Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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zugewandt, adj.

zugewandt, adj.:
zugewandte (verbündete) örter (in der Schweiz) J. Hübner 2527.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1924), Bd. XVI (1954), Sp. 425, Z. 32.

zuwenden, v.

zuwenden, v.,
zeigt wie senden die umgelauteten und die nicht umgelauteten formen des prät. und des part. perf. nebeneinander, s. th. 10, 1, 573. das prät. zuwendete des 17. jh. ist seit dem 18. und 19. jh. dem bequemeren zuwandte wieder gewichen, so wird auch das part. zugewendet als steif empfunden und besonders in örtlichen beschreibungen prädikativ gebraucht: weil diese ... einem ocean mit ebbe und fluth zugewendet sind Ritter erdk. 1, 86; dem hauptgipfel zugewendet verfolgte ich die schneide H. v. Barth Kalkalpen 493. das alte zugewandt ist für besondere verwendungen bewahrt. früher beleg für das part. zugewendet: bald darnach hett er den weg gohn C. zugewendet Wickram 2, 110 B. im 16. jh. auch die kürzung zugewent: dasz das schwecheste theil gegen dem feld und der statt zugewendt würde D. Speckle archit. von vestungen (1589) 100ᵇ.
1)
in eine bestimmte richtung wenden.
a)
das schiff dem lande z. Kramer 2, 1321ᵃ; wo wir unsere deichsel z. solten Lohenstein Armin. (1689) 2, 802ᵃ; die geflechtmaschen sind zweifach ... die beide den winkelpunkten ihre spitzen z. Sömmerring bau d. menschl. körpers 4, 596; mit dem planeten verglichen, welcher uns alsdann die schwarze nachtseite z. A. v. Humboldt kosmos 398; einem den rücken z. Kramer; der präsident wendete ihm verdrieszlich den rücken zu Klinger w. 8, 54; den um den tisch sitzenden den rücken zuwendend Bismarck ged. u. erinn. 2, 148 volksausg.; die alten mütterchen ... wendeten ... die köpfe einander zu H. Seidel vorstadtgesch. 184. den blick, das gesicht, die augen einem z. soviel wie die richtung dahin nehmen: der beobachter auf der erde, der das gesicht der sonne zuwendet v. Schubert verm. schr. 1, 101; als wir das gesicht wieder der strasze zuwandten, ... verschwand der wagen eben in weiter ferne G. Keller 2, 92.
b)
sehr häufig refl.: und da sie sich auf der landstraszen fandt, wand sie sich widder bald dem holtze zu Warbeck die schöne Magelone 49 B.; eine sonnenrose, welche ... sich fort und fort nach der sonne zuwendet Zesen helikon. rosenthal (1699) 100; wo dieser (der Hoangho) nun plötzlich ... dem süden sich zuwendet Ritter erdk. 2, 154; der Messias ... der sich gläubig ihm zuwendenden menschheit D. Fr. Strausz ges. w. 4, 5; ihre stimme ... wendete sich frühzeitig einer sanften, klaren alte zu Stifter s. w. 3, 102; die strasze ... wendet sich ... dem Tiberthale zu Moltke ges. schr. 1, 162; indem er sich ... der dame zuwandte Fontane I 6, 16.
c)
als part. perf. in örtlicher beschr., vgl. o.:
zum andern felsenhaupte,
das zugewendet liegt den morgenstrahlen
Chamisso ged. (1831) 342;
der giebel aber war dem Spreeflusse zugewendet W. Alexis Roland v. Berlin 1, 5; an den dem orient zugewandten küstenländern Ranke s. w. 14, 3; bei alten bauernhäusern ... ist ... das ... hausthor zum einführen des korns der strasze zugewendet Allmers marschenbuch 1/2, 373.
2)
einer person etwas z.
a)
vortheile, geld und gut: die schenke der gnad, die uns durch ... Jesum Chr. zuͦgewendt ist Zwingli dtsche schr. 1, 268; er versatzte ... etliche schlösser und wandte das geld seinem bastardt zu Binhardus thür. chr. 207; indem sie so bald dem unwürdigen als dem würdigen das burgerrecht um geld zuwendete A. U. v. Braunschweig Octavia 1, 257;
jungfern! euch die hände küssen,
pflegt euch heimlich zu verdrieszen,
weil man läppisch zugewand,
was dem munde soll, der hand
Logau 326 E.;
sie möchten durch dero hochansehnliche gegenwart der angestellten solennität einen sonderbahren glantz z. Chr. Weise pol. redner (1677) 247; hätten sie das geld meinem schwager zugewandt, so wären sie schon gesund Gottsched dtsche schaubühne 6, 320;
weil des schicksals karge hand
