Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

blasz

blasz,
pallidus, ein wort, das manche bedenken macht. zuvorderst musz auffallen, dasz der ahd. und allen schwestersprachen der entsprechende ausdruck abgeht, es gibt kein ahd. plaʒ, ags. blät, nl. nd. blat; noch mehr, das volk in der Schweiz, in Schwaben weisz nichts davon, Dasyp. und Maaler haben es nicht, auch Henisch führt es nicht auf, zuerst nennt es Schottelius s. 1288 und dann Stieler 185, Frisch 1, 105ᵇ. auch Luther bedient sich seiner nicht, gleichwol musz es schon zu seiner zeit da gewesen sein, da in folgenden, nicht von ihm selbst verdeutschten büchern zwar nicht das adj., doch ein daraus gebildetes verbum vorkommt: so darfst du nicht erschrecken noch erblassen. Jud. 6, 4; erschrack er und erblasset im angesicht. 3 Macc. 5, 30; erblasset die königin und sank in eine ohnmacht. st. in Esther 3, 10. dies erblassen trägt Henisch 910 aus Jud. 6, 4 ein, ohne das adj. zu setzen. es ist also möglich beide in schriftstellern des 16 jh. noch aufzufinden, im 17 scheinen sie, wie die folgenden belege darthun, schon allgemein verbreitet. Mangelt ahd. plaʒ, so bestand aber ahd. pleiʒ lividus, wie sich aus pleiʒâ livor (Graff 3, 260) folgert, und überein damit ags. blât, was in den anm. zu Andr. s. 124. 125 gezeigt wurde; da nun übergänge des A in EI vorkommen (anti einti, angil eingil, fali feili, gramm. 1³, 107), so wäre auch plaʒ in pleiʒ rechtfertig. lividus ist fahl, also bleich, und livor geradezu der blasse neid. Hieran reiht sich eine deutliche urverwandtschaft: das sl. bljed'' pallidus, böhm. bledy, serb. blijed, poln. blady entspricht lautverschoben dem ags. blât, ahd. pleiʒ, ja das schwanken zwischen je, e und a dem zwischen ei und a in unsern wörtern, blasz fände sich vollkommen im poln. blady wieder. Zuletzt aber erhebt sich noch ein anstosz. mhd. wurde weder bleiʒ noch blaʒ aufgewiesen, bis Pfeiffer neulich im Jeroschin s. 132. 133 dafür blas entdeckte, und die form ist wiederholentlich durch reime sicher. im passional begegnet der ausdruck gar nicht. dies blas für blaʒ widerstrebt dem ʒ in pleiʒ wie dem d in blady; dennoch schiene es auch durch Nith. 17, 3 bestärkt, wo die bedeutungen bleich oder kahl einen abgezognen sinn gestatten. sinnlich genommen wäre das kahle, weiszfleckige auch bleich. nur stehn die poln. adj. łysy und blady wie blas und blasz von einander ab, es bleibt also im verhalt aller dieser formen noch einiges unaufgeklärt. Auszer den schon angeführten bibelstellen:
klagt ihr blassen eltern nicht.
Fleming 345;
ins erblaszte licht gebracht.
Gryphius 2, 11;
der längst erblaszten völker hauf.
das.,
wem viel man (s. l.) soll, für diesem wird man blasz.
Logau 1, 9, 72;
wir sagen blasz wie der tod, todtenblasz, böhm. bledý gako smrt, lat. pallida mors; welche ihm doch so stark zuwider wäre als der blasse tod. Felsenb. 3, 151; ein gräszliches kriegsheer des blassen todes. Arnim kronenw. 1, 162; leichenblasz;
das blasse reich der schatten.
Uz 1, 102;
mit der blassen gewinnsucht.
Zachariä 2, 20;
noch etwas blasz von wangen.
Wieland Oberon 5, 19;
jetzo da er lächelnd die stille blasse erde anblickt. J. Paul Hesp. 4, 127; wie eine sonne geht das herz durch die blassen gedanken und löschet auf der bahn ein sternbild nach dem andern aus. Tit. 2, 189; blasse furcht, blasser neid.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1854), Bd. II (1860), Sp. 72, Z. 62.

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Zitationshilfe
„blasz“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/blasz>.

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