern, verstümmeln', das entweder mit stempeln 4 vermischt ist oder eine neubildung zu stempel analog stümmeln zu stummel darstellt: wann man desz nächsten namen stemplet und stimmlet, wie gern hört mans Abraham a s. Clara mercks Wien (1680) 161.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1935), Bd. X,II,II (1941), Sp. 2337, Z. 64.

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Zitationshilfe
„stempeln“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/stempeln>.

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