Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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füg, füge, adj.

füg, füge, adj.,
nur in den zusammengesetzten adjectiven gefüg, ungefüg (Alberus dictionar. m ijᵇ), kleinfüg. s. das adj. füge.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 377, Z. 75.

fuge, f.

fuge, f.
junctura, compages, conclusura, commissura. mhd. fuoge, vuoge, welches ein ahd. fuoga voraussetzt, das nicht nachzuweisen ist, wol aber ein mit ihm zusammenfallendes schwach biegendes fuogâ, feste vereinigung, in dem zusammengesetzten hîfuogâ, zeugungsvereinigung? in Notkers Marc. Cap. s. 350ᵃ, 134 der ausgabe von Hattemer als übersetzung des unerklärten lat. soticena, mit welchem die göttin Juno, wie es scheint als vereinigerin zur zeugung, angeredet wird, und diese bedeutung dürfte bestätigung darin finden, wie Wernher von Tegernsee fûge gebraucht, wenn er Mar. s. 201, 13 Hoffm. singt:
sie wânten in dër burge daʒ daʒ iemer wurde,
daʒ maget kint trûge âne mannes fûge
d. h. ohne fleischliche vereinigung mit einem manne. mnd. vôge (Rother 2039), nd. foge, mnl. voeghe, nnl. voege, voeg. das wort ist, wie mhd. fuoc, vuoc, nhd. fug, dem praet. des unter diesem worte und fügen aufgestellten goth. fagan ahd. fakan entsprossen. die bedeutungen sind:
1)
die enge verbindung zweier aneinander passender theile, die stelle wo diese theile eng verbunden sind. fuͤge oder fuͦge. Dasypodius 332ᶜ; ein fuge. Serranus l 8ᵇ. o 8ᵃ; iunctio, ein fuͦg oder zuͦsamenfuͤgung. Frisius (1556) 742ᵇ; commissura, ein fuͦg oder zuͦsamen nuͦtung, ein nuͦt. 261ᵃ und danach fuͦg (die) oder nuͦt bei Maaler 151ᵈ; fuge, niet, zusamenfuͦgung, nietung, compages u. s. w. Henisch 1276, 26; fuge der bretter oder anders holzwerk, commissura tabularum. 29; fuge des hirnschedels, hirnschalen, suturae, commissurae cranii. 31; fuge der keltermülden, coagmenta, juncturae lacus subpraelaris. 33; fugen der wort, junctura verborum. 37; die fugen der balken, tignorum juncturae. Steinbach 1, 517; wunderbare fugen haben, commissuras mirabiles habere. ebenda; die fugen der hirnschale werden näthe genennt. ebenda. mhd.
ein wâfenroc wart dar getragen,
dër was, als ich hôrte sagen,
mit drîhen (= nadeln zum sticken) und mit (vgl. die hs. N in der ausg. von v. Groote) spëlten
zen vuogen unt zen velten
zallen sînen enden,
mit vröuwînen henden
in vremedem prîse bedâht
unt noch prîslîcher vollebrâht.
Trist. 166, 2.
nhd. wisset ir nicht (spricht er, nemlich Paulus 1 Cor. 6, 16), wer an der huren hanget, der ist ein leib mit ir, das ist, wer an eine hure gekütt oder, wie die deutschen auch reden, wer an eine hur gebicht ist, der ist ein leib mit ihr, das ist wie zwei bretter durch den leim ein bret werden unnd ein eisen an das ander oder ein silber an das ander gelötet oder geschweisset wirt, das (dasz) es gar ein ding wirdt, also wenn huren und buben sich zusamen halten, wirt ein hurenleib drausz, die fuge oder das lot gehet schwerlich wider auf, wie man im sprichwort auch saget, disz gesindlein scheidet sich nimmer mer. Mathesius Sarepta (1562) O iijᵃ, aber in der lange nach seinem tod (1565) erschienenen und daher nicht so zuverlässigen ausg. von 1587, in welcher die stelle 58ᵃ steht, fuͤge;
die fugen des gebäus drohn schmelzend sich zu trennen.
J. A. Schlegel verm. ged. 2, 159;
er kennt des ganzen bau und aller theile fugen.
Wieland suppl. 1, 52;
(die orkane) stürzen die flut in den raum (der schiffe) und schmettern die wänd aus den fugen.
Voss Theokr. id. 22, 12;
und so löset still die fugen
an dem herrlichen palast,
und die pfeiler, wie sie trugen,
stürzen durch die eigne last.
Göthe 13, 280;
in einem nu war die hütte abgedeckt und einzelne menschen hiengen an sparren und balken, um auch diese aus den fugen zu reiszen. 24, 326. die fuge an zwei zusammengeleimten bretern, an den faszdauben; es kracht in allen fugen; die fuge schlieszt schlecht, gibt sich von einander. von wörtern: mit meiner nacharbeit an der übersetzung (des Homer) bin ich nahe zum ende gelangt, in steter aufmerksamkeit auf fugen von zusammensetzungen, wie sie Ihnen (F. A. Wolf) wahrscheinlich sind. ich finde durchaus alles fest und gediegen und, was auch der künstler daran gelöthet und gefeilt habe, glatt wie aus éinem gusz, wie von éiner seele aus dem innern hervorgetrieben. Voss briefe 2, 248. auch die lücke zwischen den beiden theilen bei mangelhafter verbindung heiszt fuge: mhd.
