Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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fuhre, f.

fuhre, f.,
für fohre, föhre, pinus silvestris. Weber ökonom. idiot. 1, 174ᵇ. das bei diesen beiden formen bemerkte, nemlich dasz das h in denselben kein dehnzeichen, sondern umgestellt sei, gilt auch hier, denn wie fohre, föhre für mhd. vorhe, so steht fuhre für furhe. aber es kommt mit ausstoszung des h auch fure, füre vor (s. Nemnich 4, 984), in der Altmark fur (Danneil 59ᵃ), und Holl 101ᵃ so wie Wagner u. Hebig forstbotanisches handbuch (Gieszen 1801) im register haben, die beiden letzten für pinus überhaupt, fuhre, fure nebeneinander. dieser allgemeinen benennung für pinus entspricht, wenn die bergfichte, pinus montana, auch felsenfuhre, rothfuhre (s. Nemnich 4, 980) heiszt, zu welchen namen Wagner u. Hebig noch spurtfuhre fügen, dann wenn eben diese für die weymouthskiefer, pinus strobus, auch den namen weymuthsfuhre anführen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 425, Z. 66.

fuhre, f.

fuhre, f.
für fohre, truta. Weber ökonom. lex. 1, 174ᵃ. auch hier ist das h nicht dehnzeichen, sondern umgestellt, aber am ende des wortes ein n abgeworfen, denn ahd. sagte man, wie wb. 3, 1870 angegeben ist, forahana, forhana, mhd. vorhen. doch findet sich schon im 12. jh. mit abfall des n vorhe (sumerl. 38, 77). vgl. auch furche, truta.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 426, Z. 3.

fuhre, f.

fuhre, f.
für furche, sulcus. Weber ökonom. lex. 1, 174ᵇ. wie bei den beiden vorhergehenden fuhre findet auch hier umstellung des h statt, das demnach nicht als dehnzeichen zu nehmen ist. denn schweiz. furhen, f., bei Frisius (1556) s. 384ᵇ. 1023ᵇ. 1265. daneben freilich auch mit abfall des h s. 775ᵃ furen, f., und noch heute fure (Rütte 26), fuere (Tobler 201ᵇ), fore (ebenda). oberrhein. fuhren, ackerfuhren, furche, sulcus. Wilhelmi lex. proso-metricum (Francof. a. M. 1706) 2, 101ᵇ; fuhren machen, sulcare. ebenda.
gell, bürstli (es ist der hungerige spatz im winter angeredet), sel isch andri zit,
wenns chorn in alle fure lit?
Hebel der winter str. 7;
d'haberchörnli het der ätti zwische de fuhre
gseiht mit flisziger hand und abeg'eget im früeihjohr.
dessen das habermus 5;
(das keimlein im körnlein) schloft und seit kei wort und iszt nit und trinkt nit,
bis es in de fuhre lit, im luckere bode.
aber in de fuhren und in der füechtige wärmi
wacht es heimli uf us sim verschwiegene schlöfli.
ebenda 12 f.
eben so fure im ungrischen berglande von der furche als ackergrenze. Schröer 52ᵇ. in Schwaben, Baiern, Tirol, Östreich dagegen scheint die form nicht vorzukommen, sonst würde sie bei Schmid, Birlinger, Schmeller, Ziska, Schöpf, Höfer, Castelli, Loritza aufgenommen sein. auch aus Mitteldeutschland findet sie sich nirgends angeführt, doch sollte man nach an dër ûʒeren foren in einer Mainzer urkunde von 1297 (Baur hess. urk. 2, s. 542, 553) und offe nuʒʒepade an dër nideren vore in einer Mainzer urk. von 1306 (ebenda s. 661, 663) mit gebrochenem u eine form fore vermuthen. diese, welche schon das brem. wb. 1, 351 aus dem hannöverischen anführt, nebst före und auch fur erscheint göttingisch-grubenhagenisch (Schambach 276ᵃ), dagegen allgemeiner nd. mit dem auch in andern wörtern sich zeigenden a für o fare (brem. wb. a. a. o.), welches selbst in der schriftsprache vorkommt (s. fahre), holstein., preuszisch far, fahr (Schütze 1, 306. Hennig 62), in der Altmark faor (Danneil 49ᵇ), pommerisch fare, fore (Dähnert 112ᵇ). die mecklenburgische form ist faͦr in gedehnter aussprache und man unterscheidet, wie mir Karl Schiller zu Schwerin mittheilt, brâkfaͦr nhd. brachfahre, das aufbrechen der brache oder des driesches, das in der regel vor eintritt des winters mit dem haken geschieht, wennfaͦr nhd. wendefahre, das pflügen des umgebrochenen ackers nach dem eggen und düngen, der ordnung nach das dritte pflügen, sâdfaͦr nhd. saatfahre, das zu ende des augustes oder zu anfange des septembers stattfindende vierte pflügen des ackers zur saat, und waterfaͦr nhd. wasserfahre, die furche, durch welche das wasser vom acker abgeleitet wird. von jenem furchenziehen oder pflügen aber hört man aus dem munde der mecklenburgischen landleute
wenn de brâke breckt (bricht)
un de wennfaͦr leckt,
un de sâdfaͦr grûst,
dat gift roggn dat t (es) so sûst (saust).
luxemburgisch sagt man wie am Oberrhein fur pl. furen. (Gangler 161), auf der Eifel furr (Schmitz 225ᵃ). dagegen clevisch, am meisten von den schmalen gängen in einem blumengarten, fôr, welches mit nnl. vore, voor stimmt. Gerling 33 u. 34. ostfries. fôre, fôrde. Stürenburg 59ᵇ. aus dem nd. aufgenommen schw. fora und faͦra f., dessenalso für o steht. Nach dieser zusammenstellung der mundartlichen formen beschränkt sich die form fuhre, fure auf die Schweiz, den Oberrhein und einen theil Niederdeutschlands dies- und jenseit des Rheines.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 426, Z. 9.

fuhre, f.

fuhre f.
itio, vectio, alimentum. ahd. fuora, fuara, mhd. vuore, fuore, mitteld. vûre, nd. fore, fôr, ags. fôr, das aber einer andern declination angehört, als jene vorher angeführten formen. schw. fora ist, zumal da ein altn. subst. fôr nicht nachgewiesen werden kann, aus dem nd. aufgenommen und beschränkt sich auf die bedeutungen 3) und 6). in diesen und in der 5) wurde auch entlehnt das jetzt veraltete böhm. fuͦra f., in den bedeutungen 5), 6) und 11) das poln. fura und in dem sinne von frachtwagen das russ. fura. entsprossen ist das wort dem praet. von fahren. nhd. fuͦre, vectura. Dasypodius 256ᵃ. 334ᵃ; fure Stieler 411; fuhre. Steinbach 1, 386. Adelung. Campe. mit abstoszung der endung e fur. Serranus diction. bb 7ᵇ; fuͦr. Frisius (1556) 1350ᵃ und danach Maaler 152ᵃ; fuer. Helber 47; fuhr. Henisch 1279. Schottelius 518. 1321. Rädlein 309ᵃ. Frisch 1, 305ᵇ. abweichend von allen diesen formen hat, vielleicht durch ein druckversehen, Alberus diction. dd 1ᵇ fuͤr, welches bei ihm, obwol er dieses fuͤr, vectura, velatura, sowie ich fuͤr, duco, von der praep. für in der schreibung scheidet, trotz demganz wie dieses für zu sprechen ist. was zunächst das dehnende h betrifft, so zeigt sich dieses hier in den wörterbüchern zuerst bei Henisch, doch ist es bereits, wie sich unten in den stellen von Carlstadt und Sebiz ersehen läszt, im 16. jh. eingetreten, bei dem ersten hinter das r, wie denn in älterer zeit üblich war dasz der dehnungslaut h auch hinter den consonanten gesetzt wurde, wovon unser nhd. th zum theil noch als überbleibsel erscheint. was die verkürzte und die unverkürzte form anlangt, so verblieb jene den zusammensetzungen mit partikeln: abfuhr, anfuhr, ausfuhr, durchfuhr, einfuhr, hereinfuhr, unfuhr, zufuhr. fuhre dagegen haben gegenwärtig die zahlreichen übrigen zusammensetzungen: bergfuhre (bei Schottelius 518 bergfuhr), bettelfuhre, bierfuhre, bittfuhre, bleifuhre (bei Schottelius bleifuhr), brantweinfuhre, deichfuhre, dienstfuhre (bei Schottelius dienstfuhr), dreckfuhre, eisenfuhre (bei Schottelius eisenfuhr), erbsenfuhre, erzfuhre (bei Schottelius ertzfuhr), floszfuhre (bei Schottelius flosfuhr), frohnfuhre, gaukelfuhre, getreidefuhre, gugelfuhre, güterfuhre, holzfuhre, kohlenfuhre, kornfuhre, kröpelfuhre, lastfuhre, lustfuhre, meszfuhre, mistfuhre, postfuhre, sandfuhre, schiffuhre, schnapsfuhre, steinfuhre, studentenfuhre, trosselfuhre, wasenfuhre, weinfuhre, wildfuhre, wollenfuhre, zehendfuhre, zeiselfuhre. doch hier mundartlich und in kunstausdrücken auch heute noch fuhr in haberfuhr, wildfuhr für wildfuhre, winterfuhr.
Bedeutungen:
1)
ein sich fortbewegen nach einem andern orte, sei es zu fusze, zu pferde, auf einem fuhrwerke, zu schiffe, cursus, vectio. ahd. fuara, profectio (Graff 3, 597);
ni bitharf thiu sîn fuara   thërô engilô stiura.
O. II, 4, 68;
jâ sagêt ih iu, quad ër zi in,   thaʒ ih thër sëlbo man bin,
bî thën ir rëhto, in wâra,   irhuabut thësa fuara.
IV. 16, 48.
daher auch ahd. in der bedeutung weggefolge, begleitung:
siê quâdun sumê sâre:   waʒ duast thû man hiare?
thû bist rëhto, in wâra   thësses mannes fuara.
IV. 18, 14, vgl. v. 17.
mitteld. in dem sinne von fahrt: so heiszt es bei Jeroschin 23139 (Pf. s. 272) von dem comthur bruder Voltsch, er sammelte sein volk
und mit in ûf die Jûre (name eines flusses)
zu schiffe nam die vûre.
nhd. eben so von der fahrt auf dem wasser: ausz diesem allen abzunehmen ist, das vorzeyten die fuhr auf dem wasser und meer gen Kalikut ... auch gewesen sey. Aventinus chronik 124; (unter dem dorfe Süpplingen hat es) ein andern fläcken Sernatingen geheiszen, bey welchem die statt (Überlingen) ein grädhausz hat bauwen lassen, darinn vil korn und getreid ausz dem Hegow und allenthalben här ab den wägnen geladen und mit komlicher fuͦr auf dem wasser in die statt gefertiget wirt. Stumpf chronik (1548) 2, 53ᵃ. aber auch noch überhaupt von einer fahrt: circunvectio, fuͦr und fart umbhin und anhin. Frisius (1556) 227ᵇ; evectus, ein fuͦr zuͦ land oder zuͦ wasser. 486ᵃ; vectio, die fuͦr oder das fuͤren oder faren. 1350ᵃ. dieselben beispiele dann auch bei Maaler 152ᵃ. hiernach scheint sich fuhre in dem sinne von fahrt im 16. jh. nur noch auf die Schweiz und Baiern zu beschränken, aber im 17. jh. ist diese bedeutung erloschen.
2)
ein gang, ein weg, ein fahrweg, eine strasze: doselbst in der thieffen, als die fur oder strosz durch den Siechgraben geet, do was ein umbgeender gatter, den beslosz man mit einem gutten mahelslosz. Tuchers baumeisterbuch s. 211, 7; so was vor derselben prucken ein umbgeenter zu der fur, den beslosz man mit einem gutten mahelslosz. dopei was ein hütheuslein, darinnen stetigs schutzen waren und die strosz in acht hetten. ebenda 15. heute nur noch in dem zusammengesetzten wildfuhre, wildfuhr f., welches sowol den abgeschlossenen bezirk, in dem das wild seinen freien gang und spielraum hat, den wildgang bedeutet, als auch den ort, an welchen es im walde zu gehn pflegt, um sich da aufzuhalten, den ort, an dem es im walde seinen stand, sein lager zu haben pflegt. in beiden bedeutungen sagt man auch wildbahn und wildweg. s. Schmeller 1, 556. Heppe wohlred. jäger (1779) 407ᵇ. 408ᵃ. 409ᵇ.
3)
ein fahren mit bespanntem fuhrwerke, vectura:
a)
überhaupt. das (dasz) sie am sabbats tag etwas thun oder dienen solten, es sey mit furhe, gehn, oder wasserley werck es sey. Carlstadt von dem sabbat B ijᵃ. noch liest man in anzeigeblättern ankündigungen einer versteigerung von fuhren zum wegbringen von schutt, anfahren von baumaterial u. s. w.
b)
als arbeit oder als auf verpflichtung beruhende dienstleistung. die bauern haben bereits sechs fuhren gethan. Adelung. so auch wenn ein fuhrwerk mit anspann nach verpflichtung zu stellen ist. der bauer geht zur fuhre. s. Hupel 69.
c)
zur beförderung von personen, gütern, waaren, geräthschaften u. dgl.: wegen des fuhrlohnes wird den fiacres eine besondere taxe vorgeschrieben. man kann sich hierbei zweierlei wege bedienen. man kann die taxen auf die fuhren nach den verschiedenen, nahe oder weit entlegenen revieren und straszen der stadt setzen, oder man kann dieselbe nach den stunden einrichten. Krünitz encyklop. 13, 260. gefangen-, kranken- und kriegerfuhren. Stüve wesen u. verf. 166.
4)
eine gelegenheit zur beförderung mit einem bespannten fuhrwerke, eine fahrgelegenheit:
täglich man fuer findt und hat
gehn Baden, Krembs und Newenstadt.
Schmelzl lobspruch ⅬⅩⅩⅩⅩⅠⅤ.
5)
ein zur bespannung eingerichtetes fuhrwerk, vehiculum: ein vorschopf ... ordenen, darunter zu stellen ewer fuhr, wagen, kärch, pflug u. s. w. Sebiz feldbau s. 31;
der (Sesostris) seine königsfuhr mit königen bespannt.
Wiedemann mai 68;
so ist des glückes fuhr.
ebenda.
wie der kraniche zug, entschwebet
rasch auf ebener bahn die fuhr!
mutig schnaubt das gespann und strebet,
dasz im winde der staub sich hebet
aus der malmenden hufe spur!
Voss 5, 244.
6)
eine ladung für ein bespanntes fuhrwerk: eine fuhre bekommen, so viel als man auf einem fuhrwerke mit bespannung fahren kann. desz andern tages, als sie das rathhaus und dessen raritäten von gemählden und andern künstlichkeiten besahen und nach hause gekehret, kam der kutscher mit vermelden, dasz er eine fuhre nach Regenspurg und Eger bekommen hätte und wolte nachmittage fort, wann die herren etwas dahin oder auch nach Geraua zu berichten hätten, solten sie schaffen, er wolte schon einen gewiszen boten und überbringer abgeben. Burghart sprach: es ist mir lieb, mein freund, dasz ihr bald fuhre mit vortheil zurücke zu gehen bekommen. Ettner unwürd. doctor 765. ob aber in dieser stelle nicht personen zur beförderung gemeint sind? dann gien ge fuhre hier auf personen wie auf sachen. doch jetzt werden nur diese verstanden. insbesondere bedeutet fuhre eine wagenladung, d. h. so viel als mit einem zweispännigen wagen gefahren werden kann, vehes:
die sach ist sonnenklar.
so wird die welt regiert, und eine ganze fuhre
von syllogismen machts nicht mehr noch minder wahr.
Wieland 10, 307.
eine fuhre holz, eine wagenladung. eine fuhre mist. eine fuhre stroh. eine fuhre steine. eine fuhre kohlen. eine fuhre bier. s. Krünitz encyklop. 15, 426. in diesem sinne stimmt fuhre mit fuder überein, obwol beide, wie die abstammung zeigt, ganz verschiedene wörter sind.
7)
in Livland sieben lof als bestimmtes masz. so dort in den taxen der messer: getreide, das unter einer fuhre oder 7 lof gemessen wird, für jedes lof zu messen ... bei Gutzeit 1, 300ᵇ; getreide, das unter einer fuhre oder 7 löfen in der vorstadt zu messen ist. ebenda.
8)
ebenfalls in Livland 1⁄4 last. doch nur beim flachs und zwar in früherer zeit. Gutzeit a. a. o.
9)
in Liv- und Esthland eine anzahl der ladung nach zusammengehöriger fuhrwerke mit bespannung, ein frachtzug. mir begegnete eine grosze fuhre, eine reihe beladener fuhrwerke. Hupel 69. Gutzeit 1, 300ᵃ.
10)
waare, die verführt wird. so vom jahr 1660 aus Livland ein bauerwagen mit herren fuhre beladen und dann bauerwagen mit seiner eignen fuhre beladen. Gutzeit ebenda. die bedeutung hatte schon Hupel a. a. o.
11)
der fuhrlohn, vectura. die fuhre bezahlen. Adelung, der hier fuhre nur im gemeinen leben gelten lassen will, während es doch so überhaupt in der umgangssprache vorkommt. vgl. auch fuhr m. in demselben sinne, wobei offenbar an das geschlecht des hier ausgelassenen lohn gedacht wird. übrigens konnte sich bei fuhre um so leichter die bedeutung fuhrlohn entwickeln, als mhd. vuore für sich schon so viel als lohn ist: diu vuore dër suntin, alsô s. Paulus sprichet (Röm. 6, 23), ist dër herwe tôt. die vuore ist niwet vilgelich, niwet zerganclich, si ist leider ân ende. spec. eccles. 48.
12)
ein flosz, ratis. nur bei den anwohnern der Isar. Schmeller 1, 556. die bedeutung gründet sich auf fahren in dem sinne: zu schiffe fortbringen. vgl. Schmeller 1, 547.
13)
in der gaunersprache die inwendig in den röcken der laden-, markt- und budendiebe angebrachte grosze diebstasche, in deren schlitz dieselben unvermerkt vor dem kaufmanne stücke zeug, tücher u. s. w. fahren und verschwinden lassen. Gangler 154. Anton 37ᵃ. Thiele 251. Train chochemer loschen (Meiszen 1833) s. 41ᵃ. auch fohr. Grolmann 21ᵇ. bei diebinnen besteht die fuhre meist aus dem unten zusammengenähten ober- und unterrocke mit einem schlitz oben an jenem. die bedeutung scheint von der unter 5) oder 6) angegebenen auszugehn.
14)
der unterhalt, die nahrung, die speise, das futter, alimentum, esca, pabulum, pastio. so ahd. (Graff 3, 597 f.) und mhd. (Ben. 3, 263). gërste ist tumbes vihes fuora. physiol. in Hoffmanns fundgr. 1, 32, 34;
gên wîben üppeclîche
kêrte ër alsô gar dën muot,
daʒ ër mit in vertët sîn guot
sô gar, daʒ im diu hungers nôt
ein swache vuore bôt,
dâ mite ër sich dô nerte
und dëm hunger werte.
Barl. 107, 22, vgl. Luc. 15, 14.
nhd. vom rosse:
bî guoter fuor übel trügen (: mügen).
anlaster 59 in Mone anz. 3, 176.
„alimentum et alimonia, narung, fuͦr, speisz“.
Dasypodius 7ᶜ und danach bei Serranus dict. a 8ᵃ
„alimonia, fur, narung, futerung, da mit man eins ernert, speisz“. doch das er die fuer von andern nit kauffe.
bairisches landrecht v. j. 1616 bei Schmeller 1, 557.
noch baier. die fuer = die nahrung, besonders fürs vieh, das futter, und man hört vieh in die fuer nehmen, auf der fuer haben, in der fuer haben, womit gemeint ist, fremdes vieh den winter über in die fütterung nehmen, in der fütterung haben. Schmeller ebenda. vgl. winterfuhr, haberfuhr. eben so noch schweiz. die fuer, fur, fuhr, nahrung, speise und trank, auch futter für das vieh. Stalder 1, 404. vgl. fuhrscheurli. auch tirol. die fuer, östr. fuhr, futter, nahrung für das vieh. Schöpf 159. Höfer 1, 252. Loritza 45ᵇ. schwäb. fur, fuͤr, nahrung. Schmid 209. die bedeutung beschränkt sich hiernach nur noch auf die süddeutschen mundarten, in der schriftsprache kommt sie bereits im 17. jh. kaum mehr vor.
15)
die lebensweise, im besondern die art und weise wie man sich zeigt, sich benimmt. so mhd. vuore. Ben. 3, 263ᵇ.
dër lantgrâve ist sô gemuot
daʒ ër mit stolzen helden sîne habe vertuot,
dër iegeslîcher wol ein kenpfe wære.
mir ist sîn hôhiu fuor wol kunt.
Walther 20, 13;
si tët wîplîche fuore kunt.
Parz. 110, 28;
wie möhte iemer Tristan
die vuore sich genëmen an
nâch sînem hôhen prîse,
daʒ er vüere in tôren wîse?
Ulrichs Trist. 568, 14;
dër alsô gougelfuore (wildes sinnloses betragen) pfliget,
dâ ziuhet sich diu Minne von,
wan si diu hërze in tugende wiget.
Winsbekin 41, 8.
dër wëlte vuore, die art und weise der welt. MSH. 1, 63ᵇ, 18, 2; ritters fuore, die weise eines ritters, ritterliches benehmen. Parz. 152, 12; wîbes vuore die art und weise des weibes, weibliches bezeigen. MSH. 2, 50ᵃ, 4. in der nhd. schriftsprache scheint die bedeutung erloschen. dagegen noch tirol. fuer, das benehmen, die aufführung, besonders die schlechte aufführung, ein scandal (Schöpf 159), östr. fuhr, die aufführung, das betragen (Höfer 1, 252. Loritza 45).
16)
pracht, für welche bedeutung Jacob Grimm aus dem mhd. aufgezeichnet hat:
Feirefîʒ der rîche
wart dô rîterlîche
mit grôʒer fuore enpfangen.
Parz. 821, 25.
dazu läszt sich noch fügen:
nâher drungen die von Zaʒamanc
mit grôʒer fuore, niht ze kranc.
52, 4,
eigentlich wol so viel als mit überaus in die augen fallendem bezeigen, mit gepränge. auch diese bedeutung, die aus der 15) hervorgeht, scheint in der nhd. schriftsprache nicht mehr vorzukommen. aber man hört noch östr. fuhr in dem sinne von anzug, kleidertracht (Loritza a. a. o.), namentlich, wenn jemand in einem kothigen oder zerrissenen anzuge erscheint, und den ausruf der verwunderung das ist eine fuhr! = ein schöner anzug (Höfer a. a. o.).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 426, Z. 69.

