Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)
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- bin
- sein, verb.
- sein, n., der substantivierte infinitiv des verbs.
- sein, m.
- sein, seiner, m., n., des ungeschlechtigen pronomens dritter person.
- sein, pron. poss.
- sein, adj.
- sein, n.
bin
bin,
sum, die erste pers. sg. des praes. verb. subst., ahd. pim und pin, mhd. bin, alts. bium, biun, mnl. bem, nnl. ben, wofür ohne labialanlaut goth. im, ags. eom, engl. am, altn. em, doch besteht ags. neben eom sum ein beom und beo ero, was zum sl. praes. iesm', fut. budu, so wie zum litt. praes. esmi, fut. búsu höchst merkwürdig stimmt. das lat. verb. subst. hat die labialis in fui, fuam und fuero. oben 1, 1748 wurde sie auch im goth. bijands = ags. beond, engl. being aufgewiesen.
Die fügungen und redensarten werden unter sein angegeben. ich bin weil ich bin. phil. schr. 1, 9; ich bin ich, ich bin. 1, 24; ich bins. 1 Mos. 17, 4; ich bins der herr. Es. 41, 4; ich bins und sonst keine. 47, 10; binichsicht? nonne? voc. 1482 d 8ᵃ; ich bin des todes. 192ᵃ; ich bin des herrn. Es. 44, 5.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1854), Bd. II (1860), Sp. 31, Z. 1.
sein, verb.
sein, verb.
esse.
I.
verwandtschaft und formelles.
1)
zum ausdrucke dieses allgemeinsten verbalbegriffes verwendet die indogerm. ursprache im allgemeinen zwei wurzeln, zu denen in einzelnen zweigen noch andre treten.
a)
das älteste und eigentlichste verbum substantivum ist és-. hier ist die sinnliche bedeutung, die in der regel solchen allgemeinen und abstracten gebrauchsweisen zu grunde liegt, am vollständigsten erloschen. doch hat man mit einiger wahrscheinlichkeit ostar. asu- (sanskr. ásuṣ, avest. aṅhuš) 'leben, lebenshauch' dazu gestellt, was als grundbedeutung des verbs 'atmen, leben' ergeben würde (dagegen nimmt etym. wb. der altind. sprache 18ᵇ als solche 'wohnen' an. fraglich ist, ob indogerm. esus der herr, und ostar. ásura- gott, wunderkräftiger dämon, hierher zu stellen sind, vgl. Fick⁴ 1, 13. 171. 366. a. a. o. auch indogerm. êsr 'blut' ist wol besser fernzuhalten, vgl. Fick⁴ 1, 13. 365). das hohe alter des worts zeigt sich ferner in der formenbildung. zunächst gehört es der sog. athematischen flexionsklasse an (die blosze einsilbige wurzel ohne zusatz als präsensstamm verwendet), die die ältesten und wichtigsten bildungen umfaszt; ferner hat es nur eine beschränkte zahl von formen entwickelt, nämlich nur die bildungen vom präsensstamm
(präs., imperf., opt., conj., imper., part.) und den perfectstamm, beides nur im activ (ganz vereinzelte medialformen im sanskr. und griech. sind secundär). eine übersicht der formen der grundsprache mit den entsprechungen der einzelsprachen gibt grundr. 2, 1398 f. 1406 f., vgl. Fick⁴ 1, 12. urg. lautl. 84. gramm. 1², 1063 f. ins germ. übergegangen sind folgende (indogerm. ohne berücksichtigung der varianten): ind. präs. ésmi, ési, ésti — (du. swés — pl. smés, sté), sénti; opt. syḗm, syḗs, syēt — sīwé, sītóm, sītám — sīmé, sīté, syent. — ésmi ist in allen indogerm. sprachen erhalten, vgl. sanskr. ásmi, av. ahmi, apers. am ͑iy, armen. em, lit. esmè (veraltet, jetzt esù), altbulg. jesmī, alban. jam, griech. εἰμὶ (äol. ἔμμι), lat. sum (osk. auch esum), altir. am(m), im. und zwar haben die östlichen und südlichen sprachen im allgemeinen den angegebenen umfang der flexionsformen bewahrt, dagegen ist dieser in der nördlichen gruppe bedeutend eingeschränkt: die baltisch - slavischen sprachen bilden nur den ind. präs. von der wurzel es- (altlit. esmì, esì, ẽst(i) — ẽsva, ẽsta — ẽsme, ẽste; altbulg. jesmǐ, jesi, jestŭ — jesvĕ, jesta, jeste — jesmŭ, jeste, sa̜tŭ), ebenso das ir. (am, at, is — ammi, adib, it, vgl. dazu Fick⁴ 2, 44); für das übrige tritt die wurzel bhū- ein (ir. auch theilweise stâ- und vel. das imperf. ḗsm ist vielleicht in der altslav. imperfectbildung nesẽ-achŭ erhalten.) eine ähnliche stellung nimmt auch das germanische ein, s. unter 2.
b)
daneben steht bhū (indogerm. *bhévô), das sowol 'werden' wie 'sein' bedeutet; vgl. sanskr. bhávati, avest. bavaiti, griech. φύω, lat. fuam u. s. w., lit. (fut.) búsin, slav. (inf.) byti. hier scheint die grundbedeutung 'werden, entstehen, wachsen' zu sein (griech. φύω auch transitiv 'zeugen'). so wird es neben ésmi, von ihm auch im sinne geschieden (wenn auch nicht streng), im ostar. (ind.-iran.) und griech. als selbständiges verb durch alle formen durchflectiert. in den westlichen und nördlichen sprachen ist es dagegen in der bedeutung mit ésmi zusammengefallen und in der conjugation im ital. und balt.-slav. mit ihm derart verschmolzen, dasz diejenigen formen, welche von es- gebildet werden, von bhū- aufgegeben sind. dagegen ist im ir. die volle flexion erhalten, sodasz im präs. mehrfache formen neben einander stehen. das germanische nimmt hier eine mittelstellung ein, s. unten (vgl. gramm. 4, 821, anmerk.).
c)
nur im german. wird für 'sein' ein drittes verb verwendet, das in den andern indogerm. sprachen nur die — auch im german. vorhandene — vollere bedeutung 'verweilen, wohnen, bleiben' hat, indogerm. vésô, sanskr. vásati, avest. vaṅhaiti, vgl. dazu griech. Ϝεστία Ϝάστυ, lat. Vesta, vestibulum; ir. feiss und foss (aus *vesti- und *vosso-) 'bleiben, rasten, ruhe'. Fick⁴ 1, 133. 317. 552. 2, 277.
2)
die verschiedenen formen der ältern german. dialecte stellt zusammen und erklärt urgerm. gramm. s. 316—318. zusammenfassend läszt sich sagen, dasz von der alten wurzel es-, zu der nur theilweise bhû- ergänzend hinzutritt, nur noch präs., und zwar ind. und opt., gebildet werden, während für das prät. (und den inf.) überall wesan eintritt und für den imper. eine eigene alte form ganz zu fehlen scheint. doch gehen auch im ind. präs. die formen so mannigfach auseinander, dasz sie der ableitung und erklärung grosze schwierigkeiten bieten. allen dialekten gemeinsam ist nur die 3. sing. ist bez. is, deren originalität Streitberg wol mit unrecht beanstandet.
a)
den ostgerm. sprachen gemeinsam ist das vollständige fehlen der wurzel bhû-. die 1. 2. plur. (und der got. dual) zeigen dieselben endungen wie sonst das perf., aber im got. und nord. verschiedenen stamm. die nord. formen sieht Streitberg als die lautgesetzlichen an. im einzelnen lautet das got. paradigma: ind. im, is, ist — siju, sijuts — sijum, sijuþ, sind, — opt. sijau, sijais, sijai — sijaiwa, sijaits — sijaima, sijaiþ, sijaina (dazu inf. wisan, part. wisands, prät. was, opt. wesjau), altnord. em, est, es (später er, ert, er) — erom, erođ, ero; — opt. sjá (sé), sér, sé — sém (sjóm), séđ, sé (daneben opt. vesa, später vera, imp. ves, ver, inf. vesa, vera, part. vesandi, verandi; prät. vas, var, opt. vǽra, inf. vó̜ro, part. vesit, verit).
b)
dem westgerm. eigenthümlich ist die verwendung der wurzel bhû- neben es-. im ags. liegen infolgendessen im ind. und opt. präs. zwei vollständig ausgebildete paradigmata neben einander: eom (eam, am), eart, is — plur. sint, sindun und earun (aron) — opt. síe, sí, pl. síen, sín; daneben: béom (später béo), bist, biđ — pl. béođ, béođ — opt. bio, béo, pl. bíon, béon (zu dieser wurzel auch inf. bíon, part. bíonde, imp. bío, bíođ, bez. béon u. s. w.). übrigens nimmt Sievers ags. gramm.³ § 427 (nach Joh. Schmidt s. s. 317) für die mit ear-anlautenden
formen eine besondere wurzel er-, or- an, sodasz drei stämme neben einander liegen würden. für die von es- bez er- nicht gebildeten formen tritt auch hier wie überall wesan ein (part. wesende, imp. wes, prät. wæs, opt. wǽre).
c)
die german. sprachen des continents verwenden übereinstimmend es- für die 3. sing. und pl. des ind. und den opt. präs. bhû- für die 1. 2. sing. (und im ahd. die 1. 2. pl.) ind., wes- für das übrige. die paradigmen sind: altfries. bim, bin, bem, ben (2. sing.?), is, pl. send; opt. se; imp. wese, weset, inf. wesa; prät. was, pl. weron, -en, opt. were, part. ewesen, wesen. — alts. bium, bist (bis), ist (is), pl. sind, sindun; opt. sî, sîs, sî, pl. sîn; imp. wis (wes), wesađ, inf. wesan; prät. was, wârun, opt. wâri. — ahd. bim, bist, ist, pl. birum, birut, sint; opt. sî, sîs(t), sî, pl. sîn, sît, sîn; imp. wis, weset, inf. wesan, part. wesanti; prät. was, pl. wârum. die mit b anlautenden formen wären nach Streitberg wegen des durchgehenden i (nur alts. bium) nicht lautgesetzlich entwickelte formen von indogerm. *bhevô, sondern mischbildungen, indem vor die formen der wurzel es- ein b vorgetreten wäre. doch begreift man nicht recht, woher dieses b stammen soll, wenn echte formen von der wurzel bhû- gar nicht vorhanden waren.
3)
im folgenden soll die entwicklung der einzelnen formen im deutschen durch die verschiedenen zeiträume verfolgt werden. vgl. dazu fürs altnd. alts. gr. § 321. Cosijn de oudnederl. psalmen (Harlem 1873) und die glossare zu den textausgaben; fürs mnd. mnd. gr. § 60 und die glossare zu hill. cruz. vruwenl. Theoph. dodes danz u. d. seebuch; fürs mnl. besonders mnl. gr. § 169 und das glossar zum Reinaert; fürs ahd. ahd. gr. § 378 f. 1, 481 ff. 1053 ff. 3, 14 ff. und die glossare zu Isid. Tat. Otfr. Will. (über den Leidener Will. s. beitr. 22, 518 f.); für das mhd. mhd. gramm. § 363 f. alem. gr. § 353. bair. gr. 296 und die wörterbücher und wortregister zu den ausgaben (deutsche chron., deutsche städtechron., Oswald v. Wolkenstein, Alsf. passionssp. u. a.); für das nhd. unter anderm gr. 1, § 385, schriftspr. Luthers s. 212. die abl. verb. bei H. Sachs s. 142—45. Wencel Scherffer s. 53.
gramm. s. 114—116 Weidling, vgl. s. ⅩⅩⅩⅠ. 551—3. 170. 2, 586. 981. 1, 97ᵇ f. 2, 266ᵇ. 302 f. Adelung. Campe. — der gesammte formenschatz der lebenden deutschen mundarten kann hier nicht verzeichnet werden; die vertretungen von bin, bist, ist, (wir, sie) sind, sei (imp.), war, waren, wäre wird man in zukunft am besten in Wenckers sprachatlas übersehen (noch nicht bearbeitet). doch sind die wichtigsten unterschiede auch im folgenden berücksichtigt auf grund der idiotiken und zeitschriften (Frommanns mundarten, Baierns mundarten), vgl. insbesondere über das schweizer.-alem. 240. 420ᵇ. 268. 3, 207, 20. 4, 325; schwäb. 2, 112. 407, 11. Baierns mundarten 1, 306; bair.-österr. 2, 202. 667. 231. 206ᵃ. 289ᵃ. cimbr. wb. 224ᵇ; fränk.-hess. 1, 374. 414. 2, 407, 11. 3, 231, 10 (henneb.), 4, 281, 19 (siebenb.); thür. 115. 11. 77; obersächsisch 53 f. 86. 79; schles. Weinhold d. d. dialectforschung (Wien 1853) 128 f. nd. brem. wb. 5, 240. 424ᵃ. 192ᵇ. 79ᵇ. 321ᵇ. 3, 543ᵇ. 192ᵃ. 237ᵃ. 4, 132, 79 (ostfries.). 3, 260, 18 (märk. Süderland); fries. zur gesch. der engl.-fries. sprache 1 (Halle 1889).
a)
die 1. sing. lautet im ostgerm. got. im, altnord. em, entsprechend ags. eom mit auffälliger brechung, woneben béom, béo. sonst im westgerman. nur diese wurzel, aber mit verschiedenem wurzelvocal. diphthong zeigt auszer dem ags. nur das alts. bium, biun, bion. alle andern dialecte haben dafür den kurzen vocal i, so altfries. bim, bin, bem, ben; altnfr. bim, bin; ebenso ahd. das m von bim ist erhalten im ahd. Isidor, wechselt mit n bei Tat., ist ganz geschwunden bei Otfrid. dagegen hat es sich merkwürdig lange gehalten in dem nordwestlichen gebiete. während in den altnfr. psalmen bin bereits überwiegt (2 bim : 7 bin), ist im Leidener Williram das umgekehrte der fall (s. beitr. 22, 518; die bin stammen wol aus der vorlage), und ebenso ist im mnl. bem die gewöhnlichste form (daneben bim, ben, bin). im mhd. steht bin (besonders bair. auch pin geschrieben) im allgemeinen fest; thür.-hess. dafür vereinzelt ben und selbst bem, s. mhd. gramm. § 381. wenn die niederrhein. Marienlieder aus dem ende des 12. jh. (s. zeitschr. für d. alterth. 10, 1 ff.) dafür häufig bon schreiben, so gleich in der ersten zeile:
so zeigt sich hierin nur die durchgehende neigung dieses denkmals, i in o oder u zu verdumpfen, s. a. a. o. s. 134. auch mnd. steht ben, bun (d. h. wol bün) neben bin. in den neuern mundarten ist bin ebenfalls die gewöhnliche form, daneben als lautliche spielformen bi-n, bî, bi ̃ (oberd., zum theil auch fränk.), ferner in einzelnen mitteld. mundarten ben (nordthür. 11, ungar. 206ᵃ, vgl. schwäb. be ̃ 2, 112) und bän (4, 281, 19, siebenb.); schles. bin, bîn, bei ältern autoren bî und bê. 128; niederd. vielfach bün. — wichtiger ist eine erscheinung, die sich in verschiedenen getrennten gebieten findet, nämlich die ersetzung des anlauts b durch s in anlehnung an die pluralformen; sie begegnet schon mnd. in dem dialektischen sem, neund. besonders ostfriesisch, s. 3, 41, 20 (ik sün in Jever), doch scheint die form hier im rückgange, denn 321ᵇ kennt schon bünn und sünn neben einander, nach Frommann hört man abwechselnd ik sün, bün und bin und nach 3, 543ᵇ wären die letzteren formen sogar die gewöhnlichen. vgl. noch nd. korrespondenzbl. 16, 77. ein zweites gebiet ist das märkisch-süderländ. (Westfalen), hier sagt man sî oder sin 237ᵃ. 3, 260, 18, iek sin 4, 273, 154, ebenso bergisch ech sin 5, 141, 38; entsprechend im mittelfränk., luxemb. ech sen 414, nassauisch ich sein, sinn, sin 1, 374. auch in der Zipser sprache (ungar.) ist ich sei bezeugt, s. 206ᵃ. als mundartliche form vereinzelt in die litteratur eingedrungen: und da seyn ich weggeloffen, und seyn hieher kommen. Simpl. 1, 33, 8 Kurz. — ganz vereinzelt werden präsensformen von wesen gebildet: so wese ick wol wat. 338 (über mhd. ich wise, er wiset s. mhd. wb. 3, 765ᵇ. handwb. 3, 799ᵃ).
ich bon de lof der reinester vrowen,
b)
2. sing. got. is, altnord. es, est (später er, ert), ags. eart und bist. im deutschen überall bis, später bist, infolge falscher abtrennung der form bistu aus bis-thu. doch ist zu bemerken, dasz bist im ahd. schon in den ältesten quellen sein t hat, während sonst die 2. sing. noch auf -s ausgeht; daher nimmt ahd. gramm. § 379, anm. 1 für bist beeinflussung durch die präteritopräsentia (weist, muost u. s. w.) an. doch findet sich bis auch noch später, besonders im mitteldeutschen, s. mhd. gramm. s. 382, auch im bair. bis gegen 1300, s. bair. gramm. § 298. mhd. wb. 1, 127ᵇ. von alten denkmälern hat allerdings nur der Tatian bis neben gewöhnlichem bist. herrschend ist bis in den altnfr. psalmen; auch mnl. ist bes die normalform, daneben best und (besonders brab.-holl.) bist. mnd. gewöhnlich bist, daneben bis, bust, biust. kaum lassen sich hierher ziehen schreibungen, wie:
in der Augsb. chron. des (d. städtechr. 5, 66, 21), während bei d. hist. volksl. 1, nr. 50 dafür bistu erscheint. sonst steht bist im hochd. fest. von den lebenden mundarten haben die alemann.-schwäb. biṡt, bisch, die mitteldeutschen vielfach best (schles. s. 128, bäst nordthür. 11, siebenb. 4, 281, 19, luxemb. sogar bas Gangler 414), vereinzelt bîst ( 115: bîst oder best, dagegen bezeugt Drechsler für das schles. ausdrücklich bīst gegenüber īst, s. c), nd. vielfach büst, märk.-süderl. auch büss ( 237ᵃ. 3, 260, 18).
[on] anfang, mittl und on end
bisdu herr, dein gnad mir send,
c)
in der 3. sing. haben alle germanischen sprachen die altindogerm. form als ist erhalten (nur ags. daneben biđ), doch ist das t in den meisten früh abgefallen. ist haben durchgehends das got. und ahd. (mit dem altnfr.), is das runische (altnord. es, später er), ags. und altfr. das altsächs. hat überwiegend is (ist besonders im Cott. des Hel.), noch entschi-dener das mnd. mnl. nur es und is (is auch im Leidener Williram). im mitteldeutschen findet sich is schon früh, namentlich seit dem 12. jahrh. massenhaft, s. handwb. 2, 927. mhd. gramm. § 364, seltner im bair., s. bair. gr. § 296. bei H. Sachs wird neben ist auch is, isz, vereinzelt isch geschrieben, s. s. 142 f. mundartlich hat sich ist heute nur im oberd. erhalten, und zwar unverändert nur in den bair.-östr. alpenmundarten (bezeugt bei 667. cimbr. wb. 224ᵇ, ob allgemeiner?), das alemannischschwäb. hat durchweg išt, isch. in den andern mundarten nur is oder es (schles. mit auffälliger dehnung îs, ês, eis s. 128, nordthür. und siebenb. äss, vgl. unter a und b, luxemb. enas 414): nd. is, es nur im märkischen.
d)
am mannigfaltigsten und verwickeltsten ist die geschichte der pluralformen, besonders im hochd. hier werden die 1. und 2. pers. anfangs von bi- gebildet: birum, birut, formen, die in andern dialecten keine entsprechungen haben, vgl. zur erklärung 2, c;
doch sterben diese formen in frühmhd. zeit aus und werden durch die optativformen sîn, sît verdrängt. da auch in der 3. plur. die optativform sîn eindringt, so fallen die 1. und 3. pers. allmählich zusammen, und nun wird auch die alte form der 3. pers. für die erste verwendet. so werden gegen ende des mittelalters für beide personen ohne unterschied sowol sein wie sind wie endlich auch die zwitterbildung aus beiden seind gebraucht, von denen schlieszlich sind gesiegt hat. ein unterschied beider personen hat sich nur in wenigen mundarten erhalten. ganz aufgegeben ist, wie überall die 1. 2. plur. im engl., fries. und nd., wo die alte dritte für alle 3 personen gilt, vgl. i (über die ostgermanischen formen s. 2, a).
e)
im ahd. herrschen in der 1. 2. plur. die b-formen uneingeschränkt. die 1. lautet zu ältest birum, birun; die unrechtmäszige erweiterung birumês herrscht bei Tatian, und steht ganz vereinzelt bei Otfrid, sonst einmal piramês; spätahd. biran, birn, bin. die 2. pl. ist birut, spät biret, birt, alem. birent, birnt, bint, s. ahd. gramm. § 379, anm. 1. diese formen sind im ältern mhd. noch recht üblich und finden sich im 13. jh. noch im reime, am häufigsten im bair. - österr. gebiete, während die letzten spuren ins 14. jahrh. fallen und schon im 12. die neuen bildungen daneben stehen. sie lauten: 1. pl. biren, birn, pirn (: schrirn, diern), alem. vereinzelt bin, bei enklise bir(e), pir wir; 2. pl. birt, pirt (: wirt), alem. bint, pint (: kint), s. mhd. gr. § 382. bair. gr. § 298, alem. gr. § 353 (s. 352). zahlreiche belege im mhd. wb. 1, 127ᵇ f. und hdwb. 1, 277, z. b.:
des pir wir alle geheiligôt.
Ezzos gesang 17, 6;
ir bint etewaʒ hie vertvelit.
memento mori 17, 4;
diu eine (welt ist die), dâ wir inne birin,
diu andir ist geistin.
Annolied 27;
cumint mine vil libiu kint,
ich bin uwir vadir, ir bint
di ich irlosit han von der helle not.
fundgruben 2, 137, 1;
daʒ was dem wirte ungemach,
und wolde wâfen hân geschrirn.
'nû sihstû wol daʒ wirʒ birn'
sprach der ungetriuwe man.
Erec 4051;
bevindet man, daʒ ir eʒ bint (: erwint).
Tristan 2301;
sô sprach sie zuo der diern:
'mit dir wir gesûmet biern'.
1, 1188;
er sprach zuo dem wirt:
nû saget an, wie birt
ir ze disen sachen komen?
reimchr. 11382.
f)
1. plur.
α)
die gewöhnliche form ist im mhd. wir sîn; ihr entspricht das bair.-österr., auch im nhd. früher sehr verbreitete seyn, wie es noch Schottel, Stieler und Steinbach als alleinige form kennen. belege aus der litteratur: (wir seyn in einer obersächs. urk. von 1397 s. Franke § 64) dan weyl wir alle gleich priester sein, musz sich niemant selb erfur thun. an den christl. adel s. 8 neudr.; wenn wir durch den glauben gerecht worden sein. Just. Jonas bei 6, 396ᵇ; wenn wir new geborn sein, so fahen wir an das gesetz zu halten. 403ᵃ;
wenn wir in höchsten nöten sein
und wissen nicht wo aus noch ein.
kirchenl. 4, nr. 6, 1 (vgl. 1337, 1);
dasz wir jhm auff ein band gewesen seyn bedacht.
51.
β)
zweisilbige formen sîgen, sîen, wie sie im conj. allmählich herrschend geworden sind, begegnen in älterer zeit besonders alemannisch, s. alem. gr. s. 351 oben: sehent, wier sigen komen her ze Jerusalem. pred. 2, 59; wann wir sien ketzer gewesen. d. städtechron. 4, 97, 6 (Augsb. chron. von 1368—1406); darumb sien wir all uber ain chomen mit der merern volg. 129, 25 (und öfter, s. das glossar). dem entspricht im ältern nhd. wir seien: doch seien wir oft bei ainander geseszen die gantzen nacht. 5, 129, 31 (Augsb. chron. des selbstbiogr. vom j. 1456); sehent wir seyen noch nit als zaghafft als dise. Keisersberg has im pfeffer Cc 1ᵃ; wir seyen darinn vast betrogen das wir eüch nit mer eer haben erboten. Pontus h 3ᵇ; neben seint:
(der edelmann.) zum waidwerck seint wir auch gewidet,
jagen pern, hirsch, rech und hasen.
das wirt dir auch nit zw gelassen.
des seyen wir weit ueber dich.
fastn. sp. 2, 32 neudruck.
γ)
wenn das pronomen nachfolgt, so pflegt im mhd. das n abzufallen, also sî wir, auch sie wir:
bair.-österr. sey wir, so bei Oswald v. Wolkenstein (s. glossar s. 423), Suchenwirt (22, 36); ebenso noch im ältern nhd.: sey wir nit all von einem vater und von einer muͦter. Pontus h 1ᵃ; was lobs sey wir verdienen ausz der plaichait des vasten. spiegel d. sitten 62ᵃ. sey und sein neben einander:
dâ sint heiden manichvalt,
mit den sie wir vorladen.
livländ. reimchron. 323 (ebenso 1878. 4702. 9302).
ach Venus, wie sey wir so kranck, ...
ach wie sein wir so hart gebunden!
fastn. sp. 1, 19 neudruck.
δ)
mundartlich wird altes sîn zu sin, sinn gekürzt:
wir sin auch in der vierten bibelübersetzung, s. Kehrein, und noch bei H. Sachs:
der reis sin mer undvorzeit.
Alsfeld. passionssp. 1094;
herre, mer sinn zu der gesangk (zu dir gesandt).
844;
nun walt sein gott, wir gehn dahin.
herr gott inn deiner handt wir sin.
2, 1, 13ᵇ;
auff das wir jetzund und forthin
vor seinem todtschlag sicher sin.
3, 8ᵈ.
ε)
für die heute übliche form sind gibt alem. gr. s. 351 oben als ältesten beleg:
wo sint allerdings nur von 3 pap. handschriften des 15. jahrh. gewährleistet wird (s. anmerk. s. 213), also wol durch sîn zu ersetzen ist, sonst erst im 14. jahrh., s. mhd. gramm. s. 384. besser ist sint für das 13. jahrh. im mitteld. bezeugt, s. ebenda, doch bieten dieselben quellen daneben sîn. so ist bei Heinr. v. Krolewiz (aus Meiszen, 'vaterunser' gedichtet 1252—5) die gewöhnliche form wir sint, auch im reime, z. b.:
daneben allerdings häufig wir sîn, mit enklise sî wir. hier ist der gebrauch von sint um so merkwürdiger, als die 3. plur. immer sie sîn, nie sie sint lautet, s. das glossar s. 204. weitere belege:
(nur hier, sonst wir sin, vgl. sie wir unter γ);
von Adam untz uf dise zit do wir inne sint. d. städtechron. 8, 239, 2; wir sint hie ertzgraber disz iomertals. bilg. 86ᶜ; hierher auch: ich weis nicht, ob ich oder jr am rechten sind. 8, 32ᵇ.
ê sint wir dort ze stade komen.
troj. krieg 21468,
er hât sân bewêrt mê,
daʒ wir gebruͦder alle sint;
wende wir sîn gar sîn eines kint ..
daʒ er unser vater sî
unde wir alle sîne kint.
sint wir von im geborn sint.
180—190;
wir sint mit manchen landen belegen.
livländ. reimchron. 1357
Pilatus, du weist mir sint heiden.
Alsfeld. passionssp. 3852 (ferner 6344, sonst sin, sinn, s. δ);
ζ)
für sind im schwäbischen zuweilen send: des wir sicher hernach zu grossem schaden kumen send. d. städtechroniken 2, 371, 9; des alle unser voreltern und wir als from erbar leut von menigclichen alwegen vertragen gewest und bisher unangesunnen send bliben. 5, 412, 20.
η)
endlich die mischform seind, die namentlich im bairischen seit dem 15. jahrh. nachzuweisen ist, s. bair. gramm. s. 298 und g. so in einem handschreiben der stadt Nürnberg von 1444: wann wir nu in gantzem getrawen und zuversicht seind. d. städtechr. 2, 73, 19. ferner: wür seindt in change (auf falscher fährte). Baierns mundarten 1, 138, 36 (bair. schausp. vom j. 1701).
θ)
auch hierfür vereinzelt zweisilbige aussprache:
wir syend doch in glicher sipp.
mörin 1017.
g)
die 3. plur. lautet ursprünglich in allen german. sprachen sind (aus indogerm. sentí); nur das altn. hat dafür ero eintreten lassen, worin s. 318 eine alte nebenform urg. *ezunđi (indogerm. *esṇti, griech. ἔασι) sieht. mit diesem ero wird man am ehesten die form earun zusammenstellen, die im ags. neben sind (und béođ) steht und im spätern engl. als are alleinherrschend geworden ist. zu sind findet sich in allen alten westgerm. dialecten eine nebenform mit angehängten -un, -on, also mit derselben dem perf. eigenthümlichen endung, die sonst die pluralformen von sein aufweisen (got. sijum, sijuþ, altn. erom, eroþ, ero, ahd. birum, birut); so im ags. sindun, -on (selten syndun, -on, sendun, -on), alts. sindun, -on, sundon (altnfr. nur sint), ahd. nur in der Isidor - übersetzung sindun (sint nur einmal in den Monseer bruchst., neben sintun, vgl. bair. gramm. s. 298) und im Weiszenburger catechismus sintun. für die weitere entwickelung kommt diese bildung nicht in betracht. doch ist sind im deutschen auch später nicht in uneingeschränktem gebrauche geblieben, obwol zu allen zeiten üblich und am ende siegreich. namentlich kommt später die verwendung der
optativform sîn, sein für den singular und im anschlusz daran die mischform seind auf. die folge ist das zusammenfallen der 3. mit der 1. plur., vgl. d. f. von den ältern hier benutzten nhd. grammatiken und lexiken kennt nur einen unterschied, indem er für die 1. seyn verlangt, für die 3. synd, oder seyn zuläszt. die andern geben für beide nur eine gemeinsame form, und zwar Clajus sind (sein), vgl. s. xxxi des neudrucks, Stieler seyn, Steinbach seyen, seyn, Gottsched sind ('nicht seyn'). noch ist zu beachten, dasz gewöhnlich mehrere formen sich in derselben quelle neben einander finden, so in Ottokars reimchronik nach Seemüllers glossar gewöhnlich sint, daneben sîn (7 stellen). bei Suchenwirt wird sint, sind und seint geschrieben, doch verwirft Koberstein letztere form, weil nie im reime; dagegen häufig sein als ind. im reime. (chron. von Nürnberg 1488, s. d. städtechr. 3, glossar), hat sind, seint, send, sent. vgl. auch: wie die sünden auff die menschen kommen seind, so sy zuͦ gerechtigkait sind geporn .. also sein auch die menschnn ausz widerwärtignn elementen erschaffen. spieg. d. sitten 1ᵃ. gebraucht in der 1. 3. plur. bis 1523 seint und sein (nach s. 212, doch gehört nach s. 59 seind den 'nachdrückern' an und ist nur sind echt lutherisch). für H. Sachs belegt s. 143 (für 1. und 3. plur.) 4 mal sint, 3 mal seint, 2 mal sein, dazu je einmal sent, send und sin (: kelnerin), vgl. auch unten die belege. bei Wencel Scherffer sein, auch seindt, s. s. 53; ebenso bei 3. Elisabeth Charlotte schreibt in demselben briefe (vom 17. febr. 1704, s. sammlung 2, s. 340): wasz albere possen seindt doch dasz, dasz man zu Franckfort soubçoneus ist über wasz jhr mir schreibt? und gleich darauf: da doch so viel leütte zu Franckfort sein. und so vielfach. die Breslauer kanzlei gebraucht nach s. 90 vorherrschend sint (sind), selten (zu anfang, also ausgang des 14. jahrh.) sent, nur im 15. jahrh. seint. — im einzelnen sind auszer sind folgende formen bezeugt:
α)
nur lautliche variante zu sind ist send, das sich namentlich im oberdeutschen des 15. und 16. jahrh. findet, s. alem. gramm. s. 351. bair. gramm. s. 298, wo zahlreiche beispiele beigebracht sind: dieselbigen all werden genant die erbrigkait, darumb daz sy und ir fordern selig lang in groszen eren und stand und rechten her send komen. d. städtechr. 4 (Augsburg), 149, 14 (15. jahrh., in demselben bande auch seind und sien, s. unten); da send so vil fürsten, herren, stette, bischöff (zum Constanzer concil gekommen). 5, 66, 10 (so noch oft, s. das glossar; vereinzelt auch seind; unmittelbar neben sind: inseln, die send zwischen Venedig und Rodis, die wonbar sind. 110, 15 f.); desz send die Fenediger gantz traurig worden. 23, 445, 14 (vgl. das glossar); darumb 2 schwestern die gantz nacht bei ir gewesen send. 25, 15, 9 (und sehr oft, s. das glossar, anfang des 16. jh.); das [sie] sunt dester vleissiger sent. baumeisterb. 62, 6 Lexer ('ausnahmsweise'); die ubrigen 28 [[undefined:poundsign]] send herausz beliben. haushaltb. 17 Loose (und öfter, auch sein); uns sent die brief zuͦkomen. sat. und pasqu. 2, 97, 5; aber um die drit stund send zuͦm Luther komen seine junger. 109, 10;
seitdem in der litteratur erloschen, aber mundartlich noch lebendig, siehe k.
daz sint duͤ vier element,
von den alluͤ ding send
geordnet und geschaffen.
lieders. 3, 127, 18;
von got trestu der eren breis
für alle remisch kaiser werd,
die gewesen send auf diser erd.
hist. volksl. 2, nr. 126, 152;
des send etlich beliben frum.
151, 63 (daneben seind, v. 265);
des mir die leut all zeugen send.
fastn. sp. 1, 43 neudruck (auch 1, 8, s. unten);
sein schmaichel wort sent nur ein deckel
verporgner schalckheit.
2, 17;
kumbt herein! lieb gest mir das sendt.
5, 4;
der gleich mir auch genumen sent
all meine ros, schaff, sew und rinder.
6, 61;
wenn ich nur erfahren köndt,
von wem sie hinglegt worden sendt.
57, 25;
β)
ebenso zu beurtheilen ist das niederrheinische sont, sunt, so in den zeitschr. f. d. alterth. 10, 1 ff. herausgegebenen Marienliedern (vgl. s. 134):
neben:
dat de, de got is eweliche,
sich also einiget bit unser menscheit,
dat si ein sont al ane gescheit.
55, 4;
dit sunt die wnder die engeine sinne
nie envernamen van aneginne.
27;
ale engele die sont in deme sesteme chore.
59, 15;
uuie sint dine ougen alsus bespuen.
25, 34.
γ)
dagegen beruht auf wirklicher formübertragung mhd. sîn, bair. und nhd. sein. — sîn tritt im mhd. zuerst auf mitteldeutschem gebiete auf und zwar ziemlich früh, s. s. 383 f., z. b.:
vergl. auch zeitschr. für d. alterthum 7, 551 und s. 59. es hängt dies damit zusammen, dasz auch in der 1. 2. plur. sîn, sît im mitteldeutschen zuerst aufgekommen sind, sowie dasz hier die 3. plur. auch sonst früh ihr t verloren hat und dadurch mit der 1. plur. gleichformig geworden ist. im alemannischen und bair. findet sich sin, sein seit dem 15. jahrh., s. besonders bair. gr. s. 299, so bei (s. das glossar), ferner z. b.: item Michel von Ehenheim und Ludwig Haller, seind hauptleute, die sein auszgetzogen von hinnen an sant Johanns obent Baptiste. d. städtechron. 2, 297, 9 f. (Nürnberger quelle von 1450, hat sonst sint); der uberwant die Tüschen und lüt, sin geheiszen Valwen. 8, 28, 31 ( chron. von Straszburg 1362, sonst sint, z. b. 32, 7); daz ire kamern mer vol mit guͦtem confecte ... sein dann mit pettpüchern. decam. 419, 23 Keller;
ebenso nhd. sehr verbreitet, ohne dasz sich eine locale begrenzung angeben liesze, in neuerer zeit natürlich nur in mundartlich gefärbter schreibweise: alle fürkeuf sein gänzlich verboten. tirol. weisth. 1, 107, 8; die 8 [[undefined:poundsign]], die mir deszhalb ausz der loszungstuben gegeben sein. haushaltb. 142 (vgl.α); von e. l. szein mir .. ij schreyben zcukommen. brief d. sächs. kurf. vom j. 1525 bei s. 59; je mehr sie zürnen, toll, und unsinnig wider mich sein, je weniger neme ich michs an. 6, 346ᵃ; ist fleischlich gesinnet sein wider gott, so sein warlich die besten gute werck unrein und sünde. 388ᵃ (Just. Jonas); denn es mus je ein schatz und edles pfand sein, dadurch die sünde aller welt bezalt sein. 390ᵃ (ebenda kurz vorher: so sind allzeit diese drey stück .. bey einander); aber ir Lutherischen nembt solche sprüch nit zuͤ herzen .., wann sie sein wider euch. dial. 3, 7; ei, der bapst und die seinen sein nit schuldig gottes geboten gehorsam zuͦ sein. 4, 6; ich glaub, dasz vilmehr die pfaffen ... seelworger und seelschürger .. sein gewesen. wendunm. 1, 561 Österley (1, 2, 112); erstes buch desz alten Pommer - landes, darinnen beschrieben wird, .. was darausz für vornehme züge in andere provincien .. vorgenommen seyn. (titelbl.); die augen seyn spiegel des hertzes, und schildwächter des leibes. Pathmos s. 280; wir leben .. in einem lande, wo die künste wegen vieler herrschafften zertheilet sind .. wir leben auch zugleich zu einer zeit, da die Deutschen fast nicht mehr Deutsche seyn. ged. 1, vorr. a 6ᵃ; ach, mein goldenster herr seelsorger, sie seyn sehr gütig, dasz dieselben von einer kleinigkeit ein solch wesens machen. d. erzähler des 18. jahrh. s. 106, 23 Fürst; sie sein ja so ein arger fliegentöter wie der römische kaiser Domitianus. Anzengruber³ 1, 146; kranke sein oft wunderlich und ihnen musz man halt nachgeben. 235;
selten auch zweisilbig seien: so ist die zeit, so von anfang der welt, bis auff der apostel zeit, eben als wol ein selige zeit wesen, als die jetzige zeit ist. dann es seyen die lieben patriarchen, so an die verheissung gottes von Christo ... geglaubt, eben so wol selig worden, als man zu unser zeit durch den glauben ... kan selig werden. erklär. der ep. Pauli an die Römer (1566) 784.
ich hân zwei wênige kindelîn,
die ein jâr gelegin sîn.
Rother 3165;
in den heiligen namen drîn,
die drîvalt ein einich got sîn.
evang. Nicod. 640;
sint sunne und mâne iren schîn,
die des gestirnes vürsten sîn,
understunt vorliesen.
Trist. 244;
wir sîn diu armen schefelîn,
diu in die werlt geworfen sîn.
vaterunser 4142;
der Dûtschen sal ouch nicht genesen
die mit uns sîn zu Kûrlant.
livl. reimchr. 5613;
die Sitter (Zittauer) sein von kluger list.
hist. volksl. 2, nr. 191, 17.
alle die hie vorsampt sin!
vornemmet wol die redde minn.
Alsfeld. passionssp. 3;
dri zungen das vorstehen,
die vor dem crucz hengehen,
Krichs, Juddes und Latin:
den drien die schrifft kunt sin.
