Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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füg, füge, adj.

füg, füge, adj.,
nur in den zusammengesetzten adjectiven gefüg, ungefüg (Alberus dictionar. m ijᵇ), kleinfüg. s. das adj. füge.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 377, Z. 75.

fuge, f.

fuge, f.
junctura, compages, conclusura, commissura. mhd. fuoge, vuoge, welches ein ahd. fuoga voraussetzt, das nicht nachzuweisen ist, wol aber ein mit ihm zusammenfallendes schwach biegendes fuogâ, feste vereinigung, in dem zusammengesetzten hîfuogâ, zeugungsvereinigung? in Notkers Marc. Cap. s. 350ᵃ, 134 der ausgabe von Hattemer als übersetzung des unerklärten lat. soticena, mit welchem die göttin Juno, wie es scheint als vereinigerin zur zeugung, angeredet wird, und diese bedeutung dürfte bestätigung darin finden, wie Wernher von Tegernsee fûge gebraucht, wenn er Mar. s. 201, 13 Hoffm. singt:
sie wânten in dër burge daʒ daʒ iemer wurde,
daʒ maget kint trûge âne mannes fûge
d. h. ohne fleischliche vereinigung mit einem manne. mnd. vôge (Rother 2039), nd. foge, mnl. voeghe, nnl. voege, voeg. das wort ist, wie mhd. fuoc, vuoc, nhd. fug, dem praet. des unter diesem worte und fügen aufgestellten goth. fagan ahd. fakan entsprossen. die bedeutungen sind:
1)
die enge verbindung zweier aneinander passender theile, die stelle wo diese theile eng verbunden sind. fuͤge oder fuͦge. Dasypodius 332ᶜ; ein fuge. Serranus l 8ᵇ. o 8ᵃ; iunctio, ein fuͦg oder zuͦsamenfuͤgung. Frisius (1556) 742ᵇ; commissura, ein fuͦg oder zuͦsamen nuͦtung, ein nuͦt. 261ᵃ und danach fuͦg (die) oder nuͦt bei Maaler 151ᵈ; fuge, niet, zusamenfuͦgung, nietung, compages u. s. w. Henisch 1276, 26; fuge der bretter oder anders holzwerk, commissura tabularum. 29; fuge des hirnschedels, hirnschalen, suturae, commissurae cranii. 31; fuge der keltermülden, coagmenta, juncturae lacus subpraelaris. 33; fugen der wort, junctura verborum. 37; die fugen der balken, tignorum juncturae. Steinbach 1, 517; wunderbare fugen haben, commissuras mirabiles habere. ebenda; die fugen der hirnschale werden näthe genennt. ebenda. mhd.
ein wâfenroc wart dar getragen,
dër was, als ich hôrte sagen,
mit drîhen (= nadeln zum sticken) und mit (vgl. die hs. N in der ausg. von v. Groote) spëlten
zen vuogen unt zen velten
zallen sînen enden,
mit vröuwînen henden
in vremedem prîse bedâht
unt noch prîslîcher vollebrâht.
Trist. 166, 2.
nhd. wisset ir nicht (spricht er, nemlich Paulus 1 Cor. 6, 16), wer an der huren hanget, der ist ein leib mit ir, das ist, wer an eine hure gekütt oder, wie die deutschen auch reden, wer an eine hur gebicht ist, der ist ein leib mit ihr, das ist wie zwei bretter durch den leim ein bret werden unnd ein eisen an das ander oder ein silber an das ander gelötet oder geschweisset wirt, das (dasz) es gar ein ding wirdt, also wenn huren und buben sich zusamen halten, wirt ein hurenleib drausz, die fuge oder das lot gehet schwerlich wider auf, wie man im sprichwort auch saget, disz gesindlein scheidet sich nimmer mer. Mathesius Sarepta (1562) O iijᵃ, aber in der lange nach seinem tod (1565) erschienenen und daher nicht so zuverlässigen ausg. von 1587, in welcher die stelle 58ᵃ steht, fuͤge;
die fugen des gebäus drohn schmelzend sich zu trennen.
J. A. Schlegel verm. ged. 2, 159;
er kennt des ganzen bau und aller theile fugen.
Wieland suppl. 1, 52;
(die orkane) stürzen die flut in den raum (der schiffe) und schmettern die wänd aus den fugen.
Voss Theokr. id. 22, 12;
und so löset still die fugen
an dem herrlichen palast,
und die pfeiler, wie sie trugen,
stürzen durch die eigne last.
Göthe 13, 280;
in einem nu war die hütte abgedeckt und einzelne menschen hiengen an sparren und balken, um auch diese aus den fugen zu reiszen. 24, 326. die fuge an zwei zusammengeleimten bretern, an den faszdauben; es kracht in allen fugen; die fuge schlieszt schlecht, gibt sich von einander. von wörtern: mit meiner nacharbeit an der übersetzung (des Homer) bin ich nahe zum ende gelangt, in steter aufmerksamkeit auf fugen von zusammensetzungen, wie sie Ihnen (F. A. Wolf) wahrscheinlich sind. ich finde durchaus alles fest und gediegen und, was auch der künstler daran gelöthet und gefeilt habe, glatt wie aus éinem gusz, wie von éiner seele aus dem innern hervorgetrieben. Voss briefe 2, 248. auch die lücke zwischen den beiden theilen bei mangelhafter verbindung heiszt fuge: mhd.
dëm schiffe dô (bei dem ansturz der wellen) kein vrume was
wëder das bëch noch das was (wachs):
die vûge wurden wîte.
zu iewëdrr sîte
die vlût harte drîn wiel.
Albrecht v. H. Ovid 26, 61.
nhd. man sicht den tag durch dfuͦg, sy ist übel gefuͤgt, hiat commissura. Maaler 151ᵈ. man kann durch die fuge in das verschloszne zimmer sehen. der sand füllet die fugen der breter in dem fuszboden gar bald aus ( Adelung). Bildlich: glauben sie es, freund, unsere seele ist ein einfaches wesen: — hätte die last, die diese nacht auf der meinigen lag, ein zusammengesetztes gedrückt, die fugen der theile hätten nachgelassen und der staub hätte sich zum staube gesammelt. Leisewitz Jul. v. Tar. 1, 1 = sämmtl. schr. s. 12. einem bündnis entsagen, das die fugen der bürgerwelt auseinander treiben und die gemeine ewige ordnung zu grund stürzen würde. Schiller 198ᵃ; eine fuge oder ein astloch in das verhältnis mit jemanden aufmachen. Jean Paul Kampanerthal 8; der väterliche brief, der Albanos seele in allen fugen erschütterte. Titan 1, 176;
denkend,
durch unsers theuren, selgen bruders tod
sei unser staat verrenkt und aus den fugen.
A. W. Schlegel Hamlet 1, 2;
die zeit ist aus den fugen. schmach und gram,
dasz ich zur welt, sie einzurichten kam!
5;
wer dem gesetze sich weiht und dem recht ein jünger der Themis,
werde minister des staats oder doch wirklicher rath,
dasz in die künstlichen fugen verwickelten menschenvereines
er eingreife geschickt fördernd mit sicherer hand.
Zusammensetzungen sind hier breterfuge, hirnschalfuge, kelterfuge, leibsfuge, schiffsfuge, wortfuge. vgl. Stieler 577.
2)