fuhre, f.

fuhre f.
die schaufel am wasserrade, pinna. so wenn Stieler 136 hat „bett, etiam sunt: pinnae in tympano, assamenta, quae aquae impetu impelluntur, appellanturque die fuhren am mülrade“. dagegen steht im register führen am mülrade, wo aber der umlaut wol druckfehler ist. das wort, das ich sonst nirgends auffinden kann, scheint mit dem vorhergehenden fuhre, vectio, vectura, eins zu sein.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 430, Z. 5.

fuhre

fuhre
für fuhr, das praet. ind. von fahren, ist, obgleich Ölinger gramm. 134 fuͦre angesetzt wissen will, fehlerhaft, findet sich aber schon mhd. in einer von dem grafen Wolf von Neueberstein bei Gernsbach unterm 19. aug. 1386 ausgestellten urkunde: uff dën nêhsten sonnendag nâch unser frowen tag, als sie zuͦ himel fuͦre. Mone zeitschr. 9, 113. eben so im 15. jh.: Ninus der hatt einen sun hiesz Trebeta. der sun sprach, er wolte besehen was uber mere were unnd fure uber mere. archiv f. hess. gesch. 10, 212. häufiger bei schriftstellern des 16. und 17. jh.: ob nun wol D. Luther Carlstads vocation mit grund anfacht, ... fure ein schuster unterm haufen herfür unnd wettet, er wölle ausz Mose erweisen, das man alle bilder wegreissen solte. Mathesius Luther (1566) 45ᵇ; weil aber der römische hof immer mit schelten und verdammen fort fure. 15ᵇ; da aber die baurschaft ire oren verstopfet und dürstigklich unnd teufelisch, doch unterm namen unnd schein des evangelii fort fure. 46ᵃ; solches nun aus zu würken, fuhre er fort, müsst ihr beede zeugschaft geben, was ihr sehen und hören werdet. Harsdörfer schauplatz jämmerl. mordgeschichte (Hamb. 1656) nr. 153, 9. übrigens ist in den beiden letzten werken, so wol dem von Mathesius als auch dem von Harsdörfer, im praet. der starken verba mit wenigen ausnahmen das dem conjunctiv abgeborgte e angehangen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 430, Z. 12.

führe

führe
das praet. conj. von fahren.
welch herr hat so faul hauszgesind,
welches nur ist rund und geschwind
mit essen, trinken und mit schlaffen
mit unnützem geschwetz und klaffen,
es seien gleich meid oder knecht:
mit solchem faulen losen gschlecht
ist sein hausz versehen so wacker
als der mit füchsen führ gen acker,
der würd den gwinn bald legen ein
mit sollichen ehalten sein.
derhalb nur mit ihn ausz dem hausz
ye eh je besser für und ausz.
H. Sachs IV, 3, 68ᶜ.
ich führe diese stelle hier darum an, um die redensart mit füchsen gen acker fahren, mit füchsen zu acker fahren nachzuholen, die mir oben sp. 332—335 entgangen war. sie soll, da angespannte füchse völlig widerstreben und sich nicht bändigen lassen, so viel bedeuten als es mit einer arbeit verkehrt anfangen, so dasz sie ungethan bleibt. übrigens ist die redensart gewis älter, als Hans Sachs.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 430, Z. 35.

fuhren

fuhren
nähren, speisen, füttern, alere, cibare, pascere. ahd. fuorôn (Graff 3, 599), mhd. fuoren, vuoren (Ben. 3, 264ᵇ), von ahd. fuora in der bedeutung unterhalt, nahrung, speise, futter. s. fuhre 14). aus der zweiten hälfte des 12. jh.:
diu stôle rôt
diu bezeichenôt
dën aller hêristen wîn,
diu wîʒe daʒ prôt,
dâmit wir alle wërden gevuorôt.
spec. eccles. 152, 315.
aus dem ende des 12. oder dem anfange des 13. jh.: sumelîche volgeten ime ouch umbe daʒ daʒ sie gefuoret wurden unde gemuoset (gespeiset, vgl. mus). Mone anzeiger 8, 512. auch vom tränken in dem sinne von nähren, erfrischen: eʒʒich unde gallen lieʒ im (sich) dër sun gëben, ze vuoren sîne këln unde sînen munt. myst. 1, 402, 21;
daʒ ër wart gevuoret hie
mit eʒʒich und mit gallen.
Silv. 3196, vgl. 3205, wo getrenket steht;
daʒ waʒʒer sol ein bilde hân.
daʒ siht man wünneclîche gân.
daʒ ist guot und reine,
daʒ vuoret algemeine
swaʒ lëbendes in dër wëlte lëbet.
in wünneclîchem vlôʒe ëʒ swëbet,
ëʒ wäschet unde reinet gar
swaʒ man unreineʒ bringet dar,
ëʒ tempert trinken, ëʒʒen.
Barl. 234, 16.
nhd weder bei Dasypodius noch bei Alberus, noch bei Serranus im dictionar., aber bei diesem synon. 74ᵈ fuͦren, weyden oder fuͦtteren, ferner bei Frisius (1556) 219ᵃ cibusrobustus, starck, die wol fuͦret“, dann 1344ᵇ „faba valentior est, quam pisum, fuͦret basz, gibt bessere narung“ und danach bei Maaler 152ᵃ „bonenköch (bohnengemüse) fuͦret basz dann erbsen“, sowie „fuͦren, guͦte narung gäben, cibare firmiter, nutrire“. fueren, sättigen, satiare. Henisch 1278, 46; unfurig, das nit sättiget oder furet, insatiabilis, insaturabilis. ebenda 48; fueren, satiare, sättigen. Schottelius 1321; fuͤren, pascere, nutrire, incrementum dare. Frisch 1, 308ᵇ, wo neben älteren belegen für das wort aus Ryffs spiegel der gesundheit bl. 45ᵇ angeführt ist reichlicher nehren oder fuͦrn. noch schweiz. fueren, füttern d. i. nahrung reichen, zu Basel vorzüglich vom vieh, und nahrhaft sein. Stalder 1, 404, der in dem letzteren sinne, bei welchem er auch auf das eben aus Maaler angeführte hinweist, als belegendes beispiel anführt die speise fueret, ist nahrhaft oder, wie Höfer 1, 252 erklärt, sättiget viel. gleicher weise intransitiv in Appenzell es fueret ke dingeli, es nähret kein biszchen, und sprichwörtlich:
weba (weben) mag nütz geba,
spuela (spulen) mag nüd fuera (= nähren),
spinna (spinnen) mag nütz bringa.
s. Tobler 206ᵇ. schwäb. intransitiv furen, ernähren, nahrhaft sein, auch so viel als hinreichend sein. Schmid 209; bair. transitiv fueren, füeren, durch futter ernähren im gegensatze zur weide, füttern. Schmeller 1, 557; östr. fuhren, füttern. Loritza 45ᵇ. in bildlicher anwendung: das feür des opffers mit solcher feystigkeit der thier ward gefuͦret. Frank weltb. 178ᵃ, d. i., wie wir heute sagen, genährt, und das lodernde feuer gilt als lebend. das wort steht hiernach transitiv in dem sinne von nähren, speisen, füttern, und intransitiv in dem von nahrhaft sein, in welchem wir auch nähren setzen. jener transitive sinn aber ist, zumal da ihn schon ahd. fuorôn hat, der älteste, und von ihm geht aus, wenn sich mhd. ein reflexives sich fuoren, sich nähren, bildete: si (die taube) fuoret sich mit dëm sâmen, diu besten korn welt si, diu bôsten verwidert si. spec. eccles. 41. doch ist dieses reflexiv selten und scheint nhd. erloschen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 430, Z. 55.

