Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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straflos, n.

-los, n.,
strafendes geschick (vgl. los 7; th. 6 sp. 1154):
thräne sei verneinet,
die des alters strafloos mir erweinet
Schiller 1, 298 G.;
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1929), Bd. X,III (1957), Sp. 673, Z. 65.

straflos, adj., (adv.)

straflos, adj. (adv.),

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vgl. als begrifflich verwandt oben straffrei.
1)
'der verdienten strafe ledig, sich ihr entziehend'; impunis, impunitus Stieler (1691) 1179; Frisch 2, 342ᶜ; impune, franco, esento dal castigo, impunito Kramer dict. 2 (1702), 995ᵃ.
a)
adject. die schult der straflosen laster G. Wicelius v. d. christl. kirchen (1534) S 2ᵃ; den traum von freyheit und sicherheit eines staatsbürgers deutscher nation unter der willkühr des gesetz- und straflosen despotismus (träumen) Herder 20, 317 S.; der hof ... war ein schauplatz der schamlosesten laster und strafloser verbrechen J. v. Müller w, 3, 87; minder feine potentaten, welche ihre gesalbte stellung nur benützen, um den verblüfften nebenmenschen straflose unarten ins gesicht zu sagen L. Steub wanderungen i. bayr. gebirge (1862) 174;
straflose frechheit spricht der sitten hohn
Schiller 12, 8 (Wallensteins lager prol.) G.
nur vereinzelt in attributiver stellung von personen: sicherlich war das eine durchschlagende auskunft, aber eine die das land mit straflosen übertretern und leichtfertigen eiden zu erfüllen drohte Dahlmann gesch. v. Dännemark 3, 26; gewöhnlich prädicat. straflos seyn esser impune, scampare, uscirsene, andarsene impunito ò senza castigo Kramer a. a. o.; to be unpunished Ludwig (1716) 1885; straflos hingehen to go unpunished, to pass impunely (ebenda); (er) lebte den andern zum bereiten beispiel, dasz ungeheure verbrechen straflos sind? Göthe 8, 264 W.; man darf ihn (den lebendigen) bitter reizen, schmerzlich verwunden, kränken ... und geht str. aus fürst Pückler briefw. 1, 355; dasz das mädchen ... str. durchkommt, scheint unschicklich mir Deinhardstein w. 7, 277; den einen für das vergehen des andern zu strafen, ... und dafür den schuldigen str. ausgehen zu lassen, das erkennt ... jedermann als die handlungsweise eines barbaren D. Fr. Strausz schr. 6, 18; du selbst hoffst, dasz du für dein eigenes unrecht ein mildes urtheil empfangen wirst, weil du andere verbrecher str. dahin ziehen läszt G. Freytag w. 9, 64;
was er (ein schurke) auch thue, freudig jauchzet das volk,
und straflos geht der böse geist durch Rom
3, 142 (Fabier 1);
str. bleibt derjenige, bezüglich dessen festgestellt wird, dasz ... handelsgesetzbuch § 315, 3; auch: straflos halten tener' uno impune Kramer dict. 2 (1702), 995ᵇ; kaum ein landwirth vermochte sich in der händelsüchtigen zeit str. zu halten, wenn der graf des königs ihn zu einer busze zwingen wollte G. Freytag w. 17, 307; (zusagen,) ihn schadlos und straflos zu zelen B. Faber Saxonia (1563) 10ᵇ; sie verschmähten daheim friedlich für ihr vaterland zu arbeiten, was den meisten straflos gestattet war Treitschke deutsche gesch. 4, 90; darvon und mit man diesen brief zum theil oder gantz streifen, straflos machen und taddeln könte A. Machholth formular (1560) 64ᵇ; seine anwesenheit sollte ihre handlung ... str. machen Ranke w. 14, 263.
b)
adverb.: um ... das verbrechen nicht str. walten und wirken zu lassen Göthe 25, 94 W.; sich str. in einem erbe festsetzen vgl. schr. d. Göthe-gesellsch. 9, 10; verwandte und angehörige des gemordeten hatten unweigerliche befugnis zur blutrache und durften str. dem leben des mörders nachstellen Jac. Grimm kl. schr. 6, 144; auch die ehfrau darf die bei ihrem manne betroffene buhlerin str. tödten rechtsalterth.⁴ 2, 349; reitet ein mann auf einem weg, der durch der leute wiese geht und bedarf für sein pferd der weide, so soll er haben ein fünf ellen langes bindseil und ein fadenlanges zaunholz und soll den stock des seils mitten in den weg einschlagen, so darf er in der wiese straflos weiden 1, 555; sich straflos der aushebung zu entziehen Mommsen römische gesch. 1, 249; klopffechter, die um geld ihr leben auf das spiel setzten, (konnten) von jedermann str. erschlagen werden Böhme gesch. d. tanzes (1886) 1, 281;
kein umlarvter wahn trügt straflos sein gesicht
Wieland I 1 (1909), 93;
(ich will) nicht schweigen,
noch es erdulden, dasz deine viele
und grosze thaten neides vergessenheit
straflos benage
Herder 26, 258 S. (Horaz od. 4, 9, 33 impune);
und denkt ihr, dasz der königliche name
zum freibrief dienen könne, blutge zwietracht
in fremdem lande straflos auszusäen?
Schiller 12, 430 (M. Stuart 1, 7) G.;
als spielmann gabst
du straflos dir den urlaub selbst
Rückert w. 9, 126 (Saul u. David 3) (vgl. auch 2, 554);