in der baukunst der bei zwei werkstücken entstehende zwischenraum, wo sie im mauerwerk zusammenstoszen. luxemburg. fŏ. Gangler 154. dann auch der mit kalk ausgefüllte zwischenraum zwischen den gebrannten steinen im mauerwerk. vgl. lagerfuge, stoszfuge.
3)
eine in einem gegenstande angebrachte oder gezogene längliche vertiefung, kerbe, rinne oder riefe, in welche ein anderer als theil eingelassen und so mit jenem verbunden wird oder ist, stria. in dem brete ist eine fuge, in die ein anderes eingesenkt werden soll.
und es feget den zarten staub ein sträubender borstwisch
aus den fugen der muschel (des wagens) und aus den zierlichen speichen.
Zachariä phaeton 4, 28.
bildlich: unsre sprache ist zu schwankend, die wörter zu vieldeutig, um genau in die fugen der wahrheit zu passen. die natur hat die umrisse der begriffe sanft in einander laufen lassen: wir tappen gleichsam mit breiten tatzen hinein und vermischen sie. M. Mendelssohn in Göckingks leben Nicolais s. 197. Auch die an einem geräthe mittelst einer länglichen vertiefung bewirkte verbindung in der weise, dasz dadurch ein theil desselben beweglich ist: ein stul mit fugen, den man zu sich aufschlagen kan. Henisch 1276, 41.
4)
eine gliederverbindung, ein gelenk: „fuͦg, junctura, gleich, knod, articulus.Maaler 151ᵈ. und helt sich nicht an dem heubt, aus welchem der ganze leib durch gelenk und fugen handreichung empfehet und an einander sich enthelt. Col. 2, 19; der obertheil desz fuszes wirdt die kron oder fuge genennt oder die wurzel desz horns oder huff. Uffenbach neues roszbuch 1, 200. bildlich:
wie glücklich sehen sie (die magister) beim wein
die fugen der soriten ein!
Hagedorn 3, 126.
5)
passlichkeit, angemessenheit, passende, erwünschte gelegenheit. vgl. fug 2). mhd.
so erkande ich wol die fuoge,
wenn und wie man singen solte.
Walther 48, 23;
swenn ëʒ die vuoge lie geschëhen,
sô gruoʒte si in vil tougen
mit innenclîchen ougen.
Trist. 29, 6.
nhd. er gab ihr auch den brief, den er mit masz und fuge
geschrieben hatt' die tag und ihr im busen truge.
Werders Ariost 25, 118, 1 (Ortando für. 26, 90).
6)
das was sich gebührt, schicklichkeit, wolanständigkeit. vgl. fug 7) b). fug, gebühr, decentia. Dentzler 116ᵇ. dasz dieser nicht das masc. fug, sondern das femininum fuge hat, ergibt sich nachher aus dem unter 7) angeführten. mhd.
nu wërbetʒ, trûtgeselle mîn,
mit fuog: dës habt ir êre.
Parz. 719, 17;
zwô fuoge hân ich doch, swie ungefüege ich sî:
dër hân ich mich von kinde hër vereinet.
ich bin dën frôn bescheidenlîcher fröide bî
und lache ungërne sô man bî mir weinet.
Walther 47, 36;
ëntriuwen, dës erkenne ich mich,
an manegen unde an gnuogen
ir tugenden unde ir vuogen,
die ich an dër sælegen las.
Trist. 133, 18.
vgl. Kolm. meisterl. 124, 1—18. mitteld. auch in der verbindung mit dem pl. von site sitte: in fûge siten, ganz gebührlich, durchaus schicklich:
hërre, daʒ ist in fûge siten,
ir sult dën patriarchen biten,
die bischofe und waʒ hie priester sîn,
daʒ sie sêlmësse sprëchen in,
die ûf dëm wale bliben tôt.
Ludwigs kreuzf. 4590;
die rede ist in fûge siten.
7786.
in fuge fallen, in gutes benehmen treten? nachgibig werden? des wart der homeister (hochmeister) zcu rate unde legete in (ihnen, nemlich den Danzigern) di strase dirnedir, das in nimant mochte zcu füren wedir zcu wassir noch zcu lande, unde lies die kethin uffczien unde lies sie ufheldin, wor man sie anqwam in deme lande. des vilin sie in fuge mit dem kumpthur zcu Danczk, der lies di kethin wedir nedir lossin. Lindenblatt jahrbücher 239; die frau merkte, dasz sich der mann ihres fluchens nicht annam, sie fiel in fuge und sprach. Henneberger 483.
7)
zukommende freiheit zu einer handlung, geziemende, gegründete zuständigkeit. vgl. fug 8). fug, recht, jus. Dentzler 116ᵇ, der dazu als beispiele hat mit guter fug, bono jure, und fug zu einem ding haben, habere jus et potestatem rei alicujus. denn er hat solch fodderens nicht recht noch fuge. Luther 6, 4ᵇ; wiewol ich diese sachen mit fugen weiter von ihr gewöhnlichen weis hette füren mögen. Justus Jonas bei Luther 6, 379ᵃ; mit fugen und aller billigkeit. Aimon m 1; will jetzt nit mit guten fugen in dein vatterland reiten. Galmy 201.
unnd brächten mich inn angst und noth,
wenn sie mit fugen könten.
Ringwald geistl. lieder 103;
Pilatus sprach: seht an den mann,
an dem ich kein args finden kann,
und hab nicht strafens fuge.
kirchenliedo mensch bewein dein sünde groszstr. 13.
keine fuge haben, ähnlich wie wir sagenkein recht haben“: dasz derowegen viell reutter undt soldaten fast ein mehres alsz ihnen gebühret in effectu empfangen, sie auch weiter in die erbare landtschafft zu dringen gantz keine fuge haben. balt. studien 15, 1, 37. noch bei dem volke in Sachsen auch so viel als erlaubnis. so hörte Hildebrand bei Dresden die frage: hast du dazu die fug vom vater?
8)
passende, gebührende weise: womit sol ich ihm das zu wissen thun, wie mag es mit fugen geschehn. buch der liebe 234, 4. überhaupt die weise: mitteld.
mit veterlîchen vûgen
sprach Silvester zu in.
pass. K. 68, 34;
ër nam ermelich gewant
mit tugentlîchen vûgen,
rëchte als die cristen trûgen,
die man durch iren gelouben slûc.
259, 93;
mit tugentlîchen vûgen
sprach die juncvrowe dô.
342, 16;
dô leitin si ir leitirn zû
und irstigin âne mû
daʒ hûs, dar in si slûgin
nâch vîentlîchin vûgin
und vîngin swaʒ dâ was.
Jeroschin 8603 = Pf. s. 272;
mit wëlcher wunne vûgin
daʒ heilictûm si trûgin.
6459.
nhd. durch was fuge (= auf welche weise) er doch solches alles abschaffen möchte. Wickram rollw. 90; Wernhardt nit gedencken mocht, in was fugen er Galmyen den ritter möcht rechen. Galmy 55, 4; si begerten auch von ihm seinen anschlag zu vernemmen, mit was fugen er doch solchs unterstehen wolt zuwege zu bringen. 97; darumb er sich mit Gabriotto berahtschlagen thet, mit was fugen er der jungfrauwen ein solchs zu verstehen geben wolte. buch der liebe 236, 3; als Gabriotto sein anligen Reinharten entdecket, Reinhart mit grossem leyd umbgeben ward, nicht wissen mocht, mit was fugen doch der sachen zu begegnen wer. 255, 2.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 378, Z. 6.