führen

führen
ducere, vehere, gerere, praet. führete, jetzt gewöhnlich kürzer führte, part. praet. geführet, jetzt gewöhnlich kürzer geführt, ahd. fuoran, fuaran, auch mit noch nicht zu uo, ua entfaltetem ô fôran und, da die ursprüngliche form fuorian, fuorjan, fôrian, fôrjan lautete, mit einem durch lautangleichung aus ri oder, was dasselbe ist, rj entstandenem rr fuorran, vuorran, fôrran, praet. fuorta, mhd. mit umlaut wegen des früheren ableitenden i oder j vüeren, füeren, praet. rückumlautend vuorte, fuorte, alts. fôrian praet. fôrda, mnd. voren vôrde, nnd. fören fœrd, mnl. nnl. voeren voerde, ags. fêran fêrde, altfries. fêra fêrde, altn. fœra fœrđa, schw. föra förde, dän. före förte. die goth. form, die fôrjan fôrida gelautet haben musz, fehlt in den uns verbliebenen denkmälern, und im englischen ist das wort erloschen. nhd. schreibt Luther füren, Alberus im diction. ddᵃ ᵇ fuͤrn, im Esop (Frankfurt a. M. 1550) fuͤrn und auch fuͤhrn, derenwie ü zu sprechen ist, doch hat im praet., in welchem Luther füret setzt, Alberus im Esop neben eben diesem fuͤret s. 127 und dem kürzeren fuͤrt s. 40 noch mit rückumlaut auf dieser letzten seite
da furt mich (spricht der esel) mein herr an ein zaum;
Jann der sperling flog zum adeler,
der war der vögel öberster,
und nam mit sich den schwarzen raben,
den wolt er zu eim redner haben,
da fuhrt der rab die klag gar schwind.
s. 165;
so auch bei dem zusammengesetzten verführen im part. praet.:
da ihn (Adam) der teuffel hatt verfurt (: geburt).
ebenda s. 239.
ja nach Alberus scheint im 16. jh. noch vereinzelt im praet. rückumlaut vorzukommen: das thier war so zam, dasz es sein warter an einem kleinen stricklein fuhrte. buch der liebe 226, 4. Bei Dasypodius, Frisius (1556) 450 und Maaler 145 findet sich fuͤren geschrieben, bei Serranus diction. g 2ᵇ f. so wie bb 7ᵇ und synon. 74ᶜ füren, aber auch diction. o 7ᵃ fieren, welche schreibung mit dem schon mhd. auftauchenden und im 15. und 16. jh. häufigen ie für üe (s. Weinhold gramm. 1, 62. 88. 106) unter andern noch Murner hat und Ölinger gramm. 130, wenn dieser biegt fieren, ich fiere, ich fuere, ich hab gefiert, wobei freilich das praet. fuere für fuerete falsch ist. Helber 47 setzt nach seiner mundart, nemlich der Breisgauer, richtig füeren. Henisch dagegen schwankt zwischen füren und führen, während später Schottelius 1321 entschieden führen, aber mit gleicher entschiedenheit Stieler, der doch fahren schreibt (s. fuhr praet.), wieder ohne h füren festhält. im ganzen indessen überwiegt im 17. jh. bereits die schreibung führen, die auch schon 1605 Hulsius s. 50ᵃ ohne schwanken hat, und im 18. jh. ist der dehnlaut h allgemein durchgedrungen, wie denn Rädlein, Dentzler, Freyer, Steinbach und Frisch sämmtlich nur führen kennen. Das wort, abgeleitet von dem praet. von goth. ahd. alts. ags. faran nhd. fahren (s. d.) mittelst i, das auch in j übergieng und ahd., wie oben ersichtlich, entweder durch assimilation zu r oder in den formen fuoran, fuaran, fôran ganz unterdrückt wurde, ist das factitiv dieses wurzelverbs und hat als solches den ursprünglichen oder grundbegrif: fahren machen. danach steht nun führen
I.
transitiv, mit einem ein lebendes wesen oder lebende wesen bezeichnenden acc. und es erflieszen dann folgende bedeutungen:
1)
mit dabeisein durch bestimmung der richtung sich fort- oder von einem orte zu einem andern bewegen machen und zwar
a)
so wol in unmittelbarer körperlicher verbindung, als auch wenn die verbindung mittelbar, z. b. durch ein band, ein seil, eine kette u. s. w. stattfindet. hier kann der acc.
α)
ein menschliches oder auch menschlich gedachtes wesen, menschliche oder auch menschlich gedachte wesen ausdrücken, zunächst allein gesetzt d. h. ohne weiter zugefügte bestimmung bei führen: mhd.
dër vrowen islîche fuorte ein bischof
dô si vor dën künigen ze tische solden gân.
Nib. 607, 2.
wie man aber bei uns im mittelalter führte, wird gleich nachher bemerkt werden. nhd. nach spanischer gewohnheit hielten (st. hielte) diese marggräfin einen alten vom adel der sie führte, ihr aufwartete. Harsdörfer mordgesch. nr. 82, 4. nimm meinen arm, ich will dich führen; sie musten die halb ohnmächtige frau führen; er war nach seiner krankheit noch so schwach, dasz ein diener ihn führte; sie legten hand an den dieb, der ins gefängnis gebracht werden sollte, und führten ihn. im besondern: einen führen, ihn beim gehn an der hand, am arme haben, um ihm dasselbe zu erleichtern, ihn bei demselben zu unterstützen. s. Serz 46ᵃ. zwischen allem dem, das liebenswürdige kind, in sich gekehrt ohne trutz, unwillig ohne widerstreben, geführt aber nicht geschleppt. Göthe 22, 126. ein kleines mädchen führen, an der hand. aber auch ein kleines kind führen, am gängelbande, damit es gehn lerne. ein frauenzimmer führen, am arme. seine tänzerin führen, mit dargebotener hand von ihrem sitze zum tanze oder von diesem zu ihrem sitze, oder am arme im tanzsaale. zugleich mit einem zweiten acc., einem acc. der sache, der wie adverbial erscheint: er nahm ihn am arme und führte ihn den weg. dieser acc. aber kann auch durch den gen. vertreten werden: er führte ihn des weges. so auch in den worten gottes zum könige Sanherib: weil du denn wider mich tobest, ... wil ich dir einen ring an die nasen legen und ein gebiss in dein maul und wil dich des wegs wider heimfüren des du komen bist. Jes. 37, 29. vgl. nachher β) und b). zugleich mit einer praep., zur bezeichnung auf welche weise, wo, woher, wohin u. s. w. jemand geführt wird. hier zuerst belege, wenn die verbindung eine unmittelbare ist: mhd.
Gunther mit sînen gesten gie von schiffen abe:
ër fuorte Prünhilde sëlbe an sîner hant.
Nib. 543, 3;
in schöner personification:
dër meie dër ist rîche:
ër füeret sicherlîche
dën walt an sîner hende.
dër ist nu niuwes loubes vol.
Neidhart 3, 23;
an daʒ schœneste gras
daʒ ër in dëm boumgarten vant,
dar vuorte sin (= sie ihn) bî dër hant,
und sâʒen zuo ein ander.
Iwein 6492;
swenn si wil, sô füeret si mich hinnen
mit ir wîʒen hant hôh über die zinnen.
MF. 138, 31;
wie diese stellen zeigen, fand bei den Deutschen im mittelalter das führen aus zugeneigtheit oder höflichkeit mit oder an der hand statt, beim tanze entweder bei dieser oder am ermel (s. Weinhold d. deutsch. frauen 372).
Ringewiffel bî dër stûchen
vrouwen Elsen vuorte.
MSH. 2, 79ᵇ, 6 = MS. 2, 58ᵃ.
das führen am arme dagegen kommt erst in späterer zeit auf und scheint fremdher eingedrungen, vielleicht zunächst bei tänzen. hierauf könnte deuten, dasz in der gegend von Grünberg in Oberhessen der ein mädchen mit den worten seiste gefrêkt? bist du gefragt (aufgefordert)? zum tanze auffordernde bursch auf die antwort nein! erwidert no, se henk dich eann! nun, so henke dich ein! d. h. hänge dich an meinen arm, und dasz in der Wetterau, während man sonst einander bei der hand führt, beim anstellen zum tanze so wie beim stehn in diesem der tänzer seinen arm in den der tänzerin hängt. nhd. ich fur mit der hand, peto manu. Alberus dictionar. dd 1ᵃ, wobei der acc. hinzuzudenken ist; (Marin) hat deszwegen die edle frau bei der hand in den garten geführet und ihr seine liebe entdecket. Harsdörfer mordgesch. nr. 143, 6;
er führet dich bei seiner hand.
Spee trutznacht. 187;
ich führte das frauenzimmer bei der hand, ihm den weg zu zeigen d. h. hier dasz es den rechten weg treffe, sicher gehe. Gottsched beobachtungen (Straszburg u. Leipz. 1758) s. 170; Tell mit der armbrust tritt auf, den knaben an der hand führend, sie gehen an dem hut vorbei. Schiller 535ᵃ. mit personification:
die waffen werden ruhn, es führt der sieg
den frieden an der hand.
470ᵇ.
meine tochter (Klotilde) führt den frühling an der hand und kömmt zu mir. Jean Paul Hesp. 2, 240. jemand am arme führen.
Ihr haltet wort, graf Lester — Ihr verspracht
mir Euern arm, aus diesem kerker mich
zu führen und Ihr leihet mir ihn jetzt.
444ᵇ.
ein mädchen zum tanze führen, nach ländlicher sitte es in seinem hause an der hand oder dem arme zum tanz abholen.
mit freuden erfahr ich, der sohn hat
auch wie der vater geschmack, der seiner zeit es gewiesen,
immer die schönste zum tanze geführt, und endlich die schönste
in sein haus, als frau, sich geholt.
Göthe 40, 326.
und reicher segen ziert
des frommen mannes stirne,
der sie ins brautbett führt.
Engel die apotheke (Leipzig 1772) s. 8.
die braut zum altare führen, an der dargebotenen hand zur trauung, dann vom manne überhaupt so viel als heiraten: der edle liebesritter Wrak hat seine reizende Dulcinea glücklich zum altare geführt. Engel Stark 384. eben so an den altar führen: ich führte euch (spricht Franz von Sickingen zu der ihm angetrauten Maria) an den altar, und ihr sollt mich zur glückseligkeit führen. Göthe 8, 103. die braut, die frau ins haus führen:
ich sehe diese hallen, diese säle
und denke mir das freudige erschrecken
der überraschten hocherstaunten braut,
wenn ich als fürstin sie und herscherin
durch dieses hauses pforten führen werde.
Schiller 495ᵃ.
sie packten den dieb und führten ihn an den armen ins gefängnis. ich fur mit gewalt. Alberus dictionar. dd 1ᵃ, wobei wieder der acc. zu ergänzen ist. dann wenn die verbindung eine mittelbare ist: ich sah, wie die bauern einen mörder an einer ochsenkette und stricken, die um arme und beine geschlungen waren, in die stadt führten. ein kind am gängelbande führen, damit es gehn lerne. auch sagt man in diesem sinne, wie vorhin sp. 432 angegeben wurde, blosz ein kind führen.
dein holdes bild
führt mich so mild
an sanfter blumenkette.
Hölty (1804) 248.
einen am narrenseil führen, ihn zum narren haben, zum besten halten:
sölch toll fantasei (dasz dem das zahnweh vergehe, wer das glöcklein einer auf dem wege zwischen Frankfurt a. M. und Darmstadt stehenden kapelle mit dem munde anziehen könne)
wie sonst viel ander lepperei
der teufel hat gerichtet an,
damit betrogen manchen man
und ihn gefürt am narren seil,
auf das ihm wurd sein seel zutheil.
Alberus Esop (1550) 83;
darnach als sie sich dorft gerürn,
thet sie am narrenseil in (den alten buhler) fürn,
als manchem alten noch geschicht.
H. Sachs I (1590), 394ᵇ;
wann die weiber sind wunderber,
dann sie können in gutem schein
wol falsch und dar zu freundlich sein,
führn oft ein lang am narrenseil,
der da hofft auf sein glück und heil,
setzen ihm auf die esel ohrn,
machen zu eim lappen und thorn.
II (1591). 4, 75ᵈ.
daneben in gleichem sinne aufs narrenseil führen: damit ich den teufel aufs narrenseil füre. Luther 4, 535ᵇ. eben so auf dem narrenseil führen. dies wenn Diana spricht:
so bald er (Actaeon) kompt in wald hinein,
soll er ein hirsch, kein mensch mehr sein.
das soll sein seines muthwillns straf,
dasz er hinfort kein weib mehr aff:
daran dann alle jung geselln
mit hohem ernst sich spiegeln wölln,
kein weib führn auf dem narrenseil
sonst werden s' gestraft in gleichem theil.
vgl. narrenseil. auch blosz einen am seil, am seilchen führen. s. seil, seilchen. einen bei oder an der nase führen, einen bei oder an der nase herumführen, einen mit der nase herumführen (Steinbach 2, 111), oder umherführen, ihn nach belieben führen, um sich an ihm zu belustigen, ihn zum besten halten, ihn vorsätzlich mit leerer hofnung hinhalten, ihn mit leerer hofnung teuschen: diesz mandat ... fuhrte die leut allzugröblich bei der nase. Luther br. 2, 369. diese redensart, nach welcher Göthe 12, 185 das verbum nasführen bildet, geht davon aus dasz der bär von dem bärenführer bei der nase mit einem seile geführt wird: der welt boszheit ist so grosz. wenn ein fürst die lateinische sprache lehrnet und studiret, so fürchten die vom adel und rechte, er werde jnen zu gelehrt und zu klug und sagen: box marter u. s. w. was? wil e. f. g. ein schreiber werden? e. g. müssen ein regierender fürst werden, müssen weltliche hendel lehrnen und was zur reuterey und zum kriege gehört, damit land und leute geschützt und erhalten werden u. s. w., das ist, ein narr bleiben, den wir mögen mit der nasen umherfüren, wie einen behr. Luther tischr. (1568) 414ᵇ. ins wörterbuch ist sie erst 1711 von Rädlein aufgenommen worden, der s. 666ᵇ einen bei der nase herumführen und sich bei der nase herumführen lassen anführt. weiteres sieh unter nase. zugleich mit einem inf.: er führt ihn am arme spazieren. zugleich mit einem participium: man führte ihn an einem arme gefaszt; die häscher führten den dieb an ein seil gebunden; sie banden ihn an einen strick und führten ihn gefangen. bildlich: darumb solt man geschrieben recht unter der vernunft halten, daraus sie doch gequollen sind, als aus dem rechts brunnen, und nicht den brun an seine flüslin binden und die vernunft mit buchstaben gefangen füren. Luther 2 (Jena 1575), 187ᵃ (von weltl. oberkeit, am schlusse). zugleich mit einem adv.: so würde mich doch deine hand da selbs füren und deine rechte mich halten. ps. 139, 10.
im wirtshaus sauft er sich stüdvol,
dasz er kan weder stehn noch gehn
und jn heim müssen führen zwen.
H. Sachs I (1590), 373ᶜ;
ich weisz dir so ein schätzchen auszuspüren,
und selig wer das gute schicksal hat,
als bräutigam sie heim zu führen!
Göthe 12, 124,
sie führten ihn am arme weiter.
β)
ein thier oder thiere bezeichnen. führen steht dann ganz mit denselben fügungen wie bei α), zunächst mit allein gesetztem acc. mitteld.
Bonifait vorne reit,
dër sëlbe jungelinc gemeit
vûrte einen soumêre.
graf. Rud. K, 11.
nhd. das pferd findet den weg nicht, du must es führen; er gieng auf die jagd und führte seinen hund.
eim jungen adelichen mann,
dem steht gar wol und höflich an,
dasz er im waidwerk sei erfahrn ....,
die leithund und die rüden führn.
H. Sachs I (1590), 321ᶜ.
zugleich mit einem zweiten acc., einem acc. der sache: mhd.
zehant ër daʒ ros nam
und fuort ëʒ balde sînen wëc.
Lanz. 2967.
nhd. er führte sein pferd den weg. auch mit gen. statt des acc.: er führte den bären des weges zur stadt. zugleich mit einer präp.: mhd.
sî saʒ in guoter kündekheit
ûf ir pferit unde reit
als sî dâ vür wære gesant
und vuorte ein pfert an dër hant.
Iw. 3602;
in sîner hant ërʒ (ers, nemlich das ros) fuorte
von dër liehten ouwe.
Parz. 600, 4;
ze herbërgen füeren,   sprach aber Volkêr
sol man uns die mœre.
Nib. 1821, 2.
mitteld. Bêatrîse die reine
die wol gelobete uber al daʒ lant
vuorte einen soumêre an dër hant.
miechel was ir arbeit.
graf Rud. K, 13.
nhd. s. die vorhin sp. 431 aus Alberus Esop 40 angeführte stelle, in der aber ein druckfehler für eim ist.
als spät der müllner den esel sein
wolt führen in den stal hinein.
H. Sachs IV. 3, 79ᵃ;
er führt sein pferd so gut er kann am zaum.
Wieland Oberon 1, 14;
vorher aber band sie erst die ziege los und führte sie in die kammer und legte die dem Hans ins bett, dann machte sie, dasz sie fort kam. Ernst Meier volksmärchen 185. einen ochsen an der kette führen. einen hund an der leine führen. nach dem bilde vom lenken der pferde mittelst des zügels:
doch alle (die soldaten) führt an gleich gewaltgem zügel
ein éinziger, durch gleiche lieb und furcht
zu éinem volke sie zusammenbindend.
Schiller 333ᵇ.
zugleich mit einem inf.: mhd.
und nam dën esel an sîn hant
und fuort in erbeiten zehant.
Bon. 89, 36.
auch nhd. läszt sich wol sagen: dem pferde ist zu wol, führe es arbeiten. zugleich mit einem participium: sie führten den angekauften herdochsen gefesselt, damit er kein unheil anrichte. zugleich mit einem adv.: mhd.
ir edeln beschiliere (knappen)
vüeret hër an schiere
ros und swaʒ dar ûfe lît.
Ulrichs Trist. 520, 16.
nhd. gegen eilfe fragte Werther seinen bedienten, ob wohl Albert zurück gekommen sei? der bediente sagte: ja, er habe dessen pferd dahin führen sehen. Göthe 16, 181: postillon. ich will sie fahren, wie auf dem herweg! als ob der teufel sie davon führte. oberst. hole der teufel dich selbst, du verdammter trunkenbold. Schiller 658ᵃ.
b)
ohne körperliche verbindung, wenigstens ohne angabe einer solchen, weshalb in vielen fällen ungewis bleibt, ob sie stattfindet oder nicht. der acc. bezeichnet entweder ein menschliches oder menschliche wesen, ein menschlich gedachtes oder menschlich gedachte wesen, oder ein thier oder thiere, wie vorhin unter α) und β) geschieden wurde, was aber hier überflüssig erscheint. zunächst belege, wenn er allein gesetzt ist, was freilich seltner stattfindet: mhd.
juncfrowen unt die künegîn
in (Gahmurët) fuorten dâ ër freude vant
und al sîn trûren gar verswant.
Parz. 100, 9,
wo übrigens in dem abhängigen satze miteine weitere bestimmung zugefügt wird. nhd: er führte einen gefangenen. zugleich mit einem zweiten acc., der die örtlichkeit bezeichnet: mhd.
ër fuorte dën helt unverzagt
in ein minre gezëlt
kurzen wëc überʒ vëlt.
Parz. 725, 20;
sus fuorten sin berge und tal.
Willeh. 85, 24;
ob ich ein michel her
nâch ir füeren solde ërde unde mer.
Gudrun 594, 2.
nhd. er führte den gefangnen einen nähern weg. auch mit gen. statt des acc.: er führte ihn des weges. vgl. heimführen Jes. 37, 29. am häufigsten aber wird zugleich mit einer praep. bezeichnet, auf welche weise, wo, woher, wohin u. s. w. geführt wird. mhd. die ûʒsezil die fueret man ôch für die stat. sich, als wart ër (Christus) ouch gefueret für die stat zu Jêrusalêm und dâ wart ër gemarterôt für dich an dëm hailigen crûce. Grieshaber pred. 1, 115;
gihestû daʒ dër künec Artûs
hërn Iweinen vuort ze hûs
und lieʒ sîn wîp wider varn?
Iw. 2976;
unz mich dër künec Artûs
von ir vuorte ze hûs.
3532;
die koufliutër fuorte
für sînen hêrren in die stat.
Parz. 200, 28.
kam er (Laban) zu dem man (Elieser), und sihe, er stund bei den kamelen am brun. und (Laban) sprach: kom erein du gesegneter des herrn! warumb stehestu draussen? ich habe das haus gereumet und fur die kamel auch raum gemacht. also füret er den man ins haus und zeumet die kamel ab. 1 Mos. 24, 32; der alte man sprach (zu dem fremden, den niemand beherbergen wollte): friede sei mit dir! alles was dir mangelt findestu bei mir, bleib nur nicht uber nacht auf der gassen. und füret in in sein haus und gab den eseln futter. richt. 19, 21;
ich volgt ir nach, sie gieng mir vor,
für einen walt und führet mich
an einen berg gar wunsamlich,
zu dreien wolerbawten pforten.
H. Sachs I (1590), 299ᵈ;
bei einr verschwigen alten frawen,
der mögt ir auch gar wol vertrawen,
ich wil euch morgen zu ir führn.
340ᵃ;
nach dem der alt einäugig mann
führt sein gast int kuchen zum fewer.
340ᵈ;
darmit menschlich geschlecht
mit haufen führst (Mars ist angeredet) zum tod
ohn allen nutz und noth.
345ᵇ;
o das der heilig tod auch kem
und sie (die ehefrau) von disem erdrich nemm
und führts in himmel zu der deinen.
397ᵇ;
wo ist er, Daja, dieser edle mann? —
wo ist er? führe mich zu seinen füszen.
Lessing 2, 195 (Nathan 1, 1);
ich will ja gern alles gestehn, alles sagen, nur lassen sie mich nit ins raspelhaus führen. H. L. Wagner kindermörderin 91. Evchen Humbrecht 113; so bald wir kopuliert sind, führ ich dich auf meine güter. Evchen Humbrecht 142; wir lieszen uns melden. der bediente führte uns in ein groszes zimmer, indem er sagte, der herr werde gleich kommen. Göthe 25, 86; Elisabeth. wo ist sie? Lerse. noch im wirthshaus. Elisabeth. führe mich zu ihr. 8, 155 (Götz 5);
du kannst sie (Maria Stuart) auf das blutgerüste führen,
es wird sie minder peinigen, als sich
von deinen reizen ausgelöscht zu sehn.
Schiller 424ᵇ;
hier kommt der scherif, uns zum tod zu führen.
es musz geschieden sein! lebt wohl! lebt wohl!
444ᵇ;
dieses schwert umgürte dir!
damit vertilge meines volkes feinde
und führe deines herren sohn nach Rheims
und krön ihn mit der königlichen krone!
459ᵃ;
Max Piccolomini hier? o! führt mich zu ihm.
331ᵇ.
sie führt die heerden auf die weid am morgen
und bringt zur hürde sie am abend spät.
Gries Tassos befr. Jer. 7, 18.
vieh nach der stadt führen, es dahin treiben. Hierher gehörende redensarten sind: einen zur schule führen, einen in die schule führen, ihn lehren: also halt ich, muͤszt ein teütscher grammaticus die teütschen zuͦ schuͦl fuͤren. Ickelsamer A iijᵃ (s. schule);
ob man jn schon fuͤrt in die schul,
so lernt doch nichts der faule wul.
Joh. Nasus Nasenesel B iijᵇ.
aber dies einen in die schule führen empfängt auch den sinnihn schulmeistern, ihn mit tadel und absprechen belehren“:
es kan gott besser nicht gebürn,
zur schul musz er sich lassen fürn,
der meister musz kurzumb gedenken,
und sich nach seinen schülern lenken.
Alberus Esop (1550) s. 152.
zugleich mit dat. einem die mutter zum bier führen bei Luther 4, 440ᵇ, wol in dem sinneeinem einen possen spielen? die stelle ist 1, 1822, wo anmechtiger gelesen werden musz, unerklärt geblieben. einen um die fichte führen, decipere aliquem, fallere aliquem. Steinbach 1, 386. 443. Frisch 1, 264ᵃ. auch an, hinter die fichte führen. näheres mit älteren belegen s. unter fichte 3, 1614. in gleichem sinne sagt man auch einen hinter das licht führen: wen sollte dieser mann nicht hinter das licht führen? Lessing 1, 449 (freigeist 5, 2); er soll sich wohl unterstehen, ein ehrliches frauenzimmer hinters licht zu führen. dessen alte jungfer 2, 3 (Schmid anthol. 1, 179). mehr s. licht. einen über den gänsdreck oder gänsmist führen, ihn im vertrauen auf einfalt oder als einen einfältigen überlisten: es müszte toll hergehn, wenn ich die alte nicht über den gänsmist führen sollt. H. L. Wagner kindermörderin 11. näheres über diese im gemeinen leben übliche redensart unter gänsedreck und gänsemist. einen auf das eis führen, in laqueum inducere (Steinbach 1, 386. 334), ihn verräterisch, hinterlistig in gefahr bringen, ihn in eine verfängliche sache kommen lassen:
das ander ist ein nasse katz,
dasz sie bered und überschwatz
die leut mit hinderlisting worten
und hindergeh an allen orten
mit lüg und arglist aller weis,
bisz dasz sies (sie sie) führe auf ein eis
und sie betrieg aus falschem mut.
H. Sachs I (1590), 378ᵇ;
mein ärgster satan ist noch mein bruder, ihr (der tochter) vormund, der sich zum vater bei ihr aufwirft und zum hofmeister über mich und mich alle augenblicke aufs eis führet. Weisze lustsp. 3, 200; vermeinten einige der herren, ich habe sie damit aufs eis führen wollen, mir wars aber um gewiszheit in der sache zu thun. Musäus physiognom. reisen (Altenburg 1788) 1, 64; als ihn (den Zundclfrieder) der richter aufs eis führen wollte, ob er nicht noch von ein paar andern diebstählen wisse, die kürzlich begangen worden, sagte er, allerdings wisse er davon, und er sei derjenige. Hebels werke (1853) 2, 255. das alter der redensart erhellt aus dem von Jacob Grimm 3, 360 beigebrachten, doch geht sie wol ursprünglich von dem schlüpfrigen des eises, dem leichten gleiten auf diesem aus, denn man sagt auch häufig genug einen aufs glatteis führen:
ich soll mich stellen, soll besorgen lassen,