ihm nicht hörner zugewandt
Hagedorn poet. w. (1769) 54;
summen ..., welche diese dame ... dem neuen unternehmen zuzuwenden beschlosz Göthe 25, 274 W.; mit ... dankbarer anerkennung der mir zugewandten ehrenvollen auszeichnung IV 32, 47; du sinnst tag und nacht, um das geld, das dein nachbar hat, dir zuzuwenden Hippel lebensläufe 1, 176; um mir ein kleines honorar zuzuwenden Laube ges. schr. 1, 312. bes. vom erbtheil: so solt ir sein erbe seiner tochter z. 4. Mose 28, 8;
dergleichen schelmenstück hat manches fruchtbar land
dem rechten erben ab, dem andern zugewand
Rachel sat. ged. 45 ndr.;
die absicht, das königreich seinen natürlichen kindern ... nach seinem tode zuzuwenden S. F. Hahn einl. zu der t. staatsgesch. (1721) 1, 291; das vermögen, das er seiner tochter zugewendet hatte Göthe 23, 285 W.; will derselbe es nun einem bestimmten z., umgeht er das gesetz ... dadurch, dasz ... er diese (verkaufssumme) dann durch sein testament zuwendet Allmers marschenb. 1/2, 245; hat der erblasser sein vermögen ... dem bedachten zugewendet bgb. § 2087; seinem sohne F. ... die nachfolge im reiche zuzuwenden Schiller 8, 139 G.
b)
macht, herschaft: sie haben uns ein keisertumb zugewendet Luther 6, 465 W.; das ... wenden sy dem gewalt des pabst zu J. v. Watt v. alten u. neuen gott 23 ndr.; dem A.schen geschlecht die höchste herrschaft der welt zuzuwenden A. U. v. Braunschweig Octavia 1, 17;
das seiner majestät nach zugewandten reichen
die väter weit an macht und öfftern siegen weichen
Pietsch schr. 97 Bock.
c)
einer person hilfe, förderung u. s. w.:
auch wollen wir on ende
der schulen zu Paris zuwenden lob und ehre
D. Schernberg spiel von frau Jutten v. 15;
dort aber werd ich haben
das vaterland
mir zugewandt
mit allen seinen gaben
gott wolle derselben alles erwündschtes wolwesen z. Chr. Weise pol. redner (1677) 215;
erkenne, was man dir für ehre zugewandt
B. Neukirch ged. (1744) 135;
sie haben meinem sohn in einer bedenklichen krankheit sorgfalt und hülfe zugewendet Göthe IV 20, 286 W.; gott wird mir seine gnade z. Arnim 18, 338 Gr.; ob er mir ferner dergleichen anspruchlose beschäftigung zuzuwenden wisse G. Keller 3, 97.
d)
gefühl, herz, seele, aufmerksamkeit, theilnahme: einem alle seine liebe, sein gantzes herz z. Kramer; wann sie ihre liebe, welche sie gott ... schuldig, der erden z. Harsdörfer frauenzimmergesprächspiele 8; dasz sein vater ihm seine liebe und aufmerksamkeit zuwandte Joh. Elias Schlegel w. 3, 355; für diese liebe ..., die du mir allein zuwendest Göthe 8, 259 W.; S. schien alle wärmeren gefühle ... dem schwestersohn zugewendet zu haben A. v. Droste-Hülshoff 2, 278.
e)
schlieszlich ganz allgemein einer person bestimmen, ihr darbringen: ew. excellenz erhalten endlich ... einige schriftliche worte, die ich ihnen hundert ja tausendfältig dieser zeit her zugewendet Göthe IV 29, 201 W.;
wenn kranz auf kranz den tag umwindet,
sei dieser auch ihr zugewendet
4, 48 W.
f)
einer person schaden z. fast nur in älteren belegen:
er sah nit auf des mörders hand,
der ihm den streich hat zugewandt
Seb. Brant narrenschiff 65 Z.;
das uns dan sere zu herzen get und petrübnus genung zuwendet privatbr. des ma. 1, 108 St.; wilchs ihn denn groszen schaden z. würde Luther 18, 231 W.; dasz ihm ... ein groszer ... schade zugewendet worden Chr. Weise pol. redner (1677) 281; diese werden sich wohl hüten, ... mir schaden zuzuwenden Stifter 1, 230.
3)
einer sache etwas z.
a)
zeit, thätigkeit auf etwas verwenden, nur selten: er (hatte) etliche stunden dem schlaf zugewendet A. U. v. Braunschweig Octavia 3, 319; trotz sofort zugewandter gegenmittel Göttinger tageblatt 12. aug. 1917.
b)
fleisz, aufmerksamkeit auf etwas verwenden: auch den folgenden historischen schriften war neigung und fleisz zugewendet Göthe 7, 154 W.; er ... wendet seine aufmerksamkeit dem feldbau zu IV 38, 74 W.; um die geister und herzen des volkes dem deutschen vaterlande wieder zuzuwenden E. M. Arndt für u. an s. l. Dtschen 2, 226; um sein dunkles sinnen aufzuheitern und dem leben zuzuwenden G. Keller 6, 59.