5737 (sint nur in den zusätzen, v. 7605);
ihre brüstlein und die sind hart
recht als sie weren geschnitzet,
sie sein sich von hocher art.
bergr. s. 34, 11 neudr.;
mancher narr der ist also thümm,
maint etlich leüt dj sen frumm.
ain weiser hält sich baider seyt,
halb holtz halb horn das schies weyt.
dj selben frumm gehaissen sein,
als sawerprunn ist guͦter wein.
wann nimant sich vermessen soll,
zedienen zwaien herren wol,
dj an ainander wider sind,
als man im evangeli findt.
Cic. 128ᶜ f.;
zu welchem end', erzehl' ich seine proben hier,
da sie euch wol, so wol bekand doch seyn, als mir?
Ariost 11, 5, 4;
durch dich die waffen nun seyn keiner ehren werth.
26, 4;
ach wie viel herren wol, und ritter seyn auff erden.
27, 1;
komm, komm, und lob den schöpffer dein,
weil andre vöglein schlaffen seyn.
Simpl. 1, 28, 7 Kurz;
der kräuter stille kräffte
seyn euch gantz offenbahr.
ged. 62 (auf derselben seite sind im reime);
wandl' ich über Grunheide bis an den kühlen Rhein,
alle meine gedanken bei meinem feinsliebchen sein.
1, 101.
δ)
lautliche entstellungen aus sîn sind die (in mundarten weit verbreitete, in der schriftsprache seltene) kürzung sinn, z. b.:
sowie die noch weitergehende schwächung zu sen: auff das jar (1503) auff den 15. tag october kamen gelabhafftig brieff von Fenedig gen Augspurg, wie dasz bei 23 schiff kommen sen von Kallekutt gen Lyssiban und hand pracht bei finf und dreissig zentner allerlai spetzerei. d. städtechron. 23, 445, 12 (Augsburger chron.); so die furleit nit wezalt sein, der xiij geste ich nit; dann als vil sy gefurt haben, sen sy als wezalt. urk. Max. 302 (vom jahre 1508); sy sen, ob got will, jtzt baide beyainander in den ewigen fraiden. 149ᵃ;
wann mich bedünckt in meinen sinnen,
es sinn bey sieben pfundt darinnen.
fastn. sp. 4, 52 neudruck,
zuͦ dir sen all mein sinn gestalt.
145ᵃ.
ε)
die contaminationsbildung seind (aus sind und sein) begegnet zuerst bei oberdeutschen autoren des 15. jahrh. und ist in der nhd. schriftsprache des 16.—17. jahrh. überaus häufig; dann ist sie wieder aufgegeben und findet sich später höchstens noch vereinzelt in bewuszt alterthümelnder redeweise. vgl. alem. gramm. s. 351. bair. gramm. 298. sehr häufig stehen andre formen daneben, vgl. oben g (einleitung) und f, η. belege: und truͦgen in (den toten kaiser) enhalb der prugg zuͦ unser frawen, da die crutzer seind. d. städtechron. 4, 62, 1 (Augsburger chron. von 1368 bis 1406); ir seind bei 200 raisiger darinn. 5, 258, 5; darinnen sie bisher ruͦbigclichen gewesen und noch seint. 25, 61, 35; am zechenten seint die Haimbinger berechtigt, mit irem vich ... die waid zu besuechen. tirol. weisth. 2, 61, 25; wellicher thail dan der anlaitung nicht nach käm, der soll aussrichten und bezahlen alle die schäden, so daryber gangen seint auf den tag. 4, 173, 41 (vom j. 1473); hochfart und neyd seind gewonlich bey ainander. v. d. 7 schaiden cc 5ᵃ; das seind drey fält und gestalt dreyer tugent, und sint nit tugent. 5ᵇ); ists offenbar gnug, das die schlussel nit allein sanct Petro, sondern der gantzen gemein geben seint. an den christl. adel s. 13 neudruck; seynd das nit vordrieszliche teuffelische fundle? 23; denn es seind allein blosse wort, und vergeblich geschwetz. Just. Jonas bei 6, 427ᵃ (weiter unten: denn meine missethat sind uber mein heubt gangen, wie ein schwere last sind sie mir zu schwer worden); seint sie aber sündigen. dialoge 2, 26 Köhler; die umbgelegne clösterle, die gleichwol iezundt diser zeit mertails auch verschluckt und hindurch seindt. Zimmerische chron.² 3, 601, 6 Barack;
in absichtlich archaisierender rede wieder eingeführt:
sie han getan ir besten fleisz,
wie wol si seind geschlagen.
hist. volksl. 1, nr. 115, 21 (vom jahre 1462);
si seind nicht wert, dasz sie ein schwert
mer nemen in ir hende.
22 (dagegen:
und welche da gestorben sind : kind.
25);
doch seind die zwen nit genesen.
2, nr. 151, 265 (vgl. α);
und wa zwai herzenlieb bei ainander seind,
die zwai sollent sich basz besinnen.
volksl.² s. 41 (16, 6);
ach ihr wenglein die haben zwey grübelein,
die seind darein.
bergreihen s. 67, 6 neudr.;
die welschen hüt ich meyn ...
seind hie zu land nicht viel.
84, 20;
für ertzhuren seind sie zu achten.
Ambras. liederb. 229, 10;
in dem, als durch die flucht die christen meist entronnen,
ward dieser hertzog selbst gefangen von dem feind,
drob seine zelten auch verlassen blieben seind.
Ariost 1, 9, 8;
ja, seelig, seelig seind dreymahl
die, so auff diesen felsen bawen.
ged. 7 (ps. 2, 15);
ach herr! mein leib und glieder seind
nunmehr .. so schwach, dasz meine freind
mehr, dan mich trösten, trawren;
hingegen meine feind seind frölich.
19 (6, 7);
er kömmt, er kömmt, ein könig,
dem warlich alle feind
auf erden viel zu wenig
zum widerstande seind.
nr. 10, 72 Gödeke;
und wolte wolte gott, es were nur der feind,
den ich noch nie gescheut! so musz allein ich klagen,
dasz ich an diese soll, die meine kinder seynd.
117;
die knecht geflohen seynd.
ged. 2, 110;
die liebsten kumpan seynd das mir.
Oct. s. 110.
ζ)
zweisilbiges sîent:
ebenso nhd. seyhent: es kann nit sein, dasz cisternen gewesen seyhent. Seb. Münster bei 1, 280 (oder conj.?).
sechs edler fürstin claur und fin
die siend all zuo ir behafft.
mörin 2413.
η)
folgende form ist wol nichts als ein druckfehler:
die selben oden, falschen zungen
von Babilonia sidt entsprungen.
schelmenz. vorr. 54 (in der 2. vorr. dafür sindt).
h)
in der 2. plur. steht an stelle des ältern birut, birt, birnt u. s. w. (s. e) im mhd. gewöhnlich sît, so schon im Leidener Williram durchweg siit. dafür ganz vereinzelt zweisilbige formen:
(als imperativ:)
neben gewöhnlichem sit 456. 7343. 7904, sijt 7343 und sogar sint (s. unten):
bairisch - österr. früh zu seit, seid entwickelt, und so im nhd. durchweg; daneben mundartlich mit enklitischem (meist pleonastischem) pronomen seitz, seyts, seyz, seicz, so im 'ring' Heinrich Wittenweilers, s. bair. gramm. § 296;
im alemannischen, wo die 2. plur. überhaupt die endung -nt angenommen hat, ist seit dem 13. jahrh. die gewöhnliche form ir sind, die auch noch dem nhd. des 16. jahrh. geläufig ist, vgl. mhd. gramm. s. 383, alem. gramm. s. 351 (sint neben sît im reime) und mhd. wb. 2, 2, 293ᵇ: umb daz ir dez landfridz gemant worden sind. d. städtechron. 4, 189, 2 (schreiben von 1393); nu sind ir heilig und müeszet also sterben in dem glauben. 5, 91, 2; dasz jr mit guͦten schwencken und kurtzweiligen bossen zuͤ yeder zeit .. gefaszt sind. rollwagenb. 4, 4 Kurz; kömpt här zuͦ mir, alle die jr müyselig unnd beladen sind. 10, 12;
für sint wird vereinzelt sient und send geschrieben: lieber freunt, ir send heut am morgen ausz meinem hausz geritten und hapt zu morgen hie geszen, wie ir aber umbgeritten oder wa ir gewesen sind, das weisz ich nit. d. städtechron. 5, 108, 3—5; von dez wegen wann ir ain vicari und gelid dez richs syent. 341, 25;
als imperativ:
im ältern nhd. auch seind: fraw, gend ir eüch inn der sünd, darumb jr dann zuͦ dem todt gefüret worden seind, nit schuldig? Galmy (1540) 124ᵇ; ebenso als imperativ: fraw seind getröst, es sol eüch .. wol ergon. 125ᵃ. nicht ganz sicher ist die person in folgender stelle: lasst mir den mann ungeheyet (ungeschoren); ich weisz nicht, ob er oder ihr die gröste narren seind. Simpl. 2, 199, 30 Kurz. vereinzelt wirft dies sînt, seind, nach alemannischer weise, sein t ab, sodasz die form als sîn, sein erscheint:
wes ûwer wille kegen mir gert,
des siet ir von mir gewert.
livl. reimchron. 408;
ir Sameiten siet gemeit.
4685 (wol einsilbig zu lesen);
ire sihet in Hiesus plicht
und siehet eme underthain.
Alsf. passionssp. 3837 f.,
ach ir snoden Judenkint,
wie gar hesszigk ir alle sint
Hiesu dem gerechten!
3969.
her Hafenschlek, ir seicz ein chnecht,
der wider got und widers recht
wüsten wil die häiligen e.
18ᶜ, 20;
darumb, her Straub, ir seitz ein man,
der der erczney so vil chan.
26, 38;
herr, ir seyts der äyn,
der uber uns gesaczet ist.
41ᶜ, 43:
hüetent iuwer ôren,
oder ir sint tôren.
handschr. C);
87, 26 (Schanteclêr klagte sîniu kint,
er sprach: 'künec, wir wiʒʒen daʒ ir sint
unser rehte rihtære'.
Reinhart 1858 (vgl. anmerk.);
wann ir sind aller manheit voll,
hist. volksl. 2, nr. 130, 7;
jungfrauw! ir sint edele,
ir sint ein weidelich wip.
volksl.² 62 (36, 7);
nu geht von stat, ihr lieben kindt,
weil ihr zusam vertrauet sind,
so legt euch nu an eure ru!
s. 46 Holstein (Tobias v. 1034).
herr marschalk, syend ir berait?
mörin 1515;
darumb so syend hüt gelich
und helffent sterben disen man.
1446.
daʒ ir ze helfe sîn gesant
Troiæren ûf der Kriechen schaden.
troj. krieg 32574.
i)
die mundarten gehen in der gestaltung der pluralformen stark auseinander. nach Weinhold alem. gramm. s. 351 wären in den heutigen alemannischen dialecten die personen des plur. völlig gleich, und zwar in der Schweiz sind (send) und sî ̃, in Schwaben sind, im Elsasz sinn. die idiotiken u. s. w. kennen solche einheitliche formen nur theilweise, so Hunziker 240 (mr, dr, si sind), Tobler 420ᵇ (sönd oder send), Frommann 2, 112 (schwäb. sint, daneben simmer). andere unterscheiden dagegen die personen, so Seiler 268ᵃ (si, sitt, si und sinn), Frommann 3, 207, 20 (sinn, sint, sint); 4, 325 (mundart der Walser: mr šind, er säid, šie šind), 4, 17ᵇ (Schmidts idiot. Bern.: syt estis et este, aber sy, sunt), vgl. noch 6, 130, 3 (śenn sind); 5, 115, 17 (elsäss. simmer). — das bair.-österr. gebiet ist durch die eigenthümliche form der 2. plur. mit enklitischem pronomen es seits (vgl. h) gekennzeichnet; die 1. und 3. person werden in der regel zusammengeworfen. im einzelnen werden folgende formen aufgeführt: bair. mier, si seind, sánd, sán', hánd, hán'; es seits, sáts, heits, háts. Schm. 2, 202; im 'Donau-Lechwinkel' mir sein, es saeds, si sein. Baierns mundarten 1, 306; tirol. mier, sie sein, senn, send, henn, hend; es seits. Schöpf 667; sand in Baiern, Salzburg, Österreich, Obersteier, auch sând, z. b. um Passau. Weinhold bair. gramm. s. 299, nürnberg. senn, s. 298; für die 3. pers. werden ferner angeführt send, sönd. Hartmann-Abele volksschausp. s. 598, sãi Frommann 3, 331, niederösterr. san 6, 253, ii; für die beiden ersten kärnt. seimar (sind wir), seits. 5, 254, 52. 56. im cimbr. ist der unterschied der personen erhalten: bir sain, ir sait, seü seint. cimbr. wb. 224ᵃ. eigenthümlich sind die formen mit anlautendem h, die sich besonders in den böhmischen mundarten finden, vgl. Baierns mundarten 1, 364, 11 (mie hán, hánd im bair. wald). 437 (sann satts bez. han hatts sind seid, letztere überall in Westböhmen, auszer am rande, doch daneben auch miar, si senn. ebenda, vgl. s. 420). Frommann 5, 410, 10 (südböhm. sats, hats ihr seid). Weinhold bair. gramm. § 190. — in den mitteldeutschen mundarten besteht überall eine gemeinsame form für die 1. 3. plur., diesz ist für viele dialecte zusammengestellt Baierns mundarten 1, 288, danach obersächs.-erzgeb. mer, si sein, nordvogtl. sai, ostfränk. sin (Würzburg), san, sá ̃n, sen, vereinzelt sei ̃, südvogtländ. sen. vgl. auch Frommann 1, 122 f. (fränk. thür. sie sein, senn). sonst werden verzeichnet fränk. henneb. senn, säit Frommann 2, 407, 11. 5, 266, 1. 270, 10 (semme sind wir); nassauisch sein (sinn, sin) Kehrein 1, 374; luxemb. sen, sit Gangler 414; schles. sein, sên, senn, 2. pers. seid Weinhold s. 128, siebenbürg.-sächs. seng ̃, seg ̃d Frommann 4, 281, 19; thür. säin, säid Regel 115; nordthür. sin, siit Schultze 11, sint, sît Liesenberg 77; altenb. sin, sid Pasch 79, leipzigerisch sinn (vornehmer sein), seid (sidd) Albrecht 53 f.; erzgeb. sein, seid Göpfert 86; schles. sein (sên, senn), seid Weinhold dialectforsch. 128. — das nd. zeigt wie das fries. und engl. durchweg zusammenfall aller 3 personen des plurals. diese gemeinsame form lautet gewöhnlich sint, auch
sünt, sunt (bei enklise sin, sün, sun wi, ji, mundartlich schon in ältern quellen binnen, binen und binnen, s. Schiller-Lübben 5, 695ᵇ). nur das westfäl. kennt daneben auch sîd, s. Woeste 237ᵃ. Frommann 3, 260, 18 (märk. Süderland), vgl. 4, 272, 99. 101 (märk. siffi, sinfi sind wir); und ein theil der nördlichen mundarten hat dem sing. eine form bünt nachgebildet, so in Südschleswig, s. nd. korrespondenzbl. 10, 18 (dagegen in Angeln sind, vgl. auch 16, 77) und aer (jetzt seltenere) nebenform in Ostfriesland, s. Stürenburg 321ᵇ (bind und sünd). ten Doornkaat Koolman 3, 543ᵇ. Frommann 4, 132, 79. formen der fries. mundarten verzeichnet Siebs s. 151.
k)
geringere abweichungen bietet der conjunctiv.
α)
zunächst ist zu erwähnen, dasz im mhd. neben dem gewöhnlichen conj. sî u. s. w. formen von wesen stehen ohne jeden sinnesunterschied, vgl.:
weitere belege s. mhd. wb. 2, 765ᵇ. hdwb. 3, 799ᵃ. häufiger ist wese mnd. und mnl. neben gewöhnlichem sî.
daʒ dû sîn vriunt wesest guͦt
unde im niht sis gehaʒ.
vaterunser 3347 f.
β)
die gewöhnliche form des conj. ist im mhd. sî sîs(t) sî sîn sît sîn. daneben finden sich besonders im alemannischen zweisilbige formen, theils sîe sîen u. s. w. geschrieben, theils mit dem spiranten j als übergangslaut sîge sîgest sîge sîgen sîgent sîgen(t). obwol diese formen erst aus späteren quellen bezeugt sind, will alem. gramm. s. 351 in ihnen die alterthümlichsten sehen, indessen trotz der übereinstimmung mit dem got. sijau, sijais u. s. w. mit unrecht. die indogermanische flexion des opt. zeigte nämlich einen wechsel zwischen sing. und plur. siḗm (bez. syḗm) siḗs siḗt — sīmés sīté siént. dieser ist indessen vielfach zu gunsten des ī der pluralformen beseitigt, so im classischen lat. und so jedenfalls auch im urgermanischen. die so entstandenen formen mit durchgängigem î sind im ahd. ausnahmslos und auch mhd. in der regel erhalten (ebenso mnd. mnl.). wo dann zweisilbige formen mit modusvocal nach dem i auftreten, beruhen diese sowol im got. wie im hochd. auf übergang in die thematische flexion. die belege beginnen mit dem 12. jahrh., so mehrfach im Rheinauer Paulus, s. ged. des 12. jahrh., ferner mhd. wb. 2, 2, 293ᵇ f.:
danach sind die formen des sing., obwol zuweilen mit ye geschrieben, einsilbig zu lesen, während die für ind. und conj. gleichlautenden pluralformen auch zweisilbigkeit zulassen:
Isaac sprach: 'go her zuͤ mir, das ich dich betaste, ob du Esau sigest'. d. städtechron. 8, 254, 21 (Königshofen); darumb wil ich, daʒ ir bi mir sigent. 305, 11; was er übels geredt hab, daʒ sîe in ainem zorn geschehen und sîe im laid. tirol. weisth. 3, 344, 17 f. (quelle vom j. 1427). die 4. bibelübersetzung hat neben einander syhe, sijen, sien und sey, s. 1, s. 279 f.
nu bit hich die chnabin drie,
daʒ si mir helvinde sien.
Rheinauer Paulus 24;
'nu horet alle', sprachen sie,
'swie [wie?] eʒ umb die rede sie'.
pass. 37, 49 Köpke;
ein stein heiʒt elitropîe.
nû hœrent wie dem sîe.
steinb. 446;
des sie mîn sêle ûwer pfant.
livl. reimchr. 552 (u. öfter);
was in min frow gezigen hab,
das syen als herdauchte mear.
mörin 1773 (vgl. die anmerk. zu v. 265);
und gebent wis ret,
wer dies boten syen,
und doch nit under dryen.
d. spiegel, bei 185, 32;
want du nimmest dich an, du sijest got.
Alsf. pass. 4308 (sijhest 3517, siest 849, siestu 7900);
Ys sijhe der lieb adder leit.
3424 (ebenso 875. 4465. 7860, sihe 7585, sie 6558, sij 112. 2161);
nu horet alle und vornemmet mich,
er sijhet alt, jung, arm adder rich.
2 (sijt 618);
der doit macht alle dingk glich.
sie sijhen arm adder rich.
2196;
got vater in der ewigkeit,
gelobt sigist in der gotheit.
hist. volksl. 2, nr. 144, v. 2;
γ)
diese formen setzen sich auch im ältesten nhd. noch eine zeitlang fort. namentlich sind sie üblich bei Keisersberg, z. b.: du syest von natur wie tugenthafft du wöllest .., du sigst
dar zuͦ wie vernünfftig du wöllest, .. disz alles macht dich got nit angenem. bilg. 86ᵇ f.; nitt dasz ich gott deszhalb dester nützer syge. patern. F 5ᶜ; gedenck am ersten von dir selbs, ob du sygest in todtsünden oder nitt. P 2ᶜ; was im durch das gebet zuͦ suͦchen, heischen oder zuͤ begeren syge. D 4ᵈ; darumb so verlyhe uns, dz wir teilhafftig sygent des brots. R 5ᵃ; so wir erkennen und glauben, solliche vorgesagte ding von im, das sy in im sygent. F 5ᵇ. ferner im Terenz v. 1499: ob ich sunst ich wöll? ya, wenn du by disem ritter bist, das du von im syest, und mich tag und nacht lieb habst, myn begerest, das din traum von mir sy, myn wartest, myn gedenckest, mich hoffest, das din wollust ab mir sy, das du gantz by mir syest. 41ᵇ f. und noch in Wickrams rollwagenb.: wie darffst dus reden, dasz ich dir schuldig sye? 21, 14 Kurz; gebt uns ein schwuͦr, der da nit zuͦ klein, auch nit zuͦ grosz sye. 90, 20; so der gantz kirchhoff gewycht syge. 136, 24. ferner: dasz er ein tütscher fürst oder graff, und ein glid des richs sige. 1, 2ᵃ; die besser und die gerechter urteil sige. 2, 543ᵇ; als Lucern und Zug für jr rechte herrschafft ... durch si selbs vorbehalten und uszbedingt sige. ebenda.
δ)
vereinzelt auch im ältern nhd. einsilbige formen ohne diphthongierung, besonders im alemannischen: es ist dir besser du sigst by erbern frummen lüten .. dann das du allein siest. bilg. 57ᵈ; ich glaub, etlich sie haben gemaint, der leubhaftig deufel si vorhanden. Zimmerische chronik² 2, 577, 18 Barack;
was es sig für ein gsind
die selben galgenkind.
volksl.² 280 (142, 2);
das er reyn sig von sünden gar.
narrenschiff 29, 32;
(der papst) wil darfür gehalten werden,
dass er sig ein gott uf der erden,
darumb treit er der kronen dri,
dass er über all herren si
und sig ein statthalter Jesu Christ,
der uf dem esel geritten ist.
s. 107 Bächtold (von papsts u. Christi gegens. 91—96).
ε)
die gewöhnliche nhd. schriftsprache gebraucht durchweg formen mit diphthong, doch stehen einsilbige und zweisilbige von anfang an neben einander. da nun letztere zum theil vom heutigen sprachgebrauche anerkannt, zum theil dagegen aufgegeben sind, und da auszerdem in den pluralformen sich vereinzelt noch weitergehende abweichungen infolge von vermischung mit dem indicativ finden, so empfiehlt es sich die einzelnen personen gesondert zu betrachten. vorangestellt seien die angaben der wichtigsten grammatiken und wörterbücher: Clajus: sey-seiest-seyseien-seiet-seien; Schottel: sey - seyst - sey - seyn oder sindseyd-sind oder seyn; Frisch: sey-seyst-sey-seyen-seyet-seyen; Gottsched: ich sey, nicht seye- du seyst, nicht seyest- er sey, nicht seye- wir seyn, nicht seyen- ihr seyd- sie seyn, nicht seyen; ebenso Adelung, dagegen Campe, dem heutigen sprachgebrauche entsprechend: sei - seist, seiest-sei-sein, seienseid-sein, seien. durchgängig wird die einsilbige form bevorzugt, wenn das pronomen nachfolgt.
ζ)
in der 1. 3. sing. ist die form seie, seye von der grammatik niemals aufgenommen, von 302 sogar ausdrücklich bekämpft (s.ε, in der anmerk. erwähnt er abweisend eine sonderbare unterscheidung, wonach seye in verneinenden, sey in bejahenden sätzen seine stelle habe). ebenso ist sie heute ganz auszer gebrauch gekommen. trotzdem findet sie sich in der litteratur nicht selten, und zwar bis in unser jahrhundert hinein: und das seie von alter recht. tirol. weisth. 1, 145, 13 (handschr. von 1565); drittens ist beschlossen worden, das ainer, am welichem ort das seie, vor der albfart ninderst merer treiben oder aufkern solle. 64, 28 (vom jahre 1677); dasselbe auch anderem billich vorzuziehen seye. eselkönig s. 223 (kurz vorher: vorzuziehen sey); auf wasz weisz er durchkommen seye. Baierns mundarten 1, 138, 3 (bair. schausp. von 1701); damit er zu seiner zeit .. zur cron undt regierung des reichs vechig seye. 205, 28; er habe gehört wie unwürdig man an seinem schwager bundbrüchig geworden seie. Götz von Berlichingen 4 (Weim. ausgabe 8, 127, ausgabe von 1773, sey in der ausgabe letzter hand 8, 123; 42, 160 steht dafür wäre); das wetter will nicht leiden dasz die probe im garten seye. briefe 6, 2;
seegen, fried', einigkeit seye das band,
dasz da verknüpffe sinn, hertzen und hand.
ged. 150;
fest seye verknüpfet das ehliche band,
mit lieber einschlagung der fürstlichen hand!
167 (vgl. s. 53);
er kennt sich selbst nicht mehr, meint, alles seye schein.
ged.¹⁰ 59;
als seie nichts geschehen,
so musz ich völlig meinen.
1, 260.
η)
in der 2. sing. ist die zweisilbige form verhältnismäszig selten, z. b.:
von den grammatikern hat sie nur Clajus recipiert. ganz feststehend ist die form seist bei nachfolgendem du, so in den sehr gewöhnlichen formeln zu anfang von kirchenliedern, wie:
der weitaus häufigsten verwendung dieser form überhaupt.
mit kleinen kosten leer ich dich,
wie dich solt richten in dem stich,
das auch gefast seigest hierin,
so etwan must schlucken den wein.
kunst zu trinken (1537) 3, H 3ᵃ.
gelobet seystu Jesu Christ!
kirchenl. 3, 9 ( );
gegrüszet seyst du, gott mein heil.
s. 46 Gödeke, —
θ)
in der — überhaupt seltenen — 2. plur. ist die einsilbige form noch entschiedener herrschend (seiet nur bei Clajus, s.ε). auf der alemannischen mundart beruht folgende form: ich hab euch nur gefragt, ob jr ein huͦr seyen? rollwagenb. 20, 6 Kurz (vgl. 2: fraw, sind jr nit auch ein huͦr?).
ι)
in der gewöhnlich gleichlautenden 1. 3. plur. wird dagegen eher die zweisilbige form bevorzugt: er denkt, wir seien nicht zu hause und ähnl.; wenn sy das podagra oder czipperlein haben, so geben sy zuͦ versten es seyen ander kranckheit. decam. 419, 31 Keller. in der ältern sprache dafür seigen geschrieben:
dagegen: wye dy mal und wirtschaft sein zu halten. elich weib a 2ᵃ. doch ist zu beachten, dasz diese eigentlichste verwendung des conj. präs. immer mehr aus der gewöhnlichen sprache schwindet und dafür der conj. prät. oder der ind. eintritt. in der aufforderung aber, wo der gebrauch des conj. noch ganz lebendig und überaus häufig ist, wendet man wegen des nachfolgenden pronomens auch hier fast durchweg die kürzere form sein an: sein wir gerecht! sein sie mir nicht böse u. s. w.
dann darumb auch die Francken führten
jnen selber zu sondern zierden
die gilgen, dadurch zubezeugen,
dasz ein recht freyfranck volck si seigen.
dicht. 3, 348, 58 Kurz.
κ)
in der ältern sprache finden sich zuweilen abweichende formen, so zunächst das aus dem ind. eingedrungene sind, von Schottel neben seyn (für die 1. und 3. pers.) zugelassen; hiermit wird zu verstehen gegeben, dasz doch alle leuthe in der welt, sie sind auch wer sie wollen, das zeitliche leben lieb haben. Lokmanns fab. 113ᵇ (14). — so auch die mischform seind, von für die 3. plur. als oberdeutsch verzeichnet, doch früher auch in der 1. üblich: die widersacher aber, die reden davon, als seind wir nicht Christi reben, sondern Moisi. Just. Jonas bei 6, 427ᵃ. — dagegen beruht die im ältern alemann. belegte form seyent wol auf der dort üblichen vermischung der 2. und 3. plur.: item Gregorius ... sagt dz seine werck oder würckungen, seyent unser underwysung. paternoster E 3ᵇ.
λ)
formen der lebenden mundarten: schweiz. seig, seigišt, seig, seige und sîg, sigist, sîg(i), sigi, -it, -it s. 240. 268ᵃ. 3, 207, 20. 4, 17ᵇ. 5, 406, 1. 6, 408, 25; schwäb. sei, seist, sei, seiet oder seie. 2, 112; bair. sey 2, 202; cimbr. sai er, saibar, sain seu. cimbr. wb. 224ᵇ; niederbair. y sä Baierns mundarten 1, 229, 127; westböhm. sa s. 437; luxemb. ech séw, du séws, é séw, mir séwen, dir séwt, se séwen. 414. in vielen mundarten, namentlich den meisten mitteldeutschen, ist der conj. ganz auszer gebrauch. die nd. bilden ihn noch zum theil von wesen, so ik wese brem. wb. 5, 240, wääs 321ᵇ, vgl. auch Adelung. daneben indessen sî 192ᵃ. 3, 260, 11 (märk. Süderland). jene weise scheint der küste, diese dem binnenlande anzugehören.
l)
der imperativ hat keine alte von der wurzel es oder bheu gebildete form. im got. wird er durch den optativ ersetzt, vgl. gramm. 4, 83, in den andern sprachen von wesan gebildet: altn. ves, ver, ags. wes (daneben bío, béo), altfries. wese, alts. ahd. wis, anfr. wes, mnd. wese, mnl. wes; mhd. wis, daneben in den nördlichen mundarten auch wes, wese:
alsô wes mîn zunge und mîn munt.
Rolandslied 1512 (55, 5);
wes willekome, lîbeʒ wîp.
Tristan 3031;
du wis (handschr. wese) niht alsô gæhe.
Virginal 978, 8.
α)
für dieses kommt früh eine neubildung bis auf, die jedenfalls entstellung von wis in anlehnung an die 2. sing. ind. bis(t) ist. sie findet sich am frühesten und häufigsten im alem., hier sogar schon ganz vereinzelt in ahd. zeit: a dibilibus arcearis fona lamem pis kiduungan. ahd. gloss. 1, 425, 44 (Rb). seit dem 13. jahrh. ist sie oberd. und mitteld. in allgemeinem gebrauche (neben wis). vgl. Weinhold mhd. gramm.² s. 382. alem. gramm. s. 352. bair. gramm. s. 300. mhd. wb. 1, 128ᵃ. 2, 291 f. dem mnd. ist sie fremd geblieben, wol aber findet sich bes im spätern mnl. ich stelle zunächst einige mhd. belege zusammen:
gott bis im gnedig. d. städtechron. 5, 163, 23 (vgl. das glossar). — auch derselbe autor gebraucht verschiedene formen neben einander, so wird bei Suchenwirt wis, bis (biʒ) und pis geschrieben, s. 3, 38. die 'Wenzelbibel' hat bis, s. 90.
gelobt bis, hôhiu Trinitât,
Vater, Sun, Geist, gelobt bis al der gnâden rât,
diu dû durch uns vil arme ie begienge od noch durch uns begast.
Roethe,
231, 1—3 bis dêmüet und erbarme dich.
1, 37;
Colne, danke aller eren gode,
bis underdain sime gebode.
2652;
bis diemüetic unde kiusch.
reimchr. 700;
Bethlehem bis frô!
49467;
bis mit den freydenreichen fro.
38, 25;
sô bis verswigen gerlîch.
51, 1, 19;
du saligs kind, nu pis mein wirt!
hist. volksl. 2, nr. 128, 368;
Maria maget keusch und rein, ...
bis den frumen fursten mit hilf bereit.
191, 218;
β)
in spätmhd. zeit wird dann zum infin. sîn und zum conj. ein neuer imp. sî gebildet, s. Weinhold mhd. gramm.² s. 384. alem. gramm. s. 351 (die stelle aus Orendel lautet: nun sig lidig, und steht in der handschrift von 1477, s. die ausg. von vers 1509). diese bildung ist im mhd. noch sehr selten und scheint — im gegensatze zu bis — vom norden einzudringen. im mnd. und mnl. ist sie ganz gewöhnlich.
γ)
im nhd. stehen die beiden formen sei und bis von vorn herein gleichberechtigt neben einander: (imp.) sey vel bis du, sis vel es. 114, 25 neudruck; ebenso geben Schottel und Stieler: bisz oder sey. dagegen sagt 2, 266ᵇ nur sey, kennt bisz nur aus der litteratur, s. 1, 97ᶜ. ebenso steht für 303 sey du fest. Luther hat (nach Franke) bisz bis 1530; für H. Sachs belegt 144 nur sey, für 53 seie und bisz, in den von gr. 1, § 385 beigebrachten belegen überwiegt bis, bisz weitaus; beides neben einander haben darunter Keisersberg, Albr. v. Eyb, Wicel und H. Sachs. belege für bis(z): o Pamphile bisz gegrüsset. Terent. (1499) 16ᵇ; eya du freündt gots, bisz vest unnd nym an dich die waffen Christi. granatapfel F 1ᵇ (aber: nun sy got wilkum du diener gotz. bilg. 68ᵈ); bisz mässig mit essen und trincken. spieg. der sitten 38ᵃ; sprich, man sol vater und mutter ehren, aber thue es nicht, bis jnen ungehorsam. 2, 44ᵇ; bisz keusch, danck gott. Luther und streitschr. 2, 115 neudruck; ferner rollwagenb. 76, 21. 103, 4 Kurz (s. unten); ach herr, bis mir gnedig. Zimmerische chron.² 1, 166, 19 Barack; lieber vater, bisz mir gnädig, vergib mir meine schuld. menschensp. (1631) F 5ᵃ; bis, wer du warest. 2, 61, 45 (überschrift);
gedenck an deines ordens ayd,
und bisz gehorsam, arm und keüsch.
Cic. 139ᵇ;
nun komm herein, bisz wilkumb mir.
2, 2, 19ᵈ;
der könig sprach, bis willkom gast.
froschm. D 2ᵇ;
bisz willkommen, bisz wîllkommen,
hochgelobte königin.
433;
christ bisz nur nicht verzagt, mit wachen fasten bethen
kanstu das gantze heer der teuffel unterthreten.
cherub. wandersm. s. 169 neudr. (6, 207);
o! bis mir denn willkommen heute,
bis willkomm schöner held (sonne)!
3, 10;
komm, bisz mein liebchen, bisz mein weib!
als lesart, wol absichtlich archaisierend).
120ᵃ (δ)
heute ist bis noch in den Schweizer mundarten lebendig, s. 240. 420ᵇ. 268ᵃ (bisch). 3, 207, 20. 4, 325; auch sonst vereinzelt bis, so in Altenburg 79, in Leipzig bis so gut, bis nich so dumm, in Köln bess, in den Sudeten bĭs und bīs. 54, schles. bis, bes s. 128, in Siebenbürgen bäs 4, 281, 19. aus bis ist in einigen gegenden bi geworden, so im Donau-Lechwinkel bi (daneben umschrieben das fei ̃ biš) Baierns mundarten 1, 306; im bair. wald bi štád (sei still). 64. 70; im Erzgebirge bî, aber in den städten bis. 86. — andre mundarten haben sei, so schwäb. 2, 112; cimbr. sai du cimbr. wb. 224ᵇ; thür. säi, daneben mit angehängtem k (wie auch sonst bei imperativen) säik 115, nordthür. sik 77. — von den nd. haben die küstenmundarten das alte wes, wese erhalten, s. brem. wb. 5, 240. 338 (wese frahm). 321ᵇ (wääs, wess). 3, 543ᵇ (wêse, wäse, wês, wä̂s, wes). dagegen herrscht im binnenlande sî, vielleicht beeinfluszt durch die nhd. schriftsprache, s. 192ᵃ. 237ᵃ. 3, 260, 18 (märk. Süderland: sy, auch biis). beides neben einander verzeichnen 424ᵃ. 192ᵃ.
m)
der plur. imp. wird ursprünglich ebenfalls von wesan gebildet: altn. vesiđ, ags. wesađ, altfries. weset, alts. wesađ, -at, ahd. uueset. daneben kommt in der mittleren zeit sît auf, also dieselbe form, die sich auch für die 2. plur. ind. und conj. festgesetzt hat (s. h und k, θ), welche personen ja gewöhnlich zusammenfallen. ganz vereinzelt bereits im ahd.: niomannen ni bliuuêt noh harm ni tuot inti sît giuago (contenti estote) iuuarâ lîbnarâ. Tat. 13, 18. später allgemein üblich: so mnd. sît, weset; mnl. sijt, weset, weest. im mhd. scheint sich weset im bair. am besten gehalten zu haben, s. bair. gr. s. 300. mhd. wb. 3, 765ᵇ. handwb. 3, 799. gr. 4, 84. sonst ist sît das übliche. für dieses begegnen dieselben nebenformen wie im ind., vgl. unter h. namentlich findet sich das alemann. sînt, sind im 15.—16. jahrh. sehr häufig, vgl. alem. gr. s. 351: sint noch hüte starkes gemuͤtes und fehtent unerschrokenliche umbe unserre stette ere. d. städtechron. 8, 82, 16 (Closener);
sonst herrscht im nhd. durchgehends seid (alle wörterbücher verzeichnen seyd). von west finden sich keine spuren mehr. mundartliche lautgebungen: syt 4, 17ᵇ (idiot. Bern.), sitt 268ᵃ, säid 115, sît 77, seid 86, sĭd 79. im nd. richtet sich der plur. nach dem sing.: an der küste weset brem. wb. 5, 240. 424ᵃ. 321ᵇ (wääst, wesst), im binnenlande sît 192ᵃ (sîd) 237ᵃ. 3, 260, 18 (syd, sid, sind).
lieben kint,
sint vrœlich vrô engegen der lieben sumerzît!
minnes. 1, 108ᵃ Hagen;
woluf mit richem schalle
und sind all frisch und geil!
hist. volksl. 1, nr. 120, 1;
da beruͦft si iren dienern allen;
si sprach: 'sind züchtig, und gend guͦt beschaid!'
2, 179, 175;
nun farent hin und sind guͦt khnab.
faszn. B 4;
so sind fürbass still in der nacht;
was wyters gen wöll, hand guͦt acht.
belagerung von Babylon (1560) 3. act.
n,
α)
ebenso steht im inf. neben dem alten wesan die neubildung sîn, doch tritt letztere hier schon früher auf als im imp. sie begegnet nämlich schon bei Isidor, ist bei Otfrid ebenso häufig als wesan und überwiegt bei Notker, s. ahd. gramm. § 378, anm. 2. mhd., mnd. und mnl. stehen überall sîn und wesen gleichberechtigt neben einander, und zwar in denselben quellen. so steht z. b. in der livländ. reimchron. sîn im reime 195. 605. 747 u. ö., wesen 553. 1021 u. öfter (s. das glossar unter wesen). für Eckhart sucht zeitschr. f. d. phil. 16, 36 ff. einen bedeutungsunterschied zwischen beiden nachzuweisen. im allgemeinen kann davon schwerlich die rede sein, abgesehen von den fällen, wo wesen das (regelmäszig durchflectierte) vollverbum ist.
β)
für sîn mitteld. (thür.-ostfränk.) sî mit abfall des -n, sehr häufig im reime, s. handwb. 2, 928. mhd. gr. s. 384 (auch im 'welschen gast' reimt sîn auf bî, frî u. s. w., s. bair. gr. s. 299). — bair.-österr. natürlich sein. — im spätern mhd. finden sich zuweilen formen mit unorganischem end-e: mit dem wil got niht allaine sine in dirre welte. er wil och bi im sîn in dem himel. pred. 2, 2;
Peter lieber bruder mine,
ich wel dine geferte sine.
Alsf. passionssp. 7687 (vgl. 7784);
min edel luͤt wend mir nit gehorsam sine
und schafent dem lande pine.
hist. volksl. 2, nr. 130, 3, 11.
γ)
der inf. nimmt im mhd. häufig, ohne veränderung der bedeutung, nur aus gründen der syntax, ein ge- vor sich, so gewöhnlich, wenn er von hilfszeitwörtern abhängig ist. in diesem falle findet sich auch im nhd. noch häufig gesein, s. theil 4, 1, 4024 f., so z. b.: was tugend mag es gesein nit wein trincken, so wir ausz zorn truncken werden? spiegel der sitten 42ᵃ (und so gewöhnlich);
die weils dann ja nicht anders kan
gesein, und müszet schlechts daran.