dëm schiffe dô (bei dem ansturz der wellen) kein vrume was
wëder das bëch noch das was (wachs):
die vûge wurden wîte.
zu iewëdrr sîte
die vlût harte drîn wiel.
Albrecht v. H. Ovid 26, 61.
nhd. man sicht den tag durch dfuͦg, sy ist übel gefuͤgt, hiat commissura. Maaler 151ᵈ. man kann durch die fuge in das verschloszne zimmer sehen. der sand füllet die fugen der breter in dem fuszboden gar bald aus ( Adelung). Bildlich: glauben sie es, freund, unsere seele ist ein einfaches wesen: — hätte die last, die diese nacht auf der meinigen lag, ein zusammengesetztes gedrückt, die fugen der theile hätten nachgelassen und der staub hätte sich zum staube gesammelt. Leisewitz Jul. v. Tar. 1, 1 = sämmtl. schr. s. 12. einem bündnis entsagen, das die fugen der bürgerwelt auseinander treiben und die gemeine ewige ordnung zu grund stürzen würde. Schiller 198ᵃ; eine fuge oder ein astloch in das verhältnis mit jemanden aufmachen. Jean Paul Kampanerthal 8; der väterliche brief, der Albanos seele in allen fugen erschütterte. Titan 1, 176;
denkend,
durch unsers theuren, selgen bruders tod
sei unser staat verrenkt und aus den fugen.
A. W. Schlegel Hamlet 1, 2;
die zeit ist aus den fugen. schmach und gram,
dasz ich zur welt, sie einzurichten kam!
5;
wer dem gesetze sich weiht und dem recht ein jünger der Themis,
werde minister des staats oder doch wirklicher rath,
dasz in die künstlichen fugen verwickelten menschenvereines
er eingreife geschickt fördernd mit sicherer hand.
Zusammensetzungen sind hier breterfuge, hirnschalfuge, kelterfuge, leibsfuge, schiffsfuge, wortfuge. vgl. Stieler 577.
2)
in der baukunst der bei zwei werkstücken entstehende zwischenraum, wo sie im mauerwerk zusammenstoszen. luxemburg. fŏ. Gangler 154. dann auch der mit kalk ausgefüllte zwischenraum zwischen den gebrannten steinen im mauerwerk. vgl. lagerfuge, stoszfuge.
3)
eine in einem gegenstande angebrachte oder gezogene längliche vertiefung, kerbe, rinne oder riefe, in welche ein anderer als theil eingelassen und so mit jenem verbunden wird oder ist, stria. in dem brete ist eine fuge, in die ein anderes eingesenkt werden soll.
und es feget den zarten staub ein sträubender borstwisch
aus den fugen der muschel (des wagens) und aus den zierlichen speichen.
Zachariä phaeton 4, 28.
bildlich: unsre sprache ist zu schwankend, die wörter zu vieldeutig, um genau in die fugen der wahrheit zu passen. die natur hat die umrisse der begriffe sanft in einander laufen lassen: wir tappen gleichsam mit breiten tatzen hinein und vermischen sie. M. Mendelssohn in Göckingks leben Nicolais s. 197. Auch die an einem geräthe mittelst einer länglichen vertiefung bewirkte verbindung in der weise, dasz dadurch ein theil desselben beweglich ist: ein stul mit fugen, den man zu sich aufschlagen kan. Henisch 1276, 41.
4)
eine gliederverbindung, ein gelenk: „fuͦg, junctura, gleich, knod, articulus.Maaler 151ᵈ. und helt sich nicht an dem heubt, aus welchem der ganze leib durch gelenk und fugen handreichung empfehet und an einander sich enthelt. Col. 2, 19; der obertheil desz fuszes wirdt die kron oder fuge genennt oder die wurzel desz horns oder huff. Uffenbach neues roszbuch 1, 200. bildlich:
wie glücklich sehen sie (die magister) beim wein
die fugen der soriten ein!
Hagedorn 3, 126.
5)
passlichkeit, angemessenheit, passende, erwünschte gelegenheit. vgl. fug 2). mhd.
so erkande ich wol die fuoge,
wenn und wie man singen solte.
Walther 48, 23;
swenn ëʒ die vuoge lie geschëhen,
sô gruoʒte si in vil tougen
mit innenclîchen ougen.
Trist. 29, 6.
nhd. er gab ihr auch den brief, den er mit masz und fuge
geschrieben hatt' die tag und ihr im busen truge.
Werders Ariost 25, 118, 1 (Ortando für. 26, 90).