fuge, f.

fuge, f.
das mehrstimmige tonstück, in welchem das zu anfang von einer stimme vorgetragene thema von der andern stimme oder den andern stimmen nachgeahmt wird und durch das ganze stück wechselsweise und unter beständigen veränderungen aus einer stimme in die andere geht. Zelter schreibt an Göthe im briefwechsel 2, 122 über die fuge: diese entwicklung eines hauptgedankens (woraus ein tonstück besteht) geschieht am natürlichsten und zuverlässigsten durch einen gegengedanken, und so entsteht in allem was productive kunst heiszt: fügung des gegensatzes zum hauptsatze d. h. fuge und contrapunct. ein mehrstimmiges tonstück, worin ein bestimmter gedanke (thema, subject) herschend und erschöpfend durchgeführt wird, dürfte eine fuge oder ein gefügtes tonstück genannt werden. da eine fügung ohne theile nicht geschehen kann, so folgt dasz eine fuge nicht weniger als zwei stimmen haben kann, aus deren zusammensetzung der begriff hervorgeht. aber das ist, was die herkunft des ausdrucks betrift, unrichtig, denn diesen haben wir aus it. fuga, welches eigentlichfluchtbedeutet, weshalb bei Henisch 1276, 23 ff. fuga im singen, eadem modulatio alternatim et per vices diversis vocibus expressa, ita ut cantores se mutuo insequi et quodammodo fugere videantur. doch scheint die benennung ursprünglich auf das rasche, lebhafte, gleichsam fluchtähnliche des tonstücks zu gehn. fuge. Stieler 577. Rädlein 308ᵇ. Steinbach 1, 518, dervocis quasi fugientis insectatioerklärt. zuerst also von einer raschen, lebhaften gesangsweise. vgl. füglein.
helle morgenmusik
strömt vom wipfel.
ihre herzen
tanzen nach den fugen
die der schmelzende vogel tönt.
Hölty im alm. d. d. mus. 1773 s. 113.
daher auch bildlich von sprechenden: nun war es aber eine wunderbare contrapunktische fuge, wenn Kniep und der consul die verlegenheit des abenteuers, der vorzeiger dagegen die kostbarkeiten der noch wohl erhaltenen pracht verschränkt vortrugen, beide von ihrem gegenstand durchdrungen. Göthe 28, 220; unsere italiänisch - deutsche fuge, denn pater und küster psalmodierten in der ersten, Kniep und consul in der zweiten sprache, neigte sich zu ende, als ein officier sich zu uns gesellte. s. 222; die geschichte der wissenschaften ist eine grosze fuge, in der die stimmen der völker nach und nach zum vorschein kommen. 49, 41. von dem gesange gieng dann der ausdruck auf blosz mit tonwerkzeugen ausgeführte stücke der oben bezeichneten art über: ja auch bei den allerheiligsten übungen, an statt dasz ihr (der jugend), zur ehre gottes, geist- und anmuthreiche psalmen und gesänge erschallen sollen, ihr mit wälschen, losen, leichtfertigen fugen, fusen, fantastereien und concerten, zu unzüchtigen, leichtsinnigen hurendänzen anlasz gegeben und uff der orgel aufgespielet. Moscherosch Philander 1, 381.
ja mark und adern könnens fühlen,
wenn ihr den flügel kaum berührt.
o reichthum neuer fantasien!
wie schnell, wie fertig voll und schön
hört man die bunten fugen gehn?
Gottsched 1, 214.
vgl. fugenartig, fugenform, fugenhaft, fugenweise.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 381, Z. 5.