Susanna 1, 240;
ach wie mögt grösser freud gesein.
2, 3, 96ᵈ;
darumb jhr kriegsleut kans gesein,
stellt doch die gottes lestrung ein.
lauter. warh. 91;
wie aber solches mag gesein,
befehlt dem starcken held allein.
207;
wenn aber das nicht kan gesein,
so schlegt er wie ein vater drein.
262.
δ)
sonst durchweg sein. wesen ist im nhd. als inf. ganz aufgegeben, dagegen erhalten als selbständiges substantiv, s. das. — hervorzuheben ist noch die im 18. jahrh. herrschende gewohnheit, das verbum als seyn von der pronominalform sein zu scheiden, vgl. gramm. 1, 524. die schreibung mit ey geht durch alle formen, die überhaupt den diphthong haben (pl., ind., conj., imp., inf., part.), sie herrscht in den wörterbüchern von Schottel (551 ff.) bis Adelung, s. noch 170 f. 2, 586. 2, 266ᵇ f., besonders 267ᵃ. auch hat noch 1826 für die ausgabe seiner werke seyn u. s. w. vorgeschrieben, s. Weim. ausgabe 1, s. xxii.
ε)
ein flectierter inf. begegnet schon bei Notker als ze sînne a. a. o., mhd. ze sîne, s. handwb. 2, 928, z. b.:
daneben auch ze sind, -e, eine form, die noch im ältern nhd. begegnet (besonders alem.): donoch sprach got zu der frowen: dorumb daz du begertest gotte glich zuͦ sinde und höher sin denne ich dich hette beschaffen. d. städtechron. 8, 237, 32; guͦt ist uns hie zesind. 4. bibelübersetzung (1470—3). Marc. 9, 4 bei gr. 1, s. 280; da wöllend wir, dasz er den gwalt der kilchen gottes fürständig zesinde haben sölle. 1, 24ᵇ.
alsô dâhte ich iemer frô ze sîne.
minnes. frühl. 145, 6.
ζ)
auch die lebenden hd. mundarten zeigen durchgängig entsprechungen des alten sîn: schweiz. sí 240. 268ᵃ, seh, sih 420ᵇ, sîn (zi sîn) 3, 207, 20, sî ̃ 4, 325; schwäb. sãi (flect. sãid) 2, 112; bair.-österr. seĩ 2, 202. bair. gr. s. 299 (oberösterr. san, sonst saiñ) 667. 231, daneben mit anorganischer weiterbildung seinen ebenda, ebenso cimbr. sain, sainan. cimbr. wb. 224ᵇ, ungar. sain (sôe ̃) 206ᵃ. 289ᵃ, oberpfälz. und westböhm. sa ̃ Baierns mundarten 1, 437; fränk.-henneb. gesei, sei, sen 2, 407, 11; luxemb. sen 414; siebenb. seng ̃ 4, 281, 19; thür. säi 115, sinn 104ᵇ, sîn 77; obersächs. sinn 54, sein 86, preusz. sein und sind 2, 337ᵃ, auch berlin. sind. — die nd. idiotiken führen meist wesen und sîn neben einander auf, so 424ᵃ. 547 (siin üblicher). 192ᵇ. 79ᵇ (wesen häufig für sin 106ᵇ). 2, 184ᵃ (sîn selten). 543ᵇ; nur wesen kennen die ältern Nordseemundarten, s. 338. brem. wb. 5, 240 (dazu sien 6, 305). 321ᵇ (sien als hülfsverb unbekannt 246ᵃ), nur sîn das binnenland, s. 192ᵃ. 237ᵃ. 3, 260, 11.
o)
im part. ist die alte form besser erhalten, got. wisands, altn. vesende, ags. wesende, ahd. uuesanti, -di. ebenso mnd. wesende, wesen; dagegen stehen mnl. sijnde und wesende neben einander, ebenso im mhd., z. b.: ich sage dir dc fürwar, dc du hinte mit mir wirst sînde in dem paradise. pred. 2, 149;
im alem. ist sînde seit dem 13. jahrh. nachzuweisen, vgl. alem. gr. s. 351; dagegen verzeichnet die bair. gr. nur wesende. auch das älteste nhd. kennt noch wesend, ens, subsistens. s. 116, 24 ndr., besonders im bair. - österr. gebiete: die ausser lants und gerichts wesende salzkeufl und fuehrleit. tirol. weisth, 1, 33, 22 (hschr. des 17. und 18. jahrh.). die Breslauer kanzlei verwendet bis 1560 nur wesende, s. s. 90. stets hat sich wesend erhalten in den sehr gewöhnlichen zusammensetzungen
ab-, anwesend, s. das. beim einfachen verb. dagegen ist die regelmäszige form der nhd. schriftsprache seiend, so ausdrücklich angegeben von 553 (seynd) und 170 (seyend). es ist indessen eine auffällige thatsache, dasz der gebrauch dieses part. im nhd. für gewöhnlich gemieden wird, in schroffem gegensatze zu dem sehr beliebten holl. zijnde (vgl. Schottel 553), engl. being. 303 giebt an ein wesender, bemerkt indessen dazu: 'dieses einfache mittelwort ist nun zwar nicht im gebrauche: allein, in der zusammensetzung saget man oft ein abwesender, ein anwesender. es geschieht nämlich im deutschen vielmals, dasz zusammengesetzte wörter gewöhnlich sind, wovon die einfachen das glück nicht gehabt haben, beliebt zu werden'. er scheint mithin seiend gar nicht zu kennen. wirklich dürften sich für dieses in mustergiltigem deutsch wenig belege finden: versäume nicht bald möglichst die folge meiner briefe zu senden; die noch hier seienden gehen über die hälfte von 1820. an Zelter 478. — die idiotiken verzeichnen ein part. präs. überhaupt nicht (schweizerisch 'sînd, sîndo oder síjond?' 3, 207, 20).
wand si Schoysiâne
der tôten meide muoter zôch
kint wesnde.
Parz. 805, 8.
p)
im prät. tritt überall im germ. das verbum wesen ein, das die gewöhnliche flexion der starken verben aufweist. die abweichungen und verschiebungen beschränken sich hier auf die auch sonst bekannten ausgleichserscheinungen. so ist in der 1. 3. sing. die alte form vas im altn. frühzeitig durch die analogiebildung var verdrängt worden. dagegen hat sich was im westgerm. durchgängig erhalten (mhd. was eʒ vereinzelt zu weiʒ contrahiert):
nur im nhd. ist war durchgedrungen. ganz vereinzelte spuren dieses war begegnen schon im 15. jahrh., s. alem. gr. s. 353. bair. gr. s. 300:
doch ist was im 16. jahrh. noch weitaus überwiegend. die Breslauer kanzlei hat bis 1560 stets was, s. s. 90. besonders gut scheint sich dieses bei den alemann. autoren des 16. jahrh., wie Manuel zu halten. die bair. wie Aventin, H. Sachs verwenden meist beides neben einander, vgl. a. a. o. und s. 144. dieser belegte für H. Sachs was 2 mal, dazu wase 2 mal, dagegen war 3 mal und 1 mal ware. beide bildungen halten sich demnach die wage. eher hat sich war im mitteldeutschen durchgesetzt. Luther verwendet nach 212 was nur bis 1523, später war. s. 114, 14 ndr. giebt an: ich war, du warst, er war, bemerkt aber dazu: pro war usurpatur aliquando was. andere belege für was aus dem 16. jahrh.: Herodes Ascolonita was gar wol dran mit dem keiszer Julio. postill. (1522) 3, 13ᵇ; sie was zuͦfrü dar kumen. schimpf s. 298 Österley (nr. 520); das was ein newe unerhörte welt. weltb. (1542) 221ᵃ; under andren mins vatters säligen schwestren, was eini, die hatt kein man. 9 Boos;
die belege bei gr. 1, § 385 enthalten nar ein war: der keyser Augustus sagt zu einem, der yhm nach aller masse seines leibes .. ehnlich und gleich war. sprw. 159. — seit dem 17. jahrh. steht war fest. wenn was vereinzelt bei neueren dichtern wieder auftaucht, so liegt bewuszt archaisierende redeweise vor:
eine unform, im streben nach alterthümlichkeit nach falscher analogie (zu den daneben stehenden thät und hätt) gebildet, ist wär:
die heutigen mundarten zeigen ebenfalls r - formen, soweit nicht (wie im bair.) die form überhaupt auszer gebrauch gekommen ist: schweiz. wâr 3, 207, 20, aber was noch in der Saaner mundart, s. 6, 407. bair. war, als prät. ungebräuchlich, aber zuweilen als präs. verwendet, s. 2, 1021; dafür cimbr. ich war cimbr. wörterb. 224ᵇ, ungar. wor 206ᵃ, bàa 289ᵃ. 6, 250, 3; fränk.-henneb. woër (encl. wor) 3, 231, 10; siebenbürg. wôr, daneben aber auch waͦs. 4, 281; luxemb. ech wor 414; thür. woir 115; wâr Liesenberg;
erzgeb. wôr 86; schles. woar, wuar, wôr 128. — im nd. ist was meist bis heute erhalten, s. brem. wb. 5, 240. 424ᵃ. 192ᵃ. 237ᵃ. 3, 260, 18. doppelformen (infolge des eindringens der conj.-form) zeigen nur einige dialekte auf nicht ursprünglich nd. boden, s. 192ᵇ (waor, wêr, was). 79ᵇ (wir u. was). 321ᵇ (wass oder weer). 3, 543ᵇ (was, wêr). die im einzelnen stark auseinandergehenden formen des fries., die indessen alle auf was (pl. wêren) zurückführen, verzeichnet s. 72 f.
dô weiʒ dir irgangen,
alsô der wîssage sprach.
ged. 297, 18;
an irem tochterlin,
duͤ ware schon und minneclich.
lieders. 3, 260, 241.
Daniel was gantz jung der jar.
Cic. 110ᵇ.
(Jesus) sah etwas blinken auf der strasz,
das ein zerbrochen hufeisen was.
13, 119;
frag' meinen vater, den schäfer,
ob er ein könig was,
frag' meine mutter, die schäfrin,
ob sie auf dem throne sasz!
ged. (1864) 228.
er hätt' ein auge treu und klug,
und wär auch liebevoll genug.
Hans Sachsens poet. send.).
13, 125 (q)
die 2. sing., ostgerm. wast, lautet westgerm. ursprünglich wâri und so noch ahd. alts., entsprechend mhd. wære. in mittlerer zeit nimmt diese form gewöhnlich die sonst übliche endung der 2. sing. an, daher mnd. werest, mnl. waers. eine gröszere mannigfaltigkeit zeigen die hd. formen der übergangszeit vom mhd. zum nhd.
α)
formen mit -st vereinzelt schon früh:
sonst erst wieder im 15. jh.: wie ist die beschehen? du warest vorschnel zuͦ allen guͦten dingen. pred. 35ᶜ;
nhd. durchgängig warest, warst.
sô wêrest dû mînir êren
willich immir mêre.
Rother 4486 Bahder.
o her, du warest recht und gericht.
schausp. 2, s. 202, 53.
β)
älter scheint im oberd. eine form mit angehängtem d oder t zu sein, die wol von enklitischem du ausgeht, vgl.:
sodann aber auch bei vorangestelltem pronomen gebraucht wird: wie du inen vor wert eyn guͦt exempel. bilg. 159ᵈ;
dafür mit eindringen des a:
andrerseits mit ausfall des r du wet:
weitere belege s. alem. gramm. s. 352 f. handwb. 8, 799 und bei Wackernell zu 4, 95 (s. 202), der die übergangsstufen wære-wært-wærst-warst annimmt.
ê werd ein tier, nû bist ein man.
Wigal. 121, 33;
wa werd du hin? daʒ sag mir.
nach der handschr. B; A Wer, C Wert);
106, 27 dem sünder wert du alle tag bereit.
schausp. 1, 288, 53,
du werd alda in chewscher tzuht
so lang, du hohgelobte fruht,
bis daʒ dein muͦm den sun gewan.
41, 297;
Josep dem alten dem waʒ lait,
do er sach, daʒ du werd groʒ.
321;
du wert fru hie und komest spat.
48, 4;
sag, wa wartu hin?
lieders. 3, 8, 142.
waʒ der duͦchman mit dir verlan hat,
als du am nechsten bij im wet.
schausp. 2, s. 398, 77.
γ)
wie das s der 1. 3. sing. gewöhnlich durch ausgleichung zu r geworden ist, so ist im 15. jahrh. zuweilen umgekehrt das s von was in die 2. person (und den plural, s. r) eingedrungen. so findet sich in der Wenzelsbibel einmal wo wastu? s. s. 90. ferner: so du .. anfahest dich basz gehaben dann du vor wasest. Keisersberg sieben schwerter aa 2ᵃ; do du jung wast, do warestu vor den leüten lustig. seelenp. 200ᵇ; du wast vor so behuͦt. 222ᶜ; do du noch in der welt wast. bilg. 156ᵇ;
möglich wäre es auch, diese form auf wârst zurückzuführen, und mit formen aus lebenden mundarten, wie ungar. bàäst 289ᵃ. 6, 250, 3 zusammenzustellen. — selten ist zweisilbiges wasest: Petre, die weil du iung wasest, so gurtest du dich. pred. 106ᵇ.
vor der dû sâst,
ir herr dû wâst.
102, 3, 9;
ân ruͦ und rast
ellend dû bâst,
umbgeben in der veinde schranck.
107, 2, 24;
δ)
aus heutigen mundarten werden sonst angeführt: schweiz. wärist 3, 207, 20, wérišt 4, 325; schwäb. wäršt 2, 112; fränkisch - henneb. woršt 3, 331, 10; thür. warrscht 115, wârscht 77; erzgeb. woršt 86; nd. werest brem. wörterb. 5, 240, wirst und wast 79ᵇ, westfälisch wærs 237ᵃ. 3, 260, 18.
r)
der plur. hat im allgemeinen im deutschen die alte form unverändert bewahrt: ahd. alts. wârun (-ut), mhd. wâren (-et), mnl. waren, mnd. waren und gewöhnlicher mit umlaut weren, altfries. weron, -en. auch im nhd. stehen von anfang an die formen waren-waret-wart-waren fest.
α)
zu erwähnen ist die im 15.—16. jahrh. nicht seltene nebenform wasen, deren s aus der 1. 3. sing. stammt (vergl. q), s. alem. gr. s. 353. hdwb. 3, 799: (Maecenas) bestrit die Sicambros, Niderlender, und bawet wider die Trierischen, die gewaltig wasen, die stat Agrippinam. d. städtechronik 3, 37, 3 ( chron. von Nürnberg 1488); und wasen auch unser burger zwen bei in. 5, 4, 5 (Burkard Zink, Augsb. chron.); und als sie bei ainander wasen und mochten sich nit geainen. 33, 18; in dem jar, als man zalt 1463 jar, in dem monat mai, wasen so vil ratzen oder krautwürm auf den peumen. 292, 26 (und sehr oft, neben waren, s. das gloss.);
sogar wassen wird geschrieben:
doch überwiegt auch bei H. Sachs wir, sie waren, war wir, ir wart, s. s. 144. seltner ist die 2. plur. wast, so im volksmärchen:
sie wasen im geræchte.
heldenb. 52, 20 Keller;
Jörg Staufer und der Kneisser wasen vornen dran.
volksl.² 376 (181, 20);
zwen engel die wasen wolgeton.
662 (323, 3);
lang ich dich nit gesehen hab,
seyt wir am nächsten wasen vol,
was weins wir öszten waistu wol.
Cic. 144ᵈ;
all myn gedangken wasen schwer.
150ᶜ;
zwen herolt da bestellet wasen.
1, 173ᵇ;
wie auff ein zeit gar sehr viel hasen
inn einer schönen gegend wasen.
490ᵃ;
nach dem sie jm abschneiden wasen
beide ohren und auch die nasen.
2, 2, 95ᵇ;
dasz wir anbhieltn kein drocken fasen,
darzu auch offt so hungrig wasen.
5, 339ᵇ (fastn. sp. 3, 16).
allda zwen fromer burger sassen,
die mit freundschafft verbunden wassen.
5, 311ᶜ;
zwen gfatern neben einander sassen,
welche auch paid kauffmender wassen.
fab. u. schw. nr. 148, 4 neudruck.
es ist ein band von meinem herzen,
das da lag in groszen schmerzen,
als ihr in dem brunnen saszt,
als ihr eine fretsche (frosch) wast.
märchen 4.
β)
vereinzelt finden sich vocalische abweichungen, so woren schon 1290 in Wittelsbacher urkunden, s. bair. gramm. s. 301; ferner:
da dy kristen halb über wurn,
ererst dy Turken an sy furn.
ged. 5, 844;
eʒ waʒ ain ungefugeʒ her,
ir worn wol zwölff an einen.
6, 136 (neben waren 6, 70 u. sonst);
wir wurend iuer figend e.
schausp. des mittelalters 1, 159, 41.
γ)
im ältern alem. begegnet nicht selten eine contrahierte form (wir) wân, s. alem. gramm. s. 353. mhd. wb. 3, 765ᵇ. handwb. 3, 799:
daʒ wân alse guote man.
minnes. 1, 107ᵇ, 15 Hagen;
valsch geziugen stalt er dar,
die des schâfes vigent wân.
(wie sölt daʒ reht dâ vürgân!)
7, 19;
den was der brutloff lait,
wann sy Metzen gespilen waͤn,
die muosten vor ze kilchen gan.
liedersaal 3, 407, 315.
δ)
bair. zuweilen mit anlautendem b, so baren schon in den 1363 vollendeten Trienter statuten, s. bair. gramm. 301.
ε)
in den heutigen mundarten gehen die r-formen durch; nur im Berner oberlande ist wasen noch lebendig, s. 6, 407. sonst schweiz. wäri, -it, -it 3, 207, 20, wéren 4, 325; cimbr. bir boarn cimbr. wb. 224ᵇ; fränk.-henneb. worn, -t, -n 3, 231, 10, ebenso erzgeb. 86; thür. warren-woirt, warrt-warren 115, wârn, wârt 77; schles. woarn, wuarn, wôrn, worrn 128; nd. wi weren. brem. wb. 5, 240. 424ᵃ, wæren (wöären) 237ᵃ. 3, 260, 18, wö͏̂ren 192ᵃ, wiren 79ᵃ. eine eigenthümliche entwicklung zeigen nur die ungarischen mundarten: bie banden, ie bàet, se(i) banden. 289ᵃ. 6, 250, 3.
s)
der conj. zeigt keine abweichungen, auszer den schwankungen der la tfärbung und schreibweise und der behandlung des umlauts: ahd. alts. wâri, mhd. wære, wofür oberd. überwiegend wâre (s. alem. gr. s. 353. bair. gr. 301), ebenso niederl., mitteld. und nd. in der regel wêre. die verschiedenheiten der schreibung in älterer zeit veranschaulichen folgende beispiele: we it darom weire, dat ste da it ste. d. städtechron. 13, 183, 7;
ain mann- oder weibsperson, so in der gemain gebirtig oder sonsten hausend ware. tirol. weisth. 2, 90, 41 (handschr. v. 1691); welcher dar under weer unter in allen. 4, 93, 7; item, wêr auch, das ain lediger oder ain ausser man ain unzucht in der stat begieng. 350, 4 (vom jahre 1485); ob iemant wider solliche öffnung vorgeschriben weiter mehr oder minder gefreiet wöhr oder gerechtigkait hätte. 1, 185, 7 (abschr. v. 1711). — nhd. durchweg wäre bez. were, wär, wer. mundartliche formen: schweiz. i wär 240. 268ᵃ, wēr(d) 420ᵇ, wær (wärist, plur. wäri, -it, -it). 3, 207, 20, wêr (wérišt, wéren). 4, 325; im Berner oberlande mit ausstoszung des r: wæ, wæsch, pl. wæn (wæ ̃) wæt, im Wallis wê oder wêi, s. alem. gramm. 353; schwäb. wär (wäršt, wäre, -t). 2, 112; bair. wâr, wa' bair. gramm. s. 301. 231; cimbr. ich bear, bor, bür, böar (plur. bar bürden). cimbr. wb. 224ᵇ; henneb. wêär, wéar, encl. wér (plur. wérn, wért). 2, 407, 11; thür. wö͏̂r, häufiger wêr. 115. 77; schles. waer, wâr (in älteren quellen wiere, weir) s. 125; nd. were wær, wör.
t)
das part. perf., got. wisans, altn. verit, zeigt im westgerm. gewöhnlich nicht den zu erwartenden grammatischen wechsel, sondern behält das s des inf. bei; doch scheint es den älteren dialekten überhaupt zu fehlen (ags. alts. ahd.). später finden sich neben gewesen, das bis heute die herrschende form geblieben ist, abweichungen nach 2 seiten; einerseits übergang in die schwache flexion: gewest, andrerseits eine neubildung gesîn, die sich ebenso an den jüngern infinitiv sîn anlehnt, wie gewesen an wesen. das verhältnis der einzelnen sprachen und dialecte zu diesen formen ist folgendes: altfries. stets ewesen, wesen. mnl. gleich häufig ghewesen und ghesijn, doch ist ersteres im älteren fläm. bevorzugt; die heute herrschende form gheweest ist dem älteren fläm. fremd, aber im brabant. und holl. häufig, s. mnl. gr. § 169 (noch jetzt holl. gewezen in attributivem gebrauche: een gewezen burgemeester). mnd. gewesen und gewest, so auch heute, doch mit überwiegen des letzteren: wesen 338. brem. wb. 5, 240; west 192ᵇ. 79ᵇ, weest 424ᵈ, ewest 192ᵃ; beides neben einander im ostfries.: wesst (wäsen) 321ᵇ, wesen, wäsen, west 3, 543ᵇ, und westfäl.: wesen, west 237ᵃ, wiäsen (wiäst) 3, 260, 18. — mhd. gewesen seit dem 12. jahrh., herrscht im bair. und mitteld.; gesîn ist besonders dem alem. eigen und hier seit dem 12. jahrh. die gewöhnlichste form, findet sich indessen seit dem 13. jahrh. auch im mitteld. nicht selten; gewest tritt zunächst im 13. jahrh. im mitteld. auf, im 14. jahrh. auch oberd. üblich; mitteld. schreibweisen sind geweisen, geweist, bair. gebes(s)en, geben, s. mhd. gramm. s. 384 f. alem. gramm. s. 351—3. bair. gramm. s. 301. mhd. wb. 2, 2, 294ᵃ. 3, 765ᵇ f. die Wenzelsbibel hat gewesen und gewest, s. s. 90; die Augsburger chronik ebenso, s. d. städtechron. 5, gloss.; die Nürnberger gewesen, gewest, auch gebesen, gebest, seltener gesein, s. ebenda bd. 2. 3. die verschiedenen formen oft unmittelbar nebeneinander: item der Preüsz mainter, er sey ein furman gewesen. 2, 80, 16; Heintz Wintter .. der Albrecht von Wallenfels voyt ist gewest, .. ist ein sneider gewest. 19 f.; item von sant Kathrein tag bisz an daz ent diecz kriegs ist mangel gewest an waitz; item mangel ist gewesen an gelt u. it. mangel ist gewesen an gersten u. s. w. 334, 15 f. selten ist die dreisilbige form geweset:
schon mhd. finden sich auch im oberd. die heute verbreiteten zusammengezogenen formen gewen, geben:
die von kindes beine
sînt lûtter unde reine
hie geweset al ir leben.
vaterunser 1704.
es waren ze ainer zitt
zwuͦ gefatruͦ on nit
gewen manig jar.
lieders. 1, 83, 3.
u)
im nhd. bestehen dieselben formen neben einander fort, bis allmählich gewesen von der schriftsprache allein anerkannt wird.
α)
gewesen ist stets üblich, auch bei autoren, die daneben andre formen gebrauchen; so bei Manuel neben gesin, bei (z. b. 4, 492ᵇ. br. 2, 306, s. u.) und S. Franck neben gewest, bei H. Sachs neben gewest und gesein, vgl. unten:
die wörterbücher und grammatiken lehren zu allen zeiten gewesen, so schon 116, 25 neudr., 303 mit ausdrücklicher ablehnung von gewest.
Adam, dut unser pfarrer lessen,
ist unser aller vatter gwesen.
fastn. sp. 2, 29, 82 neudruck.
β)
lautliche varianten zu gewesen sind gebesen, gewessen, gewösen, gewesend: so etlich zeit nicht pei lant gebesen sein. tirol. weisth. 4, 559, 6; und wan di vierzehen tag aus seind gebesen, so sullen si wider haim ziehen. 690, 17; alsdann mag nicht dest weniger die gemain von inen und wider wen si gewösen zum rechten vertröstung nemen. 3, 85, 33; mit rat vil frummer erber lüt, die darpei un damit in irens rat gewesend sind. 340, 10; wann es (das gespenst) sich dann sehen lasen, so ist es ein lange, weise form gewessen. Zimm. chron.² 4, 83, 10 Barack;
ganz selten sind formen mit abgeworfenem -ge: so ist die zeit, so von anfang der welt, bis auff der apostel zeit, eben als wol ein selige zeit wesen, als die jetzige zeit ist. erkl. der ep. Pauli an d. Römer (1566) 784.
er (der pelz) ist mir lieber gewessen laider,
den sünst all andre meine klaider.
fastn. sp. 6, 133, 369 neudruck;
damals zwen brüder gewessen sendt,
Remus und Romulus genendt.
Keller.
17, 15 γ)
gesin steht zuweilen im ältern alem.: nemend war, welcher gehorsam dieser man gesien ist, das er nit schonet seines eingebornen suͦnes. seelenpar. 18ᵃ; will ich by dem meister gsin bin und der geissen gehütten han. s. 11 Boos; und ist sy by 16 jaren alt gesin. Villinger chron. s. 151 (gleich darauf: und ist sy ungefar by 16 jaren alt gesein); (sie) was darvor uf sanct Jörgentag 16 jar alt gsin. 152; wiewol die von Uberlingen lieber der sach entprosten gsin wärind. 2, 543ᵃ;
und so künstlich wieder erneuert:
all die in Murten sind gesin,
die hand grosz ere geleget in.
hist. volksl. 2, nr. 142, 5;
erzählt das eben fix und treu,
als wär er selbst gesyn dabei.
Hans Sachsens poet. sendung').
13, 128 ('δ)
häufiger und allgemeiner verbreitet ist die diphthongierte form gesein; sie ist u. a. die gewöhnliche bei Keisersberg und Paracelsus: ich byn nackendt gesein, do habend ir mich geklaydet. pred. (1510) 111ᶜ; also ist Maria gesein vollkommen in aller ersamkeit. schiff der penit. 53ᵈ (dagegen: von dieszem schmertzen lesen wir, das er sey gewesen in vil hayligen vätteren. 21ᵃ); wir lesen das heilige frawen seint neidig gesein. narrensch. 130ᵃ; die habent die heiligen stet gesuͦcht, und seint nitt narren gesein. 133ᶜ; als er (Christus) auf erden gangen ist, da ist sein ampt nicht anders gsein, dann uns erlösen vom teufel, der erden und der hellen. (1589) 1, 253; (sie) sagen sie haben den teuffel ausztrieben, so es nuhr ein tobigkeit geseyn ist. (1616) 1, 533 A; als ein exempel im alten testament ist gesein. 2, 246 C;
es thet kain mensch nach dir nie fregen,
die weil und ich pin ausen gsein.
fastn. sp. 6, 59, 189 neudruck;
doch ist sie dir gsein lieb und werd.
irr. reit. bilger 4ᵇ;
ich glaub dir wol du seiest gesein
da man sich alle tag sauff voll wein.
ein christenl. zug wider d. Türcken c 2ᵃ;
wann ich schon schwarz bin,
schuld ist nicht mein allein;
schuld hat mein mutter gehabt,
weil sie mich nicht gewaschen hat,
da ich noch klein,
da ich wunderwinzig bin gesein.
wunderhorn 2, 603 Boxberger.
ε)
sehr verbreitet, vorwiegend, jedoch nicht ausschlieszlich bei mitteldeutschen autoren, und hier in mundartlich gefärbter rede bis in unser jahrhundert, ist gewest. Luther gebraucht es zu allen zeiten, s. s. 212; bei H. Sachs belegt es 145 dreimal (neben 2 gewesen und 1 gesein); auch bei Scherffer scheint es nach s. 53 die regelmäszige form zu sein. belege: ein feszlen Neckerwein .. ist umb 28 masz leer gewest. haushaltb. 29 Loose; so seyn zween Berlinger do gewest, do hab ich nit zween williger gesehen, und ich glaub noch nit, dasz herr Paulus von Absberg gewust hab, dasz ich in der stuben gewest sey. 59; das ist mein und meines bruders seel. besoldung gewest. 60 (ebenda weiter unten: da wir vielmahls etwan wol bey 20. oder 30. meil wegs mit dabey gewesen); ich halt in für ein christlichen lerer, welcher .. seint der apostel zeit nie gewest ist. dial. 17, 25 Köhler; die andern sagen er hab des keysers schwester gehabt und der keyser sei sein schwager nit sein schweher gewest.
Germ. chron. (1538) 97; ein armer bawrsman .., der auch all sin tag kain kriegsman oder kain schütz gewest. Zimm. chron.² 1, 401, 4 Barack; ich bin sehr schellig auf dich gewest, aber es ist vorüber. 1, 346; wer ists gewest? die knechtsfrau selber ists gewest. 2, 68 (u. öfter);
in attributivem gebrauche, flectiert: bei des Yphofers, gewestin pflegers zu Auras, zeiten. tirol. weisth. 4, 593, 2; gedachter tapferer theologus Joh. Valentinus Andreae, gewester Würtembergischer praelat. pietismus (1710) 31; der sonst gewest gewohnliche wochenliche vichmarckt. Salzb. taid. 240, 19 (handschr. v. 1758); schles. dafür gewast: wenn ihrer noch dreyzehn wern gewast. gelibte dornr. 1 (werke 340, 29 Palm).
wo bin ich nicht gewest?
ged. 311;
schimpff aber ist nicht ernst; und desz Saturnus fest
ist einmal nur desz jahrs, zu Rom im brauch gewest.
1, 25, 84;
wie kalt du mich umbarmst, wird dir dein hertze sagen,
wie dir ein löffel lust umb nichts nicht feil gewest (: nest).
rosen 28;
als er noch zu Misen
schiff-hauptmann sey gewest.
Epicharis 3, 58 (s. 51);
was hilfts den fürst der Macedonen,
dasz er altäre baut auf thronen,
und lebend noch ein gott gewest.
ged.¹⁰ 17 (lesart der ersten 3 aufl., später geändert);
was unser geist gewest (ebenso, später: sonst war), eh ihn ein leib bekleidet.
60, e.
ζ)
es ist schon unter α bemerkt, dasz viele autoren gleichzeitig mehrere formen gebrauchen, oft unmittelbar hinter einander, vgl. auszer den schon angeführten beispielen: des alles doch kein eigentliche verzeichnus vorhanden gewest ist. darumb hab ich mit hilf Conrad Gürtlers, .. der dann ein schaffer und anschicker ob der stat pewen .. gewesen ist, .. die hernach geschriben stuck auf gezeichent. baumeisterb. 17, 11. 14 Lexer; darnach die arbeit gewesen ist .. die jar, die ich pisher paumeister gewest pin. 40, 29. 31; weil sie aber ganz unvermögend gewesen, ist mit ihnen auch nicht zu schlieszen gewest. 3, 125; dasz er mir gerne an die haut geweszt wäre .. aber ein anderer sagte mir beyseits, er wäre in seiner jugend ein mänsch gewesen. Philand. 2, 270.
η)
die heutigen mundarten weisen folgende formen auf: alem. gsîn, gsî ̃ (in der Schweiz gsi 240. 268ᵃ, gsih, gseh 420ᵇ, gisîn, gisino 3, 207, 20, gsê 4, 325), elsäss. gsinn, oberschwäb. gsî(n), gsein, gsai ̃, niederschwäb. (gwäss), gwä. alem. gr. s. 351—3. 2, 202. 2, 112; bair. gwes Baierns mundarten 1, 306, auch gwen, oberpfälz. gwesten, s. bair. gr. s. 301, nach demselben gilt in Österreich in der herrensprache gewesen, in der bürgersprache gwest, in der bauernsprache gwenn, gwönn; grosze mannigfaltigkeit herrscht im tirol.-kärnt.: gewäsen, gwösn, gwödn, gwedn, (gwest), giwen, gwä', s. 667. 231. die mitteld. mundarten reflectieren durchweg gwest: fränk.-henneb. gewâst 2, 407, 11; siebenbürg. gewiest. 4, 281, 19; nassauisch gewest (selten gewese). 1, 374; luxemb. gewiescht 414; thüring. gewâCombiningRingAbove;st 115, jewast 77; altenb. gewast 79; leipz. gewest 54; erzgeb. kwâst, kwâsn 86; schles. gewest, gewâst 129. auch nd. meist west 192ᵇ. 79ᵇ; weest 424ᵃ, ewest 192ᵃ; doch daneben wesen brem. wb. 5, 240. 338. beides neben einander im ostfries.: wesst (wäsen) 321ᵇ, wesen, wäsen, west 3, 543ᵇ, und im westfäl. wesen, west 237ᵃ, wiäsen (wiäst) 3, 260, 18.
v)
über die bildung des umschriebenen prät. s. unten.
II.
bedeutung.
1)
die verschiedenen verbalstämme, die die idg. sprachen für 'sein' verwenden, haben alle ursprünglich eine sinnlich concrete bedeutung gehabt, die erst allmählich und im laufe einer langen entwicklung zu diesem allgemeinsten und farblosesten aller verbalbegriffe abgeblaszt ist. dieser procesz ist natürlich nicht bei allen gleich früh eingetreten und gleich weit vorgeschritten. am frühesten und vollständigsten ist er bei es- durchgedrungen. hier zeigen alle idg. sprachen schon in den ältesten uns bekannten zeiten die in frage stehende abschwächung des sinnes und nur einige stammverwandte substantiva lassen eine ursprüngliche bedeutung 'atmen, leben' vermuten, s. I, 1, a. die zweite wurzel bheu- läszt die sinnliche bedeutung 'wachsen' im gr. noch deutlich erkennen. indem sie ihres anschauungsgehalts entkleidet wird, ergiebt sie die abstracte verwendung 'entstehen, werden'. diese ist
im lat. erhalten und im skr. wenigstens noch oft erkennbar, während bhavati zugleich auch die functionen von asti (auch als hülfsverb.) theilt. vgl. noch das specifisch indische vartate.) im germ. wie im balt.-slav. ist der inchoative sinn von bheu- vollständig erloschen; es dient hauptsächlich, um die fehlenden formen des stark defectiv gewordenen es- zu ersetzen (wie es ja auch im lat. den perfectstamm desselben vertritt) und ist mit ihm zu einem paradigma verschmolzen. dieselbe rolle wie bheu- im lateinischen, spielt ves- im germanischen: es liefert das perf. zu den beiden andern wurzeln, von denen nur noch präsensformen erhalten sind, wird aber daneben, besonders im präsens, als selbständiges vollverb. verwendet. als solches heiszt es 'verweilen an einem orte, wohnen, bleiben'. es hat also im gegensatz zu bheu- ausgesprochen durative bedeutung. doch ist diese scheidung bald verwischt, indem einerseits wesan nicht nur die perfectformen, sondern auch einige fehlende formen des präsensstammes — imper., inf. und part. — für die erst später neubildungen von sî- geschaffen wurden, ersetzen muszte (s. I, 3, l. m. n. o), und selbst in den andern formen gelegentlich neben den älteren bildungen verwendet wurde (I, 3, a am ende. k, α), anderseits die vollere bedeutung von wesen immer mehr dem sprachbewusztsein entschwand. wo im mhd., wie im inf., sîn und wesen neben einander stehen, ist der zu erwartende bedeutungsunterschied, entsprechend dem zwischen ser und estar im span. und port., nicht mehr deutlich zu erkennen (n). im nhd. sind alle formen von wesen, neben denen formen der anderen wurzeln bestehen, aufgegeben, nur der substantivierte infinitiv wesen ist als selbständiges, ganz vom verbum losgelöstes wort erhalten und zeigt noch eine merklich concretere bedeutung als das ebenfalls als substantiv verwendete sein (s. dass.).
man pflegt bei den gebrauchsweisen von sein drei hauptgruppen zu unterscheiden: sein als vollverb (d. h. für sich allein das prädicat bildend), als copula (verbindung zwischen dem subject und dem — nicht verbalen — prädicat), und als hülfsverb (zur bildung der umschriebenen conjugationsformen). über den unterschied der beiden ersteren und den logischen wert von sein überhaupt vgl.: sein ist offenber kein reales prädicat, d. i. ein begriff von irgend etwas, was zu dem begriffe eines dinges hinzukommen könne. es ist blos die position eines dinges oder gewisser bestimmungen an sich selbst. im logischen gebrauche ist es lediglich die copula eines urtheils. der satz: gott ist allmächtig, enthält zwei begriffe, die ihre objecte haben: gott und allmacht; das wörtchen ist, ist nicht noch ein prädicat oben ein, sondern nur das, was das prädicat beziehungsweise aufs subject setzt. nehme ich nun das subject (gott) mit allen seinen prädicaten (worunter auch die allmacht gehört) zusammen und sage: gott ist, oder: es ist ein gott, so setze ich kein neues prädicat zum begriffe von gott, sondern nur das subject an sich selbst mit allen seinen prädicaten, und zwar den gegenstand in beziehung auf meinen begriff. Kant 2, 461.
die meisten sprachen haben die möglichkeit verschiedener ausdrucksweisen für diese verwendungen, indem sie theils verschiedene stämme verwenden (so hat, um ein beispiel zu nennen, das türk. für den begriff 'vorhanden sein' den stamm war, also war ym 'ich bin da', während für die blosze copula im, ym u. s. w. allein eintritt, der oben erwähnte unterschied zwischen ser und estar gehört dagegen nicht hierher), theils die copula für gewöhnlich unausgedrückt lassen (so viele idg. und wol die meisten nicht-idg. sprachen); ein hülfsverbum, das ja nur für fehlende oder aufgegebene zeit- und modalformen einen ersatz sehaffen soll, benötigen formenreichere sprachen ohnehin nicht. im deutschen fehlen alle diese mittel: das erste ist verloren, da die verschiedenen stämme zu einem verbum verwachsen sind; und die auslassung der copula sein ist auf gewisse fälle eingeschränkt und bewirkt keinen bedeutungsunterschied. ein gewisser ersatz ist in der neuern sprache gefunden, indem für das vollverb gern verstärkende zusammensetzungen (da, vorhanden sein) eintreten. übrigens läszt sich eine strenge scheidung der genannten gruppen kaum durchführen und ist auch in den sprachen, die die fähigkeit der unterscheidung haben, in der regel nicht erreicht. auch im folgenden ist nur versucht, die einzelnen gebrauchsweisen von sein, unter zugrundelegung jener haupteintheilung, in eine übersichtliche und zusammenhängende reihenfolge zu ordnen, die ungefähr der stufenweisen entwicklung der bedeutung entspricht.