soll fallen legen, soll auf glatteis führen?
wenn hätt ich das gekonnt? wo hätt ich das
gelernt?
Lessing 2, 269.
als sprichwort ist zu erwähnen junge gänse wollen die alten zur tränke führen, die jungen wollen klüger sein als die alten. zugleich mit einem inf.: er führt seinen sergeanten in der stadt spazieren. Schiller 658ᵇ. zugleich mit einem participium: mhd.
gevangen fuort ich wider dan
für dën künec disen man.
Parz. 525, 29.
nhd. dazu die mechtigen im lande füret er (Nebucadnezar) auch gefangen von Jerusalem gen Babel. 2 kön. 24, 15;
oder das sich Hiarbas rühr
und mich mit ihm gefangen führ.
Spreng Aeneis 70ᵃ;
herbei, ihr männer, gute leute, helft!
gewalt! gewalt! sie führen ihn gefangen.
Schiller 535ᵇ.
mit personification:
er (Christus) kommt, das gefängnis gefangen zu führen.
Klopstock Mess. 13, 515.
zugleich mit einem adv.: ahd.
thanana ër (der teufel) nan (ihn, Christum) fuarta   in eina burg guata.
O. II. 4, 51.
mhd. hër Gâwein dër getriuwe man
vuorte hërn Iweinen dan
von den liuten sunder.
Iw. 2768;
er vüeret sî unvërre.
4631.
nhd. wiltu din frowen nit verlieren,
was darfstu dann sie köuflich fieren (sie geputzt wie zum verkaufe ausführen)?
Murner narrenbeschw. X 5ᵃ;
eins theils gesellen anderstwu
führten noch mehr hausmäyd darzu.
H. Sachs I (1590), 380ᵈ;
als unsere reisende an das wirthshaus kamen, empfieng sie der wirth gar höflich und führte sie oben auf in eine reinliche stube, fragte, ob sie einen trunck beliebten? Ettner medicin. maulaffe 266;
er rafft sich auf und krabbelt (den schleichenden lichtlein) nach,
die lichtlein ferne weichen,
irr führen ihn, die quer und läng,
trepp auf trepp ab durch enge gäng
verfallne wüste keller.
Göthe 1, 182, aber 10, 250 irrführen, s. d.;
das ist unsere wohnung, in die ich nieder dich führe.
40, 319;
sei ruhig, hauptmann! komm mit uns, der anblick ist nicht für dich. führe uns weiter! Schiller 143ᵃ. einen heimlich zu jemand führen. An diese erste bedeutung schlieszen sich die weiteren bedeutungen an; aber der bei führen stehende acc. beschränkt sich nicht blosz auf die bezeichnung eines lebenden wesens oder lebender wesen, sondern kann eben so wol eine sache oder sachen ausdrücken, in manchen bedeutungen nur diese.
2)
durch mitsein wohin bringen, geleiten: als ich am schlusse des stückes, meiner gewohnheit gemäsz, in seine (Schillers) loge hinaufgieng, um ihn zu hause zu führen, hatte er ein heftiges fieber, dasz ihm die zähne klapperten. Heinrich Voss briefe 2, 50. dann von bloszem begleiten: ihre (der glaubenshelden) schwachheiten, von glänzenden tugenden geführt, dürfen sich einer weisern nachwelt kühn unter das angesicht wagen. Schiller 1106ᵃ. Auch das geleite selbst bringt an den bestimmten ort: meine willige stimme soll itzt dem wächter des hofes befehlen, dasz sein sicheres geleite Sie, den windhunden vorbei, in die stube führe. Thümmel Wilhelmine 58.
3)
durch mitsein eine richtung oder linie einhalten und in dieser fortkommen machen.
a)
den weg weisend geleiten: führt uns nun den nächsten und besten weg. Göthe 8, 144; er weisz ihre (Clärchens) wohnung, lasz dich von ihm führen und lohn ihm bis an sein ende, dasz er dir den weg zu diesem kleinode zeigt. 295;
du geist des widerspruchs! nur zu! du magst mich führen.
12, 211;
was er auch bringen mag, er darf den meutern
nicht in die hände fallen. drum geschwind,
schickt einen sichern boten ihm entgegen,
der auf geheimem weg ihn zu mir führe.
Schiller 379ᵇ
Raimund: weh uns! wie ist da zu entkommen? Köhler. bleibt,
bis dasz mein bub zurück ist aus der stadt,
der soll euch auf verborgnen pfaden führen,
dasz ihr nichts zu befürchten habt. wir kennen
die schliche.
480ᵇ.
ein stern wohl führte unsern (der 3 weisen) lauf.
Scheibles schaltj. 548.
b)
auf dem wege und für diesen so wie in hinsicht der geistesbildung geleiten: wann du einmal ein paar junge herren ausz einem grossen hause durch Holland, Engelland, Frankreich und Italien führen kanst, das halte vor ein grosz glück. Schuppius 267.
c)
in hinsicht des strebens, der thätigkeit eine richtung geben, diese einhalten und in ihr fortkommen machen, besonders wenn diese richtung die rechte ist: sollen sie (die jünglinge) also zu falschen anwendungen ihrer kräfte nicht verführt werden (wozu unser zeitalter so viele gelegenheit darbietet), so müssen sie geführt und zu rechter anwendung derselben geleitet werden. Herder phil. u. gesch. 12, 186 (schulreden nr. 20, 3). aber auch wenn sie sich als eine unrechte erweist, selbst eine absichtlich eingeschlagene, so dasz hier führen mit verführen zusammenfallen kann: da lesst sie (die vernunft ist gemeint) sich füren mit solchem geplerre, welchs doch ein lauter falscher schein ist. Luther 5, 446ᵇ; ich hätte nicht gedacht, dasz Sie sich so weit verirren könnten. aber was thut nicht schlechte gesellschaft und böses beispiel, und so kann ein junger unerfahrner mensch schritt vor schritt bis zum verbrechen geführt werden. Göthe 24, 332.
4)
mit dabeisein in richtung, fortbewegung, thun bestimmen
a)
durch vorgehen, leitung, befehl. ein kriegsvolk führen, ducere agmen, exercitum. Henisch 1279, 67. Gad, gerüst, wird das heer füren. 1 Mos. 49, 19; und da das jar umb war, zur zeit wenn die könige ausziehen, füret Joab die heermacht und verderbt der kinder Ammon land, kam und belagert Rabba. 1 chron. 21, 1;
endlich (spricht nomen) mein volk läst sich flectiern,
in fünf ordnung ich sie thu führn.
fünf declination ich halt,
darin ein jeder folget baldt.
stell uns die jungfrau an des heeres spitze!
wir folgen blind, wohin die göttliche
uns führt! ihr seherauge soll uns leiten.
Schiller 459ᵇ;
führt alle völker ins gefecht!
483ᵇ.
Bielsky. ja, besteige
du selbst den weiszen zelter, wafne dich
und, eine zweite Vanda, führe du
zum sichern siege deine muthgen scharen.
Marina. mein geist führt euch.
667ᵇ;
Lerse, dein angesicht freut mich in der stunde des todes mehr als im muthigsten gefecht. damals führte mein geist den eurigen, jetzt hältst du mich aufrecht. Göthe 8, 165.
es zog aus Berlin ein muthiger held,
er führte sechshundert reiter ins feld.
E. M. Arndt l. v. Schill.
auch bildlich: er führte alle beweise, die er für seine behauptung aufzubringen wuste, ins feld. Hieran schlieszt sich enge die folgende bedeutung:
b)
durch oberbefehl. damit erscheinen dann das blosze führen und das zusammengesetzte anführen (s. d.) gleichbedeutend, doch hat das letzte in seinem an etwas bestimmteres.
La Hire. nicht eine welt in waffen fürchten wir,
wenn sie (Johanna d'Arc) einher vor unsern schaaren zieht,
der gott des sieges wandelt ihr zur seite,
sie führ uns an, die mächtige, im streite!
Karl. ja, heilig mädchen, führe du mein heer,
und meine fürsten sollen dir gehorchen.
diesz schwert der höchsten kriegsgewalt, das uns
der kronfeldherr im zorn zurückgesendet,
hat eine würdigere hand gefunden.
empfange du es, heilige prophetin.
Schiller 459ᵇ;
ein sieghaft mädchen (Johanna) führt des feindes heer,
ich (Isabeau spricht) will das eure führen, ich will euch
statt einer jungfrau und prophetin sein.
462ᵃ;
der Piccolomini, der junge, thut sie jetzt führen,
den haben sie sich aus eigner macht
zum oberst gesetzt in der Lützner schlacht,
als der Pappenheim umgekommen.
326ᵇ;
o es haben schon ein paar
gottsfürchtge Maroniten sich erboten (nemlich Saladin auf abgelegnen wegen zu fangen und zu tödten),
wenn nur ein wackrer mann sie führen wolle,
das stück zu wagen.
Lessing 2, 220 (Nathan 1, 5).
vgl. auch 9).
c)
durch einwirkung, durch einflusz:
im heimgehn hat er auch kein rhu
wie er den leuten schalkheit thu,
und hengt an sich ein tolle rott,
die führet er durch dreck und kot.
H. Sachs I (1590), 313ᵇ;
der listig fuchs und seine rott
die führn das reich in angst und nott,
sie handeln, das (dasz) sie mögen frei
volnbringen ihre schwermerei.
Alberus Esop (1550) 96.
5)
durch anordnung sich fortbewegen machen, durch anordnung bestimmen zu gelangen:
(der könig) der den heilgen pflug beschützt,
der die trift beschützt und fruchtbar macht die erde,
der die leibeignen in die freiheit führt.
Schiller 451ᵇ.
6)
jemand oder etwas in der fortbewegung bestimmen, gelangen machen, insofern es durch ein höheres, über den menschen befindliches wesen oder walten geschieht. die angst meines herzen ist grosz, füre mich aus meinen nöten. ps. 25, 17; denn du bist mein fels und meine burg, und umb deines namens willen woltestu mich leiten und füren. 31, 4; erkennet doch, das (dasz) der herr seine heiligen wünderlich füret. 4, 4; und füre uns nicht in versuchung. Matth. 6, 13 und Luc. 11, 2, vgl. versuchung; meinen rath, that, thun und lassen führe du mein gott. Schuppius (1701) 207; den man hat gott von aller weltlichen hilf geführet (er war von aller welt hilfe entblöszt). Thomas Plater 160;
sieh! wenn gleich von meiner wiege
bis zu meinem traualtar
grösztentheils mein pfad zur gnüge
überstreut mit rosen war,
doch mitunter nun auf schollen
oder stoppel sich verliert,
dennoch hörst du nie mich schmollen,
denn ich weisz, wer mich ihn führt.
Göckingk 2, 50;
lenker der schlachten, ich rufe dich!
vater du, führe mich!
vater du, führe mich,
führ mich zum siege, führ mich zum tode,
herr, ich erkenne deine gebote,
herr, wie du willst, so führe mich.
Körner leier und schwert 55.
du (Jesus ist angerufen) kannst durch des todes thüren
träumend führen
und machst uns auf einmal frei.
Allendorf in dem liedeunter lilien jener freuden“.
ich (die verbannte Johanna d'Arc spricht) bin nicht unbegleitet.
du hast den donner über mir gehört.
mein schicksal führt mich. sorge nicht, ich werde
ans ziel gelangen, ohne dasz ichs suche.
Schiller 481ᵃ;
er ist herein. ihn führte sein verhängnis.
der rechen ist gefallen hinter ihm ...
bis hieher Friedland und nicht weiter! sagt
die schicksalsgöttin.
387ᵇ.
und wenn es kompt, das (dasz) ich wolken über die erden füre, so sol man meinen bogen sehen in den wolken. 1 Mos. 9, 14; da er das wasser des schilfmeers über sie (die Ägypter) füret, da sie euch nachjagten und sie der herr umbracht. 5 Mos. 11, 4; und fürete die sindflut uber die welt der gottlosen. 2 Petr. 2, 5; unser gott füret alle dis unglück uber uns und uber diese stadt? Neh. 13, 18. von heiligen: der alte Knaan begegnet ihnen (den gekommenen zigeunern) zum allerersten und fragte, woher sie s. Velten über die hohen wälder (waldbedeckten berge im Spessart) führe? ob sie sonst keine gänge straszen vor sich gehabt? Simpl. 3, 180. auch vom teufel: das dich der teufel füre. Luther 8, 7ᵃ;
der (mit dem esel um die wette laufende) löw hat schier sein lauf vollendt,
wie er sich nun zur mül zu wendt,
siht er ein esel für der thür.
ich mein, das dich der teufel führ,
sprach er zu ihm, bistu gereidt
zur müln kommen? das thut mir leidt.
Alberus Esop (1550) 103;
der teufel will dich (es ist eine nonne angeredet, der das klösterliche leben nicht gefällt) machen plind
und füren von der höchsten kür,
di du dir erstlichs setzest für.
hat euch der teufel geführet rein,
führ er euch wider nausz!
Ayrers dramen (Keller) 3099;
musz der teufel auch diesen notar gerade heute zu einem nachtessen führen. Schiller 656ᵃ. ein sprichwort ist, doch mehr nach 12) a) oder c) genommen, der teufel kan einen wol führen, wer nur will aufsitzen. Henisch 1283, 68. von bösen geistern: wir menschen führen uns nicht selbst, bösen geistern ist macht über uns gelassen, dasz sie ihren höllischen muthwillen an unserm verderben üben. Göthe 8, 155.
7)
in geistiger thätigkeit gelangen machen: so yemands weiter berichtung bedarf oder begert, der lese mein latynisch buͤchlin de scripturis canonicis intitulirt und genennet, das wirt jn ferrer fuͤren und verstendigen. Carlstadt welch buͤcher u. s. w. A ijᵃ; sie (grosz leute) haben jren seigersteller und schirrmeister bei sich im herzen, der gereth oft uber sie und bringt sie auf, treibt sie fort und fürt sie oft, dahin sie nicht gedenken. Mathesius Luther (1566) 88ᵃ, doch ist hier eher bildliche rede anzunehmen; sie (Hutcheson und Fordyce) führen überall den menschen zur liebe der allgemeinen vollkommenheit und zur anbetung und liebe gottes. Gellert moral. vorles. 1, 242; ich begreife leicht, wenn man mich nur darauf führt dasz u. s. w. Kant 3, 381.
8)
bewegen und so fortbringen:
sunst sagt man: arzt, sihe deinen feil,
mach erst dein eigen wunden heil:
ausz deinem aug den balken füren,
so magst darnach den splitter rüren.
Burkard Waldis Esopus bch. 1 fab. 88, 13, vgl. Matth. 7, 5.
9)
in treffenden worten ab- und zurechtweisen: ich wollte meinen mann führen, wenn er sich so etwas herausnähme. Tieck 9, 196. wie unter 4) b) führen mit anführen, so ist es hier mit abführen (s. d.) gleichbedeutend, nur dasz auch dieses etwas bestimmteres hat und damit zugleich schärferes. ausgehn mag die bedeutung von der redensart einen ad absurdum führen, ihm zeigen dasz das von ihm vorgebrachte oder behauptete ungereimt und lächerlich ist.
10)
auf, mit sich (dem durch das subject bezeichneten als dem mittel zur fortbewegung), durch sich fortkommen machen.
a)
wenn dieses mittel zur fortbewegung sich selbst fortbewegt: er vermochte sein pferd nicht zu halten, es rannte davon und er wuste nicht, wohin es ihn führte.
Doris auch und die töchter, die theils wie schwimmend erscheinen,
theils auf die riffe gesetzt und grünliche haare sich trocknend,
theils auch vom fische geführt.
Voss Ovid nr. 7, 45 (metamorph. 2, 13);
die flut (des meeres)
führt jenen (Rinald im schiffe) fort zweitausend meilen gut.
Gries Bojardo 1, 6, 54.
die fähre führt die leute auf die andere seite des flusses.
weht mich an, ihr jugendlüfte!
führt noch einmal mein gemüth
in die zeit der rosendüfte.
Tiedge eleg. 1, 116.
b)
wenn dieses mittel zur fortbewegung fest ist und so diese fördert, die richtung zeigt: die pforte ist enge, und der weg ist schmalh, der zum leben füret und wenig ist jr, die jn finden. Matth. 7, 14; sie giengen aber durch die erste und ander hut und kamen zu der eisern thür, welche zur stad füret, die that sich jnen von jr selber auf. apostelgesch. 12, 10; alle zugänge, die vom Römer aus dahin und von andern straszen nach dem Römer führen, waren zu beiden seiten durch schranken und wachen gesichert. Göthe 24, 315;
es führte mich
der weg durch länder, wo der krieg nicht hin
gekommen.
Schiller 336ᵃ (d. Picc. 1, 4);
lasz alle fähren lieber
versenken, alle brücken niederbrennen,
die über diese scheide deines reichs,
das stygsche wasser der Loire, dich führen.
456ᵃ;
wenn Ihr sie (die brücke über den Staubbach) glücklich hinter Euch gelassen,
so reiszt ein schwarzes felsenthor sich auf,
kein tag hats noch erhellt — da geht Ihr durch,
es führt Euch in ein heitres thal der freude.
552ᵃ (Tell 5, 2);
sie stehen auf einem bret, das zu einer galeere führt. 180ᵃ. die strasze führt euch stracks zu der stadt; der fuszpfad führte die gesellschaft durch den wald.
11)
als veranlassung oder auch als mittel zum zwecke wohin kommen machen, veranlassen zu gelangen, bewegen zu gelangen: solche not und wunderlich wesen füret sie (Rebecca) so hart, das sie hingehet den herrn zu fragen. Luther 4, 138ᵇ; durch diese oder eine ähnliche betrachtung ist wahrscheinlich Malebranche, der ein sehr zart fühlender mann war, auf seine wunderlichen vibrations de pression geführt worden. Göthe 54, 118;
den rachegöttern überlasz ich
dies haus — ein frevel führte mich herein,
ein frevel treibt mich aus — mit widerwillen
hab ichs betreten und mit furcht bewohnt.
Schiller 512ᵇ;
der mutter lasterthaten führten
die furien herein in dieses haus.
Schiller 456ᵃ (j. v. Orl. 1, 5);
ich fürchte,
sie (die jungfrau) hat der kühne muth zu weit geführt,
umringt von feinden kämpft sie ganz allein.
472ᵇ (3, 7).
das glück führte den im felde gelagerten soldaten, die nichts mehr zu leben hatten, einige hämmel in den wurf; die bohrversuche führten auf salzquellen; der sonntag führte viele leute in die stadt zur blumenausstellung.
12)
mittelst eines fuhrwerkes, eines fahrzeuges, auf einem reit- oder lastthiere fortkommen machen:
a)
mittelst eines fuhrwerkes. hier kann führen wie sein wurzelwort fahren stehn: ahd.
sôs ih iu hiar nû rachôn,
thaʒ fruma thie gibûrâ   fuarên in thia scûra.
O. II. 14, 108.
so auch nhd. bei Stieler 411 korn in die scheune füren. mhd.
diu tier (die auf der jagd erlegt waren) hieʒ man ûf wägnen und füeren in daʒ lant.
Nib. 912, 1.
nhd. nemet zu euch aus Egyptenland wagen zu ewrn kindern und weibern und füret ewrn vater und kompt. 1 Mos. 45, 19; und da er sahe die wagen, die im Joseph gesand hatte jn zu füren, ward der geist Jacob jres vaters lebendig. 27; und sie liessen die lade gottes füren auf einem newen wagen. 2 Sam. 6, 3; aber die eherne seule am hause des herrn und die gestüle und das eherne meer, das am hause des herrn war, zubrachen die Chaldäer und füreten das erz gen Babel. 2 kön. 25, 13; ein man aber spannet den bogen on gefehr und schos den könig Israel zwisschen dem panzer und hengel. und er sprach zu seinem fuhrman: wende deine hand und füre mich aus dem heer, denn ich bin wund. 1 kön. 22, 34; aber die schützen schossen den könig Josia, und der könig sprach zu seinen knechten: füret mich hin uber, denn ich bin seer wund. und seine knechte theten jn von dem wagen und füreten jn auf seinem andern wagen und brachten jn gen Jerusalem. 2 chron. 35, 23 u. 24; ja, sagt der roller, gern liebs herrlin! was habt jr meer zuͦfuͤren? „nichts sunders“, sagt der pfarrherr, „dann zweihundert herrgott“. so kan ich eüch nit fuͤren. Wickram rollwagenb. (Kurz) s. 67, 18 ff.;
so wöllen sie noch ein grösern narren
dem selben füren uff einem karren.
Murner luther. narr 313;
ich (der november spricht) mach es allenthalben kalt,
desz musz sich leiden hart der walt,
die bawern führen grosze fuder,
ligen mit den forstern im luder.
H. Sachs I, 424ᵈ;
wenn ein Fünsinger hat hochzeit,
musz er führen ein fuder erden
auf den krebs, nicht ledig zu werden,
ist gar ein hoher bühel worn.
II (1591), 4, 67ᵇ;
darinn (im ererbten hof) vorrath von traide het,
das er bald gen mark füren thet.
IV. 3, 101ᵃ;
das (4 verschiedene angestellte am hofe) sind die vier räder, darauf ein herr seine wolfahrt füret. mangelt eines unter diesen vier rädern, so gehet der wagen schon nicht recht. Schuppius 26; die ... Hessen haben angefangen, taback zu pflanzen, welcher nach Hamburg bisz in Pommern geführt wird. 112;
jene trieben die rosse zur stadt wehklagend und seufzend
fort, und die mäuler führten (auf einem wagen) den leichnam.
Voss Il. 24, 697;
„weicht und laszt mir die mäuler hindurchgehn, aber nach diesem
sättiget euch der thränen, nachdem ich ins haus ihn geführet!“
jener (Priamos) sprachs, und sie trennten sich schnell und wichen dem wagen.
als sie den leichnam nun in die prangende wohnung geführet,
legten sie ihn auf ein schönes gestell.
717. 719;
ich bin keine verbrecherin, sagte sie. man hat mich auf strohbündeln zur schande hierher geführt (es geschah auf einem bauerwagen). Göthe 18, 73; im durchziehen durch den hof blieb der knecht des wirths mit einem wagen und vier pferden an der (schwedischen) kolonne hängen. denn er muszte tornister führen und offizierskisten und weibsleute. Hebel (1853) 2, 211; hab ich euch nicht schlecht genug geführt? fragte er (der postillon nach seinem langsamen fahren den extrapostreisenden). „nein, du hast mich nicht langsam genug geführt “. 202; ein wenig abseits sagte er ihm, was er für einen wunderlichen und geizigen passagier führe, wie ihm noch keiner vorgekommen sei. fahr den ketzer drauf los, sagte er, dasz die räder davon fliegen. ebenda; als sie genug gegessen und getrunken hatten, befahl der wirth dem knecht, das wägelein anzuspannen und den herrn doctor und die sau nach Brassenheim zu führen. 3, 60;
ich bin ein bauer stolz,
ich führ einen wagen holz.
E. Meier volksmärchen 47.
in den solothurnischen dörfern Grenchen, Bettlach und Selzach sagt man im beginnenden frühlinge:
der lerche gsang weckt di vom winterschlof.
bis wacker
füer (führ) mist uff feld und acker.
Schild der groszätti aus dem Leberberg (Biel 1864) s. 103, 38.
frucht zur stadt führen; waaren auf den markt führen; waaren aus dem lande führen; wein in das land führen u. s. w. Die redensart den blinden, die blinden führen, heimlich zuführen, zustecken (2, 124) scheint von blind fahren = heimlich mitfahren, versteckt mitfahren, entnommen. eine redensart ist in den graben führen, in grosze noth, in die gröste verlegenheit und schwierigkeit zum herauskommen bringen:
wann denn die sach zuletst in graben
geführt, wils niemand than haben.
B. Waldis Esopus bch. 1 fab. 55, 48.
bergmännisch: erz führen, es von der zeche in das pochwerk, die wäsche, die hütte fahren. Auch vom fahren im schlitten kommt führen vor: (die handwerksgesellen) nahmen sie (die magd), setzten sie auf einen schlitten und führten sie in der stadt umher, da es eben in der fasznacht war. Scheibles schaltjahr 1, 161.
b)
mittelst eines fahrzeuges. auch hier kann führen ganz wie fahren stehn. mhd.
wëlt ir daʒ ër (der ferge) iuch füere,   sô gëbet ir im dën solt.
Nib. 1487, 3 (vgl. 1486, 4);
dô sprach von Tronje Hagne   „was dër verge din?“
dër wolte uns niht füeren.   dës ist diu schulde mîn:
dô sluoc ich dën recken.
1544, 2.
nhd. dem zehenden gab er sein segen,
du bleib ein schiffmann allerwegen,
das (dasz) du die leut führst über Rhein.
H. Sachs II (1591) 4, 63ᶜ;
(da Amor) am ende doch, wie weit der sturm ihn (den tapfern) auch verschlagen,
ihn glücklich in den hafen führt.
Wieland 21, 208;
von dir, der du die ganze flotte
der welten in dem ocean
der schöpfung führst, von dir, dem gotte
voll güt, erwart auch ich den plan
des lebens.
Göckingk 1, 200.
personen, sachen über den flusz führen, sie übersetzen.
c)
auf einem reit- oder lastthiere. ein Samariter aber reiset und kam da hin und da er jn (den unter die mörder gefallenen) sahe, jammerte jn sein, gieng zu jm, verband jm seine wunden, und gos drein ole und wein und hub jn auf sein thier und füret jn in die herberge und pfleget sein. Luc. 10, 34; da nam Haman das kleid und ross und zog Mardachai an und füret jn auf der stadt gassen und rief fur jm her. Esth. 6, 11; also nam Mose sein weib und seine söne und füret sie auf einem esel und zoch wider in Egyptenland. 2 Mos. 2, 20;
so lass ich euch führen zu esel durchs land,
verkehrt, statt des zaumes den schwanz in der hand.
Bürger 66ᵇ.
auf einem saumthiere waaren ins land führen. hierher oder unter a) gehört wol auch der teufel kan einen wol führen, wer nur will aufsitzen. Henisch 1283, 68. das volk denkt sich nemlich den teufel auf schwarzem rosse reitend oder gleich Wuotan oder Donar auf stattlichem wagen fahrend (s. mythol. 958). insbesondere aber glaubt es von unerklärlicher geschwindigkeit, dasz der teufel führe. mhd. s. Trist. 173, 18 und nhd. vgl. sp. 435 die stelle Schiller 658ᵃ und sp. 439 die stelle Alberus Esop 103. mehr s. teufel. Übrigens scheint auf diese bedeutung c) von 1) a) übergeleitet zu werden, wenn das wort im mhd. von der fortbewegung eines reitenden gesagt wird, die dadurch stattfindet, dasz man dessen pferd am zaume leitet:
von Sahsen dër herzoge
wart ûʒ mit sîme zoume
gefüeret zeime boume
dër ûf dëm anger bluote.
turn. v. Nantes 140.
Endlich ist hier noch zu erwähnen, dasz man auch führen sagt, wenn ein thier das andere trägt. mhd. wëlher (von den ziehenden kranichen) dann under in müed wirt, dën nëment die andern auf sich und füerent in. Megenberg 191, 30. nhd. die grosze wilde ente, welche art oft auf bäumen nistet, ihre jungen auf dem rücken oder im schnabel zu wasser führet. Reimarus triebe der thiere (Hamb. 1762) s. 171.
13)
vor einem oder mehr lebenden wesen oder an der spitze einer gesammtheit derselben sich fortbewegen, indem sie nachfolgen.
auch entfloh die entrüstete seele des todten ihr, muszte
einem wandelnden folgen, der sie durch finsternis führte.
Klopstock Mess. 13, 994;
der mensch ist ein nachahmendes geschöpf,
und, wer der vorderste ist, führt die heerde.
Schiller 375ᵇ.
den reigen oder reihen führen, beim reihen der vortänzer sein, indem man beim reihen in langer reihe hinter einander auf einen andern platz zieht voran sein: mhd.
dô schrîens alle gelîche   umb einen spilman:
mach uns dën krumben reien,   dën man dar hinken sol,
dër gevelt uns allen wol:
sô bin ichʒ dër Löchlîn   dër in vüeren sol.
MSH. 3, 312ᵇ, 12;
swenne dër tanz ein ende hât, zwên reien siht man vüeren
dër eine in die êwekeit,
dër ander zuo dër helle in iemer wërndiu leit.
Wartburgkrieg (Simrock) 77, 49).
ës wær vil minner sünd, an dëm suntag zu ackern, wan reien ze füeren an dem tanz. aus einer Münchner hs. bei Schm. 3, 79. nhd.
voran tanzten zwo bawrn diern,
zwen knecht theten den reyen fürn.
H. Sachs I (1590), 398ᵃ;
dieser hormos wird von jünglingen und jungfrauen in einem bunten reihen getanzt: den reihen führt ein jüngling, dessen tanz aus lauter kriegerischen schritten, wie er sie einst im felde zu machen hat, besteht. Wieland's Lucian 4, 385; ach! was ist das alles gegen sein tanzen! (denn)
niemand führte so den reihn
bei dem klange der schalmein.
Weisze jubelhochzeit 114;
laszt, harmonisch mit den winden
tanzend, alle welt empfinden,
dasz, diesz hohe fest zu zieren,
götter selbst den reihen führen.
Gerstenberg die braut (Kopenhagen 1765) s. 44;
aber gern angewandt in dem sinne: bei einer gemeinsamen handlung der vorderste sein, dem die andern folgen.
und von ihren thronen steigen
alle himmlische herab,
Themis selber führt den reigen,
und mit dem gerechten stab
miszt sie jedem seine rechte.
Schiller 36ᵃ.
auch von thieren, wenn sie in menschlicher weise handelnd dargestellt werden:
die trummel schlug zum tanz der gegler,
der mistler war des königs schwegler.
der krannich führt den ersten reyen,
thet sich mit der wildgans ermeyen.
H. Sachs I (1590), 320ᶜ.
dann von einem thiere, das den andern im zuge vorangeht:
Ruodi. wie schön der kuh das band zu halse steht.
Kuoni. das weisz sie auch, dasz sie den reihen führt,
und nähm ich ihrs, sie hörte auf zu fressen.
Schiller 517ᵃ (Tell 1, 1).
s. reige = springetanz. auch das rädlein führen, zunächst so viel als von personen, die hinter einander geordnet einen kreis bilden, der vorderste sein, dem beim fortbewegen die andern folgen, davon dann überhaupt bei einer gemeinsamen handlung voran sein, dasz die andern nachfolgen:
der alt, der half das redlein führen
und wolt mit Dietrich regirn,
was gelts ich will ihn machen mürb.
J. Ayrer 213ᵃ.
14)
etwas in bestimmter richtung sich fortbewegen machen, es in der richtung bestimmen sich fortzubewegen und diese einzuhalten, in bestimmter richtung fortbewegen.
a)
mhd.
dannen gie dô Sîfrit   zer porten ûf dën sant
in sîner tarnkappe,   dâ ër ein schiffel vant.
dar an sô stuont vil tougen   daʒ Sigmundes kint:
ër fuort ëʒ balde dannen,   als ob ëʒ wæte dër wint.
dën schifmeister niemen sach:   daʒ schiffel sêre vlôʒ
von Sîfrides kreften:   die wâren alsô grôʒ.
si wânden daʒ ëʒ fuorte   ein sunder starker wint:
nein, ëʒ fuorte Sîfrit,   dër schœnen Siglinde kint.
Nib. 451, 4 und 452, 3—4;
dô dër von Râbs daʒ rëhte ersach,
daʒ diu barke mit dëm swan sus gein im brach
und daʒ ër im mit haʒʒe schadens gunte,
dër die barken unde dën swan sô lobelîchen vuorte.
Lohengrin 5407.
nhd. trat er in der schiff eins, welches Simonis war, und bat jn, das (dasz) ers ein wenig vom lande füret. Luc. 5, 3. ein schif in den hafen führen; einen nachen führen.
Lyäus läszt den wagen gar
von zahmen tiegern führen
und, ohne sorge vor gefahr,
sich durch die welt kutschieren.
Bürger 28ᵃ;
selbst führe du, Äneas, dein gespann!
denn unter des gewohnten führers hand
wirds leichter den gebognen wagen ziehn.
161ᵃ,
bei Voss (Il. 5, 230):
lenke du selbst, Äneias, dein rossegespann mit den zügeln.
hurtiger mögen, gewohnt des lenkenden, jen' uns entreiszen
auf dem gebognen geschirr.
b)
so verfliesze dir das leben,
mit dem kummer unbekannt,
und den parzen, die es weben,
führe liebe selbst die hand.
Gotter 1, 165;
dieser stahl soll deine geile brust mitten durchrennen und der geist meines oheims wird mir die hand dazu führen. Schiller 124ᵇ (räuber 3, 1). man führte früher dem kinde, das zu schreiben anfieng, die hand, um es einzuüben. dies auch wenn es in der westricher mundart heiszt
beim lehrer hot er (der bub) ebbes goll (gegolten):
er lernt die uf der katzebank (untersten bank),
dut rifze (ritzen d. h. linien) zieh, die hänn (hände) en fehre.
Schandein ged. 176.
15)
zu einer bestimmten richtung in der fortbewegung bringen, zu dieser richtung nöthigen:
er führt den linken fusz fort, mit geschwindigkeit,
wust ihm die linke hand, an rechten arm, zu packen.
Werders Gottfried (Frankf. a. M. 1651) ges. 19, 16.
an solche seifen (erzwäschen) füret man die wasser. Mathesius Sarepta (1562) 139ᵇ; führt man aber mit einer gewaltsamen feuerspritze eine wassermasse gegen diese wand. Göthe 54, 205. den regen durch eine dachrinne in ein fasz führen. die pferde führten den wagen richtig an den bestimmten ort. auch von pflanzen in ihrem wachsthume:
jetzt pfropft er bäume, leitet wassergräben,
schaut bienen schwärmen, führt an wänden reben.
E. v. Kleist ged. 125 (1778 1, 27 falsch wände).
einen jungen baum gerade führen, indem man ihn an eine dabei gesteckte stange bindet.
16)
durch bewegung in bestimmter richtung geschehen machen:
dann führet sie den streich, das opfer taumelt nieder.
Dusch verm. werke 189;
Souvage führte
den streich (den stosz mit dem dolche auf die königin Elisabeth), der rasende.
Schiller 431ᵃ (M. St. 3, 8);
und führt nun einen streich, so arg und bitter.
Gries Bojardo 1, 20, 24;
so wütet Agrican und führt von allen
schwertstreichen den gewaltigsten nunmehr.
19, 6;
als sie (Marfisa) weiter
dem wilden kampfe zuschaut, führt Rinald
den gröszten hieb mit schrecklicher gewalt.
23, 23;
Ranchera kommt mit einer keule her,
führt einen querhieb, wie ein ungewitter,
auf Brandimart — und trifft die erde schwer.
20, 15;
Malfust führt einen einzgen schlag dagegen
und trifft ihn recht am vorbestimmten ort.
33;
auf seinen (Rinalds) schild führt Adrian den stosz.
21, 20;
der hieb über die hand war erst geführt worden, als Narcisz selbst zum degen grif. Göthe 19, 282.
17)
mittelst bewegung und richtung gebrauchen, handhaben: mhd.
op si iht swërte fuorten,
dâ si zein ander ruorten.
Parz. 739, 11;
ër (der kämpfende Hercules) fuorte in sîner hant ze wer
ein swërt, daʒ sam ein spiegel schein.
troj. kr. 12578;
(er) fuort gein mir ein starkeʒ spër,
daʒ ër mir ûf dër brust verstach.
frauend. 196, 30.
wenn es nhd. z. b. richt. 20, 16 heiszt unter allem diesem volk waren sieben hundert man ausserlesen, die link waren und kunden mit der schleuder ein har treffen, das (dasz) sie nicht feileten, so läszt sich von diesen männern sagen dasz sie die schleuder treflich zu führen wusten. wie die kinder Ephraim, so geharnischt den bogen füreten, abfielen zur zeit des streits. ps. 78, 9; aber der von Israel (on die von BenJamin) wurden gezelet vier hundert tausent man, die das schwert füreten. richt. 20, 17; was streitbar menner waren, die schild und schwert füren und bogen spannen kundten. 1 chron. 6, 18;
sie rief den ihren zu: es führt das recht sein schwert
für uns, darzu will auch der himmel für uns fechten.
Werders Gottfr. 7, 117;
im frechen muthe haben sie geschworen,
der schmach zu weihen alle jungfrauen,
und was das schwert geführt, dem schwert zu opfern.
Schiller 450ᵇ.
starke helden und kriegsleute, die schilt und spies füreten. 1 chron. 13, 8; (Amazja) zelet sie von zwenzig jaren und drüber und fand je drei hundert tausent auszerlesen, die ins heer ziehen mochten und spies und schild füren kundten. 25, 5. es ist mir aber endlich ergangen wie jenem schmidknecht, welchem beschwerlich vorkam, dasz er immer bei dem feuer stehen und den schweren schmidhammer führen solle. Schuppius 785;
die arbeit ist wol schwer und sauer
wenn er (der bergmann) den grossen peischel führt.
der eine führt den klotz mit gröszter wut,
der andre gibt die antwort mit dem degen.
Gries Bojardo 1, 20, 23;
ich bin nur eine jungfrau, eine schäferin
geboren, nicht des schwerts gewohnt ist diese hand,
die den unschuldig frommen hirtenstab geführt.
Schiller 465ᵃ (j. v. Orl. 2, 7);
sind uns in anzahl doch überlegen,
führen den knittel, wie wir den degen.
327ᵃ;
die (Bradamante), ganz bewaffnet, nur das antlitz nicht,
anstatt der spindel einen degen führte.
Gries Ariosts ras. Rol. 25, 28;
unglaublich stark ist dieser kriegsgenosz,
als lanze führt er eine segelstange.
Bojardo 1, 2, 52;
sechs spiesze sammt der axt führt er im streite.
6, 63;
blanke spiesze führen jene,
diese flechten schnelle fäden,
dasz man glaubt, in ihren schlingen
werde sich das eisen fangen.
bald gefangen sind die spiesze.
Göthe 2, 108;
.. so lieszen wir ihn auch noch auszerdem für unsern fechtmeister gelten: denn er führte ein sehr gutes rappier, und es schien ihm spasz zu machen, bei dieser gelegenheit alle pedanterie dieses metiers an uns auszuüben. 25, 249;
die hand, die samstags ihren besen führt.
12, 50;
sitzet nur ein (in den wagen), und getrost vertraut mir den leib, wie die seele;
denn geschickt ist die hand schon lange, den zügel zu führen,
und das auge geübt, die künstlichste wendung zu treffen,
denn wir waren in Straszburg gewohnt den wagen zu lenken,
als ich den jungen baron dahinbegleitete.
40, 303;
seht, wie allen die schuhe so staubig sind! wie die gesichter
glühen! und jeglicher führt das schnupftuch und wischt sich den schweisz ab.
235;
es hatten beide ritter
den pinsel und die zither
in früher zeit geführt.
Schenkendorf ged. 52.
er weisz die feder zu führen, gewandt und gut zu schreiben; die rede ist lange nicht so gut stylisiert, als die der früheren jahre. Moquardt führt die feder nicht mehr! Frankfurter journal 1866 nr. 24 beil. 2. der schneider versteht die nadel zu führen; jetzt gieng der jud zu einem verunglückten metzger, der schon lange kein messer mehr führt. Hebel (1853) 3, 75.
18)
wohin die fortbewegung geht mit sich, bei sich, an sich haben, zum gebrauch oder als zeichen der würde u. s. w. mit sich, bei sich, an sich haben. diese bedeutung ist mit der vorhergehenden enge verbunden und deshalb oft sehr schwer zu unterscheiden, welche gemeint sei. hier findet sich schon ahd. fuoran vom führen oder tragen der waffen und zwar in einer glosse zu Virgils Aen. 5, 582. mhd.
si fuorten ros diu guoten   unt hêrlich gewant.
Nib. 476, 3;
si fuorten rîche spîse,   dar zuo guoten wîn,
dën besten dën man kunde   vinden umben Rîn.
369, 1;
Sîfrit muose füeren   die kappen mit im dan.
335, 1;
von rôtem golde   dër hêrre fuorte ein schœne horn (jägerhorn).
892, 3;
sie füerent sëgel wîʒe   die sint noch wîʒer danne snê.
477, 4;
ouch fuorte ër (der reitende Siegfried)
einen bogen
dën man mit antwërke   muose ziehen dan,
dër in spannen wolde,   ërn hëteʒ sëlbe getân.
894, 2;
ouch fuort ër Balmungen   ein ziere wâfen breit.
896, 1;
Gâmurët dër künig tugenthaft
wol berustet reit dort hër
ër fuort von gold ein spër.
Wigamur 4956;
darob (über dem hemde) fuort daʒ megetîn
einen rock geteilt pfellîn.
2565;
umbe ir arme wîʒ
fuorte daʒ megetîn
zwô spangen guldîn.
4961.
nhd. es wird ein volk komen von mitternacht und ein gros volk wird sich erregen hart an unserm lande, die bogen und schild führen (in der vulg. sagittam et scutum arripiet). Jer. 6, 23, vgl. unter der vorhergehenden bedeutung die stelle ps. 78, 9; du fürest mit dir Persen, Moren und Lybier, die alle schilt und helmen füren. Hes. 38, 5;
beid weltlich und das geistlich schwerdt
wird führn der esel ehren werdt.
Alberus Esop (1550) s. 94;
(das volk) schiest von fernen nur und führet flitzsch und bogen.
Werders Gottfr. 19, 122;
dieweil ihr keinen schild und helm im kriege führt.
9, 77;
ein tausend führen hier kurasz, ein schwer gewicht!
1, 38;
zweierlei pfeile der liebe
führt der goldlockige gott.
Schiller 220ᵇ (Iphig. 2, 4);
ans werk! man führt die waffen nicht vergebens.
gefährlich ists, ein mordgewehr zu tragen
und auf den schützen springt der pfeil zurück.
537ᵇ;
ihr, die der beste mann der welt (Friedrich der grosze)
als vater und monarch regiert!
ihr, die ihr für den grösten held
den kriegesblitz, als helden, führt!
Raufseysen ged. 47;
das bewusztsein, mein liebster, entgegnete Charlotte, ist keine hinlängliche waffe, ja manchmal eine gefährliche, für den, der sie führt. Göthe 17, 13.
die königliche hand (Jesu) musz rohr für scepter führen.
die kron ist dornenreis.
der könig, der sein zepter führt,
der kaiser, der die welt regiert,
läszt sich von ihm (dem mediciner) regieren.
Engel die apotheke 41.
aber den oder das scepter (zepter) führen steht dann überhaupt für regieren, rem publicam administrare. s. scepter.
o musa! nicht, so da den welken lorbeerkranz
auf ihrem haupte führt am berge Helicone!
Werder Gottfr. 1, 2.
schon mhd. in sluoc dër künec Gramoflanz,
von dëm ir füeret disen kranz.
Parz. 613, 30.
anständig führt die leis erhabne hand
den schönsten kranz, umknüpft von trauerband.
Göthe 13, 142,
wie schön und treffend erscheint führt in dieser stelle, in der es durch trägt oder hält nicht ersetzt werden würde. da kam die enkelschaft, dem heerde entlaufen, athemlos den hügel heraufgesprengt. hollunderstäbe zu klappbüchsen, die sie in der hand führten, gaben ihnen das ansehen alter herolde. Klamer Schmidt kom. dicht. 476. er führt einen geldbeutel, der grosze ähnlichkeit mit dem meinigen hat; er führt auch stets gold in seiner börse; eine dose, schnupftabak führen, sie wohin man sich begibt, bei sich haben.
der fünft sucht frauen gunst
und führt ein blawen dunst (= lügenhafte vorspiegelungen).
H. Sachs I (1590), 298ᵇ.
secht, wem soll billicher gepüren
disz würfelgviert platthorn zuführen,
als disen abgeführten gsellen (den jesuiten)
die alles einsmals fassen wöllen?
Fischart jesuiterhütlein B 6ᵃ.
bergmännisch sagt man führen vom mitnehmen und tragen eines bei gewinnung der gänge dienenden werkzeuges in die grube oder heraus oder von einem orte zum andern. der bergmann führet die eisen mit in die grube und wieder heraus. Richter berg- u. hüttenlexicon (Leipz. 1805) 1, 343. nicht bergmännisch ist der ausdruck tragen, denn der bergmann führt hier, aber trägt nicht. bergwerkslex. 224ᵃ. von bienen heiszt es sie führen honig, wenn sie ihn sammeln und eintragen. Dann: zu eigen haben, haben und gebrauchen, überhaupt haben. schon ahd.
wanta iʒ mag man wiʒan,   thër thë wilit ëʒan,
thaʒ inan lîb ruarit,   ioh lîchamon fuarit.
V. 11, 40;
sih thâr ouh al ruarit   thaʒ organâ fuarit.
23, 197;
thaʒ spil, thaʒ seiton fuarent,   ioh man mit hanton ruarent.
201;
thô sprâchun sie allê fon in:   jâ ih iʒ druhtîn ni bin?
jâ iʒ hërzâ mîn ni ruarit,   noh sulîh balo fuarit?
IV. 12, 20.
mhd. swër nû die wârheit fuorte
und die ze rëhte ruorte,
die hôhsten tæten ime dën tôt.
Freidank 75, 2;
hier an mahtu wol sëlbe sëhen
daʒ niemen unrëht vüeren sol.
Trist. 175, 19.
dën siechen allen wart beschert
daʒ si gesuntheit fuorten.
Alexius 1297.
nhd. den lebensathem führen. Olearius pers. rosenth. 6, 1. ein herz führen, es haben:
wer ein recht geistlich herze führt,
bei dem man keine geldsucht spührt.
ebenda 2, 30.
lange, kurze haare führen, sie haben, sie lang, kurz tragen:
wie, dasz das frauenvolk so lange haare führen?
Logau 3, 123, 21.
narben führen, sie an sich haben:
der von vorgen freiheitskämpfen
mehr, als éiner, narben führt,
heute, da wir alle bluten,
Mina! bliebst du unberührt.
Uhland ged. 352.
eine stimme führen, sie eigen haben. so in dem von den weiberbrüsten überschriebenen sinngedichte Logaus 1, 24:
wie kommts, dasz frauenvolk so klare stimmen führet?
weil duppelt blasebalg hart an ihr luftröhr rühret.
eine sprache führen, sie als die ihm eigne sprechen: die aber eine sprache geführet, die der britannischen nicht ungleich lautet. Micrälius alt. Pommern 1, 23. aber auch sich einer sprache bedienen, sie gebrauchen: das (dasz) er lateinisch für den deudschen oder sonst eine unbekandte sprache füret. Luther 3, 58ᵇ. dann so viel als sich äuszern: so werden die strengen selbstverweise dennoch eine sprache in ihm führen, als ob sie die stimme eines richters wären. Kant 7, 329. mut führen, ihn haben. so in einem volksliede des 16. jh.:
es giengen zwo gespilen gut
wol über ein wise, war grüne,
die eine fürt ein frischen mut,
die ander trauret sere.
Uhland volksl. 1, 260.
einen sinn führen, ihn haben, ein gutes gedächtnis führen, es haben:
wer gedächtnüszkunst denket zu studieren,
dunkt mich, musz voran, gut gedächtnüsz führen.
Logau 2, 165, 29.
gedanken führen, sie haben, gebrauchen, anwenden: ich lasse mir auch wol gefallen die feinen gedanken, die herr Hardkopf s. (seliger) in angezogener predigt davon führet. Schuppius 190. etwas im munde führen, in der rede: diejenige, die stätig in ihrem munde führen: o der bösen zeiten! Schuppius 775; erwacht sie, so wird sie gewis ihren Romeo im munde führen. Weisze Romeo u. J. 1, 5;
dies fabelchen führt gold im munde.
Bürger 32ᵇ;
der länder und der könige geschick
liegt sonnenhell vor meinem kindesblick,
und einen donnerkeil führ ich im munde.
Schiller 466ᵃ;
er führt stets seine gelehrsamkeit im munde. etwas im sinne führen, es vorhaben, darauf denken es zu thun, gleich ahd. in muote fuoran:
thaʒ thû in muate fuaris   sliumo sô gisciari iʒ.
O. IV. 12, 44.
etwas im gedächtnis führen, es im gedächtnis behalten, daran denken: damit du nimmermehr meinen begangenen irrtum und fehler in gedächtnüs führest. Butschky kanzl. 102. etwas in gedanken führen, daran denken, daran andauernd denken:
was ich in gedanken führe
ist von ihrer schönheit pracht.
Mühlpforth verm. ged. 19.
einen namen führen, ihn haben, mit demselben genannt werden, auch sich ihn beilegen: lang ist mein name, das ist wahr, aber ich führe auch einen ganz kleinen, welcher gleichsam die quintessenz von dem langen ist. Lessing 1, 498;
don Manuel heisz ich — doch ich bin der höchste,
der diesen namen führt in dieser stadt.
Schiller 505ᵇ;
wir sind so ziemlich von einem alter, wie du weiszt, und einander an gestalt, an grösze, an farbe bis zum verwechseln ähnlich und führen überdies noch einerlei namen. 647ᵃ; ein verwandter von uns, der unsern namen führt. 650ᵃ; die Horen ... heiszen ἐπικάρπιοι, fruchtbietende, mit dem feierlichen beinamen, den Zeus in Euböa führte. Voss im Aratos s. 98. aber gewehne deinen mund nicht zum schweren und gottes namen zu füren = dabei im munde zu führen, zu gebrauchen. Sir. 23, 9, vgl. v. 11. du solt den namen gottes, deines herrn, nicht unnützlich führen;
dein (gottes) name soll uns herrlich sein,
ich soll ihn heilig führen.
in dem liede ach frommer gott, ich soll ja dich, s. Heynatz antibarb. 1, 429.
einen titel führen, ihn haben, gebrauchen: welchen titel führt der mann? das buch führt einen sonderbaren titel. hörner führen, sie tragen, hahnrei sein. Logau 1, 21. kleidung führen, sie tragen, anhaben:
damit der schelm nun nicht verberge seine tracht,
so lasz du deine wacht ein andre kleidung führen.
Werders Gottfr. 19, 129.
einen pelzmantel führen, ihn als bekleidung tragen, ihn zu tragen pflegen. schwarz fübren, sich schwarz kleiden, trauerkleider tragen: und führet ich eben zu derselben zeit schwarz, denn meine mutter war gleich in kurzen tagen davor gestorben. Götz von Berlichingen 102. einen pracht oder eine pracht führen (s. bracht), aufwand in glänzenden kleidern, in schmuck, in glänzender einrichtung des hauswesens u. dgl. machen: disz volk fürt kein bracht und acht das gold nitt hoch. Frank weltb. 222ᵇ; den pracht, der in dem frauenzimmer der königin in Assyrien geführet werde. Schuppius 125. den hut unter dem arme führen, ihn unter dem arme tragen, ihn unter dem arme zu tragen pflegen. so vom stutzer:
wie streng die kält auch immer sei,
so wird er seinen hut doch unterm arme führen.
ich könnte mein gehirn erfrieren,
er wagt denn freilich nichts dabei.
Göckingk 3, 263.
s. hut. trinkgeschirre führen, sie haben und gebrauchen, s. Mathesius Sar. (1562) 272ᵃ. ob wol Porsenne canzler ... wol so ein herrlich credenz füret als sein könig. ebenda. einen guten tisch führen, bei der mahlzeit einen mit guten speisen besetzten tisch zu haben pflegen und auf diesen halten. ein hauswesen führen, es haben: dasz er ein über alle masze reicher mann gewesen sei und ein sehr groszes hauswesen geführet habe. Schuppius 151. verschieden von das hauswesen führen, s. hernach unter 24). den nutzen führen, ihn ziehen:
der eine vertraut auf guten wohn,
der ander führt den nutz darvon.
Henisch 1283, 66.
einen stil führen, haben: warumb hat er (Salomo) nicht allezeit einen solchen stylum geführt, wie sein vater der könig David in seinen psalmen. 272. einen reim führen, denkspruch führen, zu eigen haben, gebrauchen: kurf. Friedrich zu Sachsen hat den reimen geführt „die alten die besten“. Lehmann 12; Joseph Scaliger ... hat dieses zu sonderlichem seinem denkspruch geführet: quantum est quod ignoramus? Schuppius 403; grosze leut ... haben ganze fabeln oder schöne sentenz, so darausz gewachsen, in ihren reden geführt. 831. sorge führen, sie haben:
Scythicus führt keine sorgen, lebet immer in den tag.
Logau 3, 226, 48;
schlafen, essen, trinken, spielen, tanzen und spazieren,
sonst um nichts, als nur um dieses, fleisz und sorge führen.
2, 198, 15.
hier also auch fleisz führen, fleisz in beziehung auf etwas haben oder vielmehr anwenden. von thieren: die schlangen führen gift; die bienen, die hornissen, die wespen führen einen stachel. Endlich noch in dem sinne: mit etwas verbinden:
ob ein schuster nicht verstehet was mit Venus meint ein Römer,
wird er fast noch minder wissen, was ein deutscher mit Lustinne
für verstand und deutung führt.
Logau 2, 168, 47.
Ausdrücklich mit bei, mit, nach sich. bei sich führen: eine verbotene waffe, eine verbotene waare bei sich führen; der reisende handwerksbursche führt sein handwerkszeug bei sich in seinem felleisen; er asz unterwegs ein zusammengelegtes butterbrot, das er bei sich führte; immer geld bei sich führen. so auch bei Jean Paul: der markgraf führt so gut seinen steisz bei sich, als ich selber. leben Fibels 46.
mein ganz paket an Kinsky, Matthes Thurn,
an Oxenstirn, an Arnheim führt er bei sich.
Schiller 361ᵃ (Wall. tod 1, 2);
mit einer kette lief er ihr entgegen,
die er zu solchem brauche bei sich führt,
und dachte sie dem fräulein anzulegen,
wie er vordem die andern festgeschnürt.
Gries Ariosts ras. Rol. 4, 26;
dasz der verstand durch seine natur synthetische grundsätze a priori bei sich führe. Kant 4, 450; (die) zweckeinheit ... ist eine besondere art (der einheit), die ... die beziehung auf eine ursache, die verstand hat, bei sich führt. 7, 269. beim volke der lebendigen sprache geht die untersuchung aus von einem bedürfnisse des lebens, welches durch sie befriedigt werden soll, und erhält so alle die nöthigenden antriebe, die das leben selbst bei sich führt. Fichte reden 164. mit sich führen: (wie) die türken jr liederne schleuchlein noch heutigs tags am rosz mit sich füren. Mathesius Sar. (1562) 271ᵇ; wenn nichts für gut, als allein was ein groszes alter der zeit mit sich führet, zu achten, so wird gewisz dieses sendschreiben gut latein in sich haben. Schuppius 778;
sie (das alte weib und die jungfrau) stritten,
wie weiblicher gebrauch es mit sich führt.
Gries Ariosts ras. Rol. 12, 92.
nach sich führen, im gefolge haben: es ist nicht eine bequemlikeit, die nit auf dem rücken nach sich führet seine ungelegenheit. Schuppius 408; wann dann einer umb übertretung und missethat zu strafen und daher empörung zu befahren, wil es rathsam sein eine solche strafe zu üben, die einen schein der ehren nach sich führe. 557.
19)
zur unterscheidung tragen oder haben, zum zeichen für sich tragen, aufmerksamkeit erregend an sich tragen: mhd.
sînen anker (als wappen) ûf dëm hëlme hôch
man gein dër porte füeren sach.
Parz. 36, 17.
nhd. ein gestickter rosenstock, welchen der ritter auf seinem helmlin führet. buch der liebe 242, 4; derselbige führet auf seinem helmlin einen abgestumpften besen. ebenda;
darnach, dasz jeder was bedeut:
demnach führt er sein farb allzeit.
die Schotten führen einen lowen mit lilien in den enden des schildes umgeben. A. Gryphius (1698) 1, 341; einen adler, eine rose im schilde führen;
was sind wappen?   Ajax führte ja
geschlungne schlang im schilde, wie ihr selbst gesehn.
Göthe 41, 203;
als zeichen führt der ritterliche heide
im blauen schild des goldnen sternes pracht.
Gries Bojardo 1, 2, 35.
weil aber das im schilde geführte zeichen zu deuten und auszulegen ist, so gebraucht man die redensart im schilde führen auch in dem sinne: vorhaben, in absicht haben, besonders im geheimen vorhaben, in geheimer absicht haben. er führt etwas groszes im schild, magnae rei imminet. Serz 133ᵇ; etwas böses im schild führen, sinistra agitat consilia. ebenda. dann ich sehe jetzundt, was unsere feinde im schild führen, dz sie alles ohn raht auf wolgeraht. angreifen. Fischart Garg. 255ᵇ; er gieng nicht von uns, wie einer, der einen schelmenstreich im schilde führt. Schiller 133ᵇ; woraus erhelle, setzten sie hinzu, dasz sie keinen aufruhr im schilde führten. 816ᵃ;
(Reineke) schien mit ränzel und stab nach dem heiligen grabe zu wallen,
hatt er dort gleich so wenig zu thun, als ein maibaum in Aachen.
ganz was anders führt' ér im schilde.
Göthe 40, 97.
den übergang zu dieser besondern bedeutung zeigt nicht undeutlich es ist nicht vergebens, dasz die leute wilde thier im schilte führen, es ist ihr art. Henisch 1284, 5. in der fahne führen, in ihr als wappen:
die in drei stücke durchgebrochne lanze
führt herzog Norfolk im panier der schlacht.
Gries Ariosts ras. Rol. 10, 79.
die fahne führt einen löwen, als wappen:
sieh dort die grosze fahne, die das zeichen
der lilien führt zusammt dem pardelthier!
10, 77.
im siegel führen, als wappen, als zeichen: so die auffgehenckte küpfferne schlange in seinem siegel fuͤret. Mathesius Sarepta (1562) 100ᵃ. im wappen führen, als ständiges zeichen im wappen haben: was man in mund und wappen führte. Göthe 54, 24;
Wallenstein. ihr wart sonst eine freie stadt? ich sehe,
ihr führt den halben adler in dem wappen.
warum den halben nur?   bürgermeister. wir waren reichsfrei,
doch seit zweihundert jahren ist die stadt
der böhmschen kron verpfändet.   daher rührts,
dasz wir nur noch den halben adler führen.
Schiller 388ᵇ.
aber auch das wappen führen:
ich bin ein cavalier, wie andre cavaliere!
du zweifelst nicht an meinem edlen blut,
sieh her, das ist das wappen, das ich führe!
Göthe 12, 128.
fahnen führen: mhd.
Volkêr dër küene man,
dër sol dën vanen füeren.
Nib. 161, 4;
unt sluoc im einen grâven nider dër sîne panier (mit dem wappen) vuorte.
Lohengr. 521 (5207).
nhd. graf Arundel führt ein panier im streite,
auf dem ein nachen untergeht im meer.
Gries Ariosts ras. Rol. 10, 80.
die bedeutungtragen“, die hier hervortritt, zeigt sich ahd. allgemeiner in dem worte:
thia bluat thia ërda fuarit.
O. V. 23, 275,
doch mischen sich hier die begriffetragenundhervorbringen“. deutlicher zeigt übrigens den letzten das wort mhd. in daʒ kraut (peonia) füert auʒ áiner wurzel vil langer pleter. Megenberg 414, 26. eine firma führen.
20)
als kaufmann oder krämer zum verkaufe haben:
Tyrolerin. kann ich mit meiner waare dienen?
fräulein. was führt Sie denn?
Tyrolerin. gemahlt neumodisch band u. s. w.
Göthe 13, 14.
gute waaren führen; geschälte gerste, geschälten haber, hirse, reis führen; tabak führen; seidenzeuge von den verschiedensten farben führen; eisenwaaren führen; der schuhmacher hat zugleich einen laden und führt schuhe und stiefel, wie man sie nur haben will. diese bedeutung entwickelte sich, weil es früher sehr viele kaufleute gab, die umherwandernd, umherziehend ihre waaren feil boten. deshalb auch schon mhd.:
si sprach (zu dem den schild auf sein pferd bindenden ritter Gâwân): füert ir krâmgewant
in mîme lande veile?
Parz. 531, 13.
21)
in die fortbewegung nehmen und so fortbewegen:
ein ostnordostwind lüftet ihm (dem schiffe) die schwingen
und führts um Cypern her.
Gries Ariosts ras. Rol. 18, 137;
da eilen und kosen
in lustigen tänzen
die laulichen lüfte,
sie führen gedüfte
sich fliehend und suchend,
vom schlummer erwacht.
Göthe 2, 42.
ein wirbelwind führt staub, stroh, heu, laub hoch in die luft; das flutende wasser führt erde, sand mit sich; der flusz führt eis, geht mit eis, bewegt eisschollen fort; der strudel ergrif ihn und führte ihn in die tiefe. auch von der zeit:
du hast es jahre lang bedacht: soll dich
der augenblick im sturme mit sich führen?
Schiller 437ᵃ (M. St. 4, 9).
selbst von solchem, das wie in fortbewegung erstarrt erscheint es haben die genge zu Davids zeyten auch nit lauter gedigen gold und silber gefuͤret. Mathesius Sar. (1562) c 3ᵃ. Die bedeutung lag um so näher, als schon mhd. das wort in dem sinne vonmitnehmengesetzt wird:
als man danne enpîʒt, ze rât man wërden sol
wën wir ze hove mit uns wëllen vüeren.
Lohengr. 132.
22)
an, mit sich nehmen oder bei sich haben und an einen weiteren ort bringen. so mhd., wenn Hagen zum könige Günther, der ihn mit der nachricht nach Worms senden wil, dasz er Brunhild gewonnen, spricht
nu bitet Sîfriden   füern die botschaft.
Nib. 498, 1;
diu mære man dô fuorte   in ander künege lant.
28, 3.
schon im 12. jh.
zegegen si dô quam
ein bote starke gerant
unde fûrte briebe in daʒ lant,
di sante dar in Porus.
Alex. 4038.
nhd. der botte, so diesen brieff führen sol. buch der liebe 240, 2; der ritter sprach zu seinem knechte: den ring, so ich an meinem finger hab, den muszt du wider in Engelland führen, denselben der schönen Philomena uberantworten. 257, 3; der knecht sprach: so es sich zutragen wolt, dasz ihr sterben solt, wolt ich nicht allein das, so ihr mir anzeiget, in Engelland führen, sondern u. s. w. 4. colus compta, (der rocken) gschmuckt, den die braut uff dem wagen fürt. Alberus dictionar. Oo ijᵃ. dies ist noch wetterauische sitte, dasz zu oberst auf dem brautwagen, der die ausstattung an den ort des jungen paares bringt, das spinnrad mit dem geschmückten rocken sich befindet. s. rocken.
23)
mit eindringlichkeit aufnehmen. dies in den verbindungen zu mut führen, zu herzen führen, mit bloszem acc. der sache gefügt: als ich die miszbräuch zu muht führete und beherzigte. Fischart groszmutter 3; und fieng an zu betrachten und zu herzen führen die freundtliche rede und gnädiges ansehen ... 33, 2; mit dem hier accusativisch zu nehmenden nichts:
in dem sie, mit der armen blut
sich mästend, nichts zu herzen führen.
Weckherlin 551 (od. 4, 2).
aber führen in diesen verbindungen kann auch den sinn haben: etwas eindringlich machen, dasz es tief empfunden wird, in welchem falle dann mit dem acc. der sache zugleich ein dat. der person steht: ich werde es ihm schon zu herzen führen. so auch in einem etwas zu sinnen führen bei Fleming; einem etwas zu gemüte führen:
bald wird die jungfrawschaft ihr (der das kind Jesu auf dem schosze haltenden Maria) zue gemüt geführet,
die sie so hoch geliebt, die ihr das herze rhüret.
Opitz (1624) s. 129, im lobges. Jesu Chr.
daneben gebraucht man im gemeinen leben sich etwas zu gemüt führen in dem sinne: es ohne befugnis an sich nehmen, es sich zueignen. er ist ein nimmersatt, er hat sich auch noch das vom essen übrig gebliebene zu gemüte geführt.
24)
auf etwas, das handlung ist oder handlung enthält, fortgesetzte thätigkeit wenden. wer sol unter uns den krieg füren wider die Cananiter? richt. 1, 1; das (dasz) uns unser könig richte und fur uns erausziehe, wenn wir unsere kriege füren. 1 Sam. 8, 20; und Saul sprach zu David: sihe, meine grösseste tochter Merob wil ich dir zum weibe geben, sei nur freidig und füre des herrn kriege. 18, 17; krieg sol man mit vernunft füren. spr. 20, 18; mit rat mus man krieg füren. 24, 6;
gelt vermag zu führen grosze krieg,
gelt gwint ehr, land und leut mit sieg.
H. Sachs I (1590), 310ᵈ;
absolute gewalt hat er, müszt ihr wissen,
krieg zu führen und frieden zu schlieszen.
Schiller 328ᵃ;
wir deutsche führten 1813 und 1814 einen heiligen krieg, denn es galt die befreiung unseres vaterlandes vom fremden joche. s. krieg, kriegführend. einen feldzug, ein gefecht führen. einen befehl, ein commando führen, befehligen, commandieren:
der führts kommando nicht wie ein amt,
wie eine gewalt, die vom kaiser stammt.
Schiller 323ᵃ.
den oberbefehl führen. die regierung führen, das reich führen, herschen über das land oder in dem lande:
ich (Mars) bleibe fort bei euch (im himmel),
der friede führe nun ein irdnes königreich.
ich mag nicht mehr hienab.
vgl. den oder das scepter (zepter) führen oben unter 18). das regiment führen. ein amt führen, die amtshandlungen verrichten (vgl.amtsführung): jr füret ewer ampt nicht fein und haltet kein recht. weish. Sal. 6, 5; welcher auch uns tüchtig gemacht hat, das ampt zu füren des newen testaments, nicht des buchstabens, sondern des geistes. 2 Cor. 3, 6;
dasz Ihr mir mein amt
mit ehren würdet führen helfen.
Lessing 2, 209.
so lang ich das pfarrampt gefüret. Mathesius Sar. (1562) 194ᵃ. den vorsitz führen, die verhandlungen in gemeinsamer berathung leiten. präsidieren. in demselben sinne, wie das amt führen, in so fern es von der rechtspflege gesagt wird, steht auch das recht führen:
so meint ich dasz kein bessrer wer
der uns das recht führet als er.
Ayrer fasznachtsp. 40ᵃ (königin Podagra).
eine sache führen, für jemand redend sie betreiben (s.sache): sprechen Sie für mich! führen Sie meine sache! ich will bei dem onkel die Ihrige führen. Schiller 656ᵇ. ein rächtshandel fuͤren, causam orare. Maaler 145ᶜ. einen process führen. die verwaltung führen. die aufsicht über etwas führen, sie darüber andauernd haben: diejenigen, welche von amts wegen die aufsicht über den öffentlichen bücherdruck führen. Fichte reden 13. die geschäfte für jemand führen. er führte die buchhandlung seines vaters. Göckingk das leben Fr. Nicolais s. 10. die wirthschaft führen:
geh und führe fortan die wirthschaft, dasz ich nicht schelte.
Göthe 40, 256.
das hauswesen führen, ihm vorstehn und es besorgen. verschieden von ein hauswesen führen, s. oben unter 18). den haushalt, die haushaltung führen:
billig seid ihr, o freund, zu den guten wirthen zu zählen,
die mit tüchtigen menschen den haushalt zu führen bedacht sind.
Göthe 40, 313.
ein buch führen, einnahme und ausgabe darin aufzeichnen und zu bestimmten zeiten die rechnung abschlieszen, bei einem geschäfte die einträge in ein buch besorgen. s. führung. ein tagebuch führen, jeden tag aufzeichnen, was die person, das haus, das geschäft, die anstalt u. s. w. betrift. eine rechnung führen, nacheinander die einzelnen posten aufzeichnen und zu bestimmter zeit berechnen. eine correspondenz führen, briefe wechseln: seine leichtigkeit, fast in allen lebenden sprachen correspondenz zu führen. Göthe 18, 135. den tact führen, ihn angebend schlagen: wolan, der teufel wil in der welt auch sein tact füren. Nic. Selneccer christl. psalmen, lieder u. kirchengesenge (Leipz. 1587), vorrede. eine solch zerung füren. Agricola sprichw. 205ᵃ. ein geschrei führen, es verführen, machen: ein grosz geschrey fuͤren zuͦ einer anzeigung eim günstig zeseyn, excipere clamoribus. Maaler 145ᶜ. als das gemein volk nun gehört, dasz er der were so den Dardan uberwunden, lief menniglich auf die gassen und fürten ein solch geschrei, dasz es der könig auch erhört. Amadis 155;
die (zornige frau) donnert, hagelt, flucht, läszt nichts sonst von sich spüren
und machet ein geschrei, als zwanzig bauren führen.
probe einer bösen sieben s. 139;
der neunte (schlemmer) führt ein geschrei wie ein zahnbrecher. küch- und keller-dictionarium (Hamb. 1716) s. 1033ᵃ. das wort führen, reden beim absichtlichen schweigen des oder der andern (s.wort): und nenneten Barnabam Jupiter und Paulum Mercurius, dieweil er das wort füret. apostelg. 14, 12;
ei fürwahr, dich lehrten, Telemachos, selber die götter,
hoch zu führen das wort und so entschlossen zu reden!
Voss Odyssee 1, 386;
wer ist es, der für Karl von Valois,
den grafen von Ponthieu, das wort hier führt?
Schiller 460ᵃ.
aber auch in dem sinne: für jemand oder etwas = zu gunsten von jemand oder etwas reden. vermengen sie mich ja nicht mit der närrin, deren wort ich führe, aus mitleid führe. Lessing 2, 122. niemand wollte den gefangnen vertheidigen, da führtest du das wort. endlich so viel als die hauptperson beim gespräche sein, indem sie am meisten spricht und die unterhaltung beherscht:
Gengmundus lobt sich selbst, es lobt ihn auch die welt,
wenn wort er führet ér, sie wann er stille hält.
Logau 1, 91, 81.
hierher gehört dann das grosze wort führen, allein reden und niemand anderes zum reden kommen lassen. dagegen bedeutet worte führen überhaupt so viel als in der rede sich auslassen, sprechen: des mus man gewonen ... das (dasz) er (Mose) feindlich viel wort füret. Luther 4, 53ᵃ. antwort führen:
so sagt Gottfried, als drauf sein bruder ganz allein
laut, für die andern all, also die antwort führet.
Werder Gottfr. 5, 6.
das reden führen steht in demselben sinne wie das wort führen: darumb sie (die heiden) auch jrem Mercurio, der das reden füret, fittiche angemalt haben. Luther 4, 31ᵃ. dagegen reden führen, mancherlei auffälliges sprechen: das protocol, darin alle meine (in der predigt) geführte reden verzeichnet stehen. Schuppius 598; doch welche reden, die ich führe! ist das die zusprache, die Sie, schönste, von mir erwarten? ich sollte öl in Ihre wunden gieszen und reisze sie von neuem auf. Lessing 2, 575;
ich mach mir an des Illo seinem stuhl
deswegen auch zu thun, so viel ich kann,
der führt dir gar verwundersame reden.
Schiller 353ᵇ.
ein gespräch führen: die herren geistlichen saszen zusammen in ihrem eignen zirkel, führten allerlei erbaulich gespräch unter einander. Musäus physiognom. reisen. 1, 78; der in Frankfurt geführten gespräche erinnerte man sich, die begonnenen wurden fortgesetzt. Göthe 26, 327. s. gespräch. in gleichem sinn einen rath führen. dies in der Wetterau, wenn man zu sich unterredenden kommt und sie mit den worten begrüszt führder n goure rôd? = führt ihr einen guten rath? eine unterhaltung führen. unterhandlungen führen. verhandlungen führen. einen streit, einen gelehrten streit führen: was hingegen die controvers betrift, die Gauger mit ihm (Rizzetti) führt, so müszten wir alles das wiederholen, was wir oben schon beigebracht. Göthe 54, 96. s. streit. einen zank führen: der mit mancherlei misverständnissen geführte zank über fabel und charakter des drama, des epos. Herder z. sch. l. u. k. 12, 368. eine lehre führen, sie verkündigen, sie bekannt machen, zumal wenn dies wiederholt geschieht: indem du ihnen solche ding in kopf bringest und meine biszhero geführte lehr bei ihnen verdächtig machest. Schuppius 672. überhaupt auch so viel als lehren:
er sagt in seinem wort: die, so die lähr hie führen,
als recht und tauglich ist, woll er nach dieser zeit
wie sonnen, wie den mon, wie hälle sterne ziehren.
Rompler erstes gebüsch 100.
gleichnis führen, eine vergleichung machen, ein gleichnis bilden (s. gleichnis): denn es ist lieblich, das (dasz) man mit solchen bilden gleichnis füret, wie auch s. Paulus thut. Luther 2, 367ᵃ (ausleg. von 1 Petr. 3). einen beweis führen, beweisen: es läszt sich der strenge beweis führen und wir werden ihn zu seiner zeit führen, dasz kein mensch und kein gott und keines von allen im gebiete der möglichkeit liegenden eräugnissen uns helfen kann. Fichte reden 23. in gleichem sinne früher weisung füren, kundschaft füren: item so ein beklagter kundtschaft oder weisung füren wolt, die jn von seiner verklagten missethat entschuldigen solt. carolina art. 74; wer in peinlichen sachen kuntschaft (zeugenbeweis) fürt. art. 75. einen nachweis führen. ein urtheil führen, in einer sache urtheilen, entscheiden:
trit sein gewissen auf, wil klag und urthel führen.
Logau 3, 216.
beschwerde führen, sich über oder gegen jemand, über etwas bei jemand beschweren. s. beschwerde. eine klage führen, anklagen. s. sp. 431 die stelle Alberus Esop 165. dann so viel als eine klage vor gericht weiter verfolgen. aber auch eine klage führen, die klage führen, klage führen = klagen, schmerz und betrübnis über jemand oder etwas aussprechen: desz ritters knecht wuszte nicht, von wesz wegen der ritter eine solche harte und schwere klag führete. buch der liebe 257, 3;
hilf gott, was führtet Ihr allda für eine klage!
was traf auch uns vor angst? was führten wir für klaagen?
81;
dergleichen klag hat dieser doctor auch geführet in einer predigt am neuenjahrstag. Schuppius 614. s. klage. die rache führen, sie ausüben:
die zeit ist nach (nah)
für du die raach (rache, mhd. râche),
straf schand und schmach,
kum zhilf deinr heilgen gsponse.
Rudolf Wonlich, das himmlische Hierusalem (1584) str. 37.
ein triumph fuͤren, triumphum ducere. Maaler 145ᵇ. einen schwank führen, ihn machen:
möget ihr das licht zerstückeln,
farb um farbe draus entwickeln,
oder andre schwänke führen,
kügelchen polarisieren.
Göthe 3, 110.
ein spiel führen, es spielen, es zu spielen pflegen:
dasz man führt bei hof ein spiel: „wie gefällt dir dein geselle?“
schickt sich recht, man hebt daselbst einen gern ausz seiner stelle.
Logau 3, 184, 66.
einen tanz führen, ihn halten:
der staht- und schäfertanz ward auch geführt, wie recht.
Fleming 168;
pflocket blumen, windet kränze,
führet liebe lobetänze.
371 ff.;
der mond und noch immer er scheinet so hell
zum tanz, den sie schauderlich führen.
Göthe 1, 230;
aber auch zu heiterem ergötzen ist dieser raum bestimmt: hier werden die hochzeitlichen tänze geführt und der feiertag mit musik geschlossen. 21, 122. einen reigen oder reihen führen, ihn aufführen:
so werden
wir einen reigen um den altar führen?
Schiller 222ᵇ (Iphig. 3, 3 = Ἰφιγ. 666).
verschieden hiervon den reigen oder reihen führen oben unter 13). einen wunsch führen, ihn haben, besonders ihn fortgesetzt haben, ihn hegen: (die verläumder und fuchsschwänzer) behalten nichts als ihren allzeit geführeten wunsch: hȯffen und begehren. Schuppius 561;
verschmähe nicht den wunsch (nämlichder himmel sei dein schatz“), den ich zu deinem nutz
itzt führ herzinniglich.
Rist Parnass 67.
anschläge führen, sie bei sich fortgesetzt haben: anschlege bestehen, wenn man sie mit rat füret. spr. Sal. 20, 18. die absicht führen, sie in beziehung auf etwas fortgesetzt haben: ich will wohl zugeben, dasz die mönche den einwohnern dieser insul, ob gleich wider ihre dabei geführte ȧbsicht, die idée von s. Vito oder Suantevito, als ihrem nachmaligen götzen, zuerst eingepräget. Hahn historie 1, 176. reue und leid führen, reue und leid empfinden, sie fortgesetzt empfinden. s. führend. ein wesen führen: weil Adam ... ein lieblich wesen furt. Luther 4, 17ᵇ;
man hab ein ellends wesen gefiert.
Murner l. n. 3086.
s. wesen. ein leben führen, wenn es in beziehung auf vorkommnisse bezeichnet werden soll oder eine bestimmung beigefügt ist, wie gelebt wird:
wie du führest ein leben,
so thut man dir einen namen geben.
Henisch 1284, 11.
ein stilles, ein ruhiges, ein schändliches, ein wüstes leben führen. ein glückliches leben führen, bene beateque vivere; er führt ein untadelhaftes leben, integre vivit; sie führen ein gottloses leben, vitam agunt flagitiosam; führst du so ein zärtliches leben? vitam tam delicatam geris? alle diese beispiele bei Steinbach I, 386. dein schwynen leben das du fuͤrest. Keisersb. post. 3, 93ᵃ; süszes leben führen. Luther 3, 28; und die weil er (Henoch) ein göttlich leben füret, nam jn gott hin weg und ward nicht mehr gesehen. 1 Mos. 5, 24; wer aber ein heilig leben füret, der ist gott nahe. weish. Sal. 6, 20; daher du auch die ungerechten, so ein unverstendig leben füreten, mit jren eigen grewelen queletest. 12, 23;
und der apostlen leben fieren.
Murner l. n. 3909;
mein herr (spricht der esel) der war ein karger mann,
bei dem fürt ich ein hartes leben,
er wolt mir nicht zu fressen geben.
Alberus Esop (1550) 40;
(du) führst nun selbst ein armes leben.
131 (fab. 26);
das leben, das ich führ, ist recht ein traum zu nennen,
der gut und böses nimt und durch einander mengt.
Fleming 106;