6)
das was sich gebührt, schicklichkeit, wolanständigkeit. vgl. fug 7) b). fug, gebühr, decentia. Dentzler 116ᵇ. dasz dieser nicht das masc. fug, sondern das femininum fuge hat, ergibt sich nachher aus dem unter 7) angeführten. mhd.
nu wërbetʒ, trûtgeselle mîn,
mit fuog: dës habt ir êre.
Parz. 719, 17;
zwô fuoge hân ich doch, swie ungefüege ich sî:
dër hân ich mich von kinde hër vereinet.
ich bin dën frôn bescheidenlîcher fröide bî
und lache ungërne sô man bî mir weinet.
Walther 47, 36;
ëntriuwen, dës erkenne ich mich,
an manegen unde an gnuogen
ir tugenden unde ir vuogen,
die ich an dër sælegen las.
Trist. 133, 18.
vgl. Kolm. meisterl. 124, 1—18. mitteld. auch in der verbindung mit dem pl. von site sitte: in fûge siten, ganz gebührlich, durchaus schicklich:
hërre, daʒ ist in fûge siten,
ir sult dën patriarchen biten,
die bischofe und waʒ hie priester sîn,
daʒ sie sêlmësse sprëchen in,
die ûf dëm wale bliben tôt.
Ludwigs kreuzf. 4590;
die rede ist in fûge siten.
7786.
in fuge fallen, in gutes benehmen treten? nachgibig werden? des wart der homeister (hochmeister) zcu rate unde legete in (ihnen, nemlich den Danzigern) di strase dirnedir, das in nimant mochte zcu füren wedir zcu wassir noch zcu lande, unde lies die kethin uffczien unde lies sie ufheldin, wor man sie anqwam in deme lande. des vilin sie in fuge mit dem kumpthur zcu Danczk, der lies di kethin wedir nedir lossin. Lindenblatt jahrbücher 239; die frau merkte, dasz sich der mann ihres fluchens nicht annam, sie fiel in fuge und sprach. Henneberger 483.
7)
zukommende freiheit zu einer handlung, geziemende, gegründete zuständigkeit. vgl. fug 8). fug, recht, jus. Dentzler 116ᵇ, der dazu als beispiele hat mit guter fug, bono jure, und fug zu einem ding haben, habere jus et potestatem rei alicujus. denn er hat solch fodderens nicht recht noch fuge. Luther 6, 4ᵇ; wiewol ich diese sachen mit fugen weiter von ihr gewöhnlichen weis hette füren mögen. Justus Jonas bei Luther 6, 379ᵃ; mit fugen und aller billigkeit. Aimon m 1; will jetzt nit mit guten fugen in dein vatterland reiten. Galmy 201.
unnd brächten mich inn angst und noth,
wenn sie mit fugen könten.
Ringwald geistl. lieder 103;
Pilatus sprach: seht an den mann,
an dem ich kein args finden kann,
und hab nicht strafens fuge.
kirchenliedo mensch bewein dein sünde groszstr. 13.
keine fuge haben, ähnlich wie wir sagenkein recht haben“: dasz derowegen viell reutter undt soldaten fast ein mehres alsz ihnen gebühret in effectu empfangen, sie auch weiter in die erbare landtschafft zu dringen gantz keine fuge haben. balt. studien 15, 1, 37. noch bei dem volke in Sachsen auch so viel als erlaubnis. so hörte Hildebrand bei Dresden die frage: hast du dazu die fug vom vater?
8)
passende, gebührende weise: womit sol ich ihm das zu wissen thun, wie mag es mit fugen geschehn. buch der liebe 234, 4. überhaupt die weise: mitteld.
mit veterlîchen vûgen
sprach Silvester zu in.
pass. K. 68, 34;
ër nam ermelich gewant
mit tugentlîchen vûgen,
rëchte als die cristen trûgen,
die man durch iren gelouben slûc.
259, 93;
mit tugentlîchen vûgen
sprach die juncvrowe dô.
342, 16;
dô leitin si ir leitirn zû
und irstigin âne mû
daʒ hûs, dar in si slûgin
nâch vîentlîchin vûgin
und vîngin swaʒ dâ was.
Jeroschin 8603 = Pf. s. 272;
mit wëlcher wunne vûgin
daʒ heilictûm si trûgin.
6459.
nhd. durch was fuge (= auf welche weise) er doch solches alles abschaffen möchte. Wickram rollw. 90; Wernhardt nit gedencken mocht, in was fugen er Galmyen den ritter möcht rechen. Galmy 55, 4; si begerten auch von ihm seinen anschlag zu vernemmen, mit was fugen er doch solchs unterstehen wolt zuwege zu bringen. 97; darumb er sich mit Gabriotto berahtschlagen thet, mit was fugen er der jungfrauwen ein solchs zu verstehen geben wolte. buch der liebe 236, 3; als Gabriotto sein anligen Reinharten entdecket, Reinhart mit grossem leyd umbgeben ward, nicht wissen mocht, mit was fugen doch der sachen zu begegnen wer. 255, 2.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 378, Z. 6.