2)
sein als selbständiges vollverb.
a)
schlechthin, um die existenz eines dinges zu behaupten: die dinge, so anietzo sind,
res, quae in praesentia existunt. 2, 981; die vernunft ist nicht ein ding, das da sei und bestehe, sondern sie ist thun, lauteres, reines thun. sittenl. 63;
mit besonderer emphase von dingen, deren existenz zweifeln unterliegt:
so besonders von gott: denn wer zu gott komen wil, der mus gleuben, das er sey. Ebr. 11, 6; wer aber nicht die unsterbligkeit der seelen glaubte, glaube auch nicht, dasz ein gott wäre. Armin. 2, 540ᵇ;
als eigenname gottes in volksetymologischer ausdeutung des hebr. namens הוֶהְיָ: gott sprach zu Mose, ich werde sein der ich sein werde. und sprach, also soltu zu den kindern Israel sagen, ich werds sein, der hat mich zu euch gesand. 3 Mos. 3, 14, dafür in der bibel von 1483: der do ist, der hat mich gesandt zu euch. 32ᵃ. — in diesem emphatischen gebrauche auch heute noch lebendig (und im substantivierten infinitiv); ebenso in der redewendung etwas musz sein:
zumeist mit abstractem subj.:
im allgemeinen jedoch sagt man in der umgangssprache lieber da sein, existieren oder es giebt.
aber weil ihr denn seyd, ihr immer offenen gräber;
nehmet zum wenigsten doch, nehmet auf einmal uns auf!
2, 118;
Tancredens heldenliebe zu Chlorinden, ...
Sophroniens groszheit und Olindens noth,
es sind nicht schatten, die der wahn erzeugte,
ich weisz es, sie sind ewig, denn sie sind.
Tasso 2, 1).
9, 146 (was kein ohr vernahm, was die augen nicht sahn,
es ist dennoch, das schöne, das wahre!
11, 321;
der zweifel, der mir schwarz oft nachgestrebet,
ob güte sei? durch sie ward er erhellt:
der mensch ist gut, ich weisz es, denn sie lebet.
⁵ 1, 229.
und ein gott ist, ein heiliger wille lebt,
wie auch der menschliche wanke.
11, 259.
mein schatz is e reiter, e reiter musz sein.
liederhort 2, s. 792.
ja, ja, processe müssen seyn!
gesetzt, sie wären nicht auf erden,
wie könnt alsdann das mein und dein
bestimmet und entschieden werden?
fab. u. erz. 1, 18);
1, 40 (dichter lieben nicht zu schweigen,
wollen sich der menge zeigen.
lob und tadel musz ja seyn!
1, 12.
b)
mit negation, zunächst mit derselben emphase: wenn ihr aber sagt: gott ist nicht, so ist weder die allmacht, noch irgend ein anderes seiner prädicate gegeben .. und es zeigt sich in diesem gedanken nicht der mindeste widerspruch. 2, 458. — häufig ist die hypothetische verbindung wenn das und das nicht (gewesen) wäre: wenn die künste nicht wären. 2, 981;
in der ältern sprache kann dabei die negation ausgelassen werden: wenn man kind houwt, so musz es dann die ruten küssen, und sprechen: lieben rut, trute rut, werestu, ich thet nymer gut. bilg. 68ᵈ (ebenso 74ᵇ).
und wern die altn muͤeterlein nicht,
ich (der bettelmönch) würt noch ubler ausgericht!
fastn. sp. 2, 6, 163 neudr.;
und wær der wurfel niht gewesen,
ir wære lutzel genesen.
reimchr. 60863;
wäre er nicht mehr gewesen,
wär' auch mir mein grab gebettet.
1, 324.
c)
zeitlich bestimmt, von der gegenwart: was nicht ist, kann noch werden. sprichw. 9479; jene blühende zeit ist dahin ... sie ist nicht mehr, diese goldne zeit. 1, 1 Suphan. in ganz demselben sinne mit emphatischer betonung der zeitform:
so auch im part. gewesen, was nicht mehr ist: die verdammten seelen aber sind mit so viel angst und schmertzen überschüttet, dasz sie der gewesenen dinge gerne vergessen. Armin. 1, 170ᵃ. sprichwörtlich: für's gewesene giebt der jude nichts. — vgl. auch die wendung: und auch ohne das würden mir bei meiner innern verfassung alle solche vorübergehende meinungen so gut als gar nicht gewesen seyn. 19, 301;
weh, die glückliche stadt ist gewesen, die fröhliche!
2, 165.
'da ist's vorbei!' was ist daran zu lesen?
es ist so gut als wär es nicht gewesen,
und treibt sich doch im kreis als wenn es wäre.
41, 322.
d)
bei lebenden wesen steht sein eben im sinne von 'leben' (vergl. die poetischen paraphrasen im 2. gesange von Paludan-Müllers Adam Homo, übers. von 1, s. 38 f.:
häufig mit bezug auf die zeitliche dauer des lebens: êr thanne Abraham uuâri, êr bim ih. Tatian 131, 25 (Joh. 8, 58); und in dem enthalte süllen wir als ledic gân, als dô wir niht enwâren und als diu gotheit ledic gêt in ir nihtsînde. 533, 14;
daher er ist gewesen vom toten (vgl. c), luxemburgisch en as gewiescht, il a vécu 414, nd. de is dor west 547ᵇ. in der ältern sprache häufig ensein, niht ensein, gestorben sein, auch für sterben (also in einem sonst bei sein nicht üblichen inchoativem sinne), s. 1, 91: swenne er en ist (Augsb. stadtb. von 1276); so diu frouwe en ist (Schwabensp. § 100); an des stat, der niht en ist; die weil ich lebe ... swenne aber ich enpin; nach meinem tode also, swenne ich nicht enepin; ob unser aintweders nicht enwär, des gott nicht enwell u. andere belege s. ebenda; wer auch under uns oder unsern nachkommen furbas nit sol sein. quelle s. ebenda 2, 202; dan die pensioner vermeinten, wen Zwinglin nit mer weri, so wurden den Züricher lichtlich zbereden sin, das sy ouch frantzösisch wurdent. s. 45 Boos. — daher im schweizer. auch geradezu für 'sein leben erhalten': sy, vivere, sustentari Schmidts idiot. Bernense bei 4, 17ᵇ; er kann seyn (leben, sich durchbringen). 2, 369, er mag damit gseh 420ᵇ.
'sieh hier den vogel!' sprach sie zu dem kinde,
das jenem nachsah in das luft'ge blau,
'wie schön er singt, und wie er so geschwinde
in's nestchen fliegt, dort auf der grünen au!
sieh, wie er sucht, dasz er ein würmchen finde
für seine jungen, winzig klein und grau.
ja, singen, fliegen über flur und hain
in's traute nest — das heiszt der vogel 'sein' u. s. w.').
dô niht lenger wesen solt
ir bruoder herzog Friderich.
reimchron. 2320;
ein halber blick, ein laut aus ihrem munde
gebietet mir, zu seyn und zu vergehen.
don Carlos 1, 5;
schlug erst die stunde, wo auf erden
dein holdes bildnisz sich verlor,
dann wirst du niemals wieder werden,
sowie du niemals warst zuvor.
ged. 96.
3)
häufig dient sein nicht, um die existenz eines dinges schlechthin auszusagen, sondern innerhalb gewisser, ausgesprochener oder aus dem zusammenhange sich ergebender einschränkungen. hier pflegen wir jetzt meistens es giebt zu gebrauchen.
a)
so von einzeldingen oder unterarten einer gattung:
so auch mit partitivem genitiv: und was vil reicher juden under in. d. städtechron. 5, 163, 2; was sunst der leute ist. evang. Luth. G 2; weiteres s. unter 21, c. d. ferner in den häufigen wendungen wie: was mag doch fründtlichers unnd sannfters seyn? 372ᵇ (zu scheiden von 20, e); es kan kein gelehrter mann seyn, homo doctior fieri non potest. 2, 981;
dannini lisit man, daʒ zuâ werilte sîn.
Annol. 26;
er heisst Jhesus Christ,
der herr Zebaoth,
und ist kein ander gott.
8, 364ᵇ.
dein herzchen so süsz und so falsch und so klein,
es kann nirgend was süszres und falscheres seyn.
lyr. interm. 21.
b)
gern wird die nähere bestimmung und restriction durch einen relativsatz gegeben. das grammatische subject wird dabei gewöhnlich durch ein unbestimmtes pronomen, zahlwort oder substantiv ausgedrückt: aber es seind vil menschen die sich lassen beduncken wie es swär sey in tugenden zuͦ leben. spiegel der sitten 3ᵇ; aber so sind leyder vil die dise ding nit myst dunckt syn. bilg. 46ᶜ; dein leichnam wird ein speise sein allem gevögel des himels, und allem thier auff erden, und niemand wird sein der sie scheucht. 5 Mos. 28, 26; es kan kein guter poet seyn, der nicht seine raptûs hat. fons lat. 509ᵃ;
auch mit bestimmter zahl: drey sind die da zeugen auff erden, der geist und das wasser, und das blut, und die drey sind beysamen. 1 Joh. 5, 7, oder es tritt ein partitiver genitiv ein (vergl. e):
in der ältern sprache kann auch ein subjectsausdruck neben dem relativsatze ganz fehlen: es sindt, die sich der armuͦt schemen. sprichw. 1, 38ᵇ. doch treten dann meistens präpositionale wendungen partitiven inhalts oder ortsbestimmungen (vgl. d) hinzu:
neben dem subjectsausdruck:
waer iemen, die teghen u woude steken.
Reinaert 5086;
ist eine, die so lieben mund,
liebrunde wänglein hat?
1, 19.
der hilgen sint gewest gans vele,
den de tyrannen nemen dat lîf, men de sele
en konden es en genemen nenerlei wîs.
dodes danz 104 Bäthcke;
war ists dasz ihrer wol vorher gewesen sind,
die aller meinungen verschlugen in den wind.
4, 347.
ist ther in iro lante iʒ alles wis nintstante.
1, 1, 119;
man sagit, daʒ dar in halvin (am Ararat) noch sîn
die dir Diutischin sprechin.
Annolied 315.
kein unter jhnen ist, die jemals um dich war,
die heimlich nicht gedächt, o wären wir ein paar!
1, 191.
c)
für den relativsatz können gelegentlich andre satzformen eintreten, z. b.:
bei der starken neigung der ältern deutschen sprache zur parataxe und zum anakoluth begegnet sogar unabhängiger satz: es wer mancher gewesen er het dich schentlich sterben machen. decam. 99, 17 (2, 6). ähnliches ist in der heutigen sprache des volkes gar nicht ungewöhnlich.
nist wiht, suntar werde, in thiu iʒ got wolle.
1, 5, 63;
kuning nist in worolti, ni sî imo thiononti.
48.
d)
ferner sein neben ortsbestimmungen. hier liegt natürlich der übergang zum reinen prädicatsverhältnis nahe. doch ist ein fühlbarer unterschied, auch in der bedeutung von sein, zwischen der wendung: der kaiser ist — befindet sich (zur zeit) — im auslande, und: in Deutschland ist (giebt es, besteht, herrscht) ein kaiser, — ein unterschied, der sich ja für gewöhnlich schon in der wortstellung ausprägt (vgl. unten 10). hier handelt es sich um die letztgenannte art:
in der handt ist kein hor, und ist nye keins do gesin, züh und rupff mir hor do usz. post. 3, 67ᵃ; es sol kein hure sein unter den töchtern Israel, und kein hurer unter den sönen Israel. 5 Mos. 23, 17; nicht dasz ich mich damit entschüldige, als sey nichts menschlichs an mir. br. 2, 306; es seind auch etwa vil andere stätt diser gegne gewesen. weltb. 72ᵇ; dasz dem wesen nach nur eine eintzige seele in der welt wäre, und nichts minder die steine, kräuter und thiere, als den menschen begeisterte. Armin. 1, 664ᵇ; wo wirkung in der natur ist, musz wirkende kraft seyn. 4, 84, 32 f. Kühnemann (ideen 3, 2); es mögen viel medien in der schöpfung seyn, von denen wir nicht das mindeste wissen. 85, 19. so auch: doch das zwisschen euch und jr raum sey bey zwey tausent ellen. Jes. 3, 4; worauf die wirthin antwortete, dasz in der ganzen schenke keinen fusz breit platz mehr sei. Tieck don Quixote⁵¹ 1, 395 (5, 1). — ebenso mit abstracten: so sol frid und liebe sein in der ee, sunst ist weder glück noch heil da. schimpf u. ernst s. 98 Österley;
in sînes selbes brusti ist herza filu festi.
ad Ludow. 15;
ein burg ist thâr in lante.
1, 11, 23;
her zoigit uns hînidine,
wilich lebin sî in himile.
Annolied 784:
auff erd ist nicht seins gleichen.
8, 364ᵇ;
Heintz Düppel spricht.
lieber thu mich noch eins bescheiden:
sindt wir zwo seel im fegfewr allein?
herr Ulrich spricht.
ja wol, du arme seel, nein, nein.
es sindt etlich tausendt seel hinnen.
3, 3, 62ᵇ;
in der stat sint vil dawsent man.
fastn. sp. 1, 158, 341 neudruck;
zu der gelährten zunfft, bey welchen künste sind.
62;
über allen gipfeln
ist ruh'.
1, 109.
e)
neben ortsangaben nimmt sein zuweilen besondere nuancierungen an, z. b. reichen, sich erstrecken: seine herrschafft wird sein von einem meer bis ans ander, und vom wasser bis an der welt ende. Sach. 9, 10. — enthalten sein: denn im menschen seind alle thieren art, dolen, egersten und dergleichen. (1590) 9, 17. — geschrieben stehen:
thoh scrib ih hiar nu zi êrist, sô in êvangeliôn iʒ ist.
1, 3, 47.
f)
mit zeitangaben: in dem jar was der herbst nasz und windig und wasen vil meus in allen landen. d. städtechron. 5, 29, 19; anno 1450 war ein gros sterben zu Dantzk. preusz. landtafel (1595) 72; im augst ist der dritt seet (saatzeit) und der best für rhetig. 112ᵇ.
g)
hierher gehört die sehr beliebte formel es war (einmal) als anfang einer erzählung: wann es grosz cisma und irrigkait in der christenhait was und hett lang zeit gewert. es wasen drei bebst. d. städtechron. 5, 61, 14 f.; es war ein man, mit namen Tobias. Tob. 1, 1; es war einmal ein wunderlicher spielmann. märchen s. 34 (nr. 8); es war einmal ein kind, und sein' mutter war krank. 8, 18;
es war ein alter könig,
sein herz war schwer, sein haupt war grau.
Elster.
1, 215 4)
denen reihen sich andre wendungen an, in denen die bedeutung von sein sich je nach dem hinzutretenden subjecte verschieden modificiert.
a)
von ereignissen, eintreten: und er wird ein könig sein uber das haus Jacob ewiglich, und seines königreichs wird kein ende sein. Luc. 1, 33;
von handlungen:
so auch:
sînes lîbes ende
wær dâ fürnames niht gewesen.
Wigal. 62, 34;
fragen sich einander ängstlich leise:
ob noch nicht vollendung sey?
1, 285;
in der schlacht, die bald wird sein.
1, 337.
wan dâ was maneger hande spil
und rîterlîcher fröude vil.
Wigalois 249, 33;
vil grôʒer tanz dar ûffe (auf dem sal) was
von rîtern und von frouwen.
38.
ditz was (geschah) dem hûse sô nâhen.
140, 29.
b)
den zuletzt besprochenen wendungen schlieszt sich eine häufige fügung mit dem inf. (oder einem verbalabstractum) an, die eine nachdrücklichere umschreibung des verbum finitum bildet, wie z. b.: da war (gab es) kein entrinnen, niemand entrann oder konnte entrinnen: ein geringes herkommen war für die dichter der alten komödie eine unerschöpfliche quelle von spöttereyen. wehe dem berühmten manne, dem sie von dieser seite etwas vorrücken konnten! da war kein verschonen. 6, 293;
(so auch mundartlich, westf. da es kein seggen van; nê, der es kain ûtkuemen med em. 237ᵃ. nd. korrespondenzbl. 16, 21. 36.)
mein bleiben ist nicht mehr allhier.
lied eines abziehenden burschen.
c)
üblicher ist: meines bleibens ist hier nicht mehr, wie denn überhaupt in dieser — fast immer negativen — verbindung der subjectsgenitiv sehr beliebt ist (vgl. 36, a, α): meines lebens ist nit me, ich muͦsz an das gericht. schimpf u. ernst 94 Österley; aber es half nichts, da war kains rettens noch bleibens nit. chron. 1, 390, 2; unter des hube sich der wind, unnd wurden die flammen von aussen in die stadt getrieben, unnd fiengen daher die häuser anzubrennen, das kains rettens war. beschreib. der lande Preuszen 122ᵃ;
in positiven sätzen steht ein ähnlicher genitiv nur in partitivem verhältnis neben einem subjectsausdruck, so z. b.: das weitbeschreite, zarterzogenes fräwlin .. podagra, davon heutigs tags so viel geschreyes ist. podagr. trostb. C 2ᵇ.
des nachts gleichfals bei mir, dær on rast klage,
kains schweigens îst.
ps. H 7ᵇ.
d)
die bedeutung 'geschehen', oder, insofern es sich um menschliche handlungen dreht, 'gethan werden', tritt besonders deutlich zu tage in der sehr gewöhnlichen wendung es musz sein: wenn es seyn musz, quum res tempusque poscit. 2, 981;
das wild läufft ihm (Esau) alles nach als wenns müszte seyn. comöd. pr. 9. — ähnlich wenn es sein soll, d. h. wenn es bestimmt, verhängt ist: wenn ein ding sein soll, so hilft nichts dafür. sprichw. 9476 (dafür auch mit prädicativem so, ohne nuance des sinnes, s. 22, m, α. man sagt also ohne unterschied es sollte sein und es sollte so sein). — das soll sein auch als versprechen, 'das will ich thun':
in demselben sinne das sei, vgl. gr. 4, s. 948 (zu 137):
ähnlich auch sei's drum (vgl. 5, c):
vgl. auch 13, c und:
seltner mit können, mögen:
in der Schweiz sagt man zu einem verspäteten: het's no möge g'si? 268ᵇ. — wie mag das sein (zugehen, kommen)? mit leichtem übergang in die bedeutung 22, m, θ; mit ausführendem satze:
nû gunnet mirs, wan eʒ muoʒ wesen.
d. arm. Heinrich 628 (vgl. Wig. 38, 7);
daʒ dinc muoʒ etswenne sîn.
Lanz. 4360;
sie sprâchen: 'nicht zû spâte
wir suln ein houbet kiesen ...
iʒ mûʒ doch zû jungest sîn'.
livl. reimchr. 747;
soudic u lieghen, lieve heer,
dat soude mi misvoeghen seer.
dat ensel, oft god wil, nimmer wesen.
Reinaert 6391;
ja sicherlich, das sail sinn.
Alsf. passionssp. 827;
Herodes edeler herre minn,
was ir begeret, das sal sinn.
893.
Henricze sprach: daz sey, daz sey!
we, wie schier dicz was geschehen!
d. ring 23ᵈ, 35;
'laszt uns fallen oder siegen!'
alle rufen: 'wohl es sey!'
volksl. 4, 190;
ja, überzeugt mich; überführt mich, sei's!
1, 54;
nun gut, es sey.
183.
priester. da läuft ein späszchen auch mit unter.
bauer. so mag's drum sein, doch laszt uns meiden
verschimpfen und ein ehrabschneiden.
100.
morgen lâʒe ic(h)ʒ wesen.
exod. 138, 19 Diemer.
und wär's mein bruder und mein leiblich kind,
es kann nicht sein.
Tell 1, 1.
'druhtîn', quad er, 'wio mag sîn ...
thaʒ thih henti mîne zi doufene birine'.
1, 25, 5.
e)
das hinzutreten von genauern zeitbestimmungen verwischt die grenze gegen 25, i, α: meine erste begegnung mit ihm war im winter 1834/35 auf einem hofballe gewesen. ged. u. erinner. 1, 38;
ganz prädicativ ist:
daʒ sal sîn in curtin stundin,
sô bistû disin hêirrin willicumin.
Annolíed 743.
ditz was wol umbe mitte naht.
Wigalois 143, 10.
f)
hier seien einige mundartliche ausdrücke angeschlossen, die der behandelten verwendung nahe stehen; so nd. wat was denn davon? was wurde daraus? 192ᵃ; nicht rein dialectisch, sondern überhaupt der volkssprache eigen, ist: das is (kommt daher), weil's regnet. 211ᵇ.
5)
eine reihe andrer ausdrucksweisen gruppiert sich um die bedeutung 'zutreffen, der fall sein'.
a)
mit substantiv; vielfach mit einer gewissen emphase in wechselnder nuancierung. es gibt, es ist möglich:
ähnlich auch: wenn so ein narre selber nicht weisz was er haben will, so ist kein mittel wieder das unglücke. com prob. 157. singulärer ist folgende wendung, an der besonders der gebrauch des bestimmten artikels auffällt:
Iphig. und wie beleidigte der könig sie?
Pyl. mit schwerer that, die, wenn entschuldigung
des mordes wäre, sie entschuldigte.
Iphig. 2, 2).
9, 41 ( so wird nur disz geschrieben
ohn einigen beweisz; der grund will gar nicht sein,
dann was der eine sagt das stösst der ander ein.
4, 371.
b)
hierher gehören besonders kurze, subjectlose wendungen. selten ist der blosze indicativ es ist (der fall, wahr), wofür zumeist es ist so: sî iuuar uuort: ist ist, nist nist (est est, non non). Tatian 30, 5. so jetzt noch in der Schweiz: es ist oder es ist net (wahr). 2, 202; das seine gnad sollte ein fremdes volk ins land gebracht haben, das wäre nicht; dasz ein fürst nicht mehr macht sollte haben, dann ein edelmann im lehen, wäre nicht. s. ebenda; vgl. auch:
vgl. auch: (ich) zeigt im den handell von mund an .. do sagt er: 'potz, ist nuͦr das!' s. 48 Boos. allgemein üblich ist dagegen das kann sein, ist möglich; kann nicht sein: auf meine antwort, ich hätte einen brief des prinzen Karl an den könig abzugeben, sagte der posten, mich mit misztrauischen blicken betrachtend, das könne nicht seyn; der prinz befinde sich eben beim könige. gedanken u. erinnerungen 1, 24;
ebenso seelenp. 17ᵈ, s. 35, c. fragend:
mit abhängigem inhaltssatz, jetzt veraltet: es mag nit seyn dasz ein anderer ein so vollkommen werck mache. 372ᵃ;
air. kà ̃ sá ̃, kà ̃ sá ̃ nét á'. 2, 202; schweiz. 's wirt nitt si! als ausdruck der verwunderung. 268ᵇ. kann sein, mag sein in die rede eingeschoben, ähnlich wie frz. peut-être, engl. maybe u. s. w.:
vgl. auch: das ding solte nicht seyn. com. pr. 122. — diese und die folgenden wendungen sind von denen unter 4, d wol zu scheiden. dort handelt es sich um etwas, was man thun will oder soll, hier ist die frage nach einer thatsache, dort liegt ein imperativ, hier ein indicativ zu grunde.
unhöfsch ist er,
swer des giht, unde sîn sî niht.
272, 11.
es kann nicht sein, ich sag' es ist nicht so.
1, 54.
o schlingel! bärenhäuter! kann das seyn,
kann's in der welt noch solchen tölpel geben?
1, 209.
im fall man glaubt dasz gott das thun der welt regiret ...
so kan es wol nicht sein, dasz diese grosse schar ...
dasz heer so in die zahl der frommen christen kommen,
ein unwarhafftigs buch soll haben angenommen.
4, 346.
von tausend und mag sein dreyhundert jahren ab
hat stets von hand auff hand gewandelt Assurs stab.
4, 296.
c)
ähnlich der conjunctiv es sei, hier nicht im sinne der erlaubnis oder des entschlusses, sondern des hypothetischen zugeständnisses einer thatsache:
dafür auch sei('s) drum (vgl. 4, d):
nu sî daʒ dâ sî.
Apollon. 10461;
sei's! — ich opfre meinen göttern —
opfert ihr — wie lang? — den götzen!
⁵ 2, 74;
sei's! man musz nicht gleich verzweifeln.
7, 125 (der traum ein leben 1, 3, ende).
Hinz. wer hat dir, Kunz, das aufgebunden?
ein pfaffe war's, der Berthold heiszt.
Kunz. sey drum! so ward mir doch nichts aufgebunden.
1, 21.
d)
ferner doppeltgesetzt es sei - es sei, auch es sei - oder, um zwischen zwei möglichkeiten die wahl zu lassen: wil er aber dem herrn ein danckopffer von kleinem vieh thun, es sey ein scheps oder schaf, so sols on wandel sein. 3 Mos. 3, 6; auch die unglückliche Minna hätte sich endlich überreden lassen, das unglück ihres freundes durch sich, es sey zu vermehren oder zu lindern. 1, 594 (Minna 5, 9);
es sei, dasz du noch lebst, es sey, dasz durch die wunden
die tapfre seele schon des todes weg gefunden.
1, 372.
e)
die formel es ist, dasz begegnet in der gewöhnlichen aussageform gar nicht, vereinzelt als frage, wol nach französischem muster: ists, dasz einst götter vom himmel niederstiegen, und unsern vätern dies land anwiesen? ists, dasz sie uns eine religion gegeben und unsre verfassung selbst eingeweiht haben? 17, 314 Suphan. überaus beliebt ist dagegen in der älteren sprache ist('s), dasz als einleitung eines bedingungssatzes:
ist dasz das weib leichtlich zürnet .. hie sol nun der mann liebe erzeigen. sprichw. 205ᵇ; ist es, dasz ich (meine fürsten unngerochen) von hinnen scheyde, so wird ich eyn bösz ende erlangen. Fierrabras G 3ᵃ. so jetzt noch bair.: is's, dás's schö ̃ bleibt, so fàr i, is's net, so gê-n-i. 2, 202. dafür mit dem conj.: wer daz ieman da wider deite oder da wider tuͦn wolte. d. städtechron. 9, 934, 4;
mhd. auch mit dem conj. präs.:
dafür jetzt sei es, dasz (vgl. d), auch concessiv:
im älteren nhd. wird gern ein prädicatives sache zugesetzt, s. das. 6, c, th. 8, 1599. so schon: und wêriʒ sâche daʒ got ubbir uns geböde oder ubbir unsir eyns daʒ got vorhalde nach sŷme lobe so solden wir odir unsir ygliches besundern sîn sêlen heil bedenken. Niederweseler urk. v. 1380.
und ist daʒ sî betrouc ir wân,
zwâre, daʒn wirt mir niemer leit.
Iwein 6674;
ist daʒ ein minne dandern suochen sol,
sô wirt si vil dicke ellende
mit gedanken als ich bin.
44, 14;
ic sal maken Reinaert so confuus,
ist dat ic coninc heet Lioen!
Reinaert 3749;
wær aber daʒ her Philippe
sich trôste dheiner sippe
des kunigs oder ander fursten.
reimchron. 5459,
ende waert ooc, dat hi anders ware,
so enwaer hi niet van ons gheslacht.
Reinaert 7598.
sî daʒ mir sô wol geschehe.
d. bloch 140 (dagegen 426: ist daʒ).
sei's, dasz dein thun des pöbels wahn verletze,
für deinesgleichen gibt's keine gesetze!
⁵ 2, 88.
f)
hiermit ist enge verwandt die excipierende redewendung es sei oder wäre denn dasz = wenn nicht, auszer wenn: man hat zwar auff den neulichsten reisen solches nicht vernommen, es wäre denn, dasz man wegen Magnus Henningsen stillgestandenem schiffe solches vermuhten wollte. pers. reisebeschr. 89ᵃ;
auch hier kann sach(e) hinzutreten (vgl. a. a. o. 1599 f.):
die wendungen es sei denn, es wäre denn auch ohne folgenden satz s. 30, h. — bei allen diesen verbindungen ist eigentlich eine negation zu ergänzen, die ursprünglich obligat ist, aber schon im mhd. sehr gewöhnlich fortbleibt; das jetzt unentbehrliche denn dagegen ist hier noch durchaus entbehrlich und wird nur zuweilen gesetzt:
die reihenfolge dieser verschiedenen stufen ist also folgende: eʒ ensî (denne) — eʒ sî (denne) — es sei denne. aus der kurzen form ne wære ist allmählich unsere partikel nur (älter neur) erwachsen, s. th. 7, 998 f., sowie mhd. wb. 3, 767 f. handwb. 3, 800. ebenso das nl. maar aus neware.
so wohnt den neigungen auch keine freyheit bey,
es sey dann dasz der will' auff ihrer seiten sey.
4, 366.
ich halt dich vor ein bulr kurtzumb;
sey denn sach, das du dich purgierst,
der zicht von mir nicht ledig wirst.
fastn. sp. 3, 138, 65 neudruck.
ist daʒ got mich wil bewarn,
sô wil ich ûch irwerben,
iʒ ensie den daʒ ich sterben.
livl. reimchron. 3668.
g)
eine abweichende bedeutung hat es ist in folgender nicht sehr gewöhnlichen verbindung: was ich dir neulich von der mahlerey sagte, gilt gewisz auch von der dichtkunst; es ist nur (kommt nur darauf an?), dasz man das vortreffliche erkenne, und es auszusprechen wage, und das ist freilich mit wenigem viel gesagt. 16, 21.
h)
hieran schlieszt sich die redensart es ist, als ob (wenn), es scheint, sieht so aus: aber wenn es zum lateinischen kömmt, so ist es mir immer, als wenn mir was fehlte. com. pr. 304; es ist, als ob unsre staatsmänner wie die bäume in den baumschulen zu voller wurzelbildung der versetzung bedürften. ged. u. erinn. 1, 5;
mit dativ der person, mir ist, scheint, dünkt: es ist mir wohl, als wenn ich den pfeil gehabt hätte. com. pr. 179;
sehr gern tritt für den satz mit als ob indirecte oder directe rede ein:
schweiz. 's isch mer, i möcht öppis ässe. 268ᵇ; 's ist-mr, i g'séje (ich sehe u. s. w.). 240. — ungewöhnlicher sind sätze mit dasz oder wie:
ohne satz:
im älteren nhd. auch sich (bez. ihm) sein lassen, sich bedünken lassen, einbilden: do mit ich mich mit künfftiger hoffnung hette mögen frowen und mier lassen sin, als ob ich schon ietz ein andre dochter hette. s. 108 Boos; wie jener Paduaner, der jhm sein liesz, er het so ein grosz nasz, das sie nit zur stuben hinausz gieng. podagr. trostb. B 8ᵇ. in mundartlicher rede geht sein vollständig in die bedeutung 'scheinen, dünken' über und wird auch ohne folgenden satz verwendet, so schweiz. 's hep-mer (doch) wölle sí, ich habe es vermutet; 's isch-mer g'si wie fór, es hat mir geahnt. 268ᵇ. vgl. auch nd. lat di dat wat sin, denk einmal. 4, 104.
es ist, als wollt' die alte nacht
das alte meer ersäufen.
heimk. 10.
mir ist, als müszt' ich mich an diese (die blitze) hangen,
als sollten sie mich nach sich ziehn.
3, 73;
mir ist, als will sich leib und seele trennen.
1, 81;
ihr ist, als ob aus der tiefe ...
der liebste buhle sie riefe.
2, 157.
es war dem fräulein sie höre den blauen bart erzählen.
Amadis 10, 36);
4, 246 ( man langet an, man steigt
vom pferd, und gleich im ersten entgegengehen,
ist beiden, sie hätten einander schon irgendwo gesehen.
5, 56 (13, 28);
ist mir doch, ich müszte dich schon kennen!
1, 218;
mir ist, ich kenne dich, doch bist du fremd.
1, 18.
owê! sô was mir rehte, wie
ich wære in dem pardîse.
Wigalois 246, 32;
ˢi seit im an ein ende gar
wie ir in dem troume was gesîn.
Lanz. 4307.
6,
a)
auf der grenze zwischen der ersten und zweiten hauptbedeutung liegen wendungen, in denen sein mit einem substantiv
zum ausdruck eines unpersönlichen verbalbegriffes dient. z. b. es ist anschein = es scheint: da so vieler anschein ist, dasz die seetaufe der linie die landtaufe überlebe. freiheitbüchl. 121. ferner: wie im land der bruch ist, das vast alle wiber wäben, wie ouch näien können. s. 5 Boos. würde man dafür sagen: wie im land brauch (oder bräuchlich) ist, so wäre der übergang zum prädicatsverhältnis vollzogen, vergl.: ich entschuldigte mich, vermeint es weri so lantz bruch. 17. — ähnlich, nur durch den obligaten artikel anders nuanciert, ist die wendung die rede ist von etwas: von den übelwollenden .. kann hier nicht die rede seyn. 1, xliv.
b)
hierher gehören ferner die ausdrücke der zeit und des wetters, wie es ist wind (= es windet, weht), es ist nacht (also die fälle, in denen die romanischen sprachen gewöhnlich facere einsetzen). während die wendungen in dieser form nicht erkennen lassen, ob nacht, wind als subject oder prädicat anzusehen sind, wird die erstere auffassung notwendig, wenn der artikel oder ein attribut hinzutritt, z. b.:
die zweite, wenn für die betr. substantiva entsprechende adjective eintreten, so z. b. es ist windig, heisz. dasz das sprachgefühl selbst in den zuerst genannten fällen schwankt, zeigt sich darin, dasz gern ein es hinzutritt auch wo es zur stütze des verbs nicht erforderlich ist, z. b. wenn das substantiv vor dem verb steht, und zwar schon ahd.: mih gilimphit uuirkan sînu uuerc .., unz iʒ tag ist. Tat. 132, 3; wen es ungewitter was, so sungen wier schier die gantzen nacht reponsoria. s. 22 Boos;
oder im nachsatze:
hier ist unverkennbar, dasz die sprache tag, wind u. s. w. als prädicat empfindet, doch könnte man ohne sinnesunterschied auch sagen: wenn wind war, wo wind offenbar subject wäre, so z. b.: do gsach ich zum dorff zuͦ, do was schier nacht by den hüszren, fieng ich an nidtzich (hinunter) gan, aber es war glich gar nacht. s. 10 Boos;
immerhin bevorzugt die sprache deutlich jene erstere ausdrucksweise. auch sie unterscheidet sich von der rein prädicativen fügung noch insoweit, als statt des es nicht ein bestimmtes subject eintreten kann. man sagt also es war wind genau wie es war heisz, aber nicht das wetter, die luft war wind. — sprichwörtlich: es ist noch nicht aller tage abend. 1, 50.
fern hallt musik; doch hier ist stille nacht.
ged. 28;
es war um mich die allerstillste nacht.
1, 195,
eʒ wære æber oder snê.
Parz. 120, 5;
disiu (burg) lac sô nâhen bî
dem sêwe, daʒ er rehte für
der frouwen kemenâten tür
sluoc, als eʒ wint was.
Wigalois 137, 19;
ê eʒ miter tac mohte wesen.
Lanz. 3312;
schon ist es tiefe nacht.
1, 205;
nacht ist's und stürme sausen für und für.
32ᵇ.
so lang du lebest, ist es tag.
ged. 127.
wenn winter ist, wollen wir's wieder lesen.
1, 205.
c)
ähnlich das häufige es ist zeit: sprachen sy, es weri noch nit zyt. s. 17 Boos; ich hette gären gestudiert, dan ich kond verstan, das zyt war. 35; wenns zeit ist, so wird es fertig. com. prob. 140. hier ist das es wol ursprünglich ein genitiv, vgl.:
hier ist zeit deutlich subject ('der zeitpunkt zu etwas ist da, ist gekommen'), doch ist das gefühl dafür in der heutigen sprache nicht mehr lebendig, und man sagt es ist zeit ganz wie es ist an der zeit. — noch sei erwähnt, dasz die ältere sprache für es ist zeit (für mich) sehr gewöhnlich sagt: ich habe zeit, das heute stets den entgegengesetzten sinn hat (es ist noch nicht eilig, ich kann noch warten), während umgekehrt zuweilen auch es ist zeit im letzteren sinne, also für das heutige es hat zeit, gesagt wird: wenn ich zu walde marchire, so werffe ich die verdrieszlichkeit bey der hausz-thüre von mir, damit hab ich ein freyes hertze, und es ist zeit mit den sorgen, bisz ich wieder komme. com. pr. 28. wie man sieht, liegt hier der unterschied weniger in der fügung, als in der doppelbedeutung von zeit (1. zeitpunkt zu etwas, καιρός; 2. zeitdauer, weile), s. daselbst.
ir frouwen, sîn ist zît, daʒ wir
gên ze kemenâten.
Wigalois 143, 21.
d)
hieran schlieszen sich wendungen, die den zeitabstand zweier ereignisse angeben: es ist heute gerade ein jahr;
fünf tage sinds nun, seit er uns beyde auf seinem schosz hielt und weinte. Geszner bei 4, 452; dasz auch hier ursprünglich ein subjectsverhältnis vorliegt (vergl. frz. il y a un an), zeigt die ältere sprache häufig durch den zusatz eines genitiv (im sinne des ablativs):
die neuere sprache gebraucht diese wendung nicht mehr, setzt aber gern ein her hinzu: es ist ein jahr her. der sinn ist in beiden fällen deutlich: 'von da an (des) bis jetzt (her) besteht ein zwischenraum von einem jahre'; vgl.:
die annäherung an das prädicatsverhältnis zeigt sich in der neuern sprache darin, dasz man daneben ganz analoge wendungen mit ordinalzahlen verwendet, vgl.:
unmittelbar darauf:
wan eʒ ist vil manic tac,
daʒ ich dâ wesen nie pflac.
Apollon. 17936;
dô was des wol ein halbeʒ jâr
daʒ der gast was komen dar.
Wigalois 31, 29;
des tages wâren sîn zwei jâr
daʒ sîn wîp was genesen.
35, 34.
aber zwischen thun und sagen
ist immer etwas zeit.
1, 287.
so ist es heut ein ganzes jâr,
dasz ich mein lieb verloren hab.
so ist es doch heut der neunte tag
dasz man im ein jungfreulein gab.
volksl.² 202 (116, 9. 10).
e)
ganz denselben übergang zeigt die verbindung mir ist not. sie verlangt im mhd. durchaus den genitiv, besagt also: 'für mich besteht (ich habe) ein bedürfnis nach etwas', so:
für den genitiv ganz vereinzelt auch von:
im nhd. ist der genitiv durch den nominativ ersetzt, vermutlich ausgehend von dem häufigen es, das nach dem zusammenfall von ʒ und s für beide casus galt, und so der sinn herausgekommen 'eine sache ist mir bedürfnis', wo dann not ganz gleich steht mit dem adj. nötig: das mag nit gesein, darumb ist es ouch nit not. seelenpar. 18ᵃ.
des wære ouch noch der werlde nôt!
Wigalois 59, 14.
sich hinder dich, wie nôt dir von dem reinen schepfer ist.
25.
f)
hieran reihen sich andre unpersönliche fügungen ähnlicher art, wie z. b. mir ist zorn (zorn als subject, vgl. 13), daneben in prädicativer fügung etwas ist mir zorn: da was dem künig gar zoren und leid und sprach: o wee! liebe tochter war zu bist du geboren. heiligenleb. (1472) 14ᵇ; das was dem keiser zorn und hiesz in auf ein rost legen. 34ᵃ;
über dir sei trotz s. 13, c.
ther geist ther blâsit stillo, thara imo ist muatwillo.
2, 12, 41.
g)
wie vollständig solche verbindungen von ist mit einem substantiv als ein verbalbegriff betrachtet werden, zeigt sich am deutlichsten daran, dasz in den ältesten dialekten (got. ahd.) bei manchen statt des dat. der acc. steht, den doch weder das substantiv noch ist für sich regieren kann. so got. mik ist kara, karist oder auch blosz kara; ahd. mih ist wuntar (also ganz wie mich wundert, nhd. dafür auch mich nimmt wunder), mih ist niot (alts. mit dat. was im niud), furiwizzi, ôt (dagegen mir ist zorn, anado u. a.), s. gramm. 4, 241—244. 251 f. 703 f. so z. b.: tih nedarf nehein uuunder sîn ube uuir in disemo ureisigen lîbe arbeite lîdên. 1, 20, 21 Piper (Boeth. 1, 9); târmite uuas in (Nero) fureuuizze allere iro lido. 109, 1 (2, 43);
zu beachten ist indessen, dasz auch das einfache wesan in einigen fällen den acc. nach sich haben kann, so: thô quad iro ther heilant: uuaʒ ist thih thes inti mih (quid tibi et mihi est), uuîb? Tal. 45, 2. — ähnliche unpersönliche redeweisen mit adjectiven s. 20, n.
wuntar was thia menigî avur thara ingegini,
thaʒ zunga sîn was stummu.