füge, f.

füge, f.
1)
enge verbindung, fügung. ahd. bei Notker fuogî: alsô sîn psalma heiʒʒet conjunctio vocum (fuogî stimmôn) in cantando (singendo). ps. 4, 3; joh (auch) sëlbêr unsêr lîchamo, unz (so lange als) ër in sînero lidô fuogî (im lat. text membrorum conjunctione) behabet sîna geskaft (gestalt), sô ist ër mennisken gelîh. Boeth. Hattemer s. 144ᵃ, 165 = Graff s. 151, 163; aber die mittinâ dërô boumô die gehullen an irô fuoginôn. Marc. Cap. Hattemer 274ᵇ, 20; unde bêdiu gevallet irô iowëderêr dëmo andermo in gelimflîchero fuogî (im lat. text jugitate .i. conjunctione). s. 326ᵃ, 99; lougin (verneinung) gegëben wirdit fore unde dara nâh fuegî. syllog. Hattemer s. 551, 38. abgeleitet ist das wort von ahd. fuogan unserm nhd. fügen, s. d. nhd. zusamenfuͤgung, fuͤge, commissura, sutura, junctio, conjunctio, coagmentatio. Henisch 1278, 21 f., der aber die beispiele hierzu 1276, 35 fuͤgen, zusamenfuͤgung des leibs, compages corporis, und 36 fuͤgen des schiffs, commissurae navis, zwischen die beispiele zu fuge gemengt hat. fuͤge Mathesius Sarepta 58ᵃ hat sich für dieses fuge, wie oben sp. 378 gezeigt wurde, eingeschlichen, weshalb die stelle dort angeführt ist. cimbrisch vüghe, fuge.
2)
gelenk. Gersdorf feldb. 3 und öfter. auch das gelenk an den pflanzen d. h. der absatz, der knoten, die biegung, wo ein neuer schosz anfängt: die stengel (der walwurz) werden elen hoch fast haarecht und rauch, inwendig hol mit vilen nebenfettichen oder zweiglein, dieselbigen fuͤgen oder gewerblein seind mit gebogenen blättlein geschmuckt und bekleidet, wie die ochsenzungen. Bock kräuterb. 19ᵃ.
3)
die weise. vgl. fuge 9). wie sie mit keinen fügen (= in keiner weise) inen hilf wider ir buntgnossen beweisen möchten. Schöfferlin Livius 69; hat dan der hellische fürst noch nit erkennt, mit was fügen (= auf was für eine weise, auf welche weise) ich mein so thewr erkaufts menschlichs geschlecht aus der hellen erlöset. Ayrer proc. 2, 1. fügen hier, von was abhängig, ist der gen. pl.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 381, Z. 62.

füge, füg, adj.

füge, füg, adj.,
nur in den zusammengesetzten adj. gefüge, ungefüge, kleinfüge. s. die wörter und fügig.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 382, Z. 17.

fugen

fugen,
eins mit fügen (s. d.), nur ohne umlaut erhalten. es steht
I.
transitiv in den bedeutungen
1)
passend d. h. wolanschlieszend verbinden: und fugeten sie (es ist eine von einander gesägte stange gemeint) genau wieder an einander. Heilmann übers. des Thucyd. 586; dieser aus vielen stücken zusammen gefugte streifen papier. Winkelmann 2, 102; die gräben (von Heilbronn) sind sehr tief und fast bis herauf gemauert, die mauern hoch und aus quaderstücken gut gefugt und in den neuern zeiten genau verstrichen. Göthe 43, 70;
nicht die äuszre nichtge jugend,
um die innre fleh ich dich,
welche, lieb und töne fugend,
schöne göttin, spiel um dich.
Rückert 2 (lied an die morgenröthe);
die mönche konnten mittlerweil
baumstämme zusammenfugen.
Heine romanzero 26.
bildlich: ein fest gefugtes anwesen hat so viel innere stetigkeit. Auerbach dorfgesch. 4, 21; ein noch so fein gefugter (= in allen seinen theilen fest anschlieszender, in einander greifender) neuer gesellschaftsplan. schriften 20, 246. Mitunter, wie in der stelle von Göthe, zumal wenn man bei diesem 40, 259
wo der stein aus der fuge sich rückt und nicht wieder gesetzt
wird
vergleicht, erinnert fugen so lebhaft an fuge, dasz sich der glaube aufdrängt, es sei hier von diesem letzten worte abgeleitet. allein die ableitung ist eine nur scheinbare, keine wirkliche, selbst in der folgenden bedeutung, die noch enger an die von fuge tritt.
2)
in eine fuge oder wie in eine fuge einpassen: man sicht den tag durch d'fug, sie ist ubel gefugt. Henisch 1277, 27 nach Maaler, vgl. fuge 1). diese breter sind gut gefugt. der glaser hat die fensterscheiben wol ins blei gefugt.
der wil, dasz seinetwegen sich
umwende jedes rad,
das gott so gottesmeisterlich
ins gleis gefuget hat.
Gleim 4, 236.
3)
zukommen machen, ertheilen, nach wunsch thun. vgl. fügen I 4). mit dat. der person: was dem herrn hirinnen und sonst ferner gefugt werden kan, darzu hat er alzeit fertig-bereit seinen u. s. w. als schlusz eines briefes in Butschkys kanzl. 493. in diesem sinne steht fugen nur sehr selten, desto häufiger aber fügen.
II.
reflexiv in der bedeutung: sich wolanschlieszend verbinden, sich in fugen oder wie in fugen fest verbinden.
riesenhaftig grosz
wächst meines volkes jugend
ein eherner koloss
gliederstark sich fugend.
auch hier liesze sich an ableitung des wortes von fuge denken, doch ist dieselbe, wie bei den eben angeführten bedeutungen, eine blosz scheinbare.
III.
intransitiv in den bedeutungen
1)
eine probenacht halten. im Bregenzer wald (Schmid 208). vgl. fügeln und fügerin.
2)
angemessen sein, passen:
wer reden wil, so er nit sol,
der fuͦgt in narren orden wol.
Brant narrensch. 19, 6;
die fuͦgt dir nit zu ainem weib,
nu fuͤr si pald hinwider ausz!
Uhland volksl. 197, 8;
meine eltern meinten, das liebe mädchen würde in ihre verhältnisse nicht mehr fugen und passen. W. O. (Örtel) von Horn rhein. dorfgesch. 1, 202.
3)
nach wunsch sein, nach willen sein, günstig sein:
wohl dem, der in sich kan ruhn,
der läszt seine segel nieder,
wenn das wetter hat sein spiel
und der wind nicht fugen wil.
Fleming 328;
gott, der leitstern, ist nicht trübe,
zeigt den weg auf fremder see.
eurer hohen fürsten liebe
sein die brüder Helene.
wind und fluht fugt nach begehren
durch so manche wünsch und zähren.
483.
gewöhnlich aber mit dat. der person: diejenigen, welchen das glück ... gefuget. Olearius pers. reisebeschr. 1, 1; vielleicht möcht ihm das glück in der frembde besser als in seinem vaterlande fugen. pers. rosenthal 3, 27; im besondern aber sagt man einem fugen in dem sinne: nach dessen willen thun, ihm willfahren, sich nachgibig gegen ihn bezeigen. wolte sonst gerne e. gn. hirinnen fugen. Butschky kanzl. 854; dieser (Eudämon) versicherte hingegen Vocionen mit groszen betheuerungen ihr zu helfen, wenn ihm die benöthigten mittel und gelegenheit dazu verschafft würden. als ihm nun in allem zu fugen versprochen, ja alles selbst nach belieben anzugeben enträumet ward, erkiesete er hierzu die tiefste einöde des gabretischen waldes. Lohenstein Arm. 2, 917ᵃ; er fugt ihm in allen stücken, indulget ei in omnibus. Stieler 576; ich will dir hierinne gerne fugen, hac in re impedimento tibi non ero. ebenda;
die mutter seufzt.   sie wuszte freilich wohl,
wie sehr man oft den kindern fugen soll.
Hagedorn 2, 337 = (1764) s. 175,
d. h. nachgibig sein soll. fugen, iemanden zu willen sein. Schmotther 350ᵃ; ich kann ihnen hierin unmöglich fugen. Heynatz antibarb. 1, 429.
4)
erwünscht sein und zum vortheil gereichen, zum nutzen gereichen, zuträglich sein. ebenfalls mit dat. der person: es fugt mir, gereicht mir zum vortheil, ist mir nützlich.
zuom vierden mal scholt wissen daʒ,
daʒ die speis dir fuget baʒ
so der hunger mit dir vicht.
Wittenweiler ring 27ᵇ, 4;
du hast fast alles angewendet
was deiner liebe fugt.
wenn es meinen absichten fugt, lasse ich es mir gefallen. Heynatz antibarb. a. a. o.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 383, Z. 46.

