Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

zueignung, f.

zueignung, f.,
frühnhd., vereinzelt zueigung.
1)
im rechtlichen sinne besitzübergabe: addictio Frisius 30ᵃ, oder besitzübernahme: es ist aber die zueignung oder besitznehmung eine anzeige des vorsatzes, dasz man eine sache brauchen, und sich, wo möglich, gegen einen jeden durch rechte mittel wehren wolle, welcher .. sie zu seinem gebrauche anwenden mögte J. B. Basedow method. unterricht (1764) 114, oder auch ersitzung: usucaptio zueignung eines dinges durch lange niessung nomenclator (Hamburg 1634) 520.
2)
vereinzelt entspricht es einigen abgeleiteten anwendungen von zueignen.
a)
weihen: devotio zuͦeignung oder verbindung seiner und seines läbens Frisius 407ᵃ.
b)
in beziehung setzen: Polus, ein römischer komödiant (stellt die den bruder beweinende Elektra dar), ... sprach die ... verse mit einer so kräftigen zueignung auf sich selbst aus, dasz ihm sein eigner verlust (sein sohn) wahrhafte thränen auspreszte Gottsched vers. e. crit. dichtk. (1751) 21; bei jeder dieser zueignungen (benennungen) that er eigentlich nichts, als das merkmal eines zähmbaren, nützlichen, sich zuzueignenden wesens bemerken und es durch sprache oder probe bezeichnen Herder 13, 367 S.; Corinna .. auf zueigung des verdienstes ihres heylandes Jesu Christi selig ... verstorben war B. Schupp schr. (1563) 491.
c)
zueignung war ein fachausdruck der geistlichen redekunst, gleich applicatio, besonders in der predigt für den theil, 'in welchem der vorhergehende vortrag auf den zustand der zuhörer angewendet wird' Adelung, Heynatz 1, 218ᵃ: mit dem beschnittenen (Nikodemus) müssen wir vom lesen der schrifft zum verstande derselben kommen, vom verstande zu der zueignung, von der zueignung zu der taht Butschky Pathmos (1677) 373; gott hat mir seinen segen auch in der heutigen predigt durch den mund seines frommen dieners mitgetheilt, den ich mit viel zueignung, trost und freude habe hören können Hamann schr. 1, 230 Roth.
d)
vereinzelt von physiologischer aneignung: die pflanzen ..., die sich durch innere zueignung ernähren Hufeland kunst, d. menschl. leben zu verlängern 88.
e)
allgemein geläufig, wenn auch kaum noch lebendig, ist die bedeutung 'widmung', durch Göthes zueignung festgehalten. es ist entweder die widmung einer schrift an eine person: durch die Hermannsschlacht und durch die zueignung derselben an Joseph den zweiten hatte Klopstock eine wunderbare anregung gegeben Göthe 28, 141 W., oder widmungsschreiben, -gedicht. in dieser bedeutung erscheint es bei Lessing 8, 47 M., Nicolai literaturbr. 2, 299, wird dann von Herder und besonders von Göthe gern gebraucht und hält sich bei den gebildeten schriftstellern nicht weit über die mitte des 19. jh.: was sie von zueignung und vorspiel sagten, ist untadelig Göthe IV 34, 5 W.
3)
die zusamensetzungen zeigen vereinzelt die rechtliche bedeutung: zueignungsrecht (im gegensatz zum eigenthumsrecht) Fichte 6, 120; Hegel 8, 89, gelegentlich die theologische: zueignungshandlungen allg. d. bibl. 6, 44; zueignungswerk J. H. Benner gestalt d. herrenhuterey 3 (1748) 45, meist die literarische: zueignungsblatt, -brief, -gedicht, -ode u. ä. häufig ist zueignungsschrift zuerst bei J. Rist friedewünschendes Teutschland (1648) 3, dann im 18. jh. allgemein üblich, später wieder schwindend.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1924), Bd. XVI (1954), Sp. 336, Z. 27.

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Zitationshilfe
„zueignung“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/zueignung>.

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