Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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nonne, f.

nonne, f.
monacha. ahd. nunnâ, nonnâ, mhd. ags. nunne, nl. nonne, md. nunne und nonne, welch letztere form in der nhd. schriftsprache sich festgesetzt hat, während die ober- und niederdeutschen mundarten den u-laut bewahren. selten mit einfachem n: nune Bocc. 552, 1 K. fastn. sp. 1343. Aventin. 5, 114, 23 var., none Elis. Charlotte (1871) 531. 591. 693 u. oft (s. Weinhold bair. gr. § 171. alem. gr. § 204). — das lehnwort ist mit dem klosterleben im anfange des 9. jahrh. in die deutsche sprache gekommen (sanctimonialis nunnâ, nonnâ ahd. glossen 2, 264, 58) aus spätlat. nonna, das mit dem entsprechenden m. nonnus bei den kirchenvätern eine weibliche oder männliche person bedeutet, der mütterliche oder väterliche ehrfurcht gebührt (Ducange 2, 2, 657, daher ital. nonna groszmutter, nonno groszvater Diez⁴ 214, im tirol. Etschlande nonne und nonno Schöpf 471), angewendet auf monacha, monachus und schon geradezu statt derselben gebraucht. dem lat. nonna entspricht das sanskr. nanâ mütterchen, griech. νάννα, νέννη, νίννη tante, groszmutter, s. Fick³ 109. vgl. auch nanne, nenne und th. 5, 1338.
1)
eigentlich, die klosterfrau, klosterjungfrau: mhd.
münches tanzen, nunnen hübescheit ...
mir selten wol behaget.
minnes. 2, 251ᵃ;
eʒ sî nunne oder münech.
Virginal 598, 12;
eʒ ist ein swarziu nunne
unser vrô diu katze worden.
Reinhart s. 366;
nhd. nunne oder closterfraue, monialis sanctimonialis, monacha. voc. 1482 x 6ᵇ; acht nunnen mit sampt der abtessin darinn (im kloster) waren. Bocc. 165, 28 K.; do nun die ebtessin mit iren nunnen in das capitell kamen. 552, 38;
soll wir dann gen als die nunnen.
fastn. sp. 107, 7;
ich pin ain nunne des schwarzen orden.
471, 29;
dise ist ewer und mein nunn, wenn also nennet man die closterfrawen. Keisersberg eschengr. 69ᵇ; wan als die lerer sprechen, so gehören münch und nunnen zuͦsamen. Pauli 55 Öst.; er (Th. Münzer) hats bekand ..., wie er zu Halle sei inn einem kloster caplan gewest, und habe des morgens die frue messe den nonnen müsse halten. Luther winkelmesse 25 neudruck; sein hausfrau .. muest auch geistliche claider antuen und zu ainer nun (var. nunen, nunnen) sich weihen lassen. Aventin. 5, 114, 23;
sit das ich bin ain nunnen worden.
Murner narrenbeschw. 39, 79. 84;
das ich mein regel halten wolt,
als ein nunn das billich solt.
39, 80;
ich arme nunn oft haimlich klag,
das ich nit weltlich werden mag.
die armen nonnen,
ganz unbesonnen
beredt sind worden,
zu gehn in orden.
Lobwasser von nonnen, bei Henneberger 85;
nach dem sprichwort wie die nonnen den psalter (den sie nicht verstehen) lesen. Luther 3, 224ᵃ;
häring und donnen,
mönch und nonnen ..
wöllen allzeit bei ein ander sein.
Kirchhof wendunm. 1, 520 (1, 2, 56) Öst.
(s. anderes sprichwörtliches, das meiste mit obscenem inhalte bei Simrock 407 f. Wander 3, 1039 ff.); die nonnen, beginen und schwestern. Fischart bienenk. 114ᵃ; geistlich nunnen. Ayrer 769, 14; zwei klöster, welche von münchen und nonnen bewohnet werden. pers. reisebeschr. 3, 1; die keuschen nonnen sein heilige gefäsze. Butschky Patm. 232 (171); man erlaubet denen katholischen weibspersonen ihre gelübde zu thun, und heimlich als nonnen zu leben. Haller tageb. 33 Hirzel; die verschleierte nonne. J. Paul Titan 4, 32; einmal hub eine von den nonnen .. ihren schleier etwas auf. Miller Siegw. 2, 497;
fromme nonnen hält der strenge zwang.
Schiller 14, 74 (braut v. Mess. 2, 6);
(er) schaut umher
nach seiner herzgeliebten nonne.
Wieland 9, 213;
sie will wie eine nonn' im schleier gehn.
Schlegel was ihr wollt 1, 1.
früher auch angewendet auf priesterinnen des heidenthums: von den teutschen münchen und nunnen, druiden und bärding genant. Aventin. 4, 741, 8; sein (Noah) erste frau, von den Lateinern Vesta genant, hat das erst frauenkloster .. in wälschen landen gepaut. solch nunnen haben ewige keuschait müessen halten. 92, 9;
wöllen wir nach der nunnen (vestal. jungfrau) schicken.
Ayrer 24, 18, vgl. 38, 12;
