Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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zausen, verb.

zausen, verb.,
aus gemeingermanischer, lautnachbildung verrathender wurzel entsprossenes wort, das im deutschen recht früh (ahd. zerzûsôn zerzausen Hattemer denkm. 1, 420ᵇ, 102, zizûsôn entgürten, losbinden Graff 5, 711), in den übrigen dialekten erst spät (mengl. tôtûsen reiszen, zausen), z. th. erst in mundarten (schwed. dial. tösa heu ausbreiten, norweg. dial. tosa zerfahren, zupfen, dän. dial. tusse schütteln, in unordnung bringen) an den tag tritt. eine seltenere ablautform mit -ô- begegnet im mnd. (Lübben-W. 412ᵃ), nnd. (-ö- brem. wb. 5, 133, -eu- 56) und in den ostmd. dialekten (Müller-Fr. 2, 694ᵃ, brandenb., die ihr gezöst Lohenstein Ibr. Bassa 55, Frischbier 2, 498ᵇ), aber auch obd. (s. th. 16, 122 zosen); das mhd. bildet die formen zûsach, n., gestrüpp, zûse, f., haarlocke, -strang (Lexer 3, 1203) aus. z. ist landschaftlich heute überall verbreitet, auch neben zôsen in dessen bezirk, nur der nd. westen scheint dem verbum têsen (s. zeisen) vorbehalten zu sein. eine mit t erweiterte form besitzt das ostfries.: tûstern, die ihrerseits wohl aus tûste, tûst zotte, büschel herzuleiten ist Doornkaat-K. 3, 452; comp.: mhd. er-, zer-, nhd. ver-, zerzausen.
1)
zausen, zupfen, ziehen, zerren.
a)
eig. haare, ohren und alles einzelne aus einer masse, so dasz z. fachausdruck für das auszupfen der wolle ist, vgl. ablautend zöse (th. 16, 122) und zäse, zöse, f., gekämmelte wolle, das ganze schafvlies Frischbier 2, 488ᵃ: z., zauseln baumwolle rupfen, wie auch alles, was aus fäden besteht, aus einander lesen, ordnen, schlichten Stalder 2, 466; der lord zausete den bart auseinander Jean Paul w. 7/10, 40 H.;
geht heim und spinnt und zaust die wollen!
H. Sachs 20, 258 G.;
wollen z. und erlesen Wickram 2, 222 B.; lana concerpta gezaͤyste oder gezauste wolle Zehner nom. 373; Corvinus 458; Schwan 2, 1090ᵃ; vgl. aufzausen aufputzen, bes. kopf und haare Schmeller ² 2, 1154; sie kraust und zaust ihre haar und ziechts streng A. a s. Clara Judas 1, 101;
dem weibsvolk bin ich lieb.   das zauset meinen bart
S. v. Birken forts. d. Pegnitzschäf. 100;
häufiger indessen von rauhem zupfen und ziehen, hin- und herschüttelnd ziehen:
er schmeist dich
sonst vor sich
und zaust dir deinen kopff
Chr. Reuter harl. hochz. 73 ndr.;
das fell z.: Hollonius somn. 44 ndr.;
b)
bei veränderter objectsauffassung ist häufiger der träger der haare usw. object:
die klagt, wie sie der pawer zaust,
ein zopff mit har ir auszgerissen
H. Sachs 9, 282 K.;
z. bey den haaren ziehen Zaupser 84; einen beym schopf z. Kramer teutsch-it. 2, 1427ᵇ; Steinbach 2, 1075; z. bey den haaren umherziehen Ludwig 2562; z. einen bei den haaren ziehen v. Delling bair. 211;
das man sie zauste bey dem haar
jedermanns jammerklage (1621) B 4ᵃ;
auch intrans.: an den fellen wilder thiere z. J. J. Chr. Bode Montaigne 4, 335; den ... schafen ... zauste der wind in dem ... wollpelz v. Bülow allein ich will Velh.-Klas. monatsh. 1902ᴵ 566ᵃ; reciprok: die ... sich bei den haaren zauseten Raumer gesch. d. Hohenst. 6, 478;
c)
die bedeutung entfaltet sich, α) wenn den händen keine beschränkung auferlegt ist, zum begriff schlagen, stoszen, prügeln; so kaum schon:
die darnach an einander zausen
H. Sachs 3, 54 K.;
aber gewisz: indem wir ... uns wacker herumb zauseten A. Olearius pers. ros. 89; vielleicht: unsere väter zausten sich mit raubthieren Alexis Rol. 1, 48; bestimmt:
wenn ich mich mit dem hunger zause
Lichtwer äsop. fab. 169;