fuge, f.

fuge, f.
das mehrstimmige tonstück, in welchem das zu anfang von einer stimme vorgetragene thema von der andern stimme oder den andern stimmen nachgeahmt wird und durch das ganze stück wechselsweise und unter beständigen veränderungen aus einer stimme in die andere geht. Zelter schreibt an Göthe im briefwechsel 2, 122 über die fuge: diese entwicklung eines hauptgedankens (woraus ein tonstück besteht) geschieht am natürlichsten und zuverlässigsten durch einen gegengedanken, und so entsteht in allem was productive kunst heiszt: fügung des gegensatzes zum hauptsatze d. h. fuge und contrapunct. ein mehrstimmiges tonstück, worin ein bestimmter gedanke (thema, subject) herschend und erschöpfend durchgeführt wird, dürfte eine fuge oder ein gefügtes tonstück genannt werden. da eine fügung ohne theile nicht geschehen kann, so folgt dasz eine fuge nicht weniger als zwei stimmen haben kann, aus deren zusammensetzung der begriff hervorgeht. aber das ist, was die herkunft des ausdrucks betrift, unrichtig, denn diesen haben wir aus it. fuga, welches eigentlichfluchtbedeutet, weshalb bei Henisch 1276, 23 ff. fuga im singen, eadem modulatio alternatim et per vices diversis vocibus expressa, ita ut cantores se mutuo insequi et quodammodo fugere videantur. doch scheint die benennung ursprünglich auf das rasche, lebhafte, gleichsam fluchtähnliche des tonstücks zu gehn. fuge. Stieler 577. Rädlein 308ᵇ. Steinbach 1, 518, dervocis quasi fugientis insectatioerklärt. zuerst also von einer raschen, lebhaften gesangsweise. vgl. füglein.
helle morgenmusik
strömt vom wipfel.
ihre herzen
tanzen nach den fugen
die der schmelzende vogel tönt.
Hölty im alm. d. d. mus. 1773 s. 113.
daher auch bildlich von sprechenden: nun war es aber eine wunderbare contrapunktische fuge, wenn Kniep und der consul die verlegenheit des abenteuers, der vorzeiger dagegen die kostbarkeiten der noch wohl erhaltenen pracht verschränkt vortrugen, beide von ihrem gegenstand durchdrungen. Göthe 28, 220; unsere italiänisch - deutsche fuge, denn pater und küster psalmodierten in der ersten, Kniep und consul in der zweiten sprache, neigte sich zu ende, als ein officier sich zu uns gesellte. s. 222; die geschichte der wissenschaften ist eine grosze fuge, in der die stimmen der völker nach und nach zum vorschein kommen. 49, 41. von dem gesange gieng dann der ausdruck auf blosz mit tonwerkzeugen ausgeführte stücke der oben bezeichneten art über: ja auch bei den allerheiligsten übungen, an statt dasz ihr (der jugend), zur ehre gottes, geist- und anmuthreiche psalmen und gesänge erschallen sollen, ihr mit wälschen, losen, leichtfertigen fugen, fusen, fantastereien und concerten, zu unzüchtigen, leichtsinnigen hurendänzen anlasz gegeben und uff der orgel aufgespielet. Moscherosch Philander 1, 381.
ja mark und adern könnens fühlen,
wenn ihr den flügel kaum berührt.
o reichthum neuer fantasien!
wie schnell, wie fertig voll und schön
hört man die bunten fugen gehn?
Gottsched 1, 214.
vgl. fugenartig, fugenform, fugenhaft, fugenweise.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 381, Z. 5.