1, 9, 27;
er zeinta, thes sie was ouh ôth ('was sie leicht ausführen konnten'), sînes lîchamen tôd.
4, 19, 35;
thes thih mag wesan wola niot.
5, 6, 14.
7)
in andrer weise wird eine verbindung zwischen den beiden hauptgebrauchsweisen von sein hergestellt durch wendungen wie es soll ein könig sein. diese steht grammatisch ganz gleich mit es ist ein gott (2, a), unterscheidet sich aber dem sinne nach davon insofern, als die frage nicht ist, ob die betreffende person überhaupt vorhanden ist oder nicht, sondern ob ihr die würde eines königs zukommt, dem grammatischen subjectsausdruck also eigentlich ein prädicatsverhältnis zu grunde liegt, das man
streng logisch ausdrücken würde: 'es soll einer (irgend jemand) könig sein' (oder aber 'es soll ein königthum sein'): und sol ein könig sein, der wol regieren wird. Jerem. 23, 5. diese unterscheidung, hier bedeutungslos, dem sprachbewusztsein kaum gegenwärtig und scheinbar spitzfindig, wird deutlicher in fällen, wie: so soltu dich auffmachen .. und zu dem richter, der zur zeit sein wird, komen. 5 Mos. 17, 9, besonders aber in dem häufigen gebrauche des part. perf., ein gewesener bürgermeister (nl. een gewezen burgemeester), d. h. nicht ein bürgermeister, der gewesen, d. h. tot ist (2, d), sondern jemand, der bürgermeister war und es jetzt nicht mehr ist. vgl. auch:
so, obwol weniger üblich und gut, seinsollend, ein seinsollender witz, eine redensart, die ein witz sein soll, u. ähnl.: es wäre denn, dasz man unter der physiognomik die abgeschmackte, seynsollende kunst, die speciellen und individuellen schicksale des menschen aus seinem gesichte zu prophezeyen, verstehen wollte. v. d. physiogn. (1772) 22.
stock, der du gewesen,
steh doch wieder still!
1, 239.
8)
an den schlusz der ersten hauptgruppe stelle ich einige mehr isolierte und zum theil stärker abweichende gebrauchsweisen von sein als selbständigem verb.
a)
die häufige wendung was ist dir? stellt sich einerseits zu 6, e. f, anderseits zu 13. doch hat sein hier einen emphatischeren, prägnanteren sinn, wofür ebensogern was fehlt dir?, mhd. waʒ wirret dir? beispiele: graf. was ist dir? nichte. ahi! marquise. was hast du? 14, 202; endlich fühlte er an ihr eine art zucken .. was ist dir Mignon? rief er aus, was ist dir? 18, 228; was ist dir nur in diesen tagen, mein lieber Clemens? 1, 171;
die bedeutung 'widerfahren, zu leide geschehen (sein)' findet sich im mhd. auch auszerhalb dieser verbindung:
auffallend ist folgende stelle:
(man erwartet: was mir das wäre).
waʒ dem wîbe wære,
welt ir daʒ selbe mære
hœren, daʒ wil ich iu sagen.
Wigalois 166, 10,
(der könig) begunde weinen sêre.
er vrâgete waʒ im wêre.
24, 279.
daʒ siʒ lâʒen niht enkunde sine müese bî der stunde
rechen alleʒ daʒ ir was.
klage 117;
er vant die rehten hirzwurz,
diu im half daʒ er genas
sô daʒ im arges niht enwas.
Parz. 643, 30.
was hat man von dem dichten? hum!
vielleicht das bischen ehre:
gekannt zu seyn vom publikum? —
ich dachte, was mir wäre!
3, 22
b)
wieder anders es ist mir um etwas, mir ist daran gelegen. die fügung ist mhd. noch nicht bezeugt, wol aber mnd., s. 5, 696ᵃ; were eme wat umme de dre ryke, so scholde he to en komen. Lüb. chron. 2, 79, s. ebenda;
nhd.: es ist uns nur darum, wenn wir die freyer nicht nehmen, wie wir sie kriegen, so bleiben wir darnach sitzen. comöd. pr. 297; fressen und sauffen wolte ich wol lernen: es ist mir nur um das erbarthun. 345;
anders nuanciert:
so noch mundartlich in der Schweiz: es ist mir drum, ich fühle lust dazu. 2, 369; 's ist mr nüt drum. 240. sonst sagt man dafür im ersterwähnten sinne gern es ist mir um etwas zu thun:
es ist mir blosz um das geld zu thun. 4, 450. nach diesem auch (in familiärer rede) mir ist nicht wie musik, ich habe jetzt keinen gefallen an der musik.
gy joden, wêr ju icht darumme,
dat ik my mit juwer ê beklumme
unde myner kristenheit versoke?
Theoph. 438.
was ists den Britten mehr umb eines königs haubt?
358;
es ist mir nur um den schönen schein.
Wallenst. lager 3;
es ist jhm ümb (es kostet ihn) ein st, so fleuget Eolus.
5;
es ist mir nur um uns (ich beklage nur uns).
bei 4, 450.
laszt ihm mit eins den plunder ganz im stiche,
um den es ihm zu thun.
2, 558 (2, 9);
c)
sehr selten ist sein im sinne von 'wert sein, gelten': widrigenfahls (solle) das kalb verfahlen oder so vill erlögt werden als das kalb gewest. steir. teid. 375, 15. — vgl. dazu das mundartliche (nd.) wat mutt d'r vör wäsen? was kostet es? 321ᵇ. auch im nhd.:
herr, sprach der gute bauer,
was soll für seine mühe seyn.
bei 4, 453.
d)
sein, 'schuldig sein', so besonders mnd.: item noch is he my up nie 1 l [[undefined:poundsign]]. quelle bei 5, 695ᵇ; myn ghelt, dat he my is. umme de 10 mark, di ik ju bin. 696ᵃ;
s. niederd. jahrbuch 3, 68, woselbst in der anmerkung weitere beispiele. — aber auch oberdeutsch: wolten sie aber arbeiten weinholz und bintholz, so sein sie dem vorster von ainem fueder acht pfennig und von ainem fueder fünf pfennig. steir. teid. 108, 22. mit inf.: umb solichs so sind uns die tütscherren alle jar uff st. Kathrinen tag haben ain vigili. artikelb. der marner in Ulm im 15. jahrh. bei 490; vgl. dazu 34, a. — diese wendungen sind wol nur durch ellipse von schuldig oder einem gleichbedeutenden worte zu verstehen.
byn ik er der pennynge twe,
se schreyget balde: waffen! na
also umme de marcke tene.
Rummeldeus v. 16,
e)
endlich einige ganz singuläre ausdrücke in nd. mundarten: see düürt d'r woll wäsen, sie tritt sehr entschieden und dreist auf, weisz sich geltend zu machen. 321ᵇ. — ik kann dat nich wesen, nicht thun, nicht vertragen, ausstehen. 284.
9)
eine eigenthümliche bedeutungsentwicklung zeigt in vielen fällen die häufige verbindung sein lassen (auszerdem auch im gewöhnlichen sinne, s. z. b. 5, h), vgl. lassen B, II, theil 6, 229 ff., besonders 238 ff.
a)
zunächst etwas geschehen lassen, damit einverstanden sein (selten, jetzt ganz ungebräuchlich):
daher denn auch, etwas auf sich beruhen lassen, nicht beachten, sich darum nicht kümmern: laͮnd Rengnolden usz bietten sinn und land uns sin volck angriffen. Haimonskinder 152, 19 Bachm. — ähnlich noch:
'ob ich mich selbe erlœsen kan,
dar umbe lâʒet mich genesen'.
'daʒ lâʒe ich gerne wesen',
sprach der arzât wider in.
Amis 2420 Lambel.
was hilft euch schönheit, junges blut?
das ist wohl alles schön und gut,
allein man läszt's auch alles seyn,
man lobt euch halb mit erbarmen.
12, 143.
b)
so auch lasz sein als ausdruck eines zugeständnisses, mag sein, immerhin, wenn auch: darümb soll eyn wiser bilger nit not haben, noch dem gunst der welt, losz sin, dz jr schon nit mit eynander uneynsz werden. bilg. 193ᵇ;
lasz seyn, dasz meiner forderungen eine
unbillig und vermessen war, muszt du
mir darum auch die billigen versagen?
don Karlos 5, 1.
c)
in diesen redeweisen überwiegt offenbar der begriff des lassens, und zwar nach der negativen seite: nicht (hindernd) eingreifen. daher ergiebt sich dann leicht die fügung einen sein lassen, ihn gewähren, in ruhe, zufrieden lassen, nicht belästigen, sich fern halten: Gergis, làsz, Bayard sinn! wann du wyrst mit mir gnuog zeschaffen haben. Haimonsk. 135, 27 Bachm.; so musz nu gewiszlich der Alstädtische geist, der unsern geist nicht will seyn lassen, etwas höhers tragen. br. 2, 546;
so besonders bäufig in der umgangssprache und mundartlich: preusz. lassen sie mich sein! (sagt das mädchen zu dem zudringlichen); du lässt mir sind! 2, 337ᵃ; nd. lat em sin! 4, 104.
lies oft im buch der bücher und lasz die menschen sein!
ged. (1847) 255.
d)
daher denn auch die gewöhnlichste bedeutung 'etwas unterlassen, nicht thun', also gleichbedeutend mit bleiben lassen: etwas seyn lassen, missum aliquid facere. 2, 982; sy la missum facere, relinquere, cessare. 4, 17ᵇ. die vorstellung ist eigentlich, 'etwas so lassen, wie es bisher war (also ungethan)'. das object ist gewöhnlich ein substantivierter infinitiv:
man musz es eben seyn lassen, es geht doch nicht. 7, 135 (geschwist.); und gefährlich ist's doch immer, da läszt man's lieber seyn. 8, 175 (Egm. 1); Jetter. hätten wir ihn nur zum regenten! .. Soest. das läszt der könig wohl seyn. den platz besetzt er immer mit den seinigen. 207 (2); so häufig in der volkssprache lasz das sein (ganz gleichbedeutend mit lasz das). nd. lat dat sin! 4, 104. laat dat wesen. 547ᵇ. mhd. kann der abhängige infinitiv seinerseits ein object regieren:
ganz vereinzelt und nur in poetischer redeweise findet sich der genitiv nach sein lassen: lasz des danks nur seyn. theater 3, 154.
harto wegen wir es scîn, thaʒ er iʒ ni liaʒ in zît sîn.
2, 6, 32;
geselle, lâ dîn grasen sîn!
Wigalois 138, 24;
sun, sich ent dîn ungemach,
von diu lâ dîn sorgen wesen.
Franc. leben 4730;
ir etzliche bloden alse swin
unde leissen doch neit ir veichten sin.
boich v. Colne 1041 (d. städtechr. 12, 51);
des wurden sô gar hœne
der Karlot und die sîn,
daʒ si ir vehten lieʒen sîn
und hüeben lîht eîn tanzen an.
reimchron. 682;
lasz, Magdalena, din weinen sinn.
Alsfeld. passionssp. 2210;
ich sage, lasz die thränen seyn!
12, 198;
nu lâʒ dîn strâfen sîn
Hiltebrant den lieben meister mîn!
Laurin D 819.
e)
ahd. auch im sinne von 'verlassen' (räumlich):
fuar er thô in thia worolt în, liaʒ thaʒ wuastweldi sîn.
1, 23, 9.
f)
besondere bedeutungen zeigen negative ausdrücke im bair. dialekt: sich nix um einen sei ̃ lassen, sich nicht um ihn kümmern:
laͦ dă nöd sei ̃! verliere den mut nicht:
vergl. das glossar.
daͦ schau her! daͦ îs dă saͦk und daͦ is 'slô und daͦ schliafst ei ̃
und laͦszt dăr um ăn wolfen gaͦr nix mehr sei ̃!
volksschausp. s. 288, 166.
mei ̃, bauă, mei ̃!
laͦ dă nà ̃ nöd sei ̃!
244, 319;
nà ̃, Hàns, laͦ dă nöd sei ̃!
dös deandl werd's nô bittă reu ̃!
228, 236.
10)
den gewöhnlichen verwendungen der 'copula' sein mögen wenige spezielle fälle vorangestellt werden, in denen noch eine stärkere, sinnlichere bedeutung durchbricht. zunächst sein mit ortsbestimmungen, ganz dem ursprünglichen sinne der wurzel ves- gemäsz.
a)
mit adverbien, die ein verweilen, ruhen an einem orte ausdrücken: thâr ich bim, thara ni mugut ir quemen. Tat. 129, 4; und wo sind alle seine wunder, die uns unser veter erzeleten? richt. 6, 13; wo ich bin, da sol mein diener auch sein. Joh. 12, 26; aber Jerusalem habe ich erwelet, das mein name daselbs sey. 2 chron. 6, 6; es wasen aber ander frum und weis leut auch hie. d. städtechron. 5, 113, 31; Rebecca. last mir alsobald meinen Jacob herkommen. Dum. er soll gleich hier seyn. com. pr. 127;
so auch drinnen, drauszen sein u. anderes:
bei einem inn sein, wohnen: nun fuer der Geir zuͦ und nam ain schuester zu im, der was sein hauswirt und was bei im inn. d. städtechron. 5, 71, 17. — neben partikeln, wie (nicht) länger, immer u. a. ergiebt sich die bedeutung 'bleiben':
beachte auch den charakteristischen unterschied der betonung zwischen seid ihr dá? er ist nicht dá einerseits und hier (da) bín ich, da séid ihr (ja) andrerseits, so z. b.: sihe, da seid jr kinder Israel alle. richter 20, 7;
vergl. ferner d.
'herre, herre', sprâchen sie,
in dîme schirme sî wir hie.
pass. 210, 67 Köpke;
wo du, engel, bist, ist lieb' und güte.
1, 79;
hier ist Ceres, hier ist Bacchus gabe.
244;
er ist bei mir,
will nirgend anders sein.
ged. 57.
lieb und mynn, seidt ir dynn,
so gebt mir ratt und ler.
2, 11, 18;
und ob noch einer hinnen wehr,
der auch meinr ertzeney beger.
fastn. sp. 2, 58, 273 neudruck.
dû bist besloʒʒen
in mînem herzen:
verlorn ist daʒ slüʒʒelîn:
dû muost immer drinne sîn.
minnes. frühl. 3, 6.
da seid ihr ja, ich wollte bei euch wechseln.
1, 199;
da bin ich schon.
286.
b)
mit präpositionalen ausdrücken: an eim ort seyn, adesse in aliquo loco. 371ᵈ; und sein name wird an jren stirnen sein. offenb. Joh. 22, 4; freier:
wird der taw auff dem fell allein sein, und auff der gantzen erden trocken, so wil ich mercken, das du Israel erlösen wirst. richt. 6, 37. im bilde: deine hand wird deinen feinden auff dem halse sein. 1 Mos. 49, 8. — fater unser, thû thar bist
in himile. Tatian 34, 6; kum uuine mîn, gê uuir anne den akker! uuesen alle uuîla in den dorfon! 126, 2; alse nu Adam und Eva in dem paradyse worent, do zougete in got manige hande krüter und boume. d. städtechr. 8, 235, 28; darumb sol mein bogen in den wolcken sein, das ich jn ansehe. 1 Mos. 9, 16;
freier: rede zu jm und lege mein wort in seinen mundt und ich wird in deinem mund und in seinem mundt sein. bibel von 1483 32ᵃ (2 Mos. 4, 15. Luther: und ich wil mit deinem und seinem munde sein); dieweyl mir die seel im leyb ist, als lang ich laͤben wirdt. 369ᵃ; machet kein getümel, denn seine seele ist in jm. apostelgesch. 20, 10; wie kündten wir einen solchen man finden, in dem der geist gottes sey? 1 Mos. 41, 37; reden, wie es mier im hertzen was. s. 63 Boos;
unter dach und fach sein u. ähnl.; den winter under dem tach seyn, agere hyemem sub tectis. 371ᵈ. —
so auch: alles was dem priester fur augen sein mag. 3 Mos. 13, 12. vorhanden sein s. d. — das man sehen mus, der rechte gott sey zu Zion. ps. 84, 8. formelhaft:
so auch in bezug auf personen: wer sind die leute, die bey dir sind? 4 Mos. 22, 9; sagt, ich wäre schon bey meiner tochter. 3, 54;
vor: so hebe nun an und segene das haus deines knechts, das es ewiglich fur dir sey. 2 Sam. 7, 29;
gleichbedeutend mit diesen präpositionalen wendungen sind die verbindungen des verbs mit den entsprechenden betonten adverbien (die sog. trennbaren zusammensetzungen), z. b. einem beisein = bei einem sein, s. unten 24.
der artzt ausz Syrien (Lucas) war stets ihm (Paulus) an der hand.
4, 343. —
die zeit vergeht; längst bin ich in der fremde.
ged. 137;
es ist nicht drauszen, da sucht es der thor,
es ist in dir, du bringst es ewig hervor.
11, 321. —
dû salt wesen vor der tur.
livl. reimchron. 1299;
herr doctor, vor meim hausz ich was.
fastn. sp. 2, 44, 176 neudr.
er zeucht also darvon, schwartz uberall bekleidet ...
und reitet ungeschewt hin unter seine feind',
die umb Paris umbher so starck zu felde seindt.
Ariost 9, 2, 8;
wollt ein pastetlein ihr, ...
so sol es auf befehl alszbald zur stelle seyn.
ged. 492.
ich wil selbe bie ûch wesen.
livl. reimchr. 553;
er ist bey uns wol auff dem plan
mit seinem geist und gaben.
8, 364ᵇ.
vergönn', dasz ich mag stehend vor dir sein.
1, 218.
c)
hält sich jemand nicht vorübergehend an einem orte auf, sondern hat er daselbst seinen dauernden wohnsitz bez. seine heimat, so drückt man dies aus durch zusätze wie irgendwo daheim, zu hause sein: daheimen oder beym hausz seyn, adesse domi 371ᵈ; wir wandern durch so viel städte, dasz wir selber nicht wissen wo wir daheim seyn. com. pr. 279;
mhd. dafür mit hûse:
vgl. auch inn sein unter a.
wo du mir bist, bin ich zu haus.
ged. 127.
sie sâʒen ûf und riten hin ...
gein Litan, dâ Tinas
ir rechter vriunt mît hûse was.
Trist. 5014.
d)
besondere beachtung verdienen zwei ausdrücke, die, obwol ursprünglich und theilweise noch jetzt rein local, allmählich in den meisten fällen diesen sinn eingebüszt haben und zum bloszen ausdrucke des seins im vollen emphatischen sinne (s. 2 ff.) geworden sind. sie machen also in historischer zeit dieselbe entwicklung durch wie das verbum wesan in vorhistorischer und dienen daher dieser zur verdeutlichung. es sind da sein, örtlich s. a, dann einfach im sinne von existere (2, a), s. daselbst (theil 2, 650 ff.), zuweilen auch in abweichender bedeutung:
ferner vorhanden sein, vgl. daselbst, im ältern nhd. noch örtlich (ganz in der nähe, dicht vor einem): do was mier gar angst, den ich forcht der bär wäri vorhanden. s. 11 Boos. so später nicht mehr gebräuchlich, doch klingt die beziehung auf räumliches noch durch in folgender stelle: weil nun ohne äuszerliche verknüpfungen, lagen und relationen kein ort statt findet, so ist es wohl möglich, dasz ein ding
wirklich existire, aber doch nirgends in der ganzen welt vorhanden sei ('keine räumliche relation gegen andre habe'). 8, 23. die heutige bedeutung schon bei baumeisterb. 17, 11, s. unter 1, 3, u, ζ; abstracter: die kräffte werden bey ihm vorhanden seyn. comöd. pr. 196; doch ob ein kluger rath vorhanden ist, das werden sie am besten bedencken. 128.
dô die boten erfunden,
daʒ diu wârheit was dâ (sich herausgestellt hatte).
reimchron. 32678.
11)
aber sein steht nicht nur, der eigentlichen bedeutung gemäsz, auf die frage wo?, sondern auch auf die fragen woher? und wohin?, schlieszt also hier den begriff einer (vollendeten) bewegung in sich. hier dürfte in den meisten fällen die ellipse eines verbs der bewegung im part. perf. (gegangen, gekommen u. a.) anzunehmen sein.
a)
wovon sein im sinne der räumlichen entfernung, nicht gerade häufig und jetzt kaum ohne zusatz üblich. von einem menschen oder orte fort, entfernt sein: (ich) auch selbs wissen musz, wie es thun mag von weib und kindlin, auch von der nahrung zu seyn. briefe 4, 567; in einem wilden wald, in welchem ich die meiste zeit, seit ich von meinem knän war, zubracht. Simpl. 1, 180, 28 Kurz. — mit angabe der distanz: zwo tagreisz vom läger seyn, abesse bidui a castris. 372ᶜ; vor zwo stunden bin ich noch eine meile von hier gewesen. com. pr. 288. — ähnlich freier: wenn die ersten zwelf diu an dem raut beliben sint ain jar ratgeben sint bis ze der liehtmisse, die sullen denn auch von dem raut sin und sullen in dryn ganczen jaren an chainen raut auch nit mer chomen. d. städtechron. 4, 130, 24; vergl.: oba uuer inan Christ biiâchi, ûʒ fon theru samanungu uuâri. Tatian 132, 13 (extra synagogam fieret); da man den armen Uli ... henkte, sagte er: es ist ihm wohl gut, das er ab der noth ist. Lienh. u. Gertr. 1, 348.
b)
häufiger in dem sinne 'woher stammen, von wo ausgegangen sein'. mit adverbien: wo ist er her? unde est? quae est patria ejus? cujus est? 2, 267ᵃ;
das ist ein wunderlich ding, das jr nicht wisset, von wannen er sey. Joh. 9, 30; sprach der Fugger zuͦ mier: 'wannen bist du?' s. 21 Boos; aber darff ich fragen, wo ihr her seyd? com. pr. 279; aus der zeit .. ist mir .. kaum der chef einer ansehnlichen mission preuszischer abstammung erinnerlich. ausländische namen standen höher im kurse: Brassier, Perponcher, Savigny, Oriola. man setzte bei ihnen gröszere geläufigkeit im französischen voraus, und sie waren 'weiter her'. ged. u. erinner. 1, 5. diese hier characterisierte denkweise beherrscht unsre sprache überhaupt, wie denn die wendung er oder das ist nicht weit her noch immer ein beliebter ausdruck der geringschätzung ist.
quad, inan irknâtin untar in, 'joh wiʒut wola, wanana ih bin'.
3, 16, 62;
c)
so zunächst, von einem orte herkommen, stammen, gebürtig sein: uuas ther Philippus fon Bethsaidu. Tatian 17, 1; in disem jar da lies der kardinal an die thuͦmbropstei über die thür schreiben seinen tittelum und darzuͦ Matheus Lang von Wellenburg, wiewol er noch sein fordern nicht von Wellenburg send. d. städtechron. 25, 83, 13;
daher auch zeitlich: ich bin noch aus der alten (bestimmter z. b. der hannoverschen) zeit und dergl. besonders in einigen sprichwörtlichen redensarten: denn wir sind von gestern her und wissen nichts. Hiob 8, 9. mundartlich (nd.) hei is fon 'n dummen êrgisteren.
mich duncket, du sijhest von Galilee.
Alsf. passionssp. 3517;
der du von dem himmel bist.
1, 109.
d)
sodann, von jemandem stammen (als nachkomme), herrühren, ausgegangen, gemacht sein: so jemand wil des willen thun, der wird innen werden, ob diese lere von gott sey. Joh. 7, 17;
nintheiʒit mir iʒ muat mîn, ni ther fon gote sculi sîn,
es alleswio ni thenkit, ther sulîh werk wirkit.
3, 20, 149;
da aber aus eigenem beruf
gott der herr allerlei thier' erschuf,
dasz auch sogar das wüste schwein,
kröten und schlangen vom herren seyn.
2, 200.
e)
hiermit berührt sich von etwas sein zur angabe des stoffes: darumm heiszt er mein sun, er lebt und ich leb, und er ist von meinem bluͦt und fleisch. evang. 14ᵇ; wenn eine seele dem herrn ein speisopffer thun wil, so sol es von semelmelh sein. 3 Mos. 2, 1;
alleʒ ir gewant
was von rôtem golde.
Nibel. 72, 3;
wiss, daz du von ertreich pist,
ze ertreich wirst in chläiner frist.
ring 26ᶜ, 5
sein bart ist nicht von flachse,
er ist von feuersglut.
Barbarossa).
(1882) 1, 109 (12)
sein mit ortsbezeichnungen auf die frage wohin? hier ist die ellipse eines verbalausdrucks besonders deutlich: man sagt wo warst du hin (gegangen) genau wie wo willst du hin (gehen)? vgl. gramm. 4, 136 f.
a)
zunächst eigentlich, mit adverbien:
wie sy nun all uffhi waren, wolt ich ouch do nohin. s. 8 Boos; der vollmond, eine reiche flur beleuchtend, war schon herauf. 23, 9; hernach ist er gleich fort. 57, 197. nieder sein, zu bett sein: (ich) gieng zuͦ des Myconii husz, der was schon nider. s. 47 Boos; so auch übertragen: wie weit sind wir? (beim lesen); wollte sie (die logik) sagen: leitet aus dem, was das wesen eures begriffs ausmacht, die hinreichend dadurch bestimmten synthetischen prädicate ... ab; so sind wir eben so weit, wie vorher. 3, 384.
wâ wære du hin?
Wigalois 143, 12;
du wære hin ûʒ ûf den plân.
Parz. 118, 20;
dô wære er gerne hin wider.
Karl 5316;
b)
besonders in die augen fallend ist die notwendigkeit einer solchen ergänzung, wenn statt des ortsadverbs ein ausdruck (gewöhnlich acc.) des weges eintritt, so besonders ahd. mhd.:
ther scaz ist sînes sindes (ist fort).
5, 19, 60;
der wirt ist sîne strâʒe ...
in twanc dar ûf urliuges nôt,
daʒ er den wec niht mohte sparn.
troj. krieg 21988;
nû was ouch an der wîle
der pfalzgrâf Ludwic
den gerihten stîc
unde wolt hinz Eger sîn.
reimchr. 39309.
c)
der ausdruck hin, dahin sein, der den ort, wohin etwas ist, ganz unbestimmt läszt, also nur ausdrückt, dasz es von dem früheren orte fort ist, kommt daher mit einer leichten verflüchtigung zu der allgemeinen bedeutung: nicht mehr 'da' sein, von lebenden wesen, gestorben sein (vgl. dahin 9, theil 2, 691 f.; hin 6, theil 4, 2, 1376):
so auch:
dafür ähnliche wendungen: als nun diser feind und anplatzer des reichs auch hinunder war. chron. der Teutschen 42ᵇ; wenn sie hinweg ist, werden wir erst wissen, wie viel wir verloren haben. 1, 88;
milder: suchtest du den Götz? der ist lang' hin. 8, 162 (Götz von Berl. 5). von der zeit, verflossen, vorüber sein: der uuinter ist hina, der regan ist vure. 39, 1; jene blühende zeit ist dahin. s. 2, c;
auch sonst von allem möglichen, z. b.: tero satyra nû eines micheles teiles kesagetero, uuanda novem librorum zuei hina sint. 1, 846, 14 Piper (Mart. Cap. 2, 48). von empfindungen: so ist er gech zornigk und der zornn ist im balde hin. versehung eines menschen 55ᵃ;
allgemein: was hin ist, das ist hin. wer weisz was vor ein schöner sonnenschein auf das ungewitter folgen wird. com. pr. 221. — ähnlich im nhd. fort, weg sein, nur noch etwas sinnlicher:
namentlich in vulgärer redeweise, z. b. nd. sprichwörtlich tröste got, wat wæge is; in Hildesheim gottlow, dat du (der furz) wêge bist! segt bûmesters sîn' (sohn). wie das volk spricht 1312. — ferner vorbei, vorüber sein (zeitlich):
sie ist dahin, die maienlieder tönte,
die sängerin.
Halm;
56 so sterb' ich denn, so, so!
nun todt ich bin,
der leib ist hin,
die seel' speist himmelsbrot.
Shakesp. sommernachtstraum 5, 1.
ich fürcht', es ist von hinnen
sein groszer geist!
358;
dein auge brach, die welt ward immer trüber; ...
dein kind schrie auf, und dann warst du hinüber.
ged. 45.
eʒ ist hiute hin ein tac
den ich wol immer haʒʒen mac.
Iwein 7439;
die zeit ist hin.
ged. 33.
der zorn ist minhalp dâ hin.
Iwein 8093;
her Tristan und her Gâwân, ...
ob die nît under in
hêten, der was gar dâ hin.
Tristan 1858;
weg ist alles, was du liebtest,
weg warum du dich betrübtest,
weg dein fleisz und deine ruh'.
1, 77;
der schnee ist fort.
232.
da ist's vorbei!
s. 2, c);
41, 322 (die tage sind gezählt, vorüber bald
ist alles, was das leben einst versüszt.
ged. 181.
d)
mit präpositionen: er freuet sich, dasz der vater wieder hinaus auf das land, an seine arbeit ist. 7, 437 (dramat. 98); Görge ist auf's feld, und Röse zu ihm. 14, 265; Lotte fragte nach seiner tochter: es hiesz, sie sey mit herrn Schmidt auf die wiese hinaus zu den arbeitern. 16, 43. — was macht ihr gemahl? postmeisterin. weisz gott. er ist in die weite welt. 10, 138 (Stella 1); sie haben die gewohnheit, wenn ihre männer auf's fischen in's meer sind, sich an's ufer zu setzen. 27, 132; wir waren ungefähr funfzig schritte in den dampf hinein, als er so stark wurde dasz ich kaum meine schuhe sehen konnte. 28, 22;
so auch: also rühmte sich Pythagoras: seine seele wäre anfänglich in einen pfauen gewest, hernach in Euphorbus, von dar in Homerus .. gefahren. Arm. 1, 667ᵃ;
mein vater war ein kaufmann, ist nach Amerika, ist todt. 10, 136 (Stella 1); ist Lerse nach Georgen? 8, 162 (Götz v. Berl. 5); wir vermutheten, dasz er nach Deutschland sey. 20, 282; und ihnen soll ich sagen, er sey nach Mirmolo. 57, 197. — über: inindiu uuas Phoebus ioh hina uber dia luft. (interea tractus aereos iam Phoebus exierat.) 1, 722, 22 Piper (Mart. Cap. 1, 23). so besonders in der häufigen verbindung er ist über alle berge, weit fort, nicht mehr sichtbar und erreichbar: denn sie fürchten sich, und weren lieber uber alle berg gewesen. 4, 492ᵇ. —vor:
zu: ich weri gären zum bischoff gsin, was aber vergäben. s. 85 Boos; er ist zum bischof um lebewohl zu sagen. 8, 63 (Götz 2); habe ich es euch nicht gesagt, dasz sie das haus verschlossen und zu eurer base ins weisze nonnenkloster ist? 7, 110;
er ist schon lang' mit einem fremden schiffe
in alle welt, und lebt vielleicht nicht mehr.
10, 215 (Claudine 1);
jetzt ist er hinaus in die weite welt,
hat keinen abschied genommen.
trompeter 241.
nû wol ûf, stolziu magedîn! der meie ist in diu lant.
18, 9;
anders wære ir beider hende ein ander in daʒ hâr.
39, 25.
dô wæren die dâr inne vil gerne für den sal.
Nib. 1910, 3;
wären wir nur erst den berg vorbei!
12, 244. —
ich was niwan zuo dem sê.
Wigalois 143, 18.
e)
daneben nimmt sein auch den begriff der noch dauernden, unvollendeten bewegung an, steht also nicht für 'gegangen, gekommen sein', sondern geradezu für 'gehen, kommen, fahren' u. s. w., vorwiegend, doch nicht immer, mit bezug auf die zukunft. so schon mnd. in der schiffersprache: by norden den sunde dar licht en goet confers, de nortwart wesen wil .. unde alse gy den sunt gepasset sint, wil gy wesen to Ghalwyn, so mote gy gan oestnortost. seebuch 6, 7; de oestwart wesen wil, de dar insegelen wyl, de mot by den osthuke insegelen. 5, 12; so gaet dan nortnortost bet up de Banck, wille gy oestwart wesen. 14, 2. nhd. vereinzelt (ostdeutsch?) her sein: ich streke ihnen ein summchen vor. sie sind her, und kaufen alle mögliche restchen seidenzeug. Soph. reise 6, 559. abgeblaszt, wie 'wohlan': seyd vielmehr her, hertzliebster gemahl, und rechet auff eine stunde so vieler jahr verwegenheit. Argenis 1, 527. mit präpositionen:
zuweilen wird diese perfective ausdrucksweise angewendet, um die schnelligkeit einer bewegung wirkungsvoll auszudrücken. sie vollzieht sich gleichsam so rasch und plötzlich, dasz sie schon vollendet ist, wenn man sie wahrnimmt: er eilt an's fenster dem
kutscher befehle zu geben; aber hinter ihm weg ist sie, wie der blitz zur stube hinaus, die treppe hinab in dem (l. den) wagen. 17, 389.
in quam thô in githâhti, thaʒ man imo iʒ brâhti,
unz se ôdo wârun zi theru burg koufen iro nôtthurft.
2, 14, 100;
si heten sehs kindelîn:
deste spâter muosen si sîn
nâch ir gewerfte ûf den sê.
Wigalois 137, 30;
hi seide, hi wilde te Romen sijn
ende van daen over meer.
Reinaert 3636;
mein mann wird bald
nach hause seyn
vom feld.
2, 181.
f)
so namentlich in gewissen festgeprägten redewendungen. im älteren nhd. an einen (zuweilen einem) sein, ihn angreifen: Morgant, der wol gsächen hat, wie Olliffier gfallen was, sprach, er wett in rächen, und wott an Maffredon sin (frz. aller sur). Morgant 71, 38 Bachmann; dardurch Rengnold vast zornig ward und wott an Ollifier geweszt sin (courir sur O.). 125, 29; hindennach wüst Titus selber vor grosem zorn usz dem bet, und wolt an dem ritter sein. schimpf u. ernst 221 Österley; ähnlich und noch jetzt üblich: aber er kam stracksfusz mit fäusten auff mich zu, und brummte etliche zornige wort, die, weil ich meines wissens keine hörner nie gehabt, nit verstehen, doch darausz soviel abnemen konte, dasz er mir gerne an die haut geweszt wäre. Philand. 1, 270.
g)
auch in der heutigen umgangssprache ganz üblich ist die wendung hinter einem her sein, ihm eilig nachfolgen, ihn verfolgen: massen sie auch einen von den gefangenen bauren bereits in den backofen steckten, und mit feuer hinter ihm her waren. Simpl. 1, 22, 4 Kurz; ähnlich, mit nach:
adverbial: Görgen sah ich gehen; ist Röse nach? 14, 262 (bürgergen. 6).
mit sîner grôʒen stangen
wær er gerne nâch der heiden her.
Willeh. 227, 11.
h)
dieselben wendungen auch in übertragenem sinne, so schon mnd. darna wesen, sich um etwas mühe geben: unde begherde, dat de rad dar na were, dat em syn schip myt den guderen wedder worde. Lüb. chron. 2, 152 bei 5, 696ᵃ. so besonders in der heutigen umgangssprache hinter etwas her, nach (auf) etwas aus sein: er ist gefährlich hinter dem gelde her, aufs verdienen aus u. ähnl.; ausseyn auf etwas, nicht in guter bedeutung, hoc ejus scopus est; darauf ist er aus, hoc est quod petit; ausseyn, nach etw. id. 2, 266ᶜ.
i)
manchmal geht der begriff der äuszern ortsbewegung in einen andern über, so z. b. in folgender stelle, wo man zur vervollständigung ein part. gewachsen ergänzen müszte:
so besonders zu etwas sein, in einen zustand gelangt sein u. ähnl.:
ferner, zu etwas geworden sein:
und nun sind die gewächse (kinder)
fast all' uns übern kopf.
1, 127.
die an disem gelouben sint
und hehaltent kristen ê,
die sint ze gnâden iemer mê.
Wigalois 209, 20;
sie (die gestorbenen) sind vom sehen nun zum schaun!
3, 212.
so seyd ihr götterbilder auch zu staub!
Iphig. 2, 2);
9, 39 (du bist der liebe schon zum raube
und bist dir kaum des worts bewuszt.
ged. 29.
13)
eine weitere gruppe für sich bilden die ausdrücke für ein besitz- oder eigenthumsverhältnis. hier verwendet die deutsche sprache den genitiv und den dativ. ich stelle letzteren voran.
a)
den zuerst behandelten verwendungen steht am nächsten die reine subjects-construction mir ist etwas, es ist für mich da, vorhanden = ich habe etwas, vgl. gramm. 4, 703. diese nicht gerade häufige fügung entspricht genau der lat. mihi est und ist wol dadurch beeinfluszt, vgl. die ahd. übersetzungen: in thie burg Galilee̜, thero namo ist (cui nomen) Nazareth. Tat. 6, 1; thero uuas suester (huic erat soror) namen Maria. 63, 2. im nhd. ist sie eine lieblingswendung Grillparzers:
ist dir der stoff erst, der sie nährt,
fällt glut vom himmel auf den herd,
und lodert ohne rast.
⁵1, 208;
weiland Alexander dem groszen
war unter des hauses genossen
ein arzt von hoher kunst.
2, 217;
sind uns nicht waffen und kraft und arme?
5, 36 (Argon. 1);
noch ist mir meines vaters helm und schwert,
und tod dräut jedem, der sich widersetzt!
7, 80 (des meeres u. der liebe wellen 4).
b)
weniger fremd, doch kaum in der umgangssprache anwendbar ist die fügung, wenn eine locale bestimmung hinzutritt, so häufig bei (deutlich unter einflusz der antike):
ferner:
vgl. auch:
gutes mädchen, mir hat die mutter nicht leinwand alleine
auf den wagen gegeben, damit ich den nackten bekleide,
sondern sie fügte dazu noch speis' und manches getränke,
und es ist mir genug davon im kasten des wagens.
40, 247 (Herm. u. Dor. 2);
wahrlich, dem ist kein herz im ehernen busen, der jetzo
nicht die noth der menschen, der umgetriebnen empfindet;
dem ist kein sinn in dem haupte, der nicht um sein eigenes wohl sich
und um des vaterlands wohl in diesen tagen bekümmert.
267 (4);
wäre mir jetzt nur geld in der tasche, so solltet ihr's haben.
299 (6).
wollt ihr wieder
zurückekehren hier in diese stadt,
so sei euch, herzog, nach mir dieser thron.
1, 238.
wo du mir bist, bin ich zu haus.
ged. 127.
c)
sonst besonders abstracter: im ganzen war ihm das glück, als genosse einer, nach der höchsten bildung strebenden zeit, das würdige zu kennen und zu nutzen. 35, 345. so häufig in der sprache der bibelübersetzung: einerley gesetz sey dem einheimischen, und dem frembdlingen der unter euch wonet. 2 Mos. 12, 49; und dem herrn sol ein name und ewiges zeichen sein, das nicht ausgerottet werde. Jes. 55, 13. — so auch von der bedeutung 4, d ausgehend: ehre sey gott in der höhe, und friede auff erden, und den menschen ein wolgefallen. Luc. 2, 14;
wie man hier leicht ein part. gethan, erwiesen oder ähnl. hinzudenkt, so verlangt der ausdruck dir sei trotz die ergänzung von geboten:
weitere abstracte ausdrücke, wie mir ist not, zorn u. and. s. 6, e—g. ähnlich noch:
iu scal sîn fon gote heil, nales forahta nihein.