hier aber ist von solchen personen nicht die rede, die ein bedeutendes leben thätig geführt. Göthe 26, 220. aber ein leben führen sagt man auch in dem besonderen sinne: ausgelassen leben, ausschweifend leben, in uneinigkeit, hader und streit leben: die leute in diesem hause führen aber ein leben, die prügeln sich alle tage. einen lebenswandel führen, auch blosz einen wandel führen: so füret ewren wandel, so lange jr hie wallet, mit furchten. 1 Petr. 1, 17; und füret einen guten wandel unter den heiden, auf das die, so von euch afterreden, als von ubelthetern, ewre gute werk sehen und gott preisen. 2, 12;
der ander führt ein prechting wandel
mit schlittenfahrn, jagen und rennen
und will, man soll ihn junker nennen.
H. Sachs I (1590), 332ᵈ;
wenn jeder thut was ihm gebührt,
sein wandel hat er recht geführt.
Henisch 1284, 10.
einen lebensgang führen: man findet wohl von zeit zu zeit, wenn man die schicksale der menschen beachtet, dasz mancher seinen lebensgang gerade so endet, wie er ihn geführt. Göthe 45, 256. eine lebensweise führen, in irgend einer weise leben: er führt eine gute lebensweise. der verlorne sohn, der nach Luc. 15, 13 sein gut mit prassen durchbrachte, führte eine sehr üble lebensweise. auch blosz eine weise führen, sich in seinem thun so oder so zeigen: wo nu ewer volk sich daran ergert, das (dasz) jr so mancherlei uneinige weisen füret, und irre drüber wird. Luther 153ᵇ. Hier knüpft sich die seltene redensart an eine person führen, sie durch das leben zeigen, sie vorstellen, sie spielen (s. wb. zu Ramlers und Lessings Logau 39):
die person, die ich jetzt führe, auf dem schauplatz dieser welt,
wil ich nach vermügen führen.
Logau 3, 231, 74.
eine gute ehe führen; eine zufriedene, eine unzufriedene ehe führen; einen guten ehestand führen. überhaupt auch einen stand führen, an stand führen, einen orden führen, in ihm fortgesetzt thätig sein, in ihm leben: der orden oder stand, den der bischoff füret, ist für gott nicht grösser, denn den ein schlechter man füret: Luther 2, 358ᵃ (auslegung von 1 Petr. 3); das (dasz) solchen stand (es ist weltliche obrigkeit gemeint) ein christ wol füren oder darinnen dienen mag. 5, 16ᵃ;
eins jeden wehr und pfeil, seins vatters haus und zinn'
erkenn ich und was ihr an standt und namen führet.
Werders Gottfr. 20, 18.
ein gemälde führen, es auftragen, es ausführen: weil sie (die alten maler) aber fürchteten, dasz die mauren schricken (springen) möchten, haben sie solche vermittelst des leims mit tuch oder leinwat überzogen, darauf gegypst und dann erst ihre gemälde geführet, welches sie tempera benamet. Sandrart academia (1675) 1, 66. ins werk führen ins werk bringen (2, 388), bewerkstelligen, zu stande bringen, vollziehen: aber solch gewalt zu üben und ins werk füren, gebürt nicht jederman. Luther 1, 396ᵃ. s. werk. etwas zu protokoll führen, bringen: der sicherheitswächter führte den thatbestand zu protokoll; der zeuge führte alles, was er von dem vorfalle wuste, zu protokoll. etwas auf jemand führen, dasz er es verursacht, gethan habe:
wenn meine muse nun nach tobacksliedern kreiszet,
so sehnt sie sich nach dem, was knaster heiszet.
das wird ihr wohl von deiner gütigkeit gewährt,
denn wo sie ihn entbehrt,
und nachmals einen fehl gebieret,
so wird die schuld auf dich geführet,
geehrter gönner! ja auf dich.
Günther 1050.
den begriffbringenaber, der hier hervortritt, verbindet das wort schon ahd.:
wanta inan (ihn, nemlich Lazarus) druhtînes wort   fon tôde fuarta widorort (= zurück).
O. IV. 3, 5;
thën anagin ni fuarit,   ouh enti ni biruarit.
II. 1, 11,
den der anfang nicht bringt und das ende nicht berührt d. h. der keinen anfang hat und kein ende haben wird. übrigens blickt die angegebene heutige bedeutung bereits durch, wenn es im Hildebrandsliede 40 heiszt
pist alsô gialtêt man,   sô du êwîn inwit fôrtôs
= du bist ein so gealterter mann, wie du ewigen betrug ausübtest (triebest).
25)
auf etwas seine thätigkeit wenden zur verwirklichung, erfüllung, vollendung und dergleichen. mhd. wie ëʒ (das kind) alleu seineu wërck füer und volpring und sein lëben ganz dar nâch schick, daʒ ëʒ seinen vater iht erzürn. Megenberg 461, 33. nhd. aber ist führen mit dem adv. hinaus verbunden: solches geschicht auch vom herrn Zebaoth, denn sein rat ist wunderbarlich und füret es herrlich hin aus. Jes. 28, 29; wie denn gott auch zu jren wegen glück unnd segen spricht und füret jre reyse wunderbarlich hinausz, das sich jederman drüber zu creutzigen und zu segen hat. Mathesius Luther (1566) 88ᵃ.
wenn dies wort, o fremdling, hinaus doch führte Kronion!
Voss Il. 20, 236.
26)
etwas anfangen und in bestimmter richtung fortsetzen, oder auch angefangenes in bestimmter richtung fortsetzen:
durch die zwölfe (die zeichen des thierkreises) gesamt lenkt Helios stetigen umlauf,
ganzaus führend das jahr.
Voss Aratos sternerscheinungen 550.
die marmorne bank, die um das rathhaus st. Marci geführt worden. Kant 9, 14. einen graben führen; den bach mehr rechts führen, durch ein neues bett; beim pflügen die furchen führen; einen wall um eine stadt führen; ein bollwerck mit schwiren fuͤren oder machen, ducere vallum. Frisius (1556) 451ᵇ und danach Maaler 145ᶜ. eine mauer führen; eine mauer höher führen; einen zaun, eine planke um einen garten führen. einen bau führen, ihn aufführen, aedificare. Stieler 411:
und wenn mein Fritz ein bau wil führn,
so musz er sein schatz fürher rürn,
darmit er die werckleut bezahl.
H. Sachs IV. 3, 78ᵃ.
sonst heiszt einen bau führen auch so viel als ihn leiten, die aufführung desselben beaufsichtigen. s. bauaufseher. hier bedeutet das part. praet. geführet auch so viel als von der natur in die länge gedehnt:
sieh! eine stirn, so oder so gewölbt,
der rücken einer nase, so vielmehr
als so geführet.
Lessing 2, 202 (Nathan 1, 2).
aber führen kann auch von dem stoffe selbst gesagt werden, aus dem ein sich ausdehnendes werk gebildet ist:
porphyr- und serpentingesteine führen
die reiche wölbung des portals empor.
Gries Ar. 42, 74.
27)
in bestimmter weise einfügen:
ein borte der was breyt, ...
manig berlin klein und grosz
warent gefuͤrt darein.
heldenbuch (1545) s ijᵃ;
... liechte ruben (rubine) klar
warent in das gold gefieret.
s ijᵇ;
darein (in den goldbeschlag der wagen) do was gefuͤret
vil manig edel stein:
gar wunnigklich gezieret
es ausz den knöpffen schein.
A ijᶜ.
28)
des weiteren darlegen, ausführen: s. Paulus fürets mit grosser gewalt, das (dasz) Ismael wol geborn ist aus Abrams blut und fleisch. Luther 4, 95ᵇ. vgl. nachher III 8). dann in dem sinne von auslegen, erklären: da er den spruch Pauli: der geist macht lebend und der buchstab tödtet, dahin füret, das (dasz) der geist solt heiszen seinen verstand und der buchstabe meinen verstand. 1, 394ᵃ; das sei geantwortet auf die gründe und ursachen, so d. Carlstatt fürt für seinen trawm aus der schrift. ebenda; so musz Carlstatt gar mechtige sprüch und text füren, das (dasz) wir jm gleuben. 74ᵇ; der sprüche sint viel im alten testament, welche die heiligen apostel oft fürten und anzogen. 168ᵇ; das sage ich darumb, das (dasz) die papisten und werkheiligen den text für sich füren. 262ᵇ. ferner so viel als beweisend oder als beweis anwenden: ist denn nu dieser text nicht fein aufs fegfewr gefüret. 5, 166ᵇ. später sind diese bedeutungen erloschen, aber mit ihnen hängt enge zusammen die folgende:
29)
zum beweise, zum belege vorbringen, überhaupt vorbringen, anführen, citieren: ich sage nicht vom text Aristotelis, welchen sie mehr denn zu viel füren. Luther 1, 53ᵃ (disputation vom ablasz); es flickt sich nicht so, lieber lügengeist, du muszt schrift und text füren. 3, 71; die lieben heiligen veter haben nicht allein an diesem ort, sondern auch wol an mehr örten die schrift gefürt nach jrem sinn und guter meinung. 5, 166ᵇ; wenn man nu veter daher füret über disen text. 168ᵃ; solche weise die schrift zu füren heiszt catachresis, abusivus modus loquendi, ein misverstand. 167ᵃ; das (dasz) ein schwermer sich ja solt in sein herz schemen, einen buchstaben des Luthers zu seinem irrthum zu füren oder zu brauchen. 6, 108ᵃ; aber hie hörestu, wie s. Paulus die schrift für sein sterkest zeugnis füret. 216ᵇ; was wolt ihr fur patres fuͦrn (l. fürn) oder allegiern. Alberus wider Jörg Witzel L 4ᵃ; werden sie sagen und disz gleichnis fürn: ein guter baum bringt gute frucht. L 8ᵃ. gefügt mit nichts, dieses accusativisch genommen: aus dem newen testament wil ich dis mal nichts füren, denn darin ist von der heiligen göttlichen dreiheit oder dreifaltigkeit alles klerlich und gewaltiglich bezeuget. Luther 6, 546ᵃ. Im 18. jh. nur noch selten. Klotz führt beispiele. Herder krit. wäld. (1769) 3, 109 = z. sch. l. u. k. 5, 219. man setzt dafür das in seiner zusammensetzung bestimmtere anführen.
30)
ableiten, herleiten. eine bedeutung, die auch lat. ducere hat. es wöllen die gelerten das wort magus oder magnes von einer hebreischen wurzel (es ist הגָהָ gemeint) füren, die stehet im ersten psalm die heist tichten, trachten, forschen, suchen, nachdenken und nachfragen. Mathesius Sar. (1562) 202ᵃ.
31)
Was bedeutet aber führen in folgender stelle: eins tags hatte der könig Lisuart sich sampt seinem volk nahe bei der stadt Vindelisora, in einem wald, welcher mit allerhand wildpret gefüret war, zum jagen und hetzen versammlet. Amadis 255, 536. etwa: durch zulaufen, zutreiben und aufenthalt besetzen? Noch ist eine redensart anzuführen, die sich nicht auf eine bedeutung beschränkt, sondern in verschiedenen gebraucht werden kann: an ein ende führen. in der eigentlichen bedeutung hat sie Fischart Garg. 92ᵃ: sich Hänslein, liebes Hänslein, so lasz mich bei dir sein, die wochen auf dem felde, den feiertag bei dem wein. da nam ers bei der hend, führet sie an ein end (an einen ort, eine stelle), da er ein wirtshaus fand. Zum schlusse soll hier nicht unerwähnt bleiben die mhd. vorkommende fügung mit einem gen., der ursprünglich nach J. Grimm gramm. 4, 679 instrumentale kraft zu haben scheint, aber sich auch, wie ebenda s. 681 bemerkt wird, adverbialisch fassen läszt:
si füerent roubes eine magt.
Parz. 122, 20;
die schenkel fuort er (der schnell reitende Hercules) und diu bein
nëbent sînem orse fluges.
troj. kr. 12580.
ich möchte adverbialische fassung vorziehen und nichtim raubeundim flugeerklären, sondernals rauboder, wie sich J. Grimm eben s. 681 ausdrückt, raublicher weise undfliegender weised. h. als ob bei dem schnellen ritte die schenkel und beine zur seite des rosses flögen. nhd. ist diese fügung nicht eben zum vortheil der sprache erloschen.
II.
reflexiv: sich führen. dies aber bedeutet
1)
sich an jemand beim gehn halten. ein kind führt sich an der wärterin, indem es sich an ihrem kleide hält, eine frau an ihrem manne, indem sie sich in seinen arm hängt. liebende führen sich, wenn sie arm in arm oder hand in hand gehn.
2)
sich selbst fortbewegen machen, sich fortbewegen. von personen:
als nun Mercurius nach dem
uber die stadt Carthaginem
geflügelt in dem luft sich führt,
die häuser an dem ort berührt.
Spreng Aeneis 68ᵇ;
in einem ring er weit umbher sich (auf dem flügelpferd) oben führet.
Werders Ariost 2, 53, 5.
3)
sich wie durch befehl in fortbewegung und in thätigkeit bestimmen, sich befehligen: ein stammglied wird verletzt, sogleich regt sich die masse unaufgefordert, rache zu nehmen am beleidiger. weil aber die menge zwar handeln und wirken, nicht aber sich führen mag, überträgt sie, durch wahl, sitte, gewohnheit, die anführung zum kampfe einem einzigen, es sei für éinen kriegszug, für mehrere. Göthe 6, 26.
4)
sich bringen in etwas, durch sein thun in einen nicht beabsichtigten zustand gerathen:
es will sich mancher wol versehn,
wie hie den tauben ist geschehn,
und führt sich selbst in grosze fahr.
Alberus Esop (1550) s. 64.
5)
sich mit etwas, indem sich sinn und thätigkeit darauf wenden, beschäftigen, sich mit einem gegenstande befassen: man füret sich noch mit eim buch vom Endechrist hin und her. Luther 2, 415ᵃ. ist der gegenstand eine person: sich mit ihr abgeben, mit ihr umgehn. die haushälterin, die sich mit einem jungen liederlichen menschen geführet. avanturier 1, 162; eine reiche banquierswitwe Schönemannin ..., die eine artige tochter hat, mit welcher sich Göthe schon lange zeit führt. Bretschneider in Düntzers frauenbilder 372.
6)
bei thätigkeit stattfinden: hier in der mühle zu Altendorf führet es sich ein seltsames leben. Chamisso (1864) 5, 136. vgl. vorhin sp. 453.
7)
sich in dem thun oder durch das thun erweisen:
nicht auf mich, der alt und grau ist,
aber auf den jungen ritter,
den mannhaften, schauen sie (frauen und jungfrauen).
führest du dich (im kampfe) wohl, so gäb ich
für mein landgut nicht die bänder,
die man dir verehren wird.
Herder Cid 30 (s. 96).
überhaupt: sich benehmen, sich betragen. wie soll man sich gegen sein undankbares vaterland führen? Hippel lebensl. 1, 10. der geselle verlangt ein zeugnis, wie er sich während seines hierseins geführt hat. s. führung, führungszeugnis.
8)
sich in bestimmter richtung fortsetzen, sich hinziehen. räumlich:
das reich ward, durch die zeit, so fest und wol regiert,
bisz dasz es sich begunt auch so weit ausz zu dehnen,
dasz sichs in Asien und Libien nein führt.
Werders Gottfried 17, 5.
III.
intransitiv, doch, mit ausnahme der bedeutungen 5) und 6), auch 9), nur scheinbar, nicht wirklich, denn das fehlende object wird in gedanken ergänzt. es bedarf deshalb bei 1) bis 4) und bei 8) einer besondern angabe der bedeutungen nicht, sondern genügt, auf die unter I zu verweisen.
1)
s. I 1): es ist zeit, wir müssen zu tische führen.
spricht einer (der gestern betrunkenen) schon: „du hatst vil meusz!“
so sag: „es gschäch in voller weis (in betrunkenheit),“
so wirt er guͦt gsell mit dir sein
und wider fuͤren zu dem wein.
Grobianus M 4ᵇ;
also sprach er und führt', ihm folgten zugleich die Fäaken.
Voss Odyssee 8, 104.
2)
s. I 4): wer wol führt, wol fürgehet, dem wirdt wol gefolgt, bonus dux, bonum reddit comitem. Henisch 1279, 41. vgl auch I, 3) a). wer führt gegen Berlichingen? Göthe 8, 88; ihr könnt nicht verlangen, dasz ich euer hauptmann sein soll. für mich und euch wärs nichts nütze. ich bin pfalzgräfischer diener: wie sollt ich gegen meinen herrn führen? 8, 140;
unsern hauptmann wählen wir nun
zu dem freien kühnen thun.
stimmet wer im felde führ!
Schenkendorf ged. (Stuttg. 1815) 110.
der tapfre feldherr führte zum siege.
3)
s. I 10), wo unter b) bereits stellen mit fehlendem acc., zumal von Luther. ihr wiszt den unbekannten weg, druiden, der um den spitzen felsen herum in den wald führt. Klopstock Hermanns schlacht (Hamb. 1769) s. 68;
durch diese hohle gasse musz er kommen,
es führt kein andrer weg nach Küsznacht.
Schiller 544ᵃ;
denn jede strasze führt ans end der welt.
544ᵇ;
die strasze, die der mensch befährt,
worauf der segen wandelt, diese folgt
der fiüsse lauf, der thäler freien krümmen,
umgeht das weizenfeld, den rebenhügel,
des eigenthums gemeszne grenzen ehrend —
so führt sie später, sicher doch zum ziel.
336ᵃ;
am abgrund leitet der schwindlichte steg,
er führt zwischen leben und sterben.
50ᵃ.
4)
s. I 11):
so wöst er (gott) auch all sünd und schant:
die genzlich frei und willig sein
und fürent zu der helle pein.
wol studieren
thut ausz armut führen.
Henisch 1284, 13;
affectentriebe, welche durch den bloszen sinnlichen reiz gerades weges zu ihrem zwecke führen. Reimarus triebe der thiere (Hamb. 1716) s. 369; unerhört, dasz man auf dem wege der dummheit dahin kommen will, wohin sonst nur klugheit führet! Weisze lustsp. 3, 223;
leichtsinn führt zu lichten
heitern lebenshöhn.
Tiedge frauenspiegel 60;
zu welchen lächerlichen einfällen aber die berührte, mit fug verrufene schatzgräberei nach keltischem selbst in einem schulbuche führen kann, mag noch ein beispiel aus vielen belegen. literar. centralbl. 1855 sp. 627; im guten wie im bösen nur das vollendete zum ziele führt. Schlosser weltgesch. 5, 421; das theater sei zu gar nichts nütze und könne zu gar nichts führen. Götz 24, 166; die ganze mühvolle arbeit hat zu gar nichts geführt, gar keinen erfolg gehabt; dein thun führt zum verderben. das würde zu weit führen.
5)
sich an einen ort begeben: item an einem ort die beyde pyramides Pharaonis und Rodope, machte mir auch den weg dahin so gemein, dasz, obschon ich fremd und unkennlich, alleinig dahin führen dorfte. Simpl. (Kurz) 2, 1215, 24.
6)
sich fahrend fortbewegen, von dem fuhrwerk oder dem fahrzeug selbst gesagt. von schiffen: (sie) ruderten dicht an ihrem lande hin in den meerbusen hinein, so dasz der rechte flügel vorauf fürete, in eben der stellung, als sie vor anker gelegen hatten. Heilmann Thucydides 292 (bch. 2, 90), bei Jacobi voraus segelte; doch eilf schiffe von derselben (der atheniensischen flotte), welche vorauf füreten, entkamen dem flügel der Peloponnesier. 293, bei Jacobi die elf vordersten. vgl. nachher 9).
7)
fertigkeit im trinken geistiger getränke haben. in Schwaben, wo von einem, der viel trinkt, gesagt wird der kann führen. Schmid 210. wol ausgehend von einem früheren einen trunk führen, welches unter führen I 24) gehören würde.
8)
s. I 28): Paulus gewaltig füret, wie Ismael geborn ist durch die magt on gottes verheiszung. Luther 4, 96ᵃ.
9)
Auffällig erscheint fuͤrt, die 3. pers. sing. praes. ind. für fährt, die gleiche person von fahren, bei H. Sachs in den von Reinhold Köhler herausgegebenen vier dialogen: Matth. XVIJ sprach Christus zuͦ Petro „ge hin ans mör und würf den angel ausz, und der erst fisch, der aufher fuͤrt, dem wirstu im maul finden ein güldene münz“. s. 29, 2; wenn wir laien sterben wöllen, so ziehen sie einem ein graue kutten an, machen erst ein münch ausz im, schern und baden in, so fuͤrt er dann als ein voller (ein volkomner sol ich sagen) gen himel, wie ein kuͦ in ein meusloch. 38, 12. diese vermischung von fährt und führt dürfte sich daraus erklären lassen dasz in vielen gegenden des heutigen Baiern ä vor r wie ie d. h. i mit nachlautendem e, also fährt wie fiert gesprochen wird (s. Schmeller d. mundarten Bayerns s. 36, 137) und sich auch, wie oben sp. 431 gezeigt wurde, im 16. jh. ie für uͤ, also fieren für fuͤren (führen) und damit fiert für fuͤrt (führt) geschrieben findet. vgl. auch vorhin 6). Überblickt man sämmtliche bedeutungen von führen, so zeigen sich als zunächst aus dem oben sp. 432 angegebenen grundbegriffe hervorgegangen I 1) und 12). Die angabe der fügungen unter I beschränkt sich nur auf 1), bei den übrigen bedeutungen schien sie überflüssig. Engere sinnverwandtschaft findet mit leiten statt, aber hier hält dieses in seinem begriffe vorwiegend das bestimmen der richtung für die fortbewegung fest, während bei führen der gedanke an die richtung auch mehr zurücktreten kann. man leitet z. b. ein kind, damit es auf dem wege bleibt, aber man führt es auch, damit es nicht falle. oft erscheinen beide wörter gleichbedeutend und nebeneinander gesetzt pleonastisch. so in den biblischen stellen: ich wil dich den weg der weisheit füren, ich wil dich auf rechter bahn leiten. spr. Sal. 4, 11; sie füret sie durchs rotemeer und leitet sie durch grosse wasser. weish. 10, 18; umb deines namens willen woltestu mich leiten und füren. ps. 31, 4 (s. oben sp. 439). die verbindung hat etwas feierliches und sich so bis heute erhalten: o der gute gott leite und führe uns und gebe uns ein, was gut ist. Caroline Herder in Herders reise nach Ital. 277. nicht selten kommt sie uns auch nur als nachdrücklichere redeweise vor: aber er (Herder) war mehr geneigt zu prüfen und anzuregen, als zu führen und zu leiten. Göthe 25, 307. aber in leiten scheint uns doch etwas höheres, über anderem stehendes wirken zu liegen, und an dieses stärkere bestimmen denken wir auch mehr oder minder, wenn das wort von dem hirten und dem hunde in hinsicht der gehenden heerde so wie von dem vorangehenden thiere, dem die andern folgen, gesagt wird, in welchen beziehungen wir gewöhnlich führen setzen:
er (der mond als hirte) treibt sie (die sterne als schafe) aus zu goldnen thoren,
er überzählt sie jede nacht,
und hat der lämmer keins verloren,
so oft er auch den weg vollbracht.
ein treuer hund hilft sie ihm leiten.
halb im moore watende kühe, vom stiere geleitet.
Zachariä tagesz. 75.
vgl. leithammel. in jenem höheren wirken beruht dann, wenn leiten auch ein bestimmen in hinsicht der fortbewegung und deren richtung aus der ferne ausdrücken kann. vgl. oben unter 4) a) die stelle Schiller 459ᵇ. ein feldherr kann von einem puncte aus durch befehle die ganze schlacht leiten, die er schlägt, ohne eine heeresabtheilung selbst zu führen. wb. d. deutsch. syn. 2, 308; von dem ehemaligen hofkriegsrath in Wien wurden die unternehmungen der im felde stehenden kriegsheere geleitet, die danach dann geführt wurden. endlich unterscheidet sich noch leiten von führen, dasz jenes auch den sinndurch feste einrichtung oder anlage in bestimmter richtung fortkommen machenhaben kann. dies wenn man unter III 3) die stelle Schiller 50ᵃ vergleicht und wasser leiten (s. leiten und wasserleitung) betrachtet. der teich und die wasserrhören, damit er (Hiskia) wasser in die stad geleitet hat. 2 kön. 20, 20. wasser führen sagt so viel als das wasser in seiner fortbewegung zu einer bestimmten richtung nöthigen. so z. b. in der stelle aus Mathesius Sar. unter I 15). dagegen kommt gleichviel mit einen graben führen unter I 26 vor einen graben leiten:
da bau ich, leite gräben,
bepflanze rings die höhn.
Matthisson (1802) 67.
eben so läszt sich einen steg führen wie einen steg leiten sagen:
(wir haben) den harten fels gesprengt, über den abgrund
dem wandersmann den sichern steg geleitet.
Schiller 529ᵇ.
doch hat leiten in beiden verbindungen etwas ungewöhnliches. Zum schlusse noch die zahlreichen zusammensetzungen, in welchen führen das letzte wort ist: abführen, anführen, aufführen, ausführen, beiführen, durchführen, einführen, entführen, erführen, fehlführen, fortführen, fürführen, geführen, heimführen, herführen, hinführen, irrführen, misführen, mitführen, nachführen, nasführen, niederführen, rückführen, spazierführen, überführen, umführen, umherführen, unterführen, verführen, vollführen, vorführen, voraufführen, vorausführen, vorbeiführen, vorüberführen, wegführen, zerführen, zuführen, zurückführen. bei andern wie entgegenführen, herabführen, heraufführen, herausführen, herbeiführen, hereinführen, herüberführen, herumführen, herunterführen, hervorführen, hinabführen, hinaufführen, hinausführen, hineinführen, hinüberführen, hinumführen, hinunterführen, hinwegführen, zusammenführen steht wol mitunter, namentlich in früherer zeit, das adv. auch getrennt, häufiger aber findet dies statt bei daherführen, dahinführen, davonführen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 431, Z. 39.

