Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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stänker, m.

stänker, m.
der stank macht, stinkende person oder sache; zänker. eine bildung, die erst nhd. seit dem 17. jahrh. und zuerst bei schlesischen autoren begegnet (zufrühest bei Schickfusz, 1625, s. 2), falls nicht folgende glosse schon hierher gehört: fetidus stankchär. Dief. nov. gloss. 172ᵇ (alph. wb. v. Math. Kranheybel de Praw vom j. 1502). lexikalisch zuerst gebucht von Kramer teutsch-ital. wb. (1678) 1001ᵇ, vgl. Weigand 2, 796 f. mundartlich wol überall verbreitet, ohne abweichungen der form, schweiz. štänker Hunziker 255 u. s. w., s. unten; auch nd. stänker Danneil 209ᵃ, stenker ten Doornkaat Koolman 3, 310ᵇ, štänk(e)r Bauer-Collitz 98ᵇ.
1)
der stinkt, im eigentlichen sinne: stänker ... olidus, foetidus. Stieler 2170; oberhess. schdenger stinkender mensch oder gegenstand. Crecelius 805. Albrecht 216ᵃ.
a)
von menschen kaum oder höchstens in niedriger sprechweise gebräuchlich: stäncker (der) homo foetens. Steinbach 2, 759. Frisch 2, 319ᶜ; 'so wird ein stinkender oder einen gestank machender mensch im gemeinen leben ein stänker genannt.' Adelung (1); 'man versteht gewöhnlich darunter einen menschen, der sehr schmutzig und unrein ist, und eine wegen dieses schmutzes sehr übelriechende ausdünstung hat. auch jemand, der seinen blähungen, den magen und gedärmwinden, freien lauf, sie zur öffentlichkeit kommen läszt, erhält diesen namen.' Krünitz 169, 652. in Posen 'einer, der stank, gestank verursacht'. Bernd 292. — von einer leiche: auf dem feuer lag die leiche eines uralten gänzlich vertrockneten gockelhahns, welcher schon ein wenig brenzelte. neben ihm aber lag ein bildschönes weibchen von kaum sechzehn jahren. ... sie geberdete sich aber wie besessen und wollte durchaus verbrannt sein mit ihrem alten stänker. Keller 4, 63. — in freier übertragung von einem schlechten dichter:
mit bösem vogel abgelöst enteilt das schif,
und trägt den stänker Mävius (ferens olentem M.).
Voss Horaz (1806) 1, 319 (epod. 10, 2).
anders gewendet in der ebenso vereinzelt bezeugten bedeutung: diese alle (gerber, schuster, kürschner u. ä.) werden spottsweise sudler und staͦncker (cerdones; souillons, gens de saie et vilain mestier) genand. Comenius janua (1644) 508.
b)
häufiger von thieren, und zwar besonders
α)
vom iltis. Adelung. Nemnich: sie (die iltisse) stincken aber sehr, absonderlich wo sie hin pissen, darumb werden sie auch stäncker genennet. Täntzer jagdgeheimn. (1682) 134ᵃ; es ist ein böses ding ... und stincket greulich, wo es hinpisset, dahero wird es ein stäncker genennet. Fleming t. jäger (1719) 117ᵃ; es stincket nicht nur wo es hinpisset, greulich, sondern auch sein balg, welcher, wenn das thier ... zur brunfft-zeit gefangen wird, den gestanck immerzu behält, dahero es auch ein stänker genennet ... wird. Zincke öcon. lex.² 1302. so noch thür. (Hoffmann v. Fallersleben). vgl. stänkermart, -ratz.
β)
im Erzgebirge für einen bock. Albrecht 216ᵃ.
γ)
nordthür. für den wiedehopf. Kleemann 22ᵃ.
c)
stänker ... it. axungia, aliâs wagenschmier. Stieler 2170; stäncker ... assongia, unto da carri. v. wagenschmier. Kramer dict. 2, 979ᵃ; stäncker, siehe wagenschmier. Zincke öconom. lex.² 2796; in einigen gegenden, z. b. in Meiszen, theer oder wagenschmier. Adelung; so auch thür. (Hoffmann v. Fallersleben); erzgeb. štënkr Göpfert 53; preusz. birkenteer Frischbier 2, 362ᵃ. ferner kommt der schwartze theer oder stäncker geflossen, welcher nachher in einem grossen kessel zu peche gekocht wird. Döbel 3, 66ᵇ.