fugen, n.

fugen, n.,
der inf. des vorigen verbums substantivisch.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 384, Z. 76.

fügen

fügen,
aptare, conjungere, committere, ordinare. ahd. fuokan, fuogan, fuagan, foakan, foagan, mhd. füegen, vüegen, alts. fôgian, mnd. vogen, nnd. fogen, fögen, mnl. voeghen, nnl. voegen, ags. fêgan, jungere, fries. fôga, altn. fehlend, aber aus dem nd. eingewandert schwed. foga, dän. föie. die goth. form würde, wenn sie sich fände, fôgjan lauten. noch bair. füegen, doch in manchen mundarten Süd- und auch Mitteldeutschlands, z. b. der wetterauischen, oberhessischen, erloschen. das wort ist abgeleitet von dem praet. eines verlornen goth. fagan praet. fôg part. praet. fagans, ahd. fakan praet. fuoc part. praet. fakanêr, für welches sich die bedeutung sich passend verbinden, sich so verbinden wie eins zum andern passt, vermuthen läszt, so dasz also fügen ursprünglich so viel als passend verbinden bedeutet haben und eben so als factitiv von jenem fagan erscheinen würde, wie führen (s. d.) von fahren. dieses fagan aber wird bestätigt durch das davon abgeleitete goth. adj. fagrs aptus, passend, geeignet, ahd. und alts. fagar pulcher, schön (Graff 3, 420 f.), ags. fäger schön, engl. fair, altn. fagr schön, schw. fager, dän. favr, so wie durch das ebenfalls davon abgeleitete fegen (s. d.), falls dieses nicht auf das bei dem worte von Jacob Grimm mit recht aufgestellte noch ältere, auch jenem fagan zu grunde liegende goth. faíhan praet. sg. fah pl. fêhun part. praet. faíhans zurückführt, welches bedeutet haben wird: in hinsicht auf etwas wahrnehmen dasz es zur verbindung sich eignet, passt, über etwas zufriedenheit empfinden, sich freuen. diese letzte bedeutung hat denn auch wirklich die jenem goth. faíhan genau entsprechende ahd. form fëhan, die jedoch nur von dem übersetzer des Tatian in dem von ihm häufig gebrauchten gifëhan praet. sg. gifah pl. gifâhun part. praet. gifëhanêr, sich freuen, vor freude hüpfen, frohlocken (Graff 3, 417 ff.) bewahrt wurde. neben dem h aber erscheint goth. wie ahd. in wörtern, die diesem verbum entsprossen oder von ihm abgeleitet sind, auch g. so steht neben goth. fullafahjan, jemand ein genüge thun, das ahd. in dem zusammengesetzten adj. gifag contentus, zufrieden (gl. wirceburg. 979ᵃ. Boeth. 79. 81. 83. Diut. 3, 262) erhaltene fag mit den ahd. ableitungen fagôn, fagên, genüge thun, befriedigung gewähren (O. I, 8, 22. IV, 26, 36), und neben goth. fahêds f. freude das alts. fagan froh mit goth. ahd. faginôn, sich freuen, alts. faganôn, ags. fägnian, altn. fagna. berührung mit goth. fahan ahd. fâhan nhd. fahen scheint nicht stattzufinden. Das wort steht
I.
seinem ursprunge nach transitiv in folgenden bedeutungen:
1)
passend verbinden, wolanschlieszend verbinden, wolanschlieszend fest machen, in verbindung bringen. ahd.
ouch thara zua fuagi   silabar genuagi.
O. I, 1, 71;
an einen lapidem angularem winchel stein dër zwêne parietes zuô wende fuoget. Notker ps. 47, 5; tisiu wërlt në geeinôti sih nieht ze einemo bilde fone sô misselichên unde sô widerwartigên iro teilen, sô waʒer unde fiur ist unde luft unde ërda: ube einêr në wâre dër sô misselîchiu zesamine fuogti. Boeth. 172. im mhd. dagegen scheint die bedeutung erloschen und taucht erst wieder mit dem beginn des nhd. auf. fugen, jungere. voc. 1482 i 5ᵇ. jungo, ich füg zuͦ sammen. Dasypodius 106ᵈ, der dann neben conjungo, ich bind an einander, îch fuͤge zuͦsammen noch 106ᶜ dejugo, ich trenne oder fuͤg von einander und 227ᶜ dissocio, ich fuͤge von einander, ich trenne hat, in welcher letzten stelle ihn Serranus z 2ᵇ ausschreibt so wie l 8ᵇ bei jungere, zusamen fügen und conjungere, zusamen fügen oder an einander binden. ich füg, füg zusamen, hefft, henck, setz oder thuͦ zusamen. Alberus dict. m ijᵃ; interjungo, ich füg darzwischen. ebenda. bei Maaler 145ᵃ, in übereinstimmung mit Dasypodius, fuͤgen, zuͦsamen fuͤgen, jungere u. s. w., und dann 145ᵇ von einanderen fuͤgen, dejungere. fast gleicher weise bei Henisch 1277, 31 u. 33, der aber auch 44 f. anführt man solte die sägel an die schiffe fügen oder anhenken. Stieler 576 bietet in dieser bedeutung kaum ein beispiel, dagegen Steinbach 1, 518 ein bret an das andere fügen, er fügt die balken aneinander, die worte an einander fügen u. s. w. Bei Luther ist das wort in der bedeutung geläufig: fünfe (teppiche) soltu an einander fügen und sechse auch an einander. 2 Mos. 26, 9, vgl. 36, 16; und machet funfzig gülden hecklin und füget die teppich mit den hecklin einen an den andern zusamen, das (dasz) eine wonung würde. 36, 13; wir baweten die mauren und fügeten sie ganz an einander bis an die halbe höhe. Neh. 4, 6; die art, wie das universum zusammengefügt ist. Kant 6, 85; wir bedürfen dessen, was wieder sammelt und füget, was zerstreuet und zerrüttet war. Claudius 8, 14; trübe fensterscheiben, wundersam gefügt, deuteten auf erfrenliche farbenpracht von innen. Göthe 21, 221; auf ein so liebenswürdiges bekenntnis war freilich kaum eine erwiderung möglich, doch wuszte die freundin dagegen etwas in wohlklingende worte zu fügen. 22, 66;
und schon der pfeiler, der gespalten,
er hebt gefüget sich empor.
13, 310;
fiel mir ein wagen ins auge, von tüchtigen bäumen gefüget.
40, 245;
und der thore weite flügel
setzet mit erfahrner hand
Cybele und fügt die riegel
und der schlösser festes band.
Schiller 56ᵇ;
wohl steht das haus gezimmert und gefügt,
doch, ach — es wankt der grund, auf dem wir bauten.
519ᵃ;
an den bau, den wir fügen wollen. Tieck novellenkr. 4, 209;
frage nicht, was mühsam heute
deine hand gefügt.
neben dem acc., oder beim passiv von fügen dem nom., mit dem dat. der sache oder auch der person, an die oder zu der gefügt wird:
füge haupt dem rumpfe wieder.
Göthe 3, 15;
das ist die qual, die das geschiedene
für ewig losgeriszne glied aufs neue
dem schmerzergriffnen körper fügen will.
9, 326;
hinab zum hades! eilte doch die königin
mit ernstem gang hinunter.    ihrer sohle sei
unmittelbar getreuer mägde schritt gefügt.
41, 246;
neben das veilchen flicht
die narde, die von liebe duftet,
füge sie zierend dem kranz ans ende.
Herder Terps. 1, 149;
und er (Jupiter) füget ihr (Kalisto) küsse,
nicht in gehörigem masze.
et oscula jungit.
Voss Ovid nr. 8, 23 (metam. 2, 430).
neben dem acc. mit praepositionen: etwas an etwas fügen: füge deine bitte an die meine. Jean Paul Hesp. 2, 175. er fügte an den hut eine schleife. etwas auf etwas fügen, machen dasz es fest darauf ist:
dich (redet ein teufel den andern an), o du theurer,
hascht' er (der hufschmied) am schwanz und fügte die zottige lend auf den schleifstein,
den der berufne gesell umdrehete: dasz du gesäszlos
schriest.
Voss id. 15, 37.
etwas in etwas fügen, machen dasz es darin fest ist:
aber Automedon jezt und Alkimos fügten die rosse
schnell in die seile des jochs, die zierlichen.
Voss Il. 19, 392.
etwas mit etwas fügen, es mit demselben eng verbinden:
so füg ich nu, zu danken dir,
auch die begird mit der gebühr.
diese verbindung mit der praep. mit ist nicht gerade üblich, desto häufiger aber die mit zu, also etwas zu etwas fügen: als hab ich auch itztmahlen ... noch andere meine gedichte zu den vorigen gefüget. Weckherlin vorr. zu den weltl. ged.;
fügte man zu jedem triebe
diese reine freundschaftsliebe.
Withof ged. (Bremen 1751) s. 160;
mir hat die mutter nicht leinwand alleine
auf den wagen gegeben, damit ich die nackten bekleide,
sondern sie fügte dazu noch speis und manches getränke.
Göthe 40, 247.
er fügte zu den rosen noch vergiszmeinnicht und band den strausz. besonders anzuführen ist hier die redensart zu haufe fügen, nd. to hope vogen (Diefenbach 143ᵃ), zusammenfügen, conjungere. s. hauf. als die schele oder bögel im kranz das ende und anfang zu hauffe füge. Luther 4, 408ᵇ, d. h. zusammenfüge, verbinde. s. bögel, wo diese stelle mit den zunächst vorausgehenden worten angeführt ist. etwas zwischen etwas fügen, in theile eines gegenstandes oder in gegenstände zur verbindung mit ihnen befestigen, in ihnen eine zugleich mit ihnen verbindende stelle geben. zwischen die blumen fügte er grüne blätter. in dieser baumreihe sind zwischen die acazien vogelbeerbäume gefügt.