füge, f.

füge, f.
1)
enge verbindung, fügung. ahd. bei Notker fuogî: alsô sîn psalma heiʒʒet conjunctio vocum (fuogî stimmôn) in cantando (singendo). ps. 4, 3; joh (auch) sëlbêr unsêr lîchamo, unz (so lange als) ër in sînero lidô fuogî (im lat. text membrorum conjunctione) behabet sîna geskaft (gestalt), sô ist ër mennisken gelîh. Boeth. Hattemer s. 144ᵃ, 165 = Graff s. 151, 163; aber die mittinâ dërô boumô die gehullen an irô fuoginôn. Marc. Cap. Hattemer 274ᵇ, 20; unde bêdiu gevallet irô iowëderêr dëmo andermo in gelimflîchero fuogî (im lat. text jugitate .i. conjunctione). s. 326ᵃ, 99; lougin (verneinung) gegëben wirdit fore unde dara nâh fuegî. syllog. Hattemer s. 551, 38. abgeleitet ist das wort von ahd. fuogan unserm nhd. fügen, s. d. nhd. zusamenfuͤgung, fuͤge, commissura, sutura, junctio, conjunctio, coagmentatio. Henisch 1278, 21 f., der aber die beispiele hierzu 1276, 35 fuͤgen, zusamenfuͤgung des leibs, compages corporis, und 36 fuͤgen des schiffs, commissurae navis, zwischen die beispiele zu fuge gemengt hat. fuͤge Mathesius Sarepta 58ᵃ hat sich für dieses fuge, wie oben sp. 378 gezeigt wurde, eingeschlichen, weshalb die stelle dort angeführt ist. cimbrisch vüghe, fuge.
2)
gelenk. Gersdorf feldb. 3 und öfter. auch das gelenk an den pflanzen d. h. der absatz, der knoten, die biegung, wo ein neuer schosz anfängt: die stengel (der walwurz) werden elen hoch fast haarecht und rauch, inwendig hol mit vilen nebenfettichen oder zweiglein, dieselbigen fuͤgen oder gewerblein seind mit gebogenen blättlein geschmuckt und bekleidet, wie die ochsenzungen. Bock kräuterb. 19ᵃ.
3)
die weise. vgl. fuge 9). wie sie mit keinen fügen (= in keiner weise) inen hilf wider ir buntgnossen beweisen möchten. Schöfferlin Livius 69; hat dan der hellische fürst noch nit erkennt, mit was fügen (= auf was für eine weise, auf welche weise) ich mein so thewr erkaufts menschlichs geschlecht aus der hellen erlöset. Ayrer proc. 2, 1. fügen hier, von was abhängig, ist der gen. pl.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 381, Z. 62.