1, 12, 8.
sei seinem genosz ain truz.
hist. volksl. 2, nr. 173, 24;
ich hab gut macht, und sey euch trutz
zu berathschlagen gmeinen nutz.
2, 1, 29ᵃ.
darumb, Maria, raine maidt,
sol dir nit sein als grosses laydt.
tirol. passionssp. s. 149, 2355.
d)
andrerseits steht sein mit dativ in prädicativer fügung, um einen genannten oder bekannten gegenstand einem bestimmten eigenthümer zuzuweisen. die redeweise ist häufig belegt in der älteren litteratur, später in poetischer rede und in oberdeutschen mundarten, z. b. schweiz.: 's isch im vatter. 268ᵇ. die gewöhnliche umgangssprache sagt dafür gehören. beispiele: item wer dem andern sein holz abschlecht ân urlaub, der ist dem das holz ist als oft für ainen stamb V [[undefined:poundsign]] X D. verfallen. steir. teid. 31, 12; der man sprach, wem ist das ander kind das da lauft. schimpf u. ernst 101 Österley; o, was wirt der morgen sagen, dem der wagen ist, wenn er ihn suchet und nicht findet? wendunm. 1, 225 Österley (1, 186); vogel sind das deine hembden? Mummel-Märten. wem werden sie sonst seyn? graf Ehrenfried 109; jezt ist er ihnen! jezt Milady nehmen sie ihn hin! 3, 467 (kab. u. l. 4, 7);
(dafür oben:
s. auch 14, g. mit auslassung von sein (s. 39, a): wem soll das, was ich in meiner hand habe? volksm. 3, 77 Hempel.
ja, fordre was du willst, denn ich bin dein! ...
ihr bin ich, bildend soll sie mich besitzen.
Tasso 2, 2);
9, 149 ( dir allein
ist und wird mein leben seyn.
11, 9 (Jer. u. Bät.);
all' dies gebiet, von dem zu jenem strich, ...
beherrsche du: dir und Albaniens stamm
sey dies auf ewig.
Shakesp. könig Lear 1, 1;
ach gott, was ist das haus so klein!
wem mag das elende winzige häuschen sein?
märchen s. 203
wem gehört die schöne grüne wiese?
sie gehört dem könig Drosselbart).
e)
abstracter, mit leichter verschiebung des sinnes, zufallen, zu theil werden:
wo allerdings die handschr. dein liest, s. die ausg. v. 1, s. 44. — zustehen, zukommen:
so auch:
und müsztest du im kampf auch enden,
so wird's ein anderer vollenden,
und dem der lorbeer sein.
an Franz I,
dem schicksal ist es, nicht den göttern,
zu schenken das leben und zu nehmen.
33, 251.
wenn's die schüler breit verkünd'gen,
nach es ahmen in geduld,
ihnen ist, nicht uns die schuld.
⁵ 1, 155.
f)
andere, weiter abliegende bedeutungen von sein mit dativ s. 8, a. b. hier sei auch die wol nur dem lat. nachgebildete phrase was ist mir und dir erwähnt: ir sün Sarie, was ist es mir und euch? laszt jn das er fluch! bibel v. 1483 150ᵃ
(2 Sam. 16, 10: quid mihi et vobis est? Luther: was hab ich mit euch zu schaffen?). — im ahd. steht hier neben dem dat. auch der acc., s. gramm. 4, 702 f.: uuaʒ ist uns inti thir, Heilant? Tat. 53, 6 (quid nobis et tibi, Jhesu?); uuaʒ ist thih thes inti mih, uuîb (quid tibi et mihi est mulier)? 45, 2. dagegen im got. der dativ: hwa mis jah þus, Jesu? Luc. 8, 28.
14,
a)
häufiger und dem geiste der deutschen sprache gemäszer ist im allgemeinen in allen diesen fällen der genitiv, vgl. dazu gramm. 4, 652—4. 961. doch findet er sich nur ganz vereinzelt, und auch hier vielleicht anders zu verstehen, in der 13, a entsprechenden construction: ein beygürtel sey unser aller. 4. bibelübers. spr. 1, 14 bei 1, s. 280 (Luther: es sol unser aller ein beutel sein).
b)
sonst fügt er stets zu einem genannten subject ein prädicat hinzu, entsprechend also der fügung 13, d. so besonders und sehr gewöhnlich im mhd. und älteren nhd.:
item es ist ein gesatz, das der baum des ist, in das ertereich da er gewurtzlet hat, nit des, in des gartten er sich hencket. narrensch. 45ᵇ; das die schuͦler derfften gens und enten, ouch andre essige spysz rouben und detten man eim nütz drum, wen man dem entrunne, dessen ein ding gsin weri. s. 16 Boos; der schiffman lachet und des der win was. 43; auff das du innen werdest, das die erde des herrn sey. 2 Mos. 9, 29.
ther loʒ, ther rihtit unsih al, welîches sin wesan scal.
4, 28, 12;
wes sint die bürge und daʒ hêrlîche lant?
Nibel. 372, 4;
sus erbet er, dô er genas,
daʒ ê des forehtieres was.
Lanz. 1248;
Jhesus zuch usz die kleider din!
die sollen disser ritter sin.
Alsf. passionssp. 5591;
nu hebe an, geselle min,
wes der rock solle sinn.
5699;
c)
auch heute ist die ausdrucksweise in gehobener rede noch üblich, dagegen kaum mehr in der umgangssprache. am ehesten würde man noch fragesätze, wie wessen ist dies buch? gebrauchen, doch ist auch hier die sonst herrschende ausdrucksweise mit gehören (wem gehört das buch?) beliebter. beides neben einander: disen verstant es auch hat mit gemainem markt Fronleüten deme das lantgericht vom Hakbächl nach der landstrassen bis zum Donnerstein zuegehört; der purkfrit aber ist daselbst obbeschribner massen allein der herrschaft Pfannberg. steir. teid. 337, 29;
die hier versuchte unterscheidung hat im sprachgefühl keinen grund.
wie man genieszt der sonne goldnes licht,
das niemands ist und allen doch gehört.
weh dem der lügt! 3).
⁴ 7, 66 (d)
für den gen. der personalpronomina tritt das — damit im stamme ja identische — possessivpronomen ein: zuͦ letst wil ich das din gemüt myn sy, wann ich bin das din. Terent. (1499) 42ᵃ; alles was seine mutter am ersten bricht, ist mein. 2 Mos. 34, 19;
diese verbindung ist (im gegensatze zum gen. poss.) auch heute noch durchaus geläufig und in uneingeschränktem gebrauche. in der umgangssprache, und besonders mundartlich wird das possessiv gern um ein unorganisches -e (der schwachen flexion?) am ende verlängert: das ist meine u. ä. s. die belege aus Weise unter i. r, und Eichendorff unter m. — eine eigenthümlichkeit der niedern umgangssprache und mundartlichen redeweise, die zuweilen auch in die litteratur eingedrungen ist, ist die vermischung der beiden gleichbedeutenden ausdrucksweisen dieses ding ist mein und gehört mir, derart, dasz nun gehören mit dem possessivpron. verbunden wird: es gehört mein, s. gehören 4, e (th. 4, 1, 2508 f.), z. b.:
dirre kleine hunt ist mîn.
Wigalois 61, 20;
die geliebte müllerin ist mein!
ged. 1, 28.
nun hab' ich mein sach auf nichts gestellt, ...
und mein gehört die ganze welt.
1, 147.
e)
die gleichartigkeit des possessivpron. mit dem unter b behandelten gen. erhellt besonders deutlich, wenn beide unmittelbar neben einander stehen: was wir künfftig haben sollen, das ist der eltern, und ist nicht unser. com. prob. 295;
so auch in mîn selbes, unser aller u. dergl. s. a und l.
das rosz ist des königs, der reiter ist mein.
liederh. 2, s. 792.
f)
ebenso kann das possessiv aber auch mit dem dativ zusammengestellt werden: der alte .. zeigte ihm in einem keller drei kasten voll gold. 'davon', sprach er, 'ist ein theil den
armen, der andere dem könig, der dritte dein'. Grimm märchen²² s. 19 (nr. 4);
vergl. ferner h.
was ich in that und wahrheit bin, ist dein
und meinem armen land!
Macb. 4, 6).
13, 121 (g)
bei ihr ist in der regel nicht bestimmt zu entscheiden, ob der dativ des persönlichen, oder das possessive pron. vorliegt: also ist die grosze welt beschlossen, das nichts von ihr hinaus gang, sondern in ihr bleib, das ihr ist. (1589) 1, 190; — man darf das letztere annehmen, wenn ein gen. oder ein anderes possessiv daneben steht:
die schuld ist ihr (der seele) und nicht des leibes welcher rufft.
4, 372;
ich bin jetz jhr, und sie ist mein.
ged. 339.
h)
als verstärkung kann in beiden fällen eigen hinzutreten, ohne den sinn oder die construction zu ändern: asni inti ther nist hirti, thes thiu scâf eiganiu ni sint. Tat. 133, 11; der löner des die schaff nit sind eygen. 4. bibelübers. Joh. 10, 12 bei gr. 3, § 178;
vgl. dazu:
zur erklärung dieses dativs ist zu verweisen auf die verbindungen des dativs mit dem possessivpronomen, die in vielen deutschen mundarten (z. b. österr., nd. u. s. w.) an stelle des genitivs getreten sind (dem vater sein rock = des vaters rock). — daher auch die ganz ungewöhnliche zusammenstellung:
sus sêrdy uns, eft wij ju eigen syn.
Theoph. 573;
wolt eur herr mich zu eigen han,
so zeiget eurem herren an,
verleiht mir gott das leben mein,
so musz er selbst mein eigen sein.
Keller.
1005, 8 mein eige soll sie sein,
kein'm andre mehr als mein.
liederh. 2, nr. 558, 3.
du sollt kein stück
von meinen ziegen nehmen.
sie sind mir mein!
33, 255.
i)
zuweilen zeigen sich besonderheiten der bedeutung. so sagt man ein ding ist jemandes auch, wenn dieser noch nicht im besitze ist, aber gegründeten anspruch darauf hat, also 'es kommt ihm zu, gebührt ihm': da sprach Jesus zu jr: darumb gebt dem keiser die ding, die da sind des keisers und gott die ding, die da sind gots. bibel v. 1483 480ᵇ (Matth. 22, 21); ähnlich:
vgl. auch die stellen unter f. ferner: wenn er (Esau) einen hirsch siehet, der ist seine (ist ihm verfallen, es ist so gut, als wenn er ihn schon hätte). com. pr. 9. — folgende wendung ist wol nur dem lateinischen nachgebildet: etwas vor der zeit thun, ist (sache) unweiser leute. Wicel bei gr. 3 § 178.
daʒ lop ist der guoten wîbe al eine.
417, 13.
k)
in verschiedenem sinne sagt man von einem menschen, dasz er jemandes (eigen) sei, zunächst in bezug auf den herrn, im strengsten sinne vom sklaven oder 'leibeigenen':
so auch: die juden wasen der stat. d. städtechron. 5, 13, 8. vom dienstmann, vasallen:
vom unterthanen: die meines herren sind. steir. teid. 49, 2; item was von freileiten under dem gotzhaus sind geborn, die sol ain jeder brobst und amptmann versprechen des ersten daz seu des egenanten gotzhaus sein. 269, 5. allgemein zum ausdruck der abhängigkeit, so in höflicher rede:
so zuweilen zusammengestellt: wer oder wes der wär. steir. teid. 65, 41;
dem wolde ik geven myn lyf to kope,
so dat ik syn eigen were,
ik wolde syn knecht syn, hei myn here.
Theoph. 462.
swer ie sô grôʒe nôt erleit
durch frouwen, dem erteile ich, daʒ
er si habe mit flîʒe baʒ
dan einer, der dâ heime lît
unz man im eine frouwen gît
der eigen er wol möhte sîn.
Wigalois 243, 29.
hêrre, ich selbe und al mîn habe ...
ist iwer, sult ir hie genesn.
wes möht ich pillîcher wesn?
Parz. 564, 22.
vornehmlich eine — grille, wenn ihr wollt,
ist ihr sehr werth. es sey ihr tempelherr
kein irdischer und keines irdischen.
Nathan 1, 1).
2, 197 (l)
daher sagt man zur bezeichnung der unabhängigkeit und freiheit sein (selbst) sein, vgl. auch Eckhart unter o: dy (Elsässer) gebrauchen sich keyserlicher recht, seind gern yr selbs, freigäbig (besser nach einer andern ausgabe: freyliebig), die nit
tyrannei leiden mögen, auch deren nit gwont, sunderlich die stätt, deren vil jr selbs seind. weltb. 63ᵇ;
('dasz wir die städtische autonomie erringen'). hist. volksl. 1, nr. 40, 79, vgl. v. 304. 498;
abgeblaszter:
ich han gedicht im rate
bi den zwei und driszig jaren
dasz uns wol mag widerfaren,
dasz wir unser selbes sin
wie wann die nachtigal, vom keficht auszgerissen,
hin in die lüfften kömpt, und an den kalten flüssen
mit singen lustig ist, umb dasz sie losz und frey
von ihrer dienstbarkeit, und nun ihr selber sey.
1, 128;
dir aber liebet nicht das unbefreyte freyen,
und deiner selbst zu seyn, wilstu dich nicht verzeihen.
1, 191;
vorbei der tag! nun laszt mich unverstellt
genieszen dieser stunde vollen frieden!
nun sind wir unser; von der frechen welt
hat endlich uns die heilige nacht geschieden.
ged. 56.
m)
als eine art lehensverhältnis (k) wird im mittelalter auch der minnedienst aufgefaszt:
aber auch sonst, und in einem volleren und tieferen sinne, als ausdruck der liebe: mein freund ist mein, und ich bin sein. hohel. 2, 16;
letztere wendung ganz gleichbedeutend mit 'sie liebt dich'. vgl. auch die stellen aus Weckherlin u. W. Müller unter g bez. d.
sie ist über mînen lîp
frouwe und al des herzen mîn,
sie vil wunderwerdeʒ wîp:
nû wes sold ich ie gerner sîn?
58, 22.
dû bist mîn, ich bin dîn.
minnes. frühl. 3, 1;
sie aber war inn liebesbrunst
gegen jhm also hart verwundt,
dasz sie täglich zu aller stundt
nur kurtzumb wolt sein eygen sein.
Keller;
871, 12 unmäszig liebt' ich sie, ganz war ich ihr.
Tancr. 4, 2);
7, 302 (und die nachtigallen schlagen's:
sie ist deine, sie ist dein!
² 1, 501.
n)
die wendung bezeichnet ferner das verhältnis der ehefrau zum gatten: in thero urrestî uuelîches iro ist thiu quena? allê habêtun sie sia. Tat. 127, 2; ich kann nicht beten: lasz mir sie! und doch kommt sie mir oft als die meine vor. ich kann nicht beten: gib mir sie! denn sie ist eines andern. 16, 133;
selten umgekehrt: du bist lang dein selbst und frey gewesen. nu bystu deines weybes. ob ainem manne sei zu nemen etc. 8ᵃ. von weibern in anderm sinne:
ich bin nicht grausam. frei nur will ich leben;
blosz keines andern will ich sein.
Turandot 2, 4).
13, 384 (weiber, die die brüste blössen, sind von oben aller leute,
das was unten bleibt den männern (mancher zweiffelt) zu der beute.
3, 158, 21.
o)
ferner sind menschen und dinge (eigenthum) gottes: darumb, wir leben oder sterben, so sind wir des herrn. Röm. 14, 8; als der löwe diese vom bären berichtete geschichte vernommen, sprach er: .. wir sind fürwahr gottes. streit zwischen mensch u. thier (1858) 58;
vgl.: dô ich stuont in mîner êrsten ursache, dô enhâte ich keinen got und was ich mîn selbes. 281, 21. — in prägnantem sinne von dem, was gott geweiht wird: alles was seine mutter am ersten bricht, ist mein. 2 Mos. 34, 19;
so auch von einem mädchen, das sich dem tode geweiht hat: Lysandra. rette sie! dein ist die braut! Hermione. der götter bin ich! 2, 143.
gottes ist der orient!
gottes ist der occident!
5, 8.
wanta was iʒ thegankind, thes wîbes êrista kind,
... iʒ was gotes suntar.
1, 14, 22;
ein volk hast du vom fall erlöst, o Mars! ...
und willst dafür die jugend eines jahrs:
nimm sie! sie ist dir heilig, sie ist dein.
ged. 381.
p)
entsprechend des teufels sein, zunächst im vollen sinne von einem, der sich ihm verschrieben hat:
daher dann in verwünschungen und beteuerungen: oder ich sey des teuffels, wa ich nicht meh dann sechs monat einmal freye tafel daselbst hielt. Garg. 242ᵇ; bisz endlich der kerl hoch und teuer schwur .., er wolte desz teuffels seyn, wann er etwas ferners thun .. wolte. Simpl. schriften 3, 347, 4 Kurz; aun, jetz bischtus tuiffels, desz tuiffels. 8;
allmählich ganz verblaszt und formelhaft geworden, wie verflucht, verdammt: das wäre des teufels! und ähnl. dafür euphemistisch: 'das wäre des guckgucks!' rief der müller. märchen s. 264 (nr. 61). auch des hunds sein? (vgl. hund 12, theil 4, 2, 1916): ein läre tasch, und schneiderzech, ist hunds. Garg. 49ᵇ.
de breif sal also wesen,
al dei en sein efte lesen,
den salstu bekennen unde gein ...,
dat Theophilus des duvels sy.
Theoph. 614;
dusse breif bedudet so vele,
dat myn lyf und ôk myn sele
des duvels ewich wesen sol!
770.
doktor, sind sie des teufels?
Elster (Nordsee 1, 10);
1, 177 bist du des teufels, Ratcliff?
ich sehe nichts.
2, 329.
q)
ähnlich des todes sein, dem tode verfallen sein, sterben müssen:
bey welchem er funden wird unter deinen knechten, der sey des tods. 1 Mos. 44, 9. als beteuerung: ich will des todes sein, wenn wir nicht bey jedem tritt auf ein paar tausend gespenster, drachen und stachelschweine stoszen. 11, 129 (don Sylvio 1, 2, 4); wenn ich dich nur über einem gedanken an meine geliebte ertappe, so bist du des todes! 196 (1, 3, 4); gnädiger herr, antwortete Pedrillo, ich will gleich des todes seyn, wenn ich weisz was ich sagen soll. 355 (1, 4, 6). — vereinzelt auch von jemand, der einem mörder als beute verfällt: da legte ich mich hinter die sträucher, und wenn er kommen wäre, so hätte er müssen meine seyn. comöd. pr. 178.
dô dâhte Hagne 'du muost des tôdes wesen.
dich envride der tievel, dune kanst niht genesen'.
Nibel. 1988, 1;
sin kunst vil manegen valte
der .. des tôdes muoste wesen
von der swerte krefte.
Biterolf 142;
r)
ein possessivverhältnis liegt wol auch in folgender freiern verwendung zu grunde: sprache zu ir Lucretia (Tarquinius?): du must meins willen sein oder ich wil dein man töten. ob ainem manne sei zu nemen etc. 14ᵇ; mit dem nötet Tarquinius Lucreciam und thet ir gewalt daz sie seines willen sein must. ebenda. (dafür jetzt einem zu willen sein, s. 25, n, δ.)
s)
ungewisz ist, ob man auch das mhd. sîn mit gen. 'betreffen' hierher ziehen darf (vgl. dazu 25, r, ζ), z. b.:
ich bin noch ungeveiget,
swaʒ des næhsten jâres ist.
reimchron. 5767.
15)
die 'copula' sein dient dazu, ein nicht verbales prädicat einem subjecte beizufügen. dieses prädicat kann zunächst ein substantiv sein. die gewöhnliche bedeutung dieser construction ist, ein einzelwesen in eine classe von dingen einzureihen: mein vater ist (ein) kaufmann. es sind zunächst zwei fälle zu unterscheiden.
a)
das prädicat ist nicht determiniert; hier hat die sprache zwei ausdrucksweisen.
α)
in dem vollen angegebenen sinne hat das substantiv meistens den unbestimmten artikel: ein kriegsmann seyn und dem krieg nach gon, militiam colere. 371ᵈ; sey ein frembdling in diesem lande, und ich wil mit dir sein. 1 Mos. 26, 3; die Wurster waren ein wildes seeräubervolk. marschenbuch 227;
es macht keinen unterschied, ob ein adjectiv oder genitiv hinzutritt. veraltet ist jedoch die stellung:
darnâch gan ich im harte wol,
daʒ er ein mûrære wese.
Amis 1969;
daʒ er ein gut geselle si
gewest.
Ludwigs kreuzfahrt 2631;
bis ain ursprunk guͦter sach.
38, 289;
dasz ihr ein mann von treu und ehre seyd.
Shakesp. Hamlet 2, 2;
ist denn lieben ein verbrechen?
lied von 1810, s. ¹² 171.
ihr wäret der miliz ein schänder.
1, 191.
β)
ein besonderer fall ist es, wenn ein eigenname als gattungsbegriff gebraucht wird, gewöhnlich in wendungen, wie: er ist ein zweiter Schiller u. dgl. (entsprechend determiniert: Tschechow ist der russische Maupassant), auch: er ist an körperkraft ein (wahrer) Hercules, vgl. dazu 17, a. so z. b.:
vgl. auch:
wie mancher auf der geige fiedelt,
meint er, er habe sich angesiedelt ...
und glaubt auf seiner violin
ein andrer, dritter Orpheus zu syn.
4, 359.
mich duncket wol an diner complex,
das du nit syest der dultig Job.
mörin v. 265
γ)
mit der negation verschmilzt ein gewöhnlich zu kein:
so in festen redewendungen, wie:
ich bin kein teuffel ausz der hel,
sonder bin gleych wie du ein seel.
3, 2, 62ᵇ;
ich lasz nicht die kindlein, wie Pharao,
ersäufen im Nilstromwasser;
ich bin auch kein Herodestyrann,
kein kinderabschlachtenlasser.
Elster (die audienz);
2, 208 ich bin kein froher, freud'ger buhle.
ged. eines lebend.¹⁰ 8.
das, dummer junge, ist kein spasz, ein krieg
hat mehr wohl zu bedeuten.
1, 239.
b)
die zweite weise ist das substantiv ohne artikel. über den unterschied beider hat die syntax zu handeln.
α)
selbstverständlich fehlt der artikel immer beim plural: seintemmal der mehrertheil diser seelen, welche die todten beschwerer vermeinen durch opffer herfür zu ziehen, nichts anders dann teuffel seind. Bodin 93ᵇ;
gewöhnlich ferner bei abstracten:
ferner bei angaben der lebensstellung: er ist kaufmann, soldat u. ähnl., vgl. sy öpis, vitae institutum amplecti. Schmidts idiot. Bern. bei 4, 17ᵇ; burgermeister seyn, das burgermeister ampt verwalten oder versaͤhen, consulem gerere. 371ᵈ.
ihr menschenkinder,
geht, seid und bleibet sünder.
nr. 6, 10 Gödeke.
ist diesz schon tollheit, hat es doch methode.
Shakesp. Hamlet 2, 2.
β)
mit adjectiv: massen denn die edlen psalmen .. und .. das buch Hiob poetische werke seyn. übersetzungen (1704) vorr. a 2ᵇ;
du wis nicht valsch getzeuge
gen frawen noch gen mannen.
39, 156;
o wohl dem hochbeglückten haus,
wo das ist kleine gabe!
1, 179.
γ)
im allgemeinen kann man sagen, dasz die nominale natur des substantivs weniger hervortritt, wenn der artikel fehlt. daher ist dies der fall besonders in formelhaften verbindungen, wo sein mit dem subst. zu einem begriffe zusammenschmilzt und meistens auch durch ein verbum ersetzt werden könnte, z. b. herr sein = herrschen, regieren, vgl. gramm. 4, 409: auff das alle königreiche auff erden erfaren, das du herr seiest alleine. Jes. 37, 20;
ferner: der gott Abraham, und der gott Nahor, und der gott jrer veter sey richter (richte, entscheide) zwischen uns. 1 Mos. 31, 53;
oft erscheint ein solches substantiv ganz gleichwertig mit einem adjectiv, z. b.:
welich sun daz holtz gepiegen mag,
der schol herre wesen
über lewt und über lant.
34, 48;
ist zwîvel herzen nâchgebûr.
Parz. 1, 1.
mein frommer könig. vor dir knie ich nieder,
weil das einmal gebräuchlich ist und mode.
1, 245.
δ)
wie innig diese verbindung ist, zeigt sich besonders darin, dasz zuweilen dabei die übereinstimmung des substantivs mit dem subject in der zahlform vernachlässigt wird, z. b.:
dagegen:
maint ir nicht, in der stat vil mender
hetten langst nach dem pachen gschnapt,
wen sie nur zewgen hetten ghapt,
das sie wern herr in irem haus?
fastn. sp. 1, 149 neudr.;
last nur die groben pawren faren,
weil sie nicht hern in hewsern waren!
159.
ε)
ferner, dasz an stelle des adjectivs manchmal ein adverb hinzutritt (vgl. unter f):
er sei recht meinster, der mich eff,
und ich in nit hinwider treff.
fastn. sp. 791, 31.
c)
die determination erfolgt gewöhnlich durch einen genitiv oder einen gleichwertigen präpositionalen ausdruck. steht dieser nach dem subst., so erhält dieses in der regel den bestimmten artikel: sie ist der inhalt, die seele meiner gedichte. parasit 1, 1. doch kann dieser fehlen in verbindungen von der unter b, γ angegebenen art: Alexander der grosze war könig von Macedonien;
steht der genitiv voran, so musz nach deutscher syntax der artikel fehlen: und die himel sind deiner hende werck. ps. 102, 26; ir (von ihnen) send ain tail des kaisers diener gewesen und hand im gedient. d. städtechron. 5, 115, 30; wann jr seidt auch eines küniges sune. Pontus b 3ᵇ;
die ältere sprache setzt jedoch vereinzelt auch in diesem falle den artikel:
so must jr an uns legen händt,
als die an dem krieg ursach send.
Keller;
104, 9 seid ihr der herr von dieser schenke?
1, 190.
sin würdige muͦter Marien,
die künsche fürbitterin,
sant Fridli und sant Hilarien
sind der Glarnern nothelfer gsin.
hist. volksl. 1, nr. 36, 23;
Rom glaubt: sie sey gewest nur Cæsars kurtzweilspiel.
Cleop. s. 26 (1, 913).
er ist deins volcks Israels
der preis, ehr, frewd und wonne.
8, 359ᵃ.
d)
dem genitiv gleichwertig ist auch das possessivpronomen: also dasz ich dein gott sey. 1 Mos. 17, 7; denn auff dich harren wir, sey jr arm früe, dazu unser heil zur zeit des trübsals. Jes. 33, 2; dasz die von Lucern und Zug sich bekennind, dasz die fürsten von Oesterrich jr rechte herrschafft sige. 2, 543ᵇ;
mit emphase:
das possessiv bezeichnet gewöhnlich ein bleibendes verhältnis, daneben auch ein vorübergehendes, auf einen einzelnen fall eingeschränktes, z. b.: willst du heute abend mein gast sein? so: węs myn wert, ik sy dyn gast. 1045. etwas ungewöhnlicher dagegen ist heute diese ausdrucksweise mit einem nomen agentis, so z. b. wenn es heiszt:
für: du sollst mich heute taufen. zwar sagen auch wir: du bist mein retter = du hast mich (einmal) gerettet, doch spielt dabei immer der gedanke an das durch die rettung gestiftete dauernde dankbarkeitsverhältnis herein. — als besonderheit des mittelalterlichen sprachgebrauches sei noch erwähnt, dasz in der rechtssprache mîn diep nicht, wie jetzt, 'der dieb, der mich bestohlen hat' bedeutet, sondern auch 'den ich für einen dieb halte, erkläre, der mir für diebstahl haftet', vgl. Reinmar der alte s. 141 f.: den he des bereden wil, dat he sîn morder sîn dîf sîn rovere sîn woldenêre sî, unde den he in der hanthaften dât begrepen hât. richtsteig 37, 1; so auch dichterisch:
vgl. auch:
etwas ähnliches kennt noch das nhd. bei narr, z. b.: meinst du, dasz ich lust habe dein narr zu sein (mich von dir zum narren halten zu lassen)? u. dergl.: bey mir wäre es kein unterscheid, ob mich einer einen bärenheuter hiesse, oder ob er mich ihr gnaden titulirte, wenn ich einmahl wie das andere solte sein narre seyn. comöd. pr. 253.
gros macht und viel list
sein grawsam rüstung ist.
8, 364ᵇ.
es ist mein kind, es bleibt mein kind.
1, 204.
nû müeʒt ir mîn rihtære sîn.
Iwein 1954;
Johannes liebe nebe minn,
min teuffer saltu hude sinn.
Alsf. passionssp. 511,
er muoʒ sîn iemer sîn mîn diep.
112, 1;
swer daʒ guot niht geben wil
durch den der im gît sô vil,
der ist sîn diep.
d. welsche gast 11755, u. d. folg.
e)
als substantiv können natürlich auch in dieser stellung andere wortclassen behandelt werden, zunächst adjectiva. diese bekommen meist durch die substantivierung einen bestimmteren, nachdrücklicheren oder prägnanteren sinn, wozu ja schon der gebrauch des artikels beiträgt. vgl. z. b.: ich bin der schuldige (derjenige — der eine —, der in diesem falle die schuld trägt) mit: ich bin schuldig. so auch, wenn ein mädchen zu einem burschen sagt: ach, geh, du bist (mir) ein schlimmer! hier würde das einfache schlimm den sinn nicht deutlich hervortreten lassen (vgl. 20, c. d). den gleichen wert hat es, wenn zum adjectiv ein substantiv allgemeiner bedeutung hinzutritt, wie mensch, mann, ding, sache, z. b. er ist ein braver mann; es ist ein gut ding (= etwas gutes):
letzteres in der älteren sprache auch ohne artikel: aber einen stand draus zu machen, der besser sey, weder der gemein christenstand, das ist verkehret ding. 5, 131ᵇ. — seltener werden natürlich andere wortarten substantivisch gebraucht:
vgl.: denn alle gottes verheissung sind ja in jm, und sind amen in jm. 2 Cor. 1, 20.
es ist ein wundervolles ding, dasz selbst
der alte mann so kühn geworden.
1, 360.
ouch was sîn wille der frouwen jâ.
Wigalois 242, 9.
f)
umgekehrt nähert sich das substantiv manchmal der function eines adjectivs, so namentlich in manchen formelhaften, festen
verbindungen, vgl. schon b, γ—ε. solche sind besonders schuld, noth sein: denn ich acht und hoffe, es soll nicht mehr noth seyn. br. 2, 582;
als adjectiv empfinden wir im allgemeinen auch: das ist schade, negiert das ist nicht schade, doch auch mit leiser nuance das ist kein schade. in anderer, heute nicht mehr üblicher verwendung in folgender stelle:
besonders deutlich ist die adjectivierung in folgenden wendungen (vergl. 16, d):
vgl. noch:
ein Wrangel war's, der vor Stralsund viel böses
mir zugefügt, durch tapfre gegenwehr
schuld war, dasz mir die seestadt widerstanden.
Wallensteins tod 1, 5).
12, 217 (er sölt in laszen ein,
er wolte eszen und trinken,
kein schad wolt er im sein.
hist. volksl. 2, nr. 125, 2, 8.
mich dunket des, ir sît ze kint.
Wigalois 89, 40;
swîget! ir sît gar ze kint.
41, 25;
weg, du traum! so gold du bist.
1, 86.
o ihre majestät sind zu sehr grübler.
1, 414.
16)
das prädicat steht gewöhnlich im nominativ; unter gewissen umständen kann dafür indessen der genitiv und der accusativ eintreten.
a)
der in 15 zu grunde gelegte unterschied des nicht determinierten prädicats läszt sich so erklären, dasz im letzteren falle das subject und das prädicat den gleichen umfang haben, im ersteren das prädicat den gröszeren. sage ich: Wilhelm I. war der erste kaiser des neuen reiches, so bezeichnen beide satztheile nur eine und dieselbe person; sage ich dagegen: Wilhelm I. war nun kaiser, so trifft das prädicat auszerdem noch auf viele subjecte zu; Wilhelm I. war nur ein kaiser neben anderen. diesen unterschied giebt die sprache im allgemeinen durch zusetzung des bestimmten und des unbestimmten artikels wieder, doch nicht consequent und unzweideutig: gott ist ein herr aller dinge besagt nicht, dasz man auszer ihm noch andere herren aller dinge kennt; der verunglückte war der sohn eines reichen kaufmanns braucht nicht auszudrücken, dasz er der einzige sohn war. in vielen fällen versagt auszerdem das mittel ganz, so im falle 15, d. die wendung er ist mein freund läszt es ganz unklar, ob er der einzige dieser art oder einer von vielen ist. will ich ersteres unzweideutig ausdrücken, so musz ich sagen: mein einziger freund, wenn letzteres: ein freund von mir oder einer meiner freunde. hier erscheint also das verhältnis als ein partitives. diese ausdrucksweise wendet die ältere sprache in viel weiterem umfange an, und zwar setzt die den einfachen partitiven genitiv ohne einen übergeordneten zusatz wie einer, — eine construction, die die heutige sprache, zumal die umgangssprache in diesem allgemeinen gebrauche nicht mehr kennt (dafür ich bin einer der —, oder gewöhnlicher ich gehöre zu den —). vgl. gr. 4, 652—4. gern bei substantivierten adjectiven: wan ich mag an dem letsten drü wort sprechen mit dem David (peccavi) ich hab gesündet, so bin ich der behaltenen. schimpf u. ernst 189 Österley; es sind der sauren. 12, 221;
noch heute lebendig sind ausdrücke wie das ist nicht meines amtes (gehört nicht dazu, fällt nicht in dessen sphäre); ich kann von der möglichkeit oder unausführbarkeit der zwecke .. gar wohl abstrahiren .. um nur auf das zu sehen, was meines thuns ist. 7, 359; glauben sie nicht, dasz ich sie genirt hätte. das ist meines thuns nie, so wenig als mich geniren lassen. briefsamml. 1, 506; es nein! das ist meines thuns nicht. 1, 186; ich bin kein jäger, es ist nicht meines amtes zu beizen und zu jagen. 187.
ni bin ih thero manno, the ir eiscôt nû sô gerno.
1, 27, 33;
sô quam ein Daries man ...
unde dranc mit liste,
dâ er Alexandrum wiste,
in allen dem gebêre,
als er der sîner wêre.
Alex. 2737.
b)
gleichbedeutend mit dem genitiv ist die präposition von, die auch heute noch in diesem sinne üblich ist: also soltu allen stedten thun, die seer ferne von dir ligen, und nicht hie von den stedten sind dieser völcker. 5 Mos. 20, 15;
doch seyd ihr auch von den geübten.
1, 213;
die erde bildet blasen, wie das wasser,
und diese mögen davon seyn!
Shakesp. Macb. 1, 5.
c)
hieran schlieszen sich wendungen, wie die folgenden: Pontus erwölet allzeyt die besten. und darumb yegklicher begeret
von der selben zale zuͦ sein. Pontus e 5ᵃ; es freute ihn, als er hörte, das fräulein sei unpasz und werde deszhalb nicht von der gesellschaft seyn. Münchhausen 2, 61. so häufig in der umgangssprache: wollen sie auch von der partie (mit dabei) sein? u. ä. — auch in solchen fällen kann die ältere sprache den genitiv setzen:
der süllen allweg zwei burgermaister und vier von dem clainen rat sin und sehs von der gemain die dez grozzen ratz sien. d. städtechron. 4, 159, 24. dieser gen. steht sogar als apposition, ganz gleichwertig einem nom.: antwort an herrn Johann Jacob Bodmer, professor, und des grossen raths zu Zürich. Haller ged.¹⁰ 186 (überschr.).
ni bin ih thera fuara (Jesu).
4, 18, 17;
d)
ein partitives verhältnis drückt die sprache auch in folgender redeweise aus, wo eigentlich die vorstellung eines (intensitäts-) grades zu grunde liegt: ich bin dazu (nicht) manns genug, d. h. in genügend hohem grade mann, bez. mannhaft, tüchtig, stark (vgl. 15, f). so: aber was daran verschuldet, ist nit mein, sondern Eccii schuld, wilcher einer sach sich unterwunden, der er nit manns gnug gewesen. br. 1, 512.
e)
ein gen. part. ist ursprünglich auch der gen., der als object in negativen sätzen steht. diese syntaktische eigenthümlichkeit scheint von haus aus allen idg. sprachen zu eignen und ist in manchen (wie z. b. dem russ.) bis heute consequent gewahrt; im germanischen ist sie schon von anfang an nicht streng innegehalten, doch finden sich beispiele eines solchen objectgenitivs noch im nhd. des 16. jahrh.: nein, nein, dasz ist meines pferds nicht lange (ich behalte es nicht lange). wil es die nacht zum tag fressen, wer geb mir fuͦter gnug! wendunm. 1, 224 Österley (1, 185). so mit pronominen: neyn ich genädige fraw, so sprach Polidas, ich byn sein nit. Pontus b 3ᵇ; und er beduncket mich ein wenig lenger sein dann Pontus. er ist jm auch ettwas geleich aber er ist sein nicht. e 1ᵇ.
f)
anderer art ist der gen. part. neben zahlwörtern, s. 21, c.
g)
das object steht im accusativ. diese erscheinung verliert etwas von ihrer sonderbarkeit, wenn man bedenkt, dasz auch z. b. das arab. das prädicat zu kâna 'sein, existieren', und gleichbedeutenden verben in den acc. setzt, während wiederum die baltisch-slavischen sprachen bei 'sein' (und ebenso bei 'werden, machen zu etwas') das prädicat, wenn es eine vorübergehende eigenschaft oder zustand bezeichnet, in den instrum. setzen und das finnische zu gleichen zwecken einen besonderen casus (den 'essiv') ausgebildet hat. augenscheinlich bekommt sein in solchem falle mehr die geltung eines (transitiven) vollverbs, vgl. wendungen wie den führer machen, abgeben, vorstellen, den narren spielen, heucheln. übrigens ist die construction im deutschen auf die mundartliche redeweise eingeschränkt, und findet sich nicht überall gleichmäszig; am meisten im nd. und in der Schweiz. belege aus der litteratur: es sey ein lehm, schwilm, oder schwartzen acker. anleytung zu der landtwirtschafft (1590) bei 4, 185; ihr würdet einen gutten prediger sein, liebe Amelisse! 2, 340 (vom 17. febr. 1704); er habe auch über die Schweiz gespottet und sei 'einen unverschamten mansch'. auch einer 1, 6. ebenso beim pronom.: aber wenn ich dich wäre. Hans Joggeli (1894) 39. im letzteren falle ist der acc. ja auch in vielen andern sprachen üblich, besonders in den romanischen und in vielen germ. (engl. dän.) wenigstens in der umgangssprache. dagegen im deutschen weniger verbreitet als beim subst., z. b. nicht im nd.
h)
wenn dagegen ein solcher satz von lassen abhängig wird und in den acc. cum inf. tritt, so verlangt die strenge logik in übereinstimmung mit dem subject auch das prädicat im accus.: und las jn ewiglich deinen knecht sein. 5 Mos. 15, 17; laszt mein herz euren wegweiser seyn. theat. 4, 213; laszt's mich nur erst'n wirten da sein; so husten mer af dö wirtin! Anzengruber³ 4, 104;
doch findet sich daneben auch der nom. und zwar schon mhd.:
mit andern verben entsprechend:
ebenso nhd.: wenn ein erdensohn diesen mächtigen zauber lösen soll, so laszt mich dieser glückliche sterbliche sein! volksm. 3, 29 Hempel. — gramm. 4, 590 bezeichnet diese losere construction als fehlerhaft, Paul mhd. gr.² § 300, anm. 2, als selten, ohne jedoch gegenbeispiele zu geben; man könnte fragen, ob sie nicht doch dem geist der deutschen syntax angemessener ist und jene andere logisch untadligere nicht etwa nur durch künstliche schulmeisterei — nach lat. vorbilde — uns aufgezwungen ist. die zwanglose umgangssprache bevorzugt jetzt jedenfalls den nom. andrerseits wirkt ihr in neueren mundarten die unter g geschilderte neigung entgegen. — ist das prädicat nicht ein masc. sing., so fallen nom. und acc. ohnehin zusammen: das du unser missethat und sünden gnedig seiest, und lassest uns dein erbe sein. 2 Mos. 34, 9; sondern heiliget den herrn Zebaoth, den lasset ewer furcht und schrecken sein. Jes. 8, 13.
dô sprach aber Hagene 'lât mich den schuldigen sîn'.