2)
genau und fest aufeinander- oder anpassen. diese bedeutung scheint das wort in folgender stelle aus dem anfange des 16. jh. zu haben: wenn du wilt vester (fenster, s. d.) machen mit gemolten (ferbten) glas, es sey pild oder gewechs oder woben (wapen), wellerley das ist: so mustu dir das laszen entwerfen auf papir einen maler, was oder wie du das machen wilt, und das legestu für dich auf die bang (bank) und dar auf mustu das glas fügen, das du den (denn) nach dem stock machen wilt, und wisz dasz du vor hin must haben geverbtes glas, wie du das pild oder das gewechs machen wilt, rot oder grün oder varb (farbig) du machen wilt, die teilestu ausz auf das pild oder gewechs, das vor dir entworfen ist, und wann du das stok glas ganz gefüget hast, so mustu es lassen ligen und bewaren das es nit verrucket werd. Mannert miscellanea (Nürnb. 1795) s. 114. an das abfügen = abkneipen der nach dem schneiden des glases gebliebenen überstehenden theile, wie zacken u. dgl., mit dem fügeeisen bei den glasern ist hier nicht zu denken. Eng zusammen aber mit der angegebenen bedeutung des aufeinander- oder anpassens hängt die nächstfolgende
3)
passlich gestalten. s. Ben. 3, 442ᵃ. sie löste darauf die goldne kette vom halse, an der das bild ihres vaters gehangen hatte, und legte sie mit leiser hand über die andern kleinode hin, worauf Eduard mit einiger hast veranstaltete, dasz der wohlgefügte deckel (die für eine vertiefung im grundstein des neuen hauses schlieszend zugehauene deckplatte) sogleich aufgestürzt und eingekittet wurde. Göthe 17, 100. Aus dieser bedeutung entwickelt sich wieder die folgende:
4)
ordnend gestalten: es ist alles im hause gefügt und zum empfange des jungen paares bereitet.
sie dann fügte den rock geschickt in falten und hängt' ihn
auf an den pflock.
Voss Od. 1, 440 (1781 439).
abstracter: ordnen und endgültig bestimmen. das übrige (auszer der stellung der deutschen staaten zu einander und den grenzen Frankreichs) wird auf einem kongresz in Wien gefügt. Hebel (1853) 3, 82. An diese und die vorhergehende bedeutung knüpft sich dann die nächstkommende:
5)
ins werk setzen, zuwege bringen, schaffen: mhd.
ouwî (spricht die königin), mîn hër Îwein,
wër hât under uns zwein
gevüeget dise minne?
Iwein 2343;
nâch frouwen minne lît maneger tôt.
si füegent jâmer unde nôt,
hêrzeliebe und hërzeleit.
Wigalois 194, 38;
Minne vüeget hübschen lîben
liebeʒ lëben unt dâ bî hôhen muot.
MSH. 1, 94ᵃ, 4.
nhd. diese welt, darein mich got gefuͤgt hat.
Frank weltb. 225ᵇ;
l. und l. list und lügen
kunten manche heurath fügen.
Logau 3, 26, 16.
statt des acc. kann auch ein satz mit der conj. dasz folgen. so schon mhd.
sun, ob dir got gefüege ein wîp
nâch sînem lobe ze rëhter ê,
die solt du haben als dînen lîp (halten wie dich selbst),
und füege daʒ ëʒ sô gestê (mache dasz es dahin kommt),
daʒ iuwer beider wille gê
ûʒ einem hërzen unde ouch dar.
Winsb. 8, 4.
6)
zukommen machen, zutheilen, ertheilen, gewähren. in dieser bedeutung steht das wort mhd. mit dem dat. der person und dem acc. der sache: mhd.
got vüege iu heil und êre.
Iw. 1991;
dô bat si (Kriemhilt) got vil dicke füegen ir dën rât (die mittel),
daʒ si ze gëbene hête golt, silber unde wât,
sam (wie) ê bî ir manne, dô ër noch was gesunt.
Nib. 1187, 1;
nhd. der geiz thut auch den armen treiben
dasz er sich auch nicht lest benügen
an dem, das im gott zu thut fügen.
H. Sachs IV, 2, 104ᵈ.
dann bietet sich in ähnlicher weise: der vater fügte ihr hierauf zur antwort in Olearius pers. baumg. 9, 10, insofern eben so wol fügte ihr hierauf die antwort gesagt werden könnte. sonst erscheint fügen in dem sinne auch mit bloszem acc.: wer kans fügen nach eines jeden genügen. Henisch 1278, 43; wies gott fügt, so mir es genügt, quo nos fata trahunt retrahuntque sequamur. Stieler 576; auf das gelübde seiner höfligkeit weis ich keine schicklichere antwort zu fügen, als das ich hinwiderüm verspreche, seinen befehlen u. s. w. Butschky kanzl. 40; seine auf mein leztes gefügte beantwortung. 51;
dies, Teiresias, ward dann gefügt von dem ewigen selber.
Voss Odyssee 11, 139.
bei beibehaltung des dat. wird mit fügen auch der inf. zu wissen verbunden, der gleichsam an die stelle des acc. tritt. der ausdruck hat den sinn wie zu wissen thun, ahd. tuon zi wiʒʒanne, doch erscheint er uns, da wir bei fügen zugleich an enge verbindung denken, eindringlicher: ich füge e. k. f. g. unterthäniglich zu wissen. Luther br. 3, 95; mein herzliche lieb, edler jüngling, füge ich dir zu wissen. buch der liebe 236, 3. doch daneben auch und zwar gewöhnlich wieder mit wegfall des dat.: ich Martinus Luther genant, doctor der heiligen schrift, augustiner zu Wittemberg, füge menniglich zu wissen. Luther 1, 354ᵇ. so noch im gehobeneren stil des befehls, der verfügungen, wenn der fürst schreibt wir fügen hiemit zu wissen, oder wenn es heiszt wir burgemeister und rath fügen hiemit zu wissen. mit den accusativen es, das und wie der acc. kann auch ein satz mit dasz folgen: mhd.
iʒ was iur fille (züchtigung)
unt was ave gotes wille,
dër daʒ fuochte,
daʒ mich dër chunich ze vater hiete
unt al ditze lant
gab in mîne hant.
Diut. 3, 110;
ob ëʒ dir Sælde (das glück) füegen sol
daʒ du gelëbest die lieben zît
daʒ dir ir (der frauen) güete fröide gît,
sô kan dir niemer baʒ geschëhen.
Winsb. 13, 3.
nhd. da fügt glück, das (dasz) er mit einer lanzen in ein seiten gerent und todtlich verwundt ward. Schöfferlin Livius 147ᵇ; mein unstern fügte es, als ich zu Athen war, dasz Plato die ganze zeit über abwesend sein muszte. Wieland 34, 72. Ist das, dessen zukommen veranlaszt oder bewirkt wird, etwas unangenehmes oder übles, so hat fügen mehr den sinn des bestimmteren zufügen: mhd.
von ir dulde ich ungemach,
manig ach
vüeget mir diu reine.
MSH. 109ᵃ, 3, 3;
ode giht sis ûf ir kintheit,
swëm si füeget hërzeleit?
Parz. 433, 12;
mîn hant im schaden füeget.
703, 13.
nhd. wer mit unrecht schaden fügt.
dasz er ihm solchen gewalt fuͤgen dörft. Ayrer proc. 3, 5. Hierher gehört auch das passivische gefügt sein, zugetheilt sein, beschieden sein, mit dem dat. der person. so wenn Diogenes zu Alexander spricht:
an sölchen gaben mich benügt,
di mir natürlich sen gefügt.
ich bin arm, mir ist es nicht anders gefügt. In dem sinne verschieden von dën rât füegen in der oben angeführten stelle aus dem Nibelungenliede ist einen rath fügen bei Chamisso (1864) 5, 118, wo dieser in einem briefe vom jahre 1805 sagt: wir fügen einen rath. das kann doch nur so viel sein als: wir halten einen rath. eben so s. 130 in einem briefe vom jahre 1806: vor allem musz ich euch wiedersehen, dann meine pilgrimsfahrt nach dem Frankenlande thun — dann nach dem von uns gefügten rathe enden. was ist dies anders als: nach dem von uns gehaltenen rathe. Aus dem transitiven fügen nun geht zunächst hervor
II.
reflexiv sich fügen und zwar in den bedeutungen:
1)
sich passend dazu thun, sich passend verbinden, sich anschlieszend verbinden: ahd.
ir sculut io thës gigâhen   mit sulîchu iuih nâhen,
mit reinidôn ginuagen   zi druhtîne iuih fuagen.
O. II, 16, 24.
so auch altkölnisch sich fûgen bei Haltaus 545. nhd. heyrathete ... hernach die donna Eleonora, allein ob sich hiermit gleich ein besonders schöner weiblicher cörper an den meinigen fügte, so u. s. w. Felsenb. 1, 522; zu diesen unglücklichen gebrechen der despotie fügt sich unvermeidlich ein anderes, wobei noch zufälliger und unvorhergesehener sich gewaltthaten und verbrechen entwickeln. Göthe 6, 206; es ist so mancherlei zu sagen, mündlich fügte sich wohl eins ans andere, entwickelte sich wohl auch leicht eins aus dem andern. 22, 189; orte drängen sich, höfe fügen sich dazwischen, so dasz sie, hintereinander gesehen, sich zu berühren scheinen. 43, 250, vgl. oben sp. 386 etwas zwischen etwas fügen; ihr wahres fügt sich zu dem anerkannten richtigen oft unbemerkt. 54, 26;
fest wie die wand sich füget ein mann aus gedrängeten steinen,