in manchen sagen heiszen die nixen nonnen (Henne - am Ryn die deutsche volkssage² 234. 236 f. 284) von einem der sage nach in einen see versunkenen nonnenkloster, in andern werden die drei (schicksals-)schwestern nonnen genannt (Panzer beitr. 163. 181 u. öfter), worin Simrock myth.⁵ 351 eine entstellung aus nornen vermutet.
2)
die übertragene bedeutung entwickelt sich wie bei mönch (vergl. auch die composita).
a)
von der äuszerlichen ähnlichkeit mit der kleidung oder kopfbedeckung der nonnen haben verschiedene vögel und schmetterlinge den namen nonne: etliche Teutschen nennen (die tauchente) eine nonnen von wegen der getheilten farb, fürausz weisz und schwarz. Heuslin Gesners vogelb. 92; die grawe, die weisze nonn. 96; die kleine oder die weisze nonne, mergus albellus Oken 7, 444 (s.nonnenentchen); klosterfräulein oder nonne, die bachstelze. Brehm 3, 899; auch der den nadelwäldern gefährliche fichtenspinner (bombyx monacha, liparis monacha) heiszt nonne Dieterich naturhist. handwb. 209ᵃ ff. Oken 5, 1354. Brehm 6, 338 f.
b)
ein verschnittenes oder zur begattung untauglich gemachtes weibliches thier heiszt nonne mit bezug auf das keuschheitsgelübde der nonnen (Kilian 339ᵇ): mhd. kein nunne noch kein rint abslahen. Meraner stadtrecht, artik. 5; nhd. nunnen machen, einem weiblichen thiere die bärmutter ausschneiden. fastn. sp. 375, 22 (vergl.nonnenmacher); nunne, nonne, succula Dief. 564ᵃ; und als der mönch gehört hett das wörtlein nonnen, verstand er ein geschnitten säuin. Bebel facet. (1589) 40ᵃ; nunn, ein verschnittne losz (sau). Maaler 309ᵃ; nonn, verschnitten schwein. Denzler 214ᵃ, mit dieser bedeutung noch mundartlich, s. Schmid 409. Alemannia 10, 198ᵇ. Schöpf 476. Weinhold schles. wb. 65ᵃ, im Allgäu eine verschnittene kuh. Alemannia a. a. o.; bair. die nunn, eine stute, der man die bärmutter ausgeschnitten oder durch einen angebrachten draht die beschälung unmöglich gemacht hat. Schm.² 1, 1750.
c)
die gepflegten glatten saflorstöcke (carthanus tinctorius) nennt man nonnen, die ausgearteten stacheligen aber mönche. Nemnich 3, 483. Weber öcon. lex. 390ᵇ.
d)
auf die den nonnen und mönchen vorgeworfene verletzung des keuschheitsgelübdes geht die nonne als benennung verschiedener hohler oder bauchiger gegenstände zurück (vergl. mönch).
α)
ein ring: in der bergmannssprache ist die nonne ein starker ring von metall oder holz, worin kleine gefäsze (schirbeln, kapellen) mit dem in die nonne passenden stempel (dem mönche) gebildet und festgestoszen werden. Chemnitzer bergm. wb. 370ᵃ. Richter berg- u. hüttenlex. 2, 90. Scheuchenstuel 174, nonne und mönch heiszen zusammen das capellenfutter. Hübner 1276; bei den büchsenmachern eine eiserne hülse, die auf den stärkeren zapfen der nusz gesteckt wird, um den hahn und die studel damit zu vereinigen. Jacobsson 3, 142ᵇ; bei den fleischern ein breiter ring oder trichter, durch den das füllsel in die wurstdärme gestopft wird. Jacobsson; der ring, in welchen der fusz des hohlkreisels gesteckt wird, manchmal auch der hohlkreisel selbst (Kilian 339ᵇ. Albrecht Leipz. mundart 177ᵃ).
β)
ein hohlziegel, mit auswärts gekehrter höhlung gelegt (über die fugen kommen die mönche zu liegen mit einwärts gekehrter höhlung). Jacobsson 3, 143ᵃ. Müller-Mothes 168ᵃ. 311ᵃ.
γ)
ein arzneiglas mit rundlichem bauch und langem hals (der mönch ist länglich mit kurzem hals). vergl. nonnenglas.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1884), Bd. VII (1889), Sp. 881, Z. 13.

nonnen, verb.

nonnen, verb.,
mhd. nunnen.
1)
zur nonne machen: md. swî (swer) sîn kint nunnet edir monchet. Förstemann neue mitth. 3, 2, 30 (14. jahrh.); reflexiv, nonne werden, sich wie eine nonne benehmen (vgl.mönchen): es nonnet sich noch ein wenig mit unserm frauenzimmer; all unser thun stinket noch stark nach dem papstthum. ochsenphilosophie 56 (Dief.-Wülcker 738).
2)
ein weibliches thier verschneiden (s. nonne 2, b): die verhermüeterlein werdent sneller vaiʒt, sô man si genunnet hât (var. versneidet). Megenberg 122, 10; nonnen, junge weibliche ferkel verschneiden. Hennig preusz. wb. 172.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1884), Bd. VII (1889), Sp. 882, Z. 71.

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Zitationshilfe
„nonnen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/nonnen>.

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