führen

führen,
hier und da für fuhren. führen, sättigen, multum alimenti praebere. Weismann lex. 2, 134ᵇ. dieses führen könnte nach einer von Scherz 452 angeführten stelle auch schon bei Keisersberg post. 2, 67ᵃ vorzukommen scheinen, allein fuiren (mit ui = ü), wie jener setzt, ist unrichtig, indem im alten drucke fuͦren steht: spisz (speise) die ein mensch entpfocht, die selb so lang sye in irer art blibt, so fuͦrt oder närt sye ein menschen nitt, sol sye fuͦren, so muͦsz sye zuͦ nüt werden, verandert und zerströwet, zergon und vergon. anders bei dem spätern Jacob Rueff. dieser hat in seinem hebammenbuch (Frankf. a. M. 1588) s. 24 zwar also wirt das kind die zeit, so es in mutterleib ist, gespeiszt, ernehrt und gefuhret von dem angezogenen blut durch den nabel, aber in der überschrift wenige zeilen vorher das sechste capitel. lehrt wie die auszgemachte frucht in mutterleib gespeiszt, ernehret unnd geführet werde, dann s. 25 denn erstlich werden die samen von weibischen blumen gemehrt, nachmals das kind darvon in mutterleib gespeiset, erhalten unnd geführet, jedoch s. 37 wieder dieweil wir auch nun sehen, mit was ernst unnd fleisz die natur das kind in mutterleib versorget, speiset und fuhret. Die form ist, da nach ahd. fuorôn (s. fuhren) ein umlaut unmöglich bleibt; eine falsche, die durch vermischung mit dem vorausgehenden führen ahd. fuoran entstanden scheint, zumal da schwäb. führen auch so viel als fertigkeit im trinken haben bedeutet (s. führen III 7). was aber, wenn auch intransitiv, vom trinken gebraucht wurde, konnte leicht transitiv aufs nähren und speisen angewandt werden.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 459, Z. 1.

führen, n.

führen, n.,
der inf. führen substantivisch in allen bedeutungen die bei diesem verbum von sp. 432—457 angegeben sind. hier nur beispiele und belege in einigen derselben. in der I 1) und der 12 a) b): fuhr, das führen, führung, ductus, deductus, vectio. Henisch 1279, 31. vgl. fuhre sp. 427 f. blosz in der bedeutung I 1): ductus, ductio, das fuͤrn. Alberus diction. dd 1ᵇ.
das war ein spazieren,
auf dorf und tanzplatz führen.
Göthe 12, 187.
das führen eines mädchens zum tanze; das führen zu tische; bei dem führen ins gefängnis wäre der mörder beinahe entsprungen; das führen am narrenseile gelang ihm nicht nach wunsch. in der bedeutung 12) a) b): vectura, velatura, die fuͤr, dz fuͤrn und farn, active et passive. Alberus diction. dd 1ᵇ. blosz in der a): vehicularis, das zum fuͤrn gehört. dd 2ᵃ. in der bedeutung 4) a):
nun seh ich meinen held (Kleist), nun seiner schaaren glieder
und seines führens muth.
Kretschmann an Kleists grabe 41.
in der 24):
vom vater hab ich die statur,
des lebens ernstes führen.
Göthe 4, 393,
vgl. sp. 453 ein leben führen. in der bedeutung II 7), also in dem sinne von führung, aufführung, betragen. s. Gutzeit 1, 300ᵇ. sein führen war nicht lobenswerth.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1866), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 459, Z. 28.

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j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
frören fuhrpacht
Zitationshilfe
„fuhren“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/fuhren>.

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