eines erhabenen saals, die gewalt der winde vermeidend:
also fügten sich helm' und genabelte schild' an einander,
tartsch an tartsche gelehnt, an helm helm, krieger an krieger.
Voss Il. 16, 214;
sticht mit dem schwert ihn (den sohn) Prokne, wo brust und seite sich fügen.
Ovid nr. 30, 216;
leise nach des liedes klange
füget sich der stein zum stein (als mauer).
Schiller 56ᵇ.
2)
sich schicken, sich passen, passend sein, überhaupt passen, angemessen sein: mhd.
sich füeget paʒ ob weint ein kint
denn ein bartohter man.
Parz. 525, 6.
nhd. gleich wie der epheu sich wikkelt und windet, also bekwehmet er sich auch mancherlei menschlichen eigenschaften zum sinnbilde. das er die beume umfähet und durch ihre handbitung empor strebet, füget sich auf ehrliche gemütter, die mit vermögen nicht wohl gefüsset sein und deswegen sich bei grossen herren einschmiegen. Butschky Patm. 707; disz fügt sich hieher nicht, cela n'est pas propre à cela. Rädlein 309ᵃ; eine verstandes- und willensübereinstimmung, wo kein nein leidlich war, wo lauter ja sich fügten. Hippel 11, 98. diese bedeutung kommt jetzt selten vor.
3)
sich accommodieren, sich nach erfordernis bequemen, sich durch die umstände bestimmt nach oder in etwas schicken, sich nach den umständen oder nachgebend drein finden. diese bedeutung ist erst nhd. und zwar, wie es scheint, im 17. jh. aufgekommen. in ihr aber steht das wort
a)
zunächst mit einer praep. wie aus, zu, nach, in:
seinem beutel baue vor, wer ein wüstes gut wil pflügen:
wann das gut wird sein erbaut, wird der beutel wüste liegen,
wird sich kaum ums sechste jahr wieder ausz den falten fügen.
Logau 2, 220, 69;
so fein kan auch sich fügen
zu orth, zeit und person der bundte heuchelmann.
3, 216;
die sehnsucht trieb ihn an, des winters grimm zu triegen.
sein zimmer muszte sich zu einem garten fügen,
da lockt er allgemach das bunte frühlingsheer
mit angenemem zwang zur frühen wiederkehr.
gleich offenherzig zu sein, so däucht mich der mann nicht klug,
der ohne gegenliebe zu hoffen,
zu solchem dienste sich fügte.
Wieland 4, 131 (Amadis 7, 10);
ach! versetzt ich, mein herr, ich habe leider mich niemals
gerne zur arbeit gefügt.
Göthe 1, 339;
er ist nun einmal nicht gemacht, nach andern
geschmeidig sich zu fügen und zu wenden,
es geht ihm wider die natur, er kanns nicht.
Schiller 335ᵇ;
denn mir befiehlt ein kaiserlicher brief,
nach eurer ordre blindlings mich zu fügen.
387ᵇ;
sie (die herzogin) wird in das nothwendige sich fügen.
ich kenne sie. — das ferne, künftige beängstigt
ihr fürchtend herz; was unabänderlich
und wirklich da ist, trägt sie mit ergebung.
374ᵇ.
b)
mit dat., bezeichne dieser eine person oder eine sache:
jetzt, Polyphont, erfülle dein versprechen!
ich komme — mich dem meinigen zu fügen.
Gotter 2, 278,
d. h. mich nachgebend drein zu finden, es zu erfüllen;
von allem die seele
fügt alles sich meinem befehle:
mich vorlaut zu meistern,
maszt niemand sich an.
3, ⅬⅩⅩⅤⅠ;
denn wer der list sich wohl noch fügen will,
wird der gewalt sich widersetzen.
Göthe 13, 277;
wenn auch meiner vorstellungsart nicht eben immer dem verfasser sich zu fügen möglich werden konnte. 50, 52.
c)
in allgemeiner bezeichnung, d. h. ohne praep. oder abhängigen dat.: auch bei dem deutschen (Gil-Blas) ist der charakter gut von haus aus, läszlich, wie es einem untergeordneten geziemt, der sich von kindheit auf zu fügen hatte. Göthe 45, 246;
rucket zusammen und füget euch fein.
4)
sich passend gestalten, sich angemessen bilden:
Faust. erst haben wir ihn reich gemacht,
nun sollen wir ihn amüsieren.
Mephist. du wähnst, es füge sich sogleich.
Göthe 41, 72.
vgl. auch die vorhin angeführte stelle von Drollinger.
5)
nach passlichkeit wohin kommen, sich wohin begeben, se conferre, ire. ahd.
wîb, quad ër, nû zeli mir,   wâr sint thie widorôtun thir,
thie sih zi thiu hiar fuagtun,   sô leidlîcho nû ruagtun.
O. III, 17, 54.
mhd. ach süeʒe Minne, in (ihn, den kummer) wende
vüege dich in ir hërze unde gib ir minnen muot!
MSH. 1, 66ᵇ, 2, 4;
wër die augen wëll verschüren mit dën prenden,
sin lëben enden
mit guoten zenden,
übel ëssen, ligen in dëm strô:
dër fueg sich in die Lambardîe,
dâ vil manger wirt unfrô.
Wolkenstein s. 66, 15, 1, 5.
nhd. mit dem die schœn, die minneclich
wolt von der wilden fügen sich
usz irem gemach herfür.
Hätzlerin II, 8, 262;
hiemit so gond all heim zuo üwer ruow
und morn (morgen) so fuegend üch wider herzuo!
fastnachtsp. 897, 1;
zu Rom ist deiner vätter grab.
füg dich dahin zu kind und weib,
daselbst bey deinen freünden bleib.
item am gerichtstag ... mag man das peinlich gericht mit der gewonlichen glocken beleuten, und sollen sich richter und urtheyler an die gerichtsstatt fügen, da man das gericht nach guter gewonheit pflegt zusitzen. carolina art. 82; darumb ist an e. k. f. g. mein demüteg unterthenig bitte, sie wollen mir gnediglich zu gut halten und verzeihen, das ich hinder e. k. f. g. wissen, willen, gunst und bewilligung mich hieher in e. k. f. g. stad Wittemberg widerumb gefügt. Luther 2, 87ᵇ (an herzog Friedrich); dasz ich ... mich hieher in e. k. g. stadt Wittemberg widderumb gefugt habe. br. 2, 149, wogegen s. 337 gefügt; das (dasz) der bapst wolle sich fügen in s. Peters münster. werke 3, 92; wie wir uns zur ersten vesper in s. Peters münster fügen wollen. 93ᵇ; fügt sich mit fleisz an ein ort, da er vermeynet die wittfraw allein zu treffen. Wickram rollw. 54; fügt sich zu der frawen. 56ᵇ;
sie fügt sich zuͦ fraw Eva schier.
pilger 12 (D 3);
sich schnell zum jungen könig fügt.
wegkürzer 13;
nach langen seinen gedenken in ein schönen baumgarten sich fügen thet. Galmy 25; Friderich sich schnell in sein gemach füget. 116; er die botschaft so bald nicht vernimmt, er sich von stundan her fügen wirdt. 286. nach bey sich gehaltenem rahtschlag fügt er sich in die statt. Kirchhof wendunm. 131ᶜ; fügt er (der knabe) sich darnach auff die gassen. 259ᵃ; auf disz gespräch fügeten sie sich zusammen unnd fieng der streit gantz greulich und wundersam under inen an. Amadis 405; in dem er (Darison) sein schilt fürwarf gegen dem streich, so Amadis auf ihn that, füget sich Agraies zwischen sie beide unnd sagt: mein vetter, ihr haben genug gethan. 421; sich heimlich zu desz jünglings gemach füget, züchtiglich anklopfet. buch der liebe 233, 3;
hierumb zuͦ dir hertznfromme leuth
sich werden fuͤgen glegner zeit
und dich in nöthen ruͦffen an,
weil man gnad bey dir finden kan.
Dilinger catholischs gesangbüchlein (1589) s. 113;
dasz sie sich fügen allesand
zu Franckfurt unten an dem Main.
Ayrer 126ᵃ (stift Bamberg);
wir wöllen uns hin zu ihr fügen.
179ᵇ (griech. kaiser);
alsbalt theten sich zu mir füegen
zwen teufel schwarz und ungeheur.
448ᵃ (alter buler);
wo die lieb und wollust bulen, zeugen erstlich sie vergnügen,
aber bald wil stiefgeschwister, schmerz und rew, sich drunter fügen.
Logau 2, 230, 123;
du sahest hohe ding und warest nicht vergnüget,
zu bühszen, wie man pflegt, allein der augen lust,
es hat dein kluger sinn viel weiter sich gefüget,
so dasz dir alles, was erheblich, war bewust.
Rist parn. 450;