d)
nach Krünitz 169, 652 für 'eine sehr eingeschmirgelte tabakspfeife'; in Leipzig (und wol auch sonst) von schlechtem tabak. Albrecht 216ᵃ. — auch von stark riechendem käse; vgl. stänkerkäse.
e)
mit übergang in die locale bedeutung; so in der gaunersprache für stall. Avé-Lallemant 4, 610.
f)
abstracter für furz, vgl. stankhart: lachete uͤber einen staͤncker, den sein narr gelassen. zeitvertreiber (1668) vorr. a 9ᵃ.
2)
von menschen gewöhnlich in einem bestimmten übertragenen sinne, vgl. stank 5, c: stänker ... it. altercator, jurgiosus, contentionis cupidus. Stieler 2170; stäncker ... it. met. attacca - brighe, turba - festa. gall. trouble - fête. v. stincker. Kramer dict. 2, 978ᶜ (vgl.stänkerer); contentiosus, rixosus. Steinbach 2, 759. Frisch 2, 319ᶜ; 'eine person, welche gern unnütze streitigkeiten anfängt, ein zänker, ingleichen, welche durch verhetzung uneinigkeiten unter andern stiftet; auch nur im gemeinen leben.' Adelung (3). in der studentenspr., vgl. Kluge 127ᵇ, zuerst im 'idiotikon der burschenspr.' v. 1795: stänker heiszt ein solcher, der nicht ohne streitigkeiten leben kann, der daher jede kleinigkeit anwendet um streit zu erregen. die streitigkeiten heissen daher stänkereien und streiten oder zanken stänkern. ein solcher mensch läszt ueberall, wo er hinkommt, einen übeln geruch hinter sich, und jeder flieht vor ihm. studentenspr. in Halle 105. so auch in mundarten, ausdrücklich angegeben bei Hintner 231 (unruhe-stifter). Schmidt 231 (streitsüchtiger). Hönig² 173ᵇ. Crecelius 805 ('eine händel verursachende und dazu hetzende person'). Jecht 108ᵃ. Albrecht 216ᵃ. Anton 12, 5. Weinhold 93ᵇ. Bernd 292 ('einer der stank und stänkerei d. h. zank und streit liebt und bei jeder gelegenheit veranlaszt'), in Berlin Brendicke 178ᵃ; nd. Danneil 209ᵃ. Bauer - Collitz 98ᵇ. Klein 2, 166 ('ein zanksüchtiger', Hildesh.). 170 (stenker 'einer, der gerne händel anfängt', in Bayern, Jülich und Berg). in Preuszen mit latinisierung stankarius 'person, die unwahrheiten aussprengt, thatsachen entstellt und dadurch stank, verdrusz, unannehmlichkeiten verursacht', s. Frischbier 2, 362ᵃ. dasz gerade diese bedeutungsnuance bei stänker vorherrschend geworden ist, beruht jedenfalls auf dem lautlichen anklang (reim) an zänker (vgl. die belege). — die belege aus dem 17. jahrh. stammen ausschlieszlich aus schlesischen und benachbarten autoren; in dem ältesten ist die bedeutung nicht klar, doch nach maszgabe der andern wol ebenso zu nehmen: doch werden allhier die krippenreuter (schmarotzer, vgl. th. 5, 1451 und 2327), stäncker und knoblochsgäste gar nicht verstanden, welchen der herren ... scharffe patenta neben jhre tische zu guter warnung hiemit angehefftet werden. Schickfusz schles. chron. 