Nib. 1071, 4 (var.: der schuldige);
daʒ er in den kempfen lieʒe sîn.
Lanz. 5211;
o meister, liebster meister mein,
lasz du mich deinen gesellen sein!
ged. (1864) 332.
und lâʒ mich sîn dîn dienestman.
Parz. 715, 29;
er lâʒe de naht ein tac sîn.
Iwein 2136.
er bat in sîn sîn wartman.
Lanz. 3739, vgl. anmerk.;
wande er wêrlîchen weste
in wesen der aller beste.
pass. 170, 60 Hahn.
17)
ferner sind einige besonderheiten der bedeutung, die von der unter 15 zu grunde gelegten abweichen, zu erwähnen.
a)
sein dient zur identification des subjects. das prädicat antwortet auf die frage wer bist du? und enthält einen eigennamen oder sonst eine individualbezeichnung: de weerd .. sechte to om: wat bistu? do seyde de def: ik ben de duvele. mnd. gr. s. 197; ich Davus bin nit Edippus fürwar. Terent. (1499) 14ᵃ; Jesus .. fraget seine jünger, und sprach, wer sagen die leute, das des menschen son sey? sie sprachen, etliche sagen, du seiest Johannes der teuffer, die andern du seiest Elias .. er sprach zu jnen, wer saget denn jr, das ich sey? Matth. 16, 13—15;
dies ist gewissermaszen ein specialfall des determinierten prädicats, vergl.:
wenn das prädicat ein name ist, berührt sich sein mit heiszen, vgl.:
dasz du uns sagest wer du bist,
abe du siest der herre Crist,
der uns ist gelaubet (verheiszen) in der ee.
Alsfeld. passionssp. 848 f.
hie dicz gut zu mercken ist,
dasz hie (er) sijhe der ware Crist.
875.
wer da betredden wirt in dissem kreisz,
er sij Heincz adder Concz adder wie er heisz.
112.
b)
das einfachste und vollkommenste identitätsverhältnis enthalten sätze von der form: ich bin ich selbst. das gegentheil würde den schärfsten logischen widerspruch enthalten und findet sich daher nur im irrealen bedingungssatze:
doch sagt man auch: er ist nicht mehr er selbst, um eine starke wesensänderung auszudrücken: so aber der mann thut, was die frau will, so ist er unsinnig, dann er ist sein selbst nimmen (nicht mehr) und entlehnet vernunft. (1590) 9, 20; Kleonissa sah den Agathon, und — hörte in diesem augenblick auf Kleonissa zu seyn! 3, 104 (Agathon 12, 4).
wären
sie nicht sie selbst, ich würde eilen, sie
von ein'gen dingen zu belehren.
don Carlos 4, 3.
c)
man sagt ähnlich bei gattungsnamen, z. b. mensch ist mensch, d. h. ein mensch ist wie der andere, um die durchgängige übereinstimmung und einheitlichkeit des typus zu betonen, der gegenüber die individuellen abweichungen als belanglos erscheinen:
aber auch:
mit dativ:
zwar kind ist kind und spiel ist spiel.
12, 141.
die liebe, die nicht wunder ist, ist keine.
1, 307.
stand ist mir stand und einerlei,
ich bin von vorurtheilen frei.
1, 343.
d)
darauf beruhen wendungen mit lassen, die den sinn haben 'sich um etwas nicht bekümmern':
'es auf sich beruhen lassen', häufig um ein gesprächsthema abzubrechen: Wilhelmine. es (das 'dessein') ist aus einer vignette über Hallers ode auf seine Mariane. Zierau. ei so lassen sie Haller Haller seyn. 1, 139. manchmal nähert sich die wendung dem einfachen etwas sein lassen (s. 9):
andrerseits auch: freilich auf die jagd ziehen mit schönen falken, auf guten feisten maulthieren bergauf und bergunter, und land, land sein lassen (keinen unterschied machen, sich
um die ungleichmäszigkeiten des terrains nicht kümmern?) — das kann ich auch. 6, 457 (graf Lucanor 14).
du läszt den ganzen tag die herde herde seyn.
bei 4, 453.
wilt du mir folgen, bleyb daheim
und lasz das tantzen tantzen seyn
und lern darfür fleyssig hauszhalten.
loszb. 45ᵇ.
e)
ganz ähnlichen sinn hat die wendung ein ding etwas anderes sein lassen, nämlich den unterschied zwischen beiden vernachlässigen, beiseite setzen, meist in typischen redensarten zum ausdruck der nachsicht, gleichgiltigkeit, des verzichts auf eigene meinungs- oder willensäuszerung: das die medici macht haben, sich zu lieb den krancken inn allerley leut zu verändern, wie ein hofmann, der ruben laszt biren sein. podagr. trostb. B 8ᵇ. so heute besonders üblich fünf gerade sein lassen:
(vgl. zur verdeutlichung Shakesp. der widerspenst. zähm. 4, 5). daher andrerseits: ich wil auch etwan das wort für ein gedancken nemen, wiewol ich weisz, das der gedanck kein wort ist. evang. 14ᵃ.
ich drück' ein auge zu, lasz fünfe grad sein.
1, 417
f)
sein hat ferner seine stelle in definitionen: ein dreieck ist eine von drei seiten eingeschlossene figur; vernunft ist das vermögen, welches die principien der erkenntnisz a priori an die hand gibt. 2, 53. sein ist hier nachdrücklicher als im falle der bloszen copula und steht daher hier auch in den sprachen (wie lat. russ.), die letztere für gewöhnlich unausgedrückt lassen. im deutschen tritt dafür gern heiszen ein: analytische urtheile (die bejahenden) sind also diejenigen, in welchen die verknüpfung des prädicats mit dem subject durch identität, diejenigen aber, in denen diese verknüpfung ohne identität gedacht wird, sollen synthetische urtheile heiszen. 2, 42. (zu den 'analytischen' urtheilen würden also besonders die hier in frage stehenden gehören.) natürlich brauchen weder subject noch prädicat gerade substantive zu sein; besonders häufig sind auch infinitive und im prädicat relativsätze: ein sun sein ist, da ein lebendigs von eim lebendigen, und ist seinerlei. evang. 14ᶜ; seeräuber sind diejenigen, welche auf der see frembden eigenthums sich mit gewalt bemächtigen u. s. w. staatslex.³ 13, 297.
g)
hierauf beruht die häufige redeweise nicht wissen, was etwas ist, z. b.: er weisz gar nicht (noch nicht einmal), was arbeiten ist (heiszt); sie besagt nicht, dem wortsinne gemäsz, er kennt nicht die definition, hat keine theoretische kenntnis, sondern vielmehr, er hat keine praktische erfahrung und übung darin: an unsern armen orte wissen wir nicht, was befehlen ist. comöd. pr. 246;
nicht gewuszt
ward von mir ärmsten, was sei liebe, sehnen,
und frech verlacht' ich seufzer, liebesthränen.
1, 305.
h)
ähnlich klingen auch ausrufe, wie: was ist doch der mensch, das leben! u. s. w., die in wirklichkeit nicht ein was, sondern ein wie, eine modalbestimmung oder wertschätzung (wie elend, wie wunderlich, wie nichtig ..) ausdrücken sollen:
so besonders volksthümlich, z. b.: ach, du mein gott, was doch das leben is und sein thut?! Anzengruber³ 4, 338.
was ist die welt, was sind die menschen dann,
wenn sie mich hat so arg betrügen können?
1, 55.
18)
auch der sinn, in welchem das subject mit dem prädicat gleichgesetzt wird, erleidet abänderungen.
a)
am schärfsten und nachdrücklichsten tritt die gleichsetzung beider heraus, wenn sein in gegensatz zu scheinen, vorstellen gesetzt wird (vgl. scheinen 4, d, theil 8, 2449): etwas zu seyn, und etwas vorzustellen ist zwar nicht einerley, aber der unterscheid von beiden fällt nicht immer so leicht in die sinne. 4, 296; das gute tief herein, das böse heraus zu treiben — schlechter scheinen als man wirklich ist, besser wirklich seyn als man scheint; diesz halte ich für pflicht und kunst. 6, 339; es ist allerdings betrübt, nicht zu wissen, was man selbst ist, und beynahe lächerlich, gerade das gegentheil von dem, was man will und meynt, zu seyn. 7, 65; wenn der edelmann durch die darstellung seiner person alles gibt, so gibt der bürger durch seine persönlichkeit nichts und soll nichts geben. jener darf und soll scheinen; dieser soll nur seyn, und was er scheinen will, ist lächerlich und abgeschmackt. 19, 153;
sprichwörtlich: sei, was du scheinen willst. mehr sein als scheinen. sprw. 9473 f. so auch besonders im substantivierten inf., s. sein, n.
o mein monarch, ich darf es dir nicht sagen,
wie nicht jedwedes ding ist, wie es scheint ...
dies führt uns auf den sichern schlusz, dasz oftmals
was laster scheint, es nicht im innern ist.
1, 76;
geh hin und sei der sklav des scheins, der schatten
des Syriers. Judah will sein.
3, 327;
denn nicht gerecht nur scheinen will er, sondern sein.
Aischylos³ s. 344 (sieben v. 561).
b)
doch nähert sich sein hinwiederum dem begriffe des scheinens, wenn es bedeutet 'anerkannt werden, gelten als etwas': welcher gott nu mit fewr antworten wird, der sey gott. 1 kön. 18, 24;
ob ihr gleich ein heiliger mann seyn wolt, so weisz ich doch, herr Esau gienge mit der princessin lieber zu bette als mit euch. comöd. pr. 63. diese verbindung etwas sein wollen bedeutet also hier und so gewöhnlich 'sich für etwas halten', wobei die nebenvorstellung, dasz man es nicht wirklich ist, immer sehr nahe liegt und besonders in redeweisen der niedern umgangssprache (wie: und das will nun ein gebildeter mann sein!) zu tage tritt; seltener ist der sinn 'sich — mit absichtlicher lüge — für etwas ausgeben, was man mit bewusztsein nicht ist'. vergl. auch 22, m, ε. 38, d, α. β.
reiszt die fahnen und die kreuze
nieder! ... Machmud einzig
sei der gröszte, stärkste gott!
1, 375. —
c)
ein vergleich wird meistens mit wie gegeben: ich wil Israel wie ein thaw sein. Hos. 14, 6; seine augen sind wie taubenaugen an den wasserbechen .. seine beine sind wie marmelseulen, gegründet auff gülden füssen. hohel. 5, 12—15; der menschliche verstand ist wie die grosze weltseele .. belebend, ja selbst neuorganisirend dringt sie aus allen in alle körper. 17, 212 Suphan (human. br. 42);
andrer art ist die im mhd. überaus verbreitete redeweise si ist mir sam der lîp, ich liebe sie wie mich selbst, vgl. beitr. 2, 385:
vollere und seltenere wendungen: denn gleich wie der regen und schnee vom himmel fellet, .. also sol das wort, so aus meinem munde gehet, auch sein. Jes. 55, 11; ihr (der satyra) vornehmstes aber und gleichsam als die seele ist, die harte verweisung der laster und anmahnung zue der tugend. poeterey s. 23 neudr. vgl. auch 22, m, δ.
ich bin wie trunken, wie im himmel, wie
ein nachtwandler, der auf des thurmes zinne
erwacht und über sich die sterne sieht.
1, 62.
Faustinjânus nam ain wîp,
diu was im sam der lîp.
kaiserchron. 1224.
d)
dafür tritt indessen in poetischer rede ebenso oft die directe gleichsetzung mit auslassung des wie ein: denn du bist mein fels und meine burg. ps. 31, 4; sehet euch fur, fur den falschen propheten, die in schafskleidern zu euch komen, jnwendig aber sind sie reissende wolfe. Matth. 7, 15;
die gleichwertigkeit beider ausdrucksweisen zeigt besonders folgende stelle:
so auch bei der auslegung von träumen, sein = bedeuten: Joseph sprach zu jm, das ist seine deutung. drey reben, sind drey tage. 1 Mos. 40, 12; die sieben schöne küe, sind sieben jar, und die sieben gute ehern, sind auch die sieben jar. 41, 26.
ein feste burg ist unser gott,
ein gute wehr und waffen.
8, 364ᵇ;
's ist mir ein königreich.
1, 20;
ihr seid mein leitstern, mein orakel.
1, 62;
sei du in meinem leben
der liebevolle mond!
ged. 42;
ein schwaches stäbchen ist die liebe,
das deiner jugend rebe trägt,
das wachsend bald der baum des lebens
mit seinen ästen selbst zerschlägt.
63;
ich bin die rose auf der au,
die still in düften leuchtet;
doch du, o liebe, bist der thau,
der nährend sie befeuchtet.
1, 36;
ich bin der sturm, der fährt dem norden zu,
du bist die mondbeglänzte meeresruh —
wie stimmt ein solches ich zu solchem du!
2, 31.
mein herz ist, wie die dunkle nacht,
wenn alle wipfel rauschen,
da steigt der mond in voller pracht
aus wolken sacht,
und sieh der wald verstummt in tiefem lauschen.
der mond, der lichte mond bist du
u. s. w.
e)
häufig dient sein, um den zweck, gebrauch, die bedeutung eines gegenstandes für jemand anzugeben, meist mit hinzutretendem dativ, einem wozu dienen u. ähnl.: wie du inen vor wert eyn guͦt exempel. Keisersberg, s. I, 3, q, β; das es sey den kindern Israel ein gedechtnis fur dem herrn. 2 Mos. 30, 16; dis ole sol mir eine heilige salbe sein bey ewren nachkomen. 31; das diese steine den kindern Israel ein ewig gedechtnis
seien. Jos. 4, 7: und das sol dir das zeichen sein, das ich dich gesand habe. 2 Mos. 3, 12; denn wie Jonas ein zeichen war den Niniviten, also wird des menschen son sein diesem geschlecht. Luc. 11, 30. so auch ferner: das wird dir fur dem herrn deinem gott eine gerechtigkeit sein (als solche angerechnet werden). 5 Mos. 24, 13. ohne dativ: so wird er eine heiligung sein. Jes. 8, 14. — mit bildlichem ausdruck, vergl. d: sey mir ein starcker fels und eine burg, das du mir helffest. ps. 31, 3;
die liebe, die .. der ganzen welt vergiszt,
und sich in ihres abgotts arme
die welt, der himmel ist.
1, 45;
seid euch die welt einander selbst und achtet
nicht eines wunsches werth das übrige!
die beiden tauben.
f)
dafür auch zu etwas sein: thaʒ sî iu zi zeichane (et hoc vobis signum). Tat. 6, 2; wenn jr frölich seid, an ewren festen .., solt jr mit den drometen blasen uber ewr brandopffer und danckopffer, das es sey euch zum gedechtnis fur ewrem gott. 4 Mos. 10, 10; an meiner willkür hängt mein gehen und mein kommen, und dir bin ich zu nichts! 8, 278 (Egm. 5).
g)
ein abstractum nimmt neben sein häufig eine mehr dingliche bedeutung an, das ist mein wunsch, das was ich wünsche, der gegenstand meines wunsches u. ähnl.:
auch von personen, du bist meine lust, freude, mein trost u. a. in andern verbindungen auch ohne possessivpronomen:
hierher gehört auch: ein wunder seyn, so man sich etwas ab verwunderet, miraculo esse. 371ᵈ; der wält spott seyn, also das yederman das maul mit eim wäschet, proverb. abire in ora hominum. ebenda. — doch ist dieser so geläufige bedeutungswechsel nicht auf die prädicative verwendung beschränkt und gehört somit der semasiologie an.
die einbildung führt mir gar mannigfaltig
gefechte vor, nur dieses war mein wunsch.
1, 261;
setzt mir meinen güldnen gott ...
hier im zelte nahe zu mir,
dasz er sei meine betrachtung.
298;
du weiszt, nur jagd, fels, wald war meine lust.
305.
du bist die ruh, du bist der frieden.
liebesfr. 1, 3);
(1882) 1, 368 (du bist die ruh, der friede mild,
die sehnsucht du, und was sie stillt.
5, 318.
19)
der genitiv eines substantivs steht als prädicat zur bezeichnung einer eigenschaft, der art und weise u. ä., als sogen. genitivus qualitatis. belege s. bei gramm. 4, 652—4. dieser genitiv ist in der neuern sprache nicht mehr in so unbeschränktem gebrauche wie früher, doch immer noch sehr häufig.
a)
sehr beliebt sind so gebildete allgemeine ausdrücke mit art und synonymen wörtern: ich weisz auch wohl, dasz meine schriften allesampt der art gewest sind, dasz sie zuerst angesehen gewest, als seyen sie aus dem teufel. br. 2, 306;
manche der kürzern so gebildeten ausdrücke sind ganz zu einem worte verschmolzen, so besonders derart (davon derartig) und die wendungen mit -lei (aller-, einer-, vielerlei u. a.) und -hand, s. das. — ferner: und seind die articl disz inhalts. tirol. weisth. 1, 36, 34.
welher hant der harnasch sî.
Wigalois 157, 24;
nû bistû zweier slahte.
leseb. 1², 567, 11;
b)
zunächst in bezug auf äuszere eigenschaften, aussehen, farbe, masz und dergl.: und Joseph war schönes bildes und zierliches angesichts. bibel v. 1483 24ᵃ (1 Mos. 39, 6; Luther: schön und hübsch von angesicht); wann das pfert, so vor anhar gaͮt, gsicht Bayarden glich, wenn es der farwb were. Haim. 82, 16 Bachmann; nun der berg Thaurus ist einer unsäglichen länge. weltb. 140ᵇ; wurde des herrn angesicht, das ohnediesz einer bräunlichen farbe war, so sichtlich verdunkelt. 16, 44;
von menschen mit angaben über bestimmte körpertheile, wo wir für gewöhnlich haben anwenden, z. b.: Lya was rinnender augen und Rachel zierlichs antlütz! 4. bibelübers. 1 Mos. 29, 17, bei gr. 3, § 178. vgl. auch: wenn man .. gesunden, starken leibes ist. 12, 85.
diu frouwe an rehter zît genas
eins suns, der zweier varwe was.
Parz. 57, 16.
c)
in bezug auf andre mehr äuszere verhältnisse, stand, alter und andres: ere deinen vater und dein muter, das du seist langes lebens auf der erd. bib. v. 1483 42ᵇ (Luther: auff das du lang lebest im lande. 2 Mos. 20, 12); du siest wes stands
du wöllest. bilger 153ᵃ; und wie schlechtz harkummens ich bin gsin. s. 110 Boos;
ich merck, du bist fast meines bluts
und gleichst mir fast in allen sachen.
2, 2, 44ᶜ.
d)
in bezug auf sittliche qualitäten, handlungsweise u. a.: der aufrichtigkeit bin ich wol, is mihi candor inest. fons lat. 649ᵇ; gelobet sei gott in den höhen und friede auf erden den menschen die do sind gutes willens. bib. v. 1483 495ᵇ (Luc. 2, 14); er was aber ayns guͦten laümbdens und ains unschuldigen lebens nach dem urtail der menschnn. Keisersberg trostsp. gg 6ᵇ; allso das ein fauler mensch, beladen mit unordenlicher traurigkeyt würt da für gehalten, dz er sey ernsthaftiger schwerer sitten, oder sittmäszig. zuͤm vj. läwikeit, scheinet sein bescheidenheit, es ist denn, so ein mensch ist eines läwen geistes. seelenpar. vorr. 3ᵃ; vgl. auch 18, a unter I, 3, u, γ; ain frau die eerlicher weisen und gebärden ist, die ist sicher als ob sy in ainem schlosz wär. schiff der penit. 30ᵇ; dise aber seind solcher bescheidenheit nicht. sprichw. 167ᵇ;
so auch: das ansehn und die gewalt derselben (der fürsten) zur unterdrückung der brüder anwenden, die einer andern observanz sind, als der, die man so gern zum wesen der sache machen mögte. 10, 296.
da wil ich mit dir conversiren,
ob dw auch seyest meins gemüez,
herzens, willens, sel und geplüez.
fastn. sp. 2, 13, 49 f. neudr.;
reines herzens war er, reiner sitte.
Halm.
62 e)
mit bezug auf das denken: guter vernunfft seyn. fons lat. 649ᵃ;
eines glaubens sein:
wer hohen platonischen glaubens ist, könnte diese gedanken, abglanz, abschattung, einwirkung aus der geisterwelt nennen. 12, 104; die ganze nation ist eines poetischen aberglaubens. 46, 312. — heute besonders verbreitet einer meinung sein: eins andern sinn unnd meinung seyn, sententiae cuiuspiam accedere. 372ᵃ; nit der meinung seyn zuͦ fliehen. 372ᵇ; ich bin ouch der meinung alle zyt gsin, man sölle Baszler fürdren. s. 98 Boos; Zarmar sey kein schüler des Dicearchus und Epicurus, welche gläubten, dasz die seelen mit dem leibe vergehen, sondern vielmehr der meinung, ... dasz der tod nur eine veränderung, aber keine verderbung der seelen sey. Arm. 1, 695ᵇ; ich bin des herrn seiner meynung. comöd. pr. 192; ich bin woll ewerer meinung. 2, 340; ich bin deiner meinung, sagte Hippias. 1, 245 (Agathon 4, 6). ebenso:
cleinero githanko so ist ther selbo Franko.
ad Ludow. 17.
alle, die daʒ bescheinent,
daʒ si dich mit triwen meinent
und kristenlîches gelouben sîn.
reimchron. 48325;
bist du der überzeugung,
dasz nur die reinste liebe aus mir spricht.
1, 76.
f)
mit bezeichnungen des gemütszustandes, der stimmung; so als ausdruck freudiger, gehobener stimmung mhd. gewöhnlich:
nhd. dafür: guts muths seyn, esse bono animo. fons lat. 649ᵃ; bysz guͦts muͦts. Terent. 39ᵃ;
sehr gern auch in demselben sinne: lieber, bleib uber nacht, und las dein hertz guter ding sein. richt. 19, 6; liebe, bisz guͦter ding; kumm, losz uns leichtsinnig sein. rollwagenb. 76, 21 Kurz; bezal recht die ürtin für mich und noch eine, das wir noch ein mal guͦter ding seien. schimpf 182 Österley;
ähnliche ausdrücke:
und ist seines gutz miltt, das er hingibt, das in hernach gereüet, und ist künes mutzs. versehung eines menschen (Nürnberg 1489) 55ᵃ; das wollt eu. gn. in aller treuer freundschaft aufnehmen, und guter zuversicht seyn, dasz Christus auch seiner feinde herr ist. br. 2, 306. so besonders auch guter hoffnung sein: ich wil .. dasz du guter hoffnung seyst; und wil nicht .. dasz du verzagest. sprachenth. 13; ich bin beydes bester hoffnung, und hab ein gut hertz darzu. fons lat. 649ᵃ; gewöhnlich in einem speciellen sinne, s. hoffnung 2, d, theil 4, 2, 1675. — seltener sind ausdrücke, die das gegentheil besagen, böses, übles, trüben muthes sein oder dergl., dafür:
ferner:
auch:
dz thuͤt wir sind nit eyns gemüts. bilger 193ᵇ.
junger man, wis hôhes muotes
dur diu reinen wol gemuoten wîp.
91, 17,
wie hôhes muotes ist ein man,
der sich zuo herzeclîchem liebe ir schœnem lîbe hât geleit.
Wackernagel;
229, 11 dâvon bis hôhes muotes.
reimchr. 62681.
nim hin das heubet, mutter minn,
und losz uns guddes muddes sinn!
Alsfeld. passionssp. 1031;
sind jr guͦts muͦts und frisch.
faszn. B 4.
ihr leichter sinn, stets froh und guter ding'.
Oberon 6, 52.
ich möchte wohl nur einmal noch
recht frohes muthes sein.
ged. (1864) 9;
denn wenn ich noch so unmuths bin,
ergötz' ich mich an phantasien.
in archiv s. 41.
und die zerbrochnes herzens seind,
die sollen wieder lachen.
s. 214, 59 Gödeke.
ich pin im holdes muettes.
tirol. passionssp. s. 11, 161;
g)
während in allen vorstehenden fällen zu dem genitiv ein attribut (adjectiv, pronomen) tritt (auch unmuths sein unter h bildet nur scheinbar eine ausnahme, da hier die vorsilbe un- an stelle eines solchen attributs steht), fehlt ein solches in gewissen festgeprägten verbindungen, so besonders willens sein: darumb was er willens gen Parysz zureiten. sprw. 673 (dafür auch in willen, s. u. q). — dafür, besonders früher, vorhabens sein: sintemal ich euch nicht eine newe ungereimte meinung vorhabens bin einzureden. podagr. trostb. C 2ᵇ; so jemand auff dem wasser nacher Oesterreich zu reisen vorhabens ist. Judas 1, 35. auch sinns sein: do ich ietz sins was usz dem land zuͦ ziechen. 66 Boos (und oft). so noch nd. ik weer sinnens, der meinung, entschlossen das zu thun. 4, 104.
h)
veraltet sind ausdrücke wie vieler, wahrhafter worte sein und ähnl.: das ist die ursach, das die weisen so weniger red seindt. sprw. 1, 146ᵃ; wird er (der böse) einen hören, der gutes gesprächs ist, und freundliche reden führet, wird er sich lassen verlauten: er hat kein hertz! Barthrouherri 108ᵃ (5, 3);
auch: allhier kompt der prediger einer ... und ob er nicht sächsischer sprachen ganz seyn wird, hoffe ich doch, er solle wohl zu vernehmen seyn, weil euch zu Braunschweig oberländischer sprachen prediger angenehm sind. br. 4, 209.
und bis da pey
worhaffter wort manikvalt.
38, 39,
und die getrewes rates sind
mit weisshait an gevêre.
69;
i)
hohen werthes sein u. dergl. (auch dafür jetzt von): ein mann von dem geschlecht der geitzigen, nahm ein steinlein von der strasse, in meynung, dasz es eines grossen werths wäre. pers. baumg. 52ᵇ (4, 5);
ähnlich auch in den jetzt ungebräuchlichen wendungen: doch ists der wahrheit, dasz er durch schwachheit seines häupts etliche zeit hat mussen versäumen. br. 5, 542; es ist nicht der notwendigkeit, dasz ihr den verlauff des krieges wisset. Arg. 1, 515; es ist nicht der wichtigkeit. 608. 4, 449 verzeichnet als oberdeutsch: es ist der nothdurft, notwendig; es ist unserer schuldigkeit.
daʒ ich iu niht gesagen kan
wie hôhes werdes was sîn lîp.
Wigalois 252, 4.
k)
schon in den behandelten fällen drückte der genitiv nicht immer ein wirkliches eigenschaftsverhältnis aus und konnte zuweilen durch haben ersetzt werden; in der älteren sprache dient er aber zuweilen geradezu als ausdruck eines besitzverhältnisses (gewissermaszen in umkehrung des unter 14 behandelten gebrauchs), so z. b.: Livius lib. ix. zeüget, dz etwa disz landt eins grossen vermögens gewesen ist, also, dz sy auch den Römern getröwet haben, Rom zubekriegen. weltb. 72ᵇ;
(auch hier ist ein attribut beim genitiv obligatorisch.)
eʒ ist sô hôher mâge der marcgrâvinne lîp.
Nibel. 1616, 2;
doch sey wir gantzes daches,
wol bewart von waʒʒers not.
22, 36.
l)
vereinzelt werden noch andre beziehungen durch einen ähnlichen genitiv ausgedrückt, so z. b. eines weges sein: di gotlosen haben das schwärd gezükket, uͦnt yren bogen gespannet, den elenden uͦnt armen zuͦ fellen, uͦnt di zuͦ schlachten so des rechten wegs seint. ps. Q 1ᵃ; niemand war des weges. nur ein alter fuchs stand lauernd auf einem rain.
Ekkeh. s. 111. vgl. dazu 12, b. — zur umschreibung eines verbs: wir sind des erbietens. 4, 449 (als oberd.).
m)
folgende genitive sind vielleicht eher partitiv zu fassen: weil nun unser dienst und ampt mehr grunds, auch mer von nöten ist dem gantzen reich dann der münch. weltb. 109ᵇ. — nd. (westf.) sô anmakens es et mi nitt, so viel lust zum anmachen habe ich nicht. 237ᵇ.
n)
der qualitätsgenitiv hat im allgemeinen den wert eines adjectivs (s. 20). er kann daher damit ohne weiteres zusammengestellt werden, vgl. z. b.: meine frau .. war hartnäckigt, eigensinnig, und eines leichtfertigen lasterhafftigen maules. rosenth. 38ᵃ (2, 27). — ein bildlicher ausdruck für dieses verhältnis ist die biblische redeweise: darbey man abnemmen mag, welches geysts kinder sy gewesen seind. weltb. 109ᵇ. — zum zweck gröszerer emphase oder feierlichkeit treten zuweilen für sein inhaltvollere wörter ein, besonders leben: (ich) lebe der guten zuversicht, durch das in meinem büchlein verborgene manna mehr seelen beiderley geschlechts zu erobern u. s. w. 4, 176.
o)
einen dativus qualitatis scheint nur Otfrid zu kennen, s. gramm. 4, 714. Erdmann syntax der spr. Otfrids II, § 266, z. b.:
thaʒ si after themo guate sint rôʒagemo muate.
5, 6, 50;
sus missemo muate sint ubile joh guate.
25, 80.
p)
später kommt neben dem gen. in den gleichen verbindungen die präp. von auf, die im nhd. immer beliebter wird: dann wiewol er von guten schwencken war, so hatte er doch zucht, tugend und ehre sehr lieb. Esop. 14ᵇ; ich dachte wahrlich nicht daran, dasz du von ähnlicher meinung seyn könntest. 16, 61; der besuch des kaisers Wilhelm in Konstanz am 12. d. hatte für beide theile eine besondere bedeutung ... muszte es für die alte, einst so berühmte seestadt ... von hohem interesse sein, in ihren mauern wieder einen deutschen kaiser zu sehen ... Frankfurter journ. vom 16. sept. 1871, 1. beil. 1ᵇ;
so auch von nöten sein, nötig: ich wolt gären schriben und wär von nötten. 47 Boos.
die drî künege wâren ...
von vil hôhem ellen.
Nibel. 8, 1;
welch guot wîp wære von den siten,
die ir ze vlîʒe begundet biten,
diu iht versagen kunde
eim alsô süeʒen munde?
Iwein 7897;
ihre brüstlein und die sind hart
recht als sie weren geschnitzet,
sie sein sich von hocher art.
bergreihen s. 34, 11 neudruck (15, 3);
der dichter .. soll von der güte seyn,
und mir sein trauerspiel auf eine stunde schicken.
1, 30;
nicht, dasz ich eben damit
behaupten wollte, die liebe der schönen Schatulliösen
sey von der empfindsamen art gewesen.
Amad. 13, 22);
5, 52 (was sollen wir sagen zum heutigen tag? ...
er ist nun einmal von besonderem schlag.
1, 160.
q)
ähnlich sagt man für willens sein (g): in willen: es ist ain groszes tail der künsten so der mensch in willen ist zuͦ lernen, wie loblich ist dann .. so der mensch in willen ist guts zuͦ tuͦn. spieg. d. sitten 3ᵇ. so auch: als nun der fürst von Oesterrich, und auch die eidgnossen, in disem gutten willen waren. burg. kr. 108. eine vermischung beider constructionen ist: wiewol er in willens war, Rom zu uberfallen. 133ᵃ bei 3, § 178 (dafür in der ausgabe von Lexer: wiewol er im willen het. chron. 1, 561, 6). — doch dient in weniger zur bildung von qualitätsausdrücken als zur umschreibung von verbalbegriffen (in willen sein = wollen), s. 25, i, β, so auch:
entsprechende negative wendungen werden (im älteren nhd.) zuweilen mit ohne gebildet: darumb wisse unnd bis des on czweifel. decam. 253, 33 Keller (4, 1); herr sprach Pontus. wer das redet will er mir das on laugen sein, so byn ich bereyt zesagen, das er mich felschlich hat angelogen. Pontus f 3ᵇ.
wær aber daʒ her Philippe
sich trôste dheiner sippe
des kunigs oder ander fursten,
sô daʒ er wær in den getursten ..
reimchron. 5462.
r)
endlich wird in gehobener rede eine eigenschaft auch durch den nominativ eines substantivs (anstatt des genitivs oder einer
wendung mit von, in) gegeben, besonders biblisch: und seine ruge wird ehre sein. Jos. 11, 10; die wege des herrn sind eitel güte und warheit. ps. 25, 10; die werck seiner hende sind warheit und recht. 111, 7; die wort die ich rede, die sind geist und sind leben. Joh. 6, 63;
kühner und selten bei persönlichem subject: das eine mädchen ist schärfe des blicks und der that. Lev. 3, 53; Fleck war mächtig, genialisch und kühn; die später auftretende Unzelmann in jeder rolle geist und leben, die wahrste rührung oder der graziöseste muthwille. 1, s. xiv. — leichter bei zusatz von ganz:
dafür auch:
selten auch von äuszeren, vorübergehenden zuständen: die wilde göttin (das meer) .. war aufruhr und stürmte. Ardingh. 1, 20.
ihr blick ist sittsamkeit, unschuld ihr ton.
1, 54.
ich bin ganz zufriedenheit,
wenn ich dich voll heiterkeit
auf mich lächeln sehe.
bei 4, 449.
und das heer war eine furcht nur.
1, 384.
s)
weniger charakteristisch sind stoffangaben wie dieser tisch ist holz, nuszbaumholz anstatt von holz oder hölzern, so auch: deine kleider sind eitel myrrhen, aloes und kezia. ps. 45, 9. vgl. auch das häufige ich bin ganz ohr, auge, u. ähnl.:
wann war ich nicht ganz ohr, so oft es dir
gefiel von deinen glaubenshelden mich
zu unterhalten?
Nathan 3, 1);
2, 262 (ganz auge bin ich und den ganzen tag
könnt' ich die kreatur ansehn.
1, 357.
20)
die einfachste und häufigste form für aussagen dieses inhalts ist das adjectiv.
a)
im positiv: allein seyn, agere secretum. 371ᵈ; barmhertzig seyn, misericordiam adhibere. ebenda; kranck seyn, affici aegritudine. 372ᵇ; wünderbarlich sind deine wercke. ps. 139, 14;
weest ontfermich!
Reinaert 4777;
so di lewte fröleich sein,
mit chost und auch mit guͦtem wein.
18, 353;
saylich sey, der mir es gelaubt!
ring 51ᵈ, 3;
nimmant kan sich vor mer vorbergen, ...
hie sij jungk adder alt.
Alsf. passionssp. 2161;
selig sey tag und stunde,
darinne das götlich wort
dir widderümb ist kunde.
bergr. s. 52 neudr. (26, 8);
bisz witzig gaistlichs guͦttes kind,
der teüffel will dich machen plind.
140ᶜ;
seit jr denn stumm, dasz jr nit wölt,
was recht ist?
5, 1, 47ᶜ;
er (gott) ist ja fromm und bleibet fromm.
s. 16, 41 Gödeke;
denn wär die geschichte der wunder Jehovah's
zweifelhaft; so wär die erzählung von Jupiters thaten
mehr als zweifelhaft!
Mess. 13, 284);
5, 178 (freudvoll
und leidvoll,
gedankenvoll seyn.
Egm. 3);
8, 231 ( schenke mir
jetzt einen menschen! du — du bist allein.
don Carlos 3, 5;
seid einig — einig — einig!
Tell 4, 2.
b)
das prädicative adj. hat im got. und nord. die gewöhnliche starke flexion. im deutschen entsprechen dieser zwei verschiedene bildungen, die sog. unflectierte, die ursprünglich die alten substantivischen endungen bewahrte, sie aber dann durch wirkung der auslautsgesetze verlor und daher endungslos erscheint, und die eigentlich starke mit den pronominalen endungen (ahd. -êr, -(i)u, -aʒ). das prädicat kann im ahd. beide formen haben, s. gramm. 4, 478 f.; im mhd. ist bereits die unflectierte form überwiegend, die starke ausnahme und fast nur beim masc. sing. bezeugt, s. 492—4, z. b.:
nhd. ist die flexionslose form alleinherrschend. die starke endung des masc. -er hält sich bei einigen wörtern, besonders voller (das auch im mhd. besonders häufig flectiert erscheint), wird aber nicht mehr verstanden und daher auch auf die andern geschlechter und den plur. angewendet:
auszerdem besonders halber, bei H. Sachs auch stiller, nasser, s. gramm. 4, 498 f.; selten bei andern wörtern. — eigenthümlich
ist, dasz in der übergangszeit vom mhd. zum nhd. das präd. adj. zuweilen die — anscheinend schwache — endung -en annimmt:
sogar im sing., vergl.:
in der ersten stelle könnte man in stomen vielleicht den plur des schwachen subst. sehen, und ähnlich wol sicher in folgender:
(hier ist blinder grosz geschrieben, doch scheint der zusammenhang den comparativ zu verlangen.) — der gehobenen rede eigenthümlich ist die voranstellung des adjectivs auszerhalb des satzgefüges:
er aʒ ir, daʒ er sater was.
d. wolf u. d. hunt 1420;
oder ir sult mir immer sîn gehaʒʒe.
Lohengr. 1366 Rückert (vgl. die anm.).
die welt ist voller widerspruch.
1, 11.
si sitzen nu alse weren si stomen.
hist. volksl. 1, nr. 63, 612;
do warends nit also fromen,
das in ist ein grosze schand.
2, nr. 147, 17.
ich mein er si der Endcrist jungen.
138, 27.
buhler sind gemeinlich blinden, wer jhm selbst buhlt der ist blinder;
denn der buhler buhlt dem buhler, buhlt und wird gebuhlt nicht minder.
2, 37, 36.
krank, ich bin es fürwahr.
1, 323.
c)
das adj. kann determiniert werden durch den bestimmten artikel, so z. b. er ist der rechte, ihr seid mir die rechten, s. theil 8, 396 (f, α);
von hier ist der übergang zu substantivischer verwendung leicht, vergl. 15, e.
er will bedächtig scheinen,
und doch ist er der lose,
so gut als wie der grosze.
1, 43;
ich erster bin der weisz' und auch der schön'.
164.
d)
eine redeweise, die erst in neuerer zeit aufgekommen ist und unter den begriff 'papierner stil' fällt, ist die setzung des unbestimmten artikels zum nicht determinierten adjectiv, z. b.: dann wäre der kampf am 18. und 19. mindestens ein überflüssiger und zweckloser gewesen. ged. u. erinn. 1, 35. besser mit substantivierung:
im neutr. gewöhnlich (et)was gutes:
sonst seid ihr gewisz ein todter.
1, 282.
dasz es was hübsches sey,
einen freund su küssen.