solchen erwünschten fortgang (bei dem mädchen) verfolgte ich mit allerhand reizungen, bisz ich bei nacht von meiner liebsten eingelassen wurde und mich so hübsch zu ihr ins bett fügte, als wenn ich zu ihr gehört hätte. Simpl. K. 1, 499. dies erinnert an das in den gebirgen der Schweiz bei jünglingen stattfindende zu kilt gehn, auf einen nächtlichen besuch zu einem mädchen gehn (Stalder 2, 101), worauf auch Jacob Grimm bei aufzeichnung jener stelle in einer klammer hinweist. übereinstimmender bedeutung sind sich zu hause fügen oder sich nach hause fügen, und sich heim fügen, sich nach hause begeben: nun die zeit, als die künigin gebotenn hat, komen was, sich (die jungen männer) zuͦ hause fügten und funden daz Parmeno sein ampt mit vleisz hat angefangen. Bocc. 1, 9ᵇ = K. s. 15, 18; wenn die seele deinen leib zur kirche geführt, hat sie ihn als einen todten klotz sitzen lassen, sich wiederum nach hause gefügt und bei ihrem mammon erlustigt. Müller erquickst. 257; als er einsmahls sich heym gefüget und seine verwandten in zu empfahen häufig zu im kommen. Kirchhof wendunm. 125ᵃ. abstracter erscheint sich fügen in seiner bedeutung sich begeben in folgender stelle: wo so viel schreiber disz jahr als das vergangene auszfliegen, so wird sich ein merkliche thewrung in die gänsz fügen. Fischart groszm. 63. Übersieht man die hier beigebrachten belege für die bedeutung, so ergibt sich, dasz diese im 15. jh. geläufig zu werden beginnt, es im 16. jh. in reichem masze ist, aber schon im 17. jh. wieder abnimmt und gegen ende desselben allmählich erlischt, indem in ihr sich verfügen auftritt, das durch ver- in dem sinne von fort, dahin, genauer zu bezeichnen scheint, als das blosze sich fügen. merkwürdig jedoch bleibt, dasz bei diesem die wörterbücher des 16., 17. und der ersten hälfte des 18. jh. die bedeutung nicht anführen. erst Adelung hat sie, die er eine im hochdeutschen veraltete nennt, mit einigen belegen aus dem Teuerdank. Endlich ist hier, im anschlusz an die beiden vorhergehenden bedeutungen, noch zu erwähnen:
6)
das impersonale es fügt sich in dem sinne
a)
es macht sich passend oder nach wunsch, es gestaltet sich:
gott gibt alles, was wir dürfen; dasz sichs uns nu nimmer füget,
macht die wollust und begierde, deren stand sich nie vergnüget.
Logau 3, 59, 10;
ehr fügts nicht besser sich,
als bis zu ross und wagen diesem mann
mit andern waffen wir entgegen gehn.
Bürger 161ᵇ (Il. 5, 218),
bei Voss hier: zuvor wird dieses nicht anders.
b)
es begibt sich, tritt der fall ein, trägt sich zu, accidit, evenit:
beszres glücke künt ich leiden; kümt es nicht? ich bin vergnügt,
wenn sichs, als jetzund ichs habe, nur nicht ärger mit mir fügt.
Logau 2, 220, 58;
nach einigen tagen fügte es sich, dasz ich meiner geliebten unbekannten in einem der vorhöfe des tempels begegnete. Wieland 2 s. 35 (Agathon 7, 5); inzwischen fügte sichs zufälliger weise, dasz ich mit der priesterin in einer gesellschaft zusammentraf. s. 60 (7, 8); durch eine sonderbare verkettung der dinge muszte es sich fügen, dasz die kirchentrennung mit zwei politischen umständen zusammentraf, ohne welche sie vermuthlich eine ganz andere entwickelung gehabt haben würde. Schiller 880ᵃ. nd. sik fögen, sich zutragen. Endlich steht fügen
III.
intransitiv in den bedeutungen:
1)
in beziehung auf verbindung passen: mhd.
si brâhte in (dën gebrësten d. i. das aus dem schwerte ausgesprungene
und so fehlende stück) unde sazte in dar:
nu vuogte diu lucke
und das vertâne stucke
und wâren als einbære
als ob ëʒ éin dinc wære.
Tríst. 254, 7.
nhd. und darum (spricht die braut) so wil ich dich,
wann (denn) wir fügen paide wol zu samen
und darf sich ains des andern nit schamen.
fastnachtsp. 577, 7;
das man und frauen wol zu sammen fügen,
recht sam (wie) ain gürtel zu einer taschen
und eben als ain zapf für ain flaschen.
694, 20.
2)
passen, angemessen sein: mhd.
iezent sô wirt sî (die geliebte) genant.
„nein, ëʒ vüeget wëder mir noch ir.“
MSH. 1, 133ᵃ, 1;
si (die speise) vüegt dir wol, si vüegt nicht mir.
Boner 15, 52;
wër an dën êren wil gestân (bei ehren bleiben wil),
dër sol dur kein red abe lân (keiner übeln nachrede wegen ablassen):
ër sol tuon, waʒ im vüeget wol.
52, 93;
wie si wurden gewar
eines, dër dëm sëlben hove
vûgete zu einem bischove.
Pass. K. 9, 54;
brûdere, ir sult wiʒʒen,
dës ich mich habe gevliʒʒen
und mir zu lëbene gegëben,
daʒ vûget nicht an ûwer lëben
durch sumelîche hertekeit (mancher strenge wegen).
220, 44.
daʒ sëlb klôster sol rëht und gewalt hân die weide ze nieʒenne âne alle miete mit rossen, rindern, schâfen und mit all ir vihe, swie ëʒ im fûget und nôtdurftig ist. urk. von 1293 in Schmids pfalzgrafen von Tübingen s. 64. nhd.
ir vindet wol ain ander weib,
die euch füegt für euren leib.
fastnachtsp. 500, 24;
ein padschaf und ain wiegen
und ain tisch, der fügt euch eben,
den wil ich euch auch darzu geben.
574, 4;
er (der ritter) fügt mir (spricht die jungfrau) nicht zwar,
umb in geb ich nicht ain haar.
614, 8;
ir habt gar hübsche hentel
die fügen gar wol zu neen.
618, 6;
und (ich) lasz mich gern die knaben an tasten
und trink lieber wein, denn prunnen:
darümb so füg ich nit wol zu einer nunnen.
737, 25;
und hät ich sunst nichts fürgewändt,
von ewigkayt der seelen ständ.
natürlich recht dich des vergnügt,
das dir dein zweyfel nimmer fügt.
Schwarzenberg 152, 1ᵇ;
er weiszt bas, was dir füget, dann du selbs, dann er spricht: ein jeder, der begert, empfacht. Zwingli 1, 72;
dem fügete basz, das er sein brot verdiente
als arbeiter und nicht eyn priester were.
Renner (1549) 21 = 47ᵇ;
ain gute henn versoten
die fügt wol solchen knaben.
Uhland volksl. 608, 4;
sein leibhengst dir basz fügen thet,
man meint kein solch rosz sei in Rom?
H. Sachs III, 3, 72ᶜ = (1588) 52ᵇ;
die kammer fügt mir wol und eben.
IV, 3, 3ᵇ;
als mich die köchin drausz ansprach,
dacht ich, sie würd mir ein suppn geben,
die hett mir wol gefüget eben,
wann ich in drei tagen kein warmen
bissen hab gessen.
3ᶜ;
Clas Schellendaus, du fügst mir nicht (zum knecht),
dieweil und du die spilsucht hast.
V, 357ᶜ;
damit ihr lernt was christen fügt.
Ringwald tr. Eckh. B 3ᵇ.
sprichwörtlich: was einem fügt, das schadet dem andern. Lehmann 2, 469, 127.
3)
nach wunsch zukommen, gelegen kommen, nach wunsch sein, nach willen sein, günstig sein. vgl. fugen I 2).
do sprach der lew zuͦm stiere:
du fuͤgst mir eben recht!
Uhland volksl. 406, 5, vgl. W. Wackernagels leseb. 1⁴, 1111, 9,
du kommst mir eben ganz gelegen; darinnen ihm auch das glück selbst nicht wenig fügete. Schütz hist. rer. pruss. 21; als uns der wind woll fügete, zogen wir die segel auff. Olearius pers. reisebeschr. 1, 4. vilen potentaten füget das glück euserlich, wieder ihre feinde: zu hause aber regnet ihnen, in ihrer wohnung, das unglück zu. Butschky Patm. 531; wann der wind aufkühlet und füget. Ettner ungewissenh. apoth. 162; Carolus that (durch die enthauptung), was Conradinus ganz ohnfehlbar gethan haben würde, wenn ihm das glück des krieges gefüget hätte. Hahn hist. 4, 258;
der umstand nun fügt ihnen allen sehr.
venoit bien à point.
Brockes 1, 557 (übers. einer fabel von de la Motte):
so (= also, hiernach) fügt das glücke nicht den freiern überall,
der zeugt mit seiner frau nicht kinder seines leibes,
der freit ein böses weib und mancher statt des weibes
nur einen schönen wiederhall.
Lichtwer fab. bch. 2 nr. 24.
heute scheint diese bedeutung erloschen, die wieder kein wörterbuch des 16. und 17. jh. verzeichnet. mit ihr hängt enge zusammen die folgende.
4)
willfährig sein, willfahren, nachgibig sein, nachgeben, nach verlangen thun, das verlangen erfüllen. zuerst aufgenommen von Frisch 1, 303ᵃ, wo „einem fügen, gratificari, obsequi, non impedimento esse, annuere petito“. wir fügten ihm natürlicher weise sogleich auch hierin und die sache wurde daher auf das beste und zu beiderseitigem vergnügen festgesetzt. Klopstock 12, 364.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 384, Z. 77.

fügen, n.

fügen, n.,
der inf. fügen als subst. in allen bedeutungen die bei diesem verbum unter I und III angegeben sind. schon mhd., s. Haltaus 545. hier zwei stellen der bedeutung I 5) und 6):
es gibt sonst vielerlei vergnügen,
nichts aber ist, was mehr entzückt,
als wenn man in des höchsten fügen
sich mit gelaszner demuth schickt.
und siehst du ihre (der blumen) pracht verfliegen,
so denke: das ist gottes fügen,
drum schwand auch Marianens pracht.
In den bedeutungen des reflexiven sich fügen (s. fügen II) gebraucht man das zusammengeschobene sichfügen, n., welches in folgender stelle in dem unter II 3) angegebenen sinne steht: während alles philosophieren auf unabhängigkeit von fremden vorschriften beruht, ist alles juristische die sache des erlernens, des sichfügens in das, was nun einmal ist. Hugo naturrecht s. 1.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 392, Z. 24.

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Zitationshilfe
„fugen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/fugen>.

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