füge, füg, adj.

füge, füg, adj.,
nur in den zusammengesetzten adj. gefüge, ungefüge, kleinfüge. s. die wörter und fügig.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 382, Z. 17.

fugge, f.

fugge, f.,
in guter fugge sein = die gewogenheit haben zu bewirken. Luthers briefe 5, 402 (s. die stelle vollständig unter fündlihaus) scheint fuge. verdoppelung des g statt des einfachen, auch nach langem vocale, kommt hie und da vor, selbst schon mhd., wofür belege bei Weinhold alemann. gramm. 184.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 394, Z. 36.

fugge, f.

fugge, f.
junge henne, die zum erstenmal eier legt. s. fucke.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 394, Z. 41.

fugge, f.

fugge, f.
(es werden pfänder aufgelöst) Emerentia: ich übergebe nun nach gemachtem anfange den spielstab meinem herren. (sie gibt jhm jhre fugge). ped. schulfuchs 139. an das um 1700 von Cadovius Müller aufgezeichnete harlingerländische fugge schwert, dolch (Stürenburg 58ᵇ. 62ᵇ) ist hier nicht zu denken, eher an das von Diefenbach 237ᵇ aus einem dem 15. jh. angehörigen Mainzer vocabular beigebrachte foche, flabellum, fächer, welches neben focher bei Link von Colditz (s. wb. 3, 1863), nürnberg. fucher (Schmeller 1, 508), anderwärts focker, fucker auftaucht. diese beiden formen hat Stieler 526 und führt an focker von pfauenfedern, muscarium pavoninum, fucker von strausfedern, flabellum ex pennis struthionis, wozu sich noch für den letzten ausdruck fügen läszt: die erde ist unser bett, unsre arme sind unsre küssen, der himmel ist unsre decke, der kühle wind unser fucker. Olearius Barthronherri sprüche s. 104 (spr. 4). liesze sich nach diesem fucker nun, jenem foche gemäsz, eine form fucke nachweisen, dann läge eine schreibweise fugge um so näher, und der fächer könnte schon als spielstab dienen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 394, Z. 42.

fugge, m.?, f.?

fugge, m.? f.?,
in der folgenden stelle läszt sich noch weniger, als das vorige, mit sicherheit erklären:
lauft in pusch, wann her und hin
krähen unter fuggen ziehn
wird ein sturm sich rauh erzeigen.
Daniel von Czepko Coridon, nach der handschr.
da der dichter ein Schlesier ist, so liegt der gedanke nahe, dasz das wort der schlesischen mundart angehöre. aber Berndt, Weinhold und Hoffmann von Fallersleben in seinen beiträgen zu einem schles. wb. (s. Frommann 4, 163—192) haben es nicht, eben so wenig die wörterbücher der andern volksmundarten, und so läszt sich blosz vermuthen. mit einiger wahrscheinlichkeit möchte man auf focke = flocke rathen, für das auch fucke, fugge gesagt worden sein könnte, und so würde unter fuggen = unter schneeflocken sein. an ein fuggen, welches der substantivisch gebrauchte inf. eines verbums fuggen wäre und eine thätigkeit der krähen ausdrückte, dürfte schwerlich zu denken sein, indem sonst der dichter wol mit fuggen gesetzt haben würde.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 394, Z. 60.

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Zitationshilfe
„fugge“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/fugge>.

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