c)
in dieser anwendung häufig refl.: hierauf aber wandte er sich der rechtsgelchrsamkeit ... zu Dahlmann frz. revolution 28; dasz Friedrich i. wie in neuerer zeit Friedrich der grosze, sich mehr der romanischen dichtung zuwandte Gervinus gesch. d. dtschen dicht. 1, 306; was andere abhalten mochte, sich der neuerung zuzuwenden Ranke s. w. 4, 109; bis M. sich wieder der symphonie zuwandte O. Jahn Mozart 4, 128; dann wenden sie sich dem ernst des lebens zu Ebner-Eschenbach 4, 426.
d)
entsprechende wendungen mit dem part. perf.:
ach, sein herz ist noch
den irdschen dingen zugewendet
Schiller 12, 387 G.;
doch der leib, der irdisch gehet,
ist dem dunkel zugewandt!
Brentano 3, 359;
eine der sinnlichen erscheinung zugewandte kunst Fr. Schlegel s. w. 7, 123; sie schien ganz einem inneren erlebnis zugewendet Storm 1, 77.
4)
ggth. ist abwenden: sintemal der fall sie (die reichthümer) oft den habenden ab- und denen, so es nicht verhoften, zuwendet Fischart philos. ehzuchtbüchl. 288 H.;
du weiszt mit deinen starken händen
mein glücke zu und abzuwenden
B. Neukirch ged. (1744) 99;
ist er dem adel abgewandt, so ist er doch nicht dem volke zugewandt Gervinus gesch. d. dtschen dicht. 2, 155.
5)
selten ist die verwendung ohne obj.: im zuwenden tritte unterdem mit deinem rechten fusz hinder deinem lincken zu ihm Sutorius fechtb. (1612) 95.
6)
zugewandt, als adj., in der Schweiz bezeichnung der mit den 'alten' orten enger verbundenen im ggs. zu den 'verbündeten' Brockhaus 1414, 734: als die under den zuͦgewandten stetten und lenderen die vorderisten sind Jos. Simler 6ᵃ. in allgemeiner sprache von Schweizer und auch von ähnlichen verhältnissen: im achtzehnten jahrhundert war Neuenburg ein zugewandter ort der Schw. Treitschke dtsche gesch. 4, 181; die ... grafschaft Solms und deren zugewandte herschaften Kirchhof militaris disc. (1662) )( 2ᵇ; mit den der augsburgischen confession zugewandten ständen Eichhorn dtsche staatsgesch. (1823) 4, 143; die vom kaiser dem stift zugewandten dienstleute Jac. Grimm kl. schr. 4, 208. so auch das subst. die zugewandten, pl.; allen orten und zugewandten der eydgnoszschaft Stumpf Schweizerchr. (1606) 757ᵇ. in weitergehender verwendung, besonders im ggs. zu den unterthanen: beder parteien, irer mithelfer oder zugewandten Thomas v. Absberg 3 lit. ver.; unsern reten dienern und zugewanten urk. z. gesch. d. schwäb. bundes 15 lit. ver.; unsern und des h. reichs unterthanen und zugewandten Jac. Ayrer hist. proc. jur. (1618) 503; der unterschied der parteien verdoppelt den privathasz zwischen ihren z. Bodmer crit. poet. schr. (1741ff.) 1, 72; in Rinteln hat herr prof. Fr. der universität an- und zugewande durch ein programm invitirt Cassler ztg. 1731, 212. im anschlusz an den brauch der Schweizer: als Latiner und z. männiglich römische bürger geworden Niebuhr 2, 42; ein dem bey von Tripoli zugewandter aber dennoch ziemlich unabhängiger handelsstaat Ritter erdk. 1, 1011. gelegentlich auch wie verwandte: der preut und eurn und unsen son und tochter und euren zugewanten got vil glucks geb! privatbr. d. ma. 1, 157 St.; nun aber werden die ehebrecher und ihre zugewandte hie nicht allein taxiert Kirchof wendunmuth 2, 44 lit. ver.
7)
zugewendet in der wappenkunde figuren, welche einander mit vorragenden theilen, wie hörner beim monde, bei armen die hände, zugeneigt sind Siebmacher-Gritzner wappenbuch (1890) 68. ähnlich werden auch bei der beschreibung von vasen u. s. w. zugewandte, z. b. reiter von leblosen gegenständen als gegenständigen unterschieden Furtwängler vasenbeschreib. (1885) 117. zuwendende, m., der z. bgb. § 516. —
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1933), Bd. XVI (1954), Sp. 904, Z. 65.

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Zitationshilfe
„zugewandt“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/zugewandt>.

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