s ist hart, dasz jeden ehrenmann
solch ein insekt darf straflos hudeln
Gaudy w. 1, 104 (vgl. auch 2, 8);
mein ist nur, was ich straflos kann zerstören
O. Ludwig schr. 3, 169 (frl. v. Scud. 2, 7):
2)
poena vacuus; 'nicht strafwürdig, unsträflich', so von Kinderling reinigk. (1795) 428 verzeichnet: sklaven der eisernen nothwendigkeit, blinde, tugend- und lasterlose, verdienst- und straflose werkzeuge in der hand eines grausamen mächtigen Klinger w. 5, 363; so ist denn der grund der strafe und gesetze gegen die sünde oft strafwürdiger ... als die sünd selber ... lasst erst den grund der strafe ein strafloser sein Bettine dies buch gehört dem könig (1843) 1, 66; durch die erscheinung und den straflosen wandel eines vollkommenen menschen war ... der fluch hinweggenommen, den Adam über unser geschlecht gebracht Treitschke hist. u. pol. aufsätze 1, 53;
denn Juno selbst und wer von des Afrerlands
schutzgöttern sonst straflos vom entweihten herd
verdrängt ward, ...
Geibel w. 5, 198.
dazu
straflosigkeit f.,
impunitas straffloszigkeit Diefenbach gloss. 290ᵇ; impunità Kramer dict. 2 (1702), 995ᵇ; impunity Ludwig (1716) 1885; als begriffliche entsprechung oben straffreiheit; bei Kinderling (reinigkeit 154; vgl. auch 278; 428) für das fremdwort amnestie (s. dazu auch oben straferlassung, f.): verbunden, das seinige dazu beizutragen, dasz er (der mörder) entdeckt und gestraft werde, damit das exempel der str. nicht andere boshafte zu ihrem verbrechen aufmuntere J. B. Basedow unterricht d. jugend (1764) 146; das beispiel der str. Varnhagen tageb. 6, 168; str. ist keine hinlängliche zahlung für einen menschen, der besser thut als nicht sündigen J. J. Chr. Bode Montaigne 6, 242; (die) str. der politischen broschürenschreiber G. Forster schr. 6, 316; man kann in dieser rücksicht (begnadigungsrecht zu üben), mit recht behaupten, dasz die fürsten zu strafen schuldig seyen, indem sonst jeder die selbstrache in vollem maasze ausüben würde und die str. der verbrecher ... in eine beleidigung der unschuldigen ... ausartet K. L. v. Haller restaur. d. staatswissensch. 2, 212 (Gentz schr. 2, 98 Schl.); die strenge aufsicht auf begangene verbrechen und seltenheit der str. W. v. Humboldt schr. (1903) 1, 252; Christus übernimmt sie (die strafe) eigentlich nur, damit wir nicht aus unserer str. einen falschen schlusz ... ziehen Schelling w. 2/4, 201; diese (die mitschuldigen) sehen keine str. für sich als in der fortdauer der decemviraltyranney Niebuhr römische gesch. 2, 138; wegen reichtum und str. sich jener üppigkeit überlassen 1, 96; eine str. ohne gleichen einreiszen (lassen) Ranke w. 37, 295; diese hoffnung völliger str. ist es hauptsächlich, die zum verbrechen lockt D. Fr. Strausz w. 1, 292; es ist der verderb aller humanität, wenn man sie zur weiblichen str. werden läszt B. Auerbach schr. 15, 41; eine wunderliche manier, aus der menge der sünden ihre str. im einzelnen fall ableiten zu wollen! Hebbel br. (1904) 6, 133 W.; aller übrige gestaltlose unfug wurde festgehalten durch die ratlosigkeit der verfolgten, und bei dem allgemeinen schrecken und widerwillen entstand eine förmliche str., zumal jede prozessverhandlung zu einem feste für die verfolger zu werden begann und mit den schwersten drohungen begrüszt wurde G. Keller w. 5, 311; eine blos formelle bestrafung, welche eintreten muszte, weil völlige str. eine verhöhnung des gesetzes gewesen wäre Herman Grimm Michelangelo (1890) 2, 78. auswahl von verbalen wendungen: (hier) wurden klagen über den abgesandten des kaisers geführt, der von der entlegenheit vom hofe eine str. hoffete A. v. Haller Usong (1771) 172; dafür jetzt: str. erhoffen vgl. Fichte w. (1845) 3, 248; einem str. zusichern Schlosser weltgesch. 10, 371 (Mommsen römische gesch. 3, 182; auch: gegen zusicherung der str. für jenen mord 2, 149); konnte der herzog, ein so gestrenger herr, vergehungen und plane, wie die des juden, vergeben, selbst wenn er ihm durch jenes edikt str. zugesichert hatte? W. Hauff w. 5, 247; (eine clausel,) durch die ihm (dem antragsteller) str. zugesichert ward Jhering geist d. röm. rechts 3, 1, 224; erlaubt, den denuncianten str. zu versprechen Ranke w. 42, 96; auch: jedem volle str. gewährleisten Mommsen römische gesch. 2, 123; das gesetz billigt str. für eine reihe von verbrechen (zu) Alten handb. 1, 350; vergebung und str. verkündigen vgl. Ranke w. 8, 149;
wer verbürgt
des sünders leben und straflosigkeit
vor gottes richterstuhle?
Rückert w. 9, 99 (Saul u. David 2).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1929), Bd. X,III (1957), Sp. 673, Z. 69.

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Zitationshilfe
„straflos“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/straflos>.

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