4, 39 (vgl. dazu Gombert bem. u. erg. 5, 20 f.); dasz offt die ärgsten zäncker und stäncker denen unschuldigsten und frömsten leuten überlegen seyn, und dasz mancher an statt gesuchter satisfaction sein leben in die schantze geschlagen. Weise erzn. (1673) 37 (s. 22 neudr.); soldaten, so im felde tapffere leute; im qvartier aber stäncker, mauser und böse früchte seyn. Butschky Pathmos s. 532; lasset euch nicht mehr gelüsten dergleichen widerwillen zuerregen, denn wo wider klage kommen solte, wird man euch als einen stäncker aus der compagnie stoszen. Ettner unw. doctor 808; ju, ju Baaltzer ist a rechter stencker. mei versturbner man hotte auch immer händel mit em. G. W. Keller das im sprichw. redende Schlesien (1722) 168ᵇ bei Wander 4, 777; stänker, in der niedrigen sprache so viel als zänker. Lessing 5, 344 (wb. zu Logau, vgl. unten); denn es wird dem reichsfiscale leicht begreiflich zu machen seyn, dasz nur sie und ihres gleichen die stänker sind, welche den groll, den die im deutschen reiche geduldeten religionspartheyen gegen einander doch endlich einmal ablegen müszten, nähren und unterhalten. 10, 247; ich zähle auch diejenigen unter die zänker und stänker, welche drohen und groszthun ohne einen gegner vor sich zu haben. Bode Montaigne 4, 400; endlich noch andre, die man querelleurs (stänker) nennt, suchen vorsätzlich gelegenheit zu persönlichem zanke. Knigge umgang mit menschen 1, 143; konsul Buddenbrook sagte von ihm: 'Hinrich Hagenström ist aufdringlich mit seinen schwierigkeiten' ... und Johann Buddenbrook fügte hinzu: 'ein oller stänker!' Th. Mann Buddenbrooks 1, 82;
der zweymal achte kommt, und der ist nur ein zäncker,
ein gantz unruhig kopff, ein auszbund aller stäncker.
Scherffer Grobianer (1640) 88;
Pallas, wie bist du so kühn,
unter stenker dich zumischen?
schrekkt dich nicht das kriegsgetön,
und sein cyclopæisch preschen?
ged. (1652) 444 ('der uneinigkeits-göttin braut-lied');
den stänker (Mars) musz man lassen.
483.
einen buhler, einen zäncker,
einen balger, einen stäncker ...
hat in dem man zu erkennen,
den man musz versoffen nennen.
Logau 1, 221, 11;
Popiel (zu einem ratsherrn, der klageschriften bringt).
gieb her, worzu ist dieser tand,
es sind unnütze zäncker.
was? meinen diese stäncker,
man hab anjezt nichts an der hand.
A. Gryphius 1, 631 (Piastus 2).
3)
eine andre bedeutung bieten die älteren wörterbücher: stänker, et stenker, der, propr. olfaciens, odorans, et ausstänkerer, subodorans, indagator. ausstänkerinn, die, indagatrix. Stieler 2170 (vgl. ausstankern, theil 1, 983); 'eine person, welche aus vorwitz alles durchsucht oder durchstänkert, im gemeinen leben und verächtlichen verstande.' Adelung (2). so jetzt in mitteld. mundarten: oberhess. 'einer, der alles ausschnüffelt und verdrieszliche dinge anfängt' Crecelius 805 (scheint mit 2 vermischt); thür. dafür stänkerfritze, -mard (in Altenburg). Hertel sprachsch. 233. diese bedeutung ist nicht aus den vorstehenden abgeleitet, sondern beruht auf dem (zweiten) verb. stankern, stänkern.
4)
im schwäb. Oberland stänker 'armsdicker, dürrer fichtenstämmling, an dem die äste nicht abgehauen, sondern ringsum nur zugestutzt sind, und der in den boden gesteckt wird, um auf dem felde flachs, getreide, klee etc. daran aufzuhängen und zu trocknen'. Schm.² 2, 771, der es zu stänken 4, b, stecken, stellt.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1907), Bd. X,II,I (1919), Sp. 832, Z. 56.

stenker, m.

stenker, m.,
s. stänker.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1935), Bd. X,II,II (1941), Sp. 2368, Z. 37.

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Zitationshilfe
„stenker“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/stenker>.

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