sich z., schlagen se battre Schwan 2, 1090ᵃ; prügeln, durchhauen Hügel Wien. 193ᵃ;
dasz ich dich, nach dem ernsten wort,
nicht zause
Göthe 1, 195 W.;
besonders deutlich bei pluralischem object, peinigen, heimsuchen, ausplündern, ausrauben: also das er Hungern und deutsche land wol z. mag Luther 30, 2, 172 W.; die groszen scharhansen ... ire arme aigne underthon schinden, schaben, rupffen und z. J. Nas antipap. 2 vorr. IVᵃ; β) wenn die angriffsfläche eine breitere ist, ohne dasz indessen die bedeutung zerren dabei gänzlich schwindet; diese hält sich bes., wenn hunde subject sind, vgl. sprichwörtlich: den letzten (fuchs) zausen die hund Lehmann flor. pol. (1662) 1, 126; Lessing 3, 127 M.; Nicolai reise 4, 635; ebenso gern vom winde: der wind zaust mich und schüttelt mir alles aus dem kopf Bettine Günd. 2, 202; der wind zauste die uralten tannen H. v. Kahlenberg Eva Sehring 47;
nicht zauset der sturm die segel mehr
bei K. Bücher arb. u. rhythm. ⁴ 230;
γ)
bei sachsubject, -object oder -mittel: die (scholastici) ... damit (mit vernunftschlüssen) die theologie zerreten und zauseten G. Arnold ketzerhist. 390ᵃ; tragödien ..., in denen der held arg durch das schicksal gezaust wurde G. Freytag ges. w. 14, 99; mit worten durchhecheln, bekritteln: der bey verträgen ..., was zu mitteln fürgeschlagen, cavillirt, zaust, durch die hechel zeucht Lehmann flor. pol. (1662) 2, 806;
das sind unsre sitten:
wo zwey sind,
da zausen sie den dritten
Wille sittenlehre 119;
den euer spott so arg gezaust
Kinkel ged. 2 (1868), 373;
d)
gruppe: die reichen ... zauseten und lauseten sich mit dem, das die ubrig hatten ('zupften sich die gabe ab') Luther 19, 334 W.; häufig gereimt: Kirchhof wendunmuth 2, 108 Öst.;
wollten sie zausen! wollten sie lausen!
Göthe 16, 16 W.;
die (frauen) mit krausen und z. (des haares) die guldene zeit möchten verliehren A. a s. Clara etw. 2, 432;
2)
in absoluter verwendung und vielleicht aus der gruppenstellung mit brausen entwickelt sich als aussage vom winde der sinn sausen, vgl. als übergangsstaffel: in den alten baumkronen zauste und brauste der wind Rosegger schr. 2, 269; dr wind hat züst (bes. in den ohren) Martin-L. 2, 915ᵇ; zuse neben suse Jak. Berger mdaa. d. St. Galler Rheintals 125 ist danach nicht als onomatopoetische anlautsteigerung aufzufassen, was durch tusen zausen ..., rauh sein, stark wehen, stürmen Doornkaat-Koolman 3, 449ᵇ bewiesen wird; alem. auch vom ziehenden, zuckenden schmerz einer wunde, eines zahns: d zeh (zähne) zuset Tobler Appenz. 463ᵃ; Seiler Basel. 329ᵇ; züsen-n-un brumme (im kopf) Martin-L.;
3)
auffällig ist die angabe Stielers 2603 z. pedem retro ferre, resilire, retro cedere (neben vellere capillos), sie findet indessen eine stütze in: ein zauserer oder trendtler Duez nom. 142 und hätte an andern verben des ziehens wie zapfen 1 b (sp. 267), zaufen (sp. 398) eine parallele. zauser selbst übersetzt Stieler 2604 mit mas vellens, vexans; zauser schon bei Beheim Wien. 390 Kar.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1927), Bd. XV (1956), Sp. 419, Z. 19.

zausze, f.

zausze, f.,
mit westdeutscher affricierung aus frz. sauce: zausz, 1) brühe, bratentunke, 2) mit unklarem bedeutungsübergang: gesindel Müller - Weitz Aach. 264, Hönig 207ᵃ, elberfeld. wb. 177ᵇ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1927), Bd. XV (1956), Sp. 421, Z. 9.

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„zausze“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/zausze>.

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