1, 151.
e)
das adj. steht im comparativ: ist unsz auch lieber gewest, dann gold und silber. 60;
hier ist determination noch häufiger, z. b.: er ist der ältere (von beiden brüdern). mhd. auch mit schwächerem sinne:
was kann schöner sein,
was kann mehr erfreun,
als ein abend in dem lenzen.
volksth. lieder nr. 215 (vgl. 3, a).
swer mir nû verwîʒet daʒ ich niht enhân,
gelebe ich iemer daʒ ich wol berâten gân,
der muoʒ ouch mir der bœser sîn.
minnes. frühl. 22, 35.
f)
immer musz der superlativ den bestimmten artikel haben: der aller forderst unnd fürnemst in einer sach seyn, agere primas partes in re aliqua. 371ᵈ; das Christus solt leiden, und der erste sein aus der aufferstehung von den todten. ap. gesch. 26, 23; der do der auszrichtigest und basz stechend was under jn allen. Pontus i 1ᵃ. — oder es tritt die adverbiale form (am besten) ein, s. unten 22, g.
g)
häufig verlangt oder gestattet das adjectiv eine ergänzung, so
α)
durch einen genitiv: man ist ja hier seines lebens nicht sicher u. dergl.;
meinst, dein fraw sey der ehr nit frumb?
fastn. sp. 2, 51, 64 neudruck,
ein dienst ist wohl des andern werth.
12, 157.
β)
besonders häufig mit dem dativ: einem lieb seyn, einsi gunst haben. 371ᵈ; ach herr gott bis in gnedig. d. städtechron. 5, 183, 5; gott sey mir sünder gnedig. Luc. 18, 13; o vergessen sie und sein sie mir nicht böse! verlorene handschr. 1, 311;
loser ist die verbindung bei dem sogenannten dativus ethicus:
daʒ sie genædic wellen wesen
dem armen tihtære.
Franc. leben 91;
got vater in der ewicheit,
wis mit deiner hilf bereit
den iungen fursten unvertzeit.
27, 106;
wer dir widersêʒʒig sey.
38, 37;
gehorsam bisz dem höchsten haypt.
154ᵃ;
sey mir gnedig, gott.
5, 1, 47ᵃ;
damit ihr seht, dasz ich eurer pein
will förderlich und dienstlich seyn.
12, 136;
lasz das, mein kind! du fühlst, ich bin dir gut.
179;
ich bin dem mädchen sehr gewogen.
50.
die schmerzen sind mir nicht gering.
1, 189.
γ)
manche adjective können auch einen acc. regieren, z. b.: der kerl ist keinen schusz pulver wert; ich bin das ewige herumrennen müde oder satt (auch satt und müde) u. a. vergl. k.
δ)
häufig durch präpositionen: diese salbe, arznei ist gut für die augen, für brandwunden, für oder gegen das fieber u. anderes; er ist gut zum krankenpfleger, ebenso mhd.:
si lieʒen an im schînen,
daʒ er in liep ze herren was.
Wigalois 222, 5.
h)
besonders enge verbindet sich ein adj. mit einem infinitiv (mit zu): das ist leicht zu sagen u. ähnl., s. gramm. 4, 61. 109 f.: guͦt seyn zuͦ ässen und zuͦ trincken, esui potuique esse. 372ᵃ; das es was guͦt zuͦ essen. 1 Mos. 3, 6 in der 4. bibelübersetzung, s. gr. 3, § 36, 1; der ander kam, und schenckt im ein sugferlin, ein spanferlin, das guͦt zuͦbraten was. schimpf u. ernst 93 Österley; dise kunst, die licht zuͦ thuͦn ist, hab ich etzwe manchen gelert. 70 Boos; dieses sind kunstwässer .., deren eygenschafften auch ihrer natürlichen ursachen sonder zweiffel nicht mangeln, wiewohl sie bey einem leichter zuergründen sind als bey dem andern. 1, 289; dasz etzliche theile der christlichen lehre schwer zu glauben sind. 4, 372, anm. — die fügung findet sich auch schon ahd. und mhd., ist aber hier lockrer und gestattet eine freiere stellung:
so auch noch nhd.:
das adj. kann sogar als attribut zu einem subst. treten:
über die berührungen mit andern constructionen vergl. 29, c. 33, l, α. 35, g.
lang ist iʒ zi saganne
2, 9, 73
vil manic recke tumber des tages hete muot
daʒ er an ze sehene den frouwen wære guot.
Nibel. 276, 2;
swaʒ in dem herzen alle zît
versigelt unde versloʒʒen lît,
deist müelîch ze verberne.
Tristan 17823;
sô sint ouch andere vrouwen
ze sehene mir unmære.
minnes. 2, 64ᵇ Ragen;
leicht ist dieses nicht zu wagen.
1, 337.
er sprach: 'owê, Minne, ..
dû bist ze sprechen ein lindeʒ wort'.
Wigal. 207, 39.
i)
häufig treten vor das adjectiv die gradadverbien so und zu: greiffs weiszlich an, bisz nicht zubehend. bisz nicht zu gach. bedenck dich recht. sprichw. 87;
diese haben gewöhnlich eine ergänzende bestimmung: zu mit für (das ist zu gut für mich) oder einem infinitiv mit um zu (das ist zu arg, um es ungestraft hingehen zu lassen); so in gewöhnlicher vergleichung mit wie, sonst auch mit dem infinitiv: sei so gut, mir deinen regenschirm zu leihen;
hier zieht die umgangssprache die lose parataxe vor: willst du so gut seyn und mich ohne unterbrechung reden lassen? 11, 191 (don Sylvio 1, 3, 4);
vgl 1, 30 unter 19, p. in ähnlichem sinne auch mit genug. ich war hart genug, ihm das gedicht vorzulesen, welches für die stimmung der truppen auf dem befohlenen rückzuge aus Berlin historisch bezeichnend ist. ged. u. erinner. 1, 38. — auch so gut als, fast: das ist so gut wie gewisz u. ä.; ich were als vill als todt gsin. 64 Boos; anders:
nû bin ich niht sô wîse.
reimchron. 666;
ihr burger seit nit so abscheuch.
2, 1, 12ᵇ;
verzeiht, mein edler herr, wenn ich zu dreist bin.
1, 184.
o sey doch so gut,
mit schweisz und mit blut
die krone zu leimen!
12, 125;
o segne gott dich, allerliebster Florens,
dasz du uns allen und der christenheit
willst so gefällig sein ihn umzubringen.
1, 267;
drum seid so gütig nur und schweigt.
1, 340.
es ist so gut als wär' es nicht gewesen.
s. 2, c.
41, 322. k)
vielfach verschmilzt ein adjectiv mit sein vollständig zu einem verbalbegriffe, z. b. wohnhaft sein wohnen, behülflich sein helfen, geständig sein (seine schuld) eingestehen, eingedenk sein an etwas denken, sich erinnern, vgl. daselbst: einsi eyngedenck seyn unnd seinen nit vergessen. 372ᵃ; einem unbehilfflich seyn, einen nit schirmen, abesse alicui. ebenda;
persönlich zugegen seyn, coram adesse. fons latin. 649ᵇ; wen ich priester wurde sölte ich sinen ingedenk syn. s. 9 Boos;
diese adj. sind als attribute entweder gar nicht oder doch sehr selten in gebrauch. — andre adj. zeigen in dieser verwendung besondere bedeutungen, die sie in attributivem gebrauche nicht haben. so sagt man: er ist mir hundert thaler schuldig (= er schuldet mir u. s. w.), aber nicht: der mir schuldige (höchstens verschuldete) mann. beleg: antwortet der Ypocras: 'du bist mir schuldig'. yener herwider: 'du sparst die warheit; ich bin dir nichts schuldig'. rollwagenb. 21, 15 f. Kurz. ebenso: die uhr ist sechzig mark wert (gilt, kostet), dagegen attributiv nur übertragen: werter freund! u. ähnl. — mehrfache besonderheiten zeigt auch gut sein (vgl. daselbst), so einem gut (geneigt, gewogen) sein, s. g, β (das gegentheil böse); für etwas gut sein, von heilmitteln, s. g, δ; anders von menschen, für etwas einstehen, bürgen: Rol. aber wir kennen die leute nicht: herr kirchschreiber wolt ihr gut davor seyn, dasz sie uns anstehen? (sie fangen alle an zu schreyen: ja ja es musz jemand gut davor seyn). com. pr. 266. — auch sonst enthalten viele adj. im prädicativen gebrauche besondere bedeutungen, s. z. b. schwer I, 3, theil 9, 2551 ff.; zu 3, e: dahin mich auch vielmals mein eigen verpflicht gewissen getrieben, doch (bin ich) schwer dazu gewesen. briefe 1, 387.
sind die des himmels lauff durchsuchen nicht gestendig
ein weiser frommer mann mach' ihm die sternen bändig?
4, 372;
alsz dasz der gottesdienst hasst eusserlichen schein,
und in dem hertzen wil mit andacht wohnhafft sein.
ebenda;
das jedern menschen sich der mensch auch soll erbarmen,
und also viel er mag behülfflich sein den armen.
ebenda;
dasz ich gedenk des schwures sei,
hast du in die hand mich gebissen.
lyr. interm. 52.
l)
in solchen redeweisen berührt sich das adjectiv manchmal mit substantivischer fügung (vergl. 15, f), so kann man sagen: dieses ist nichts nütze, oder auch kein nütze: mein weib zeicht mich, ich sei kein nütz. rollwagenbuch 15, 10 Kurz; ach die bücher sind uns nichts nütze. comöd. pr. 231;
daʒ die schilte goltvar
für stiche wâren dehein guot.
Wigalois 171, 38.
m)
sein von verben abhängig, besonders nach lassen, etwas wahr sein lassen, zugestehen, anerkennen:
in besonderm sinne es gut sein lassen, es abgethan sein lassen, sich damit zufrieden geben u. ähnl.:
nach scheinen: du scheinst nicht sehr heiter zu sein. eigenthümlich ist dafür folgende construction: der mangel der verschwiegenheit .. ist nur eine unart des weiblichen pöbels; und der männliche pöbel macht in dieser hinsicht so wenig eine ausnahme, dasz er für schwatzhafter zu seyn scheinet. 6, 191.
der heiden volck so doch die christen pflegt zu hassen,
als wie man lesen kan, musz solches war sein lassen.
4, 345.
ey, das ist in eim zoren gschehen.
sie hat es nicht also gemeint ...
mein Martsch, lasz es also guͦt sein.
fastn. sp. 2, 103, 283 neudruck;
lasz nur gut
seyn! — einmal bleiben wir doch alle weg!
Nathan 4, 3).
2, 306 (n)
häufig sind unpersönliche ausdrücke mit adjectiven: es ist heisz, dunkel, es ist gut so u. ähnl.: dann es was zu allerzeit kottig überall in der stat. d. städtechron. 5, 146, 22;
mit dativ, das ist mir lieb u. ähnl.: mir ist gester heisz gsin uff der straasz, han trunken. s. 72 Boos;
diese wendungen berühren sich nahe mit adverbialen verbindungen, s. 22, l.
wirklich ist es allerliebst
auf der lieben erde.
1, 134;
da unten aber ist's fürchterlich.
11, 223;
im leuchtenden teppichgemache,
da ist es so duftig und warm.
lyr. interm. 58.
zo Vrechen up dat huis wurden si geleit,
it were in leif of leit.
d. sädtechron. 12, 53, v. 1101.
o)
zu den adjectiven gehören eigentlich auch die zahlwörter, doch werden sie häufiger als substantive construiert, s. 21. dasselbe gilt von den unbestimmten zahlbegriffen, wie viel, wenig, genug, s. 21, d. als adjective häufig mit ergänzung im dativ:
sol man schaf und rinder schlachten, das jnen gnug sey? 4 Mos. 11, 22; (die Deutschen sind) ein unüberwindtlich und sighafft volck, .. dem auch kein abentheür und muͦtwil zuvil ist, das alle spil wagt. weltb. 42ᵇ; und ist im mehr denn zuͦviel gewesen, dasz er sich bey seinem eigen wagen so guͦter ding gemacht. wendunm. 1, 226 Österley (1, 186); ich sage dir dasz ich wachte, und das soll dir genug seyn. 11, 191 (don Sylvio 1, 3, 4);
oder mit für:
genug sein gern in unpersönlicher fügung mit an: es ist genuͦg an dem, das eines noch der vernunfft unentsetzet blibt. seelenparad. 18ᵃ; lasz deiner schadenfreude an meinem anblicke genug sein. 1, 86. auch mit persönlichem subject: ich bekenne zwar meine unwürdigkeit, dasz ich viel zu wenig bin, einer so galanten person auffzuwarten. comöd. pr. 235;
so auch (veraltet) einer pflicht genug sein, genügen: damit ich solcher begierd und pflicht muge gnug seyn. briefe 1, 387. vgl. auch 26, f.
ist's euch nicht genug, ...
dasz ihr früh mich in das grab gebracht?
1, 248.
und würfe man mich auch in pech und schwefel,
so wär das nicht zu viel für meinen frevel.
1, 355.
bleibe, Lidamas, im zelte,
jene sind genug dem dienste.
1, 320.
p)
besondere arten von adjectiven sind ferner die participien, s. 31—33.
21)
als einen specialfall des adjectivs kann man auch das zahlwort betrachten.
a)
kaum als solches anzusehen ist ein(s) sein: ich und der vater sind eines. Joh. 10, 30; dafür bestimmter: darumb, wird ein man seinen vater und seine mutter verlassen, und an seinem weibe hangen, und sie werden sein ein fleisch. 1 Mos. 2, 24 (vgl. zwei seelen und ein leib unter seele II, 12, h, theil 9, 2886). heute nicht üblich, dagegen ganz gewöhnlich eins sein = einig, einträchtig sein. von abstracten:
beglückt vor allen sind die könige,
wenn ihr gemüth mit ihrem stande eins ist.
1, 238.
b)
mit bestimmten zahlen, wo für sein heute gern betragen eintritt: alle seelen die mit Jacob in Egypten kamen .. sind alle zusamen sechs und sechzig seelen. und die kinder Joseph die in Egypten geboren sind, waren zwo seelen, also das alle seelen des hauses Jacob, die in Egypten kamen, waren siebenzig. 1 Mos. 46, 26 f.; das alle, die ins lager Juda gehören, seien an der summa, hundert und sechs und achzig tausent, und vier hundert. 4 Mos. 2, 9;
und sieh! wir waren drey,
und vier' und fünf' und sechse.
1, 127.
c)
hierfür läszt die sprache gern ein partitivverhältnis eintreten, indem das subject in den genitiv tritt und das zahlwort nun zum grammatischen subject wird. also, anstatt sie sind fünf, seine begleiter waren (betrugen) zwanzig sagt man lieber: ihrer sind fünf, seiner begleiter waren zwanzig, wendungen, die grammatisch sich an 3, a anlehnen: do waren unser fünff. 19 Boos; ihr herren verzehlt euch nicht, unser seyn zwey. comöd. pr. 87;
während jetzt gewöhnlich das prädicat dabei im plur. steht, setzt es die ältere sprache (mhd. u. s. w.) in der regel in den sing., in übereinstimmung mit dem als substantiv empfundenen zahlworte, das subject ist:
freier und kühner ist die wendung:
in der neuern sprache, besonders im täglichen verkehre, werden diese redeweisen bei substantiven ganz umgangen (dafür: es waren vierzig frauen da u. s. w.). bei persönlichen fürwörtern sind sie üblicher, doch tritt gewöhnlich der genitiv zum prädicat, also wir waren unser viere (beliebter als unser waren vier).
die heil'gen drey könig' sind kommen allhier,
es sind ihrer drey und sind nicht ihrer vier.
1, 164.
hundrit tûsunt was dere
und zwênzich tûsint dar zô.
Alex. 3183 Kinzel;
vierzic was der frouwen.
Wigalois 206, 34:
Tyris heet die derde riviere,
die vierde Eufrates, dus esser viere.
Alex. 7, 872.
und wære ir ieglîches drî (an stelle von jedem drei da),
die mir dâ wartent mit den spern,
ich trûwe si alle wol gewern.
244, 6.
d)
ebenso werden die unbestimmten zahlbegriffe, wie wenig, viel, genug u. ähnl. (vgl. 20, o) behandelt. auch hier hat die ältere sprache das prädicat gewöhnlich im sing.:
ebenso im ältern nhd. (16. jh.): erwelet jr einen farren, und macht am ersten, denn ewr ist viel. 1 kön. 18, 25; solt ich sie zelen, so würde jr mehr sein denn des sands. ps. 139, 18. daneben (und so jetzt immer) im plural: mich bedunkt, der professoren sygen vill zvil, den iren sind offt schier mer den studenten. 97 Boos; da handlung nur ein theil des gedichtes seyn sollte, so sind der lyrischen ergüsse viele. 1, s. xl;
so schon mhd. in der ganz zu 20, o gehörigen wendung:
kühner ist der gen. in folgender stelle:
ir ist sô vil, die des nu pflegent,
daʒ si daʒ guote z' übele wegent.
Tristan 29.
keim gleisner thu mehr trauen,
wie viel ihr imer sind!
bergr. s. 52, 9 neudruck.
wer sie sach, dem wârn ir genûc.
livländ. reimchron. 7575;
dirre gebe ist mir ze vil.
Wigalois 158, 17.
heb dich darvon, dein ist zu viel!
hist. volksl. 1, nr. 119, 6.
e)
ungenaue angaben werden durch zusätze wie ungefähr, etwa, annähernd, beiläufig oder durch präpositionen bezeichnet. von diesen drücken unter, meist auch an, gegen ein weniger, über (ob) ein mehr aus, um läszt nach beiden seiten spielraum. an und um haben gewöhnlich den artikel nach sich (an die tausend). für über in der ältern sprache gern ob: und ist ze wissen, dasz alle juden hie wasen ob 300. d. städtechron. 5, 163, 1;
die summ der toten ist offenbar,
sein ob sechs hundert sag ich euch fürwar.
hist. volksl. 1, nr. 92 A, 14.
22)
für das adjectiv kann in vielen fällen ein adverb eintreten.
a)
in der ältern sprache in weitem umfange, z. b. ahd.:
vgl. Erdmanns anmerk., die die übrigen fälle aus Otfrid zusammenstellt. — mhd. ist das adverb besonders beliebt an stelle der adj. auf -lich, und zwar erscheint es hier in der doppelten form des eigentlichen adv. auf -lîche und (noch häufiger) des adverbial verwendeten dat. plur. auf -lîchen, s. anmerk. zu Nib. 1792, und gramm. 4, 926:
derartige ausdrücke reichen bis ins nhd. hinein: das uns allen erlich, und der vereynung .. trostlichen sye. burg. krieg 130; das ist also das dritt umb des willen die ware armuͦt gott loblichen ist. seelenpar. 34ᵈ; einer trug disz, der ander ienes hinausz, und was iedem am besten füglichen was. wendunm. 1, 223 Österley (1, 183); und waren dabei ganz guter dinge und fröhlichen. 2, 95; worzu das erstere fette bier im brauen .. denen kindern einzuflössen gar dienlichen ist. hebamme 872.
lango, liebo druhtîn mîn, lâʒ imo thie dagâ sîn.
ad Ludow. 35,
daʒ ir vil werlîchen sît.
Nib. 1792, 4;
sehen wie trûreclîche eʒ was.
Tristan 2005.
b)
besonders beliebt ist ferner das adverb in ausdrücken der zeit und der räumlichen entfernung, wie spät, früh, nahe, ferne sein, vgl. gramm. 4, 924—6. beispiele: mittiu iʒ spâto uuas thes selben tages. Tatian 230, 1;
nû was eʒ ouch alsô spâte.
Iwein 6542;
wært ir iht fruo?
Parz. 166, 7;
wand eʒ ist leider nû sô spât,
daʒ mich fliuhet wîser rât.
reimchr. 667;
daʒ hûs was im sô nâhen
daʒ si dar abe sâhen
den gast gewâfent rîten.
Wigalois 54, 24;
mir was vil ofte nâhen der tôt.
547, 4;
die veinde warent nahent.
ring 51ᵈ, 26.
c)
im nhd. konnte sich diese construction schon deswegen nicht halten, weil das adv. überhaupt eine eigne form verloren hat und mit dem adj. zusammengefallen ist. sie ist nur da noch erkennbar, wo ein wort nur in adverbialem gebrauche vorkommt oder wo adj. und adv. sich in der bedeutung differenziert haben. was die zuletzt genannten redeweisen betrifft, so sind die adverbien spat und fruh in der schriftsprache ausgestorben. beleg aus der ältern litteratur: ich wolt gären schriben .., aber es ist spatt. s. 47 Boos. in mundarten sind sie vielfach noch lebendig, doch kaum deutlich als adv. empfunden,
z. b.: bi önk recht z'tuad frua gwest. 667. es ist indessen zu beachten, dasz auch das adj. früh, spät bei persönlichem subject nicht mehr üblich ist, da das heutige sprachgefühl anstatt sein einen volleren verbalbegriff verlangt (früh auf sein, aufstehen, aufbrechen, spät kommen, ankommen und ähnl.). doch hat sein einen ähnlich prägnanten sinn in den noch heute üblichen wendungen rechts bez. links sein (mit der rechten hand zugreifen, arbeiten u. dergl.): er kund auch zu bayden seitten fechten, dann er lincks und rechts was, zuͦ der rechten hand eben als wol als zuͦ der lincken. 7 schwerter aa 5ᶜ.
d)
dagegen sind nahe und ferne noch heute im gebrauch:
vorzüglich in gewissen wendungen unter dem einflusse der sprache Luthers, so besonders einem zu nahe sein (oder treten): sünde der zungen, dadurch man dem nehesten mag schaden thun, oder zu nahe sein. 4, 404ᵇ; o das war dem edlen geblüt und stam Israel zu nahe. 8, 50ᵇ; wie ich zu hitzig und zu scharf gewesen, doch nit vermeinet, der h. ro. kirchen damit zu nahe seyn. br. 1, 208. — ferne sein: verr von land seyn, verr in weyten landen seyn, longe gentium abesse. 372ᵇ; deine gerichte sind ferne von jm. ps. 10, 5; aber du herr sey nicht ferne, meine stercke eile mir zu helffen. 22, 20. namentlich das sei ferne von mir, das werde ich gewisz und bestimmt nicht thun: das sey ferne von dir, das du das thust. 1 Mos. 18, 25. in diesem falle ist fern selten: das las der herr fern von mir sein, das ich das thu. 2 Sam. 23, 17. natürlich soll nicht gesagt sein, dasz man ferne noch deutlich als adverb empfinden würde; bei nahe ist dies schon dadurch ausgeschlossen, dasz dies im nicht-attributiven gebrauche die einzige form ist. auch weit in diesem sinne ist wol als adverb zu fassen, wie es sich dem attributiven gebrauche entzieht. häufig freier: nit weyt vom tod seyn, dem tod nach seyn, abesse propius a morte. 372ᵇ; weyt vom zanck unnd hader seyn, sich inn zancken unnd haderen nit lassen finden. ebenda; weyt von der warheit seyn. 372ᶜ.
ich bin bei dir, du seyst auch noch so ferne,
du bist mir nah!
1, 65.
e)
sonst steht das adverb als prädicat besonders in fällen, wo ein adjectiv daneben nicht vorhanden ist, z. b.: alle mühe war umsonst; 's ischt olls umsüscht gwöd'n. 667; beschützt ihn gott nicht, so wird menschliche klugheit vergebens seyn. comöd. pr. 196. — links, rechts sein, s. oben c.
f)
als adverbia kann man auch einige ganz zu einem begriffe zusammengewachsene präpositionale ausdrücke rechnen, wie besonders zusammen sein:
hier kann man auch ellipse eines part. (gebracht, gepackt) annehmen. auch von menschen:
mhd. dafür:
das gegentheil, mit einem auseinander sein, sich mit ihm überworfen haben: sage sie doch einfach ja, dann ist sie mit dem säufer kurzer hand auseinander. ged. u. erinn. 1, 7. — landschaftlich auch z. b. zuwider, abgeneigt, sein: es seie nit weniger, dasz ime solches dorfpuech vor einen jar vertraut, und er verhoff, es were sowohl und billich zu Staben im gotshaus, als zu Tablant versorgt und zu behalten, iedoch sî er dasselbig herzugeben nit zuwider. tirol. weisth. 3, 325, 6. einem feindlich sein:
nur spät war erst das bündel zusammen.
Herm. u. Dor. 2).
40, 245 (wie wir nun zusammen sind,
sind zusammen viele.
1, 136.
wir müeʒen immer sament wesen.
büchl. 1032.
1. doch sind die Türken alle dir zuwider
und lechzen schon nach deinem bald'gen tode.
1, 245.
g)
nötig ist dagegen heute die adverbiale ausdrucksweise beim prädicativen superlativ, sofern nicht — was gleich gut und üblich ist — der bestimmte artikel gesetzt wird (s. 20 f.): solche leute seyn ihm am liebsten. comöd. pr. 290; grosze seelen sind am geschicktesten einander gerechtigkeit widerfahren zu lassen. 3, 105 (Agath. 12, 4);
und wenn er drauff maind sten am festen
und sey zu hof am aller besten.
1, 518ᵃ.
h)
als adverb erhalten hat sich wol neben dem (heute auch adverbial gebrauchten) gut. so mhd. daʒ ist wol, verhält sich wol, ist in der ordnung, bene est, z. b.:
heute dafür durchweg das ist gut. beides neben einander: mag man sie verkaufen, das sî wol und guet. tirol. weisth. 4, 224, 15. bei ellipse des verbs dagegen neben gut! auch wol!, wenn auch
seltner und mehr im sinne des zugeständnisses einer thatsache. — dazu der superlativ: die sach aller best ist, es sei dann dz der vater etwas anders sagt. Terent. (1499) 34ᵇ.
hœrt iht dinges mê dar zuo,
daʒ ist wol, daʒ man daʒ tuo.
95, 11.
i)
so auch von personen ich bin wol, befinde mich wol (also durchaus verschieden von ich bin gut): wohl seyn, wohl auf seyn, bene valere. 2, 266ᵇ; ich bin seit etlichen tagen nicht gar zu wohl gewesen. Rabener bei 4, 451. das gegentheil gewöhnlich unwol sein. der comparativ lautet gewöhnlich besser: er ist schon wieder besser (auf der besserung, von einem, der krank oder unwol war), seltner und weniger gut woler. doch ist auch das einfache besser sein nicht sehr üblich (weil nicht deutlich): du magst versprechen, nicht aus deiner terminey zu gehen, und wirst immer besser seyn als hier. 8, 125 (Götz v. Berl. 4; das übliche wäre: besser dran sein). im superlativ: ich denke, auf meiner kammer wird er am besten sein, da widerfährt ihm gewisz kein leid. 1, 188. — wol an etwas, an einem sein, s. 25, b, δ. wol auf sein, s. 24, c. — sonst werden zuweilen ortsadverbien ähnlich gebraucht (in übertragenem sinne), hoch sein, obenauf sein, eine hervorragende stelle einnehmen, in guter lage sein und ähnl.: der herr aber wird allein hoch sein zu der zeit. Jes. 2, 11 (oder als adj. gemeint?).
k)
gebräuchlicher sind unpersönliche ausdrucksweisen mit dem dativ der person: mir ist wol, ich befinde mich wol, mir geht es gut:
so auch: ihr werdet tanzen. wohl seys euch. br. 2, 64. — in der ältern sprache auch mir ist wol mit etwas: so war jm nicht wol damit wie dem bapst und cardinelen, die nur freud und lust haben, die leute mit jren fabeln zu nerren und effen. 8, 279ᵃ; mir ist nit wohl mit der anderen sunde, der ich wohl weisz, wie ich auch einen balken in meinem auge habe. br. 1, 507; also wasz auch ein setzer, der ein grosser vexator und jm seer wol mit guͦten schwencken war. rollwagenb. 38, 12 Kurz (nach dem gloss.: 'der gut damit versehen war', vielleicht richtiger 'der ein groszer freund davon war, sie gern erzählte oder anstellte');
im comparativ: jetzt ist mir wieder besser;
ironisch: es ist einem diebe nirgents besser als am galgen. preusz. landt. 79.
in was wol und niht ze wê.
Parz. 203, 11;
dir ist nû wol: ê was dir wê.
Wigalois 121, 30;
der minne gruobe, der minne hol,
dâr inne in vor was sô wol.
Tristan 3326;
wie wohl ist mir, o freund der seele,
wenn ich in deiner liebe ruh.
kirchenlied von
ach, wie wohl wär' mir daheime!
1, 255;
mir ist so wohl, so weh!
1, 20.
dâ uns noch mit ir mære
sô rehte wol wesen sol.
Iwein 57;
und im dô zu Tintajôl
was mit Isôten alsô wol.
Tristan 6460.
dem freunde sollt's nicht viel besser seyn.
1, 146;
bald wird mir dann besser sein.
1, 304.
l)
ähnlich mit anderen adverbien, wie mir ist weh (s. unter k): es ist mir übel, male se habere. 2, 266ᵇ; so dir so wee ist, und nit weist wo du bliben solt. post. 3, 67ᵃ; ach frau mutter, wie wird mir so bange seyn! comöd. pr. 204;
auch in den steigerungsgraden: in diser nodt was mier aller ängstest, das ich die grossen giren (geier) forcht, die under mier in den lüfften flugen. s. 9 Boos;
daneben auch mit dem adj.:
vielfach läszt die form nicht erkennen, ob ein adj. oder adv. vorliegt, so schon mhd. bei gâch, wo wol eher letzteres anzunehmen ist:
ebenso im ältern nhd.: findet sichs denn, dasz sie ja nicht zu ihm will, so soll uns nicht so jach nach ihr seyn. br. 3, 385. in ähnlicher fügung auch lieb (jetzt veraltet): mir ist wohl so lieb zur vereinigung, wie ich weiter mit ihm zu Koburg geredt hab. 4, 219. auch hier als adv. zu fassen nach ausweis des ahd.: sament tîen lâʒ unsih uuesen, ze dîen dir liêbo sî. 2, 451, 5 Piper (ps. 105, 5); hiêr maht tu gehôren, uuîo man sol suadere ze demo uns leido ist, unde den uuir fone diu skihên. 1, 123, 14 (Boeth, 2, 51).
dem Berner was sô leide, ...
daʒ im ûʒ beiden ougen
daʒ bluot ran.
rabenschlacht 904;
dem schäfer ist gar so weh.
1, 95;
mir ist ganz flau
um lung' und leber.
1, 259.
wie kund iu in der werlte immer samfter wesen?
Nibel. 1407, 1;
was mir lîhte leide, dô was ime noch leider.
32, 21;
ich sagiu, daʒ im dâ von
deste wirs muose sîn.
Wigalois 109, 27.
Karriôʒ dem was unwert,
daʒ er die jost hêt gewert
âne vallen wider in.
171, 19.
der rîter begunde kêren
sîner juncfrouwen nâch.
der was von im harte gâch.
60, 1.
m)
häufig findet sich sein mit den allgemeinen correlativen qualitätsadverbien so, wie u. a.
α)
demonstrativ so: es sey also, ainsi soit il. 296ᵃ;
es sey so: Jacob soll von uns verbannet und verflucht seyn. comöd. pr. 189; ja es soll bald so seyn. 239. häufig in der wendung:
er iʒ wolta, iʒ ouh sô wesan scolta.
1, 25, 10;
sô selbo druhtîn gibôt, sô scal iʒ wesan thuruh nôt.
5, 20, 47;
die rede sîn nicht alsô.
Alsf. passionssp. 5048;
da bind't er's an, als müszt es nur so seyn.
1, 207.
β)
von menschen, wobei so ein 'solch, so beschaffen' vertritt:
in der ältern sprache ist sô zuweilen ersatz eines bestimmten prädicats:
heute würde man dafür sagen: ich bin es auch. dagegen so sehr beliebt in ausdrücken des vorwurfs oder der mahnung, wie sei doch nicht so u. ähnl.:
bestimmter kann für sein auch beschaffen sein eintreten; in der ältern sprache gethan sein: die christenheit aber ist also gethan, dasz sich ein jglicher des andern not annimpt. 4, 70ᵃ.
o edles herz, ja daran kenn ich dich,
so warst du stets.
1, 403.
ir heiʒet allaʒ thaʒ jâr mih druhtîn inti meistar;
rehto sprechet ir thâr, ih bin ouh sô, thaʒ ist wâr.
4, 11, 46.
grausamer Eridon! wie kannst du nur so seyn?
laune des verl. 5);
7, 23 (die'ndle mei ̃ mei ̃,
muost nit gàr a sou sein,
wènn de gàr a sou pist,
is mei ̃ heargean umsüst.
231.
γ)
mit andern adverbien: und wenn er schon soliches warneme und meinet jm sey also, so ist es dennocht anders. seelenp. 169ᵇ. der umgangssprache gehört an die idiomatische redensart es ist so so (so lala, so lila), einigermaszen, leidlich, so ziemlich, nicht besonders. dafür im ältern nhd.: er ist also hyn. disz wort ist weitleufftig, und mag gebraucht werden zu allen den dingen, damit wir umb gehen. von menschen, ist er reich, gelert, from, weise? ..: er ist also hyn. es bedeutet aber also vil, als, es ist ettwas, aber nicht gar, es ist bey dingen 'es muͦsz sich leiden, es ist masze u. s. w. sprichw. 509. nd. (um Hildesheim): ichtens oder hallwege (d. h. halfwege, halbwegs) sein, 'es ist nicht ganz schlecht, es geht an'. nd. korrespondenzbl. 10, 42.
δ)
wie im vergleich (vgl. 18, c): da meinestu, ich werde sein gleich wie du. ps. 50, 21;
wir sindt zwar all drey nit vast bider,
es ist der wirt gleych wie die gest,
es sint die vögel wie das nest.
fastn. sp. 2, 151 neudruck.
ε)
mit dativ der person (dativus ethicus): da sprach der bischof: mir ist einer als der ander (d. h. für mich, in meinen augen, nach meiner schätzung). heiligenleb. (1472) 2ᶜ;
hier nähert sich sein der bedeutung 'gelten, gerechnet werden', vergl. 18, b.
im (dem tode) ist der arm recht sam der reich.
ring 26ᶜ, 12.
ζ)
die bestimmung durch einen relativsatz (mit wie, als) gegeben: wenn es seyn wird, wie wir wollen. 2, 981;
sein steht im relativsatze:
in freierer fügung: wie die meisten menschen sind. 2, 981; aber der general, wie der euch nun ist, blieb mit dem knaben allein bey der schönen blendenden Isabelle. theater 4, 121. — sein in beiden sätzen: wir müssen sein, wie wir nun einmal sind! 566;
so auch unpersönlich:
vergl. 27, c.
kunic Kuonrât sprach: 'herr, ich bin,
swie ir gebietet unde welt.
reimchr. 2982;
warlich, der stosz
war wie ihn nur ein ritter führen konnte.
1, 267.
mainaide prief, mainaide wort
han ich von im nie hoͤrn lesen,
als leicht ist maniger vor gebesen.
3, 60;
du stiegst herunter wie du bist.
der fischer);
1, 185 (ich bin nun wie ich bin;
so nimm mich nun hin!
1, 36;
o wäre, wie es heute war, auch morgen.
1, 393;
ich bin nicht, wie die menschen oft wohl sind.
⁵ 8, 67 (⁴ 7, 66).
sie sey
nun eure tochter, oder sey es nicht!
sey christinn, oder jüdinn, oder keines!
gleich viel! gleich viel! ...
sey, wie's sey!
Nathan 5, 5).
2, 340 (η)
relativsätze mit anderen conjunctionen, besonders mit darnach (wofür jetzt üblicher je nachdem): den hauptleutten und kriegsleutten, danach die personen send, darnach schenckt man. d. städtechron. 25, 409, 5; item es soll auch der marktrichter aufsechen, das dasz brodt rechte grösz und schwer habe nach dem und dasz getrait jederzeit sein wurte und kauf hat. steir. teid. 83, 6.
θ)
wie fragend: wie ist mir denn? ich habe ihnen doch gesagt, dasz sie herr vater gesucht hat? 1, 262, vgl. 23, a.
n)
da zu sein derartige qualitätsbestimmungen treten können, redet man auch von verschiedenen arten zu sein: er soll sich aufopfern, seine zeit, seine gesinnungen, seine art zu seyn. 17, 7; es gehört auch diesz zu deiner art zu seyn. 20; ich bin ihm nun kein fremder mehr, von dessen art zu seyn und von dessen laune er etwa nicht gewisz wäre. 20, 284; von Ochsenstein .. war bei seiner eingezogenen art zu seyn, während seines lebens nicht merkwürdig geworden. 24, 117.
23)
in manchen fällen sind neben den besprochenen wendungen auch unpersönliche ausdrucksweisen in gebrauch, wo dann das logische subj. entweder in den dativ tritt oder von den präpositionen mit oder um abhängig wird.
a)
ganz gleichbedeutend mit das ist so sagt man dem ist so, besonders in kurzen allgemeinen sätzen (dem sei nun, wie ihm wolle; wie dem auch sein mag u. ähnl.), vgl. gramm. 4, 705 f.: es sey dem also, esto. fons lat. 649ᵃ;
ob dem also sei, so fragt herr richter, in offne schrann. steir. teid. 65, 6; mein weib zeicht mich, ich sey kein nütz; wie wer jm, so ichs mit meiner magt versuͦchte. rollwagenb. 15, 10 Kurz; da sagt er: 'ist dem also?' s. 42 Boos; herr doctor, wie ist im, das ier nit frölich sind wie vormall? 72; dem sey nun, wie ihm wolle. 1, 358 (Agath. 6, 4); dem sey indessen wie ihm wolle, so hatte Aristipp nichts angelegners u. s. w. 3, 25 (11, 2); wie dem auch seyn mochte. 6, 340 (d. gold. spieg. 1, 11); doch dem mag seyn, wie sie wollen; diess wenigstens geben alle .. zu. 10, 98 (grazien 5); o, dem sey nun, wie ihm wolle! 1, 300 (d. j. gelehrte 3, 16);
im mhd. finden sich auch sehr oft bestimmte ausdrücke, substantiva, in dieser fügung verwendet, in der bedeutung 'etwas ist so beschaffen, es verhält sich so damit':
dem rehte ist also. Augsb. stadtb. bei 2, 202. alle diese wendungen sind im nhd. nicht mehr gebräuchlich. — in anderm sinne von personen: wie ist dir? d. h. wie geht es dir, wie befindest du dich?:
die antwort auf solche fragen geben die wendungen unter 22, k. l. so auch nhd. noch ganz gewöhnlich, s. 22, m, θ. selten mit zugesetztem es:
'sô sul wir gerne strîten' sprâchens, 'und ist im sô'.
Ortnit 359, 4 (vgl. die anm.);
wâ hât der wurm iuch genomen
oder wie sint ir her bekomen?
gern wiste ich wie dem wære.
Virginal 153, 6;
nun,
sey wie ihm sey!
2, 306 (Nathan 4, 3);
dem sey nun, wie ihm will, die keusche infantin erwacht
auf einem bette von schilf und wasserlinsen.
Amadis 4, 13);
4, 92 (habe nichts dagegen, dasz ihm so sey;
aber dasz mich's erfreut,
das müszt' ich lügen.
4, 355;
es sey nun wie ihm sey! uns ist die schlacht gewonnen.
41, 288 (Faust II, 4).
und wære der arzenîe alsô
daʒ man sî veile vunde.
der a. Heinrich 216;
dô was dem sper niht alsus.
Parz. 482, 11;
'wie ist disem mære?' 'im ist alsô'.
Trist. 12495;
sît der rede ist alsô.
Wigalois 70, 20;
in einer grôʒen wilde
ein schœne gezelt was ûf geslagen.
wie dem wære, daʒ wil ich iu sagen.
eʒ was hôch, sinwel unde wît.
87, 37;
si sageten im diu mære,
wie der rede wære.
Lanz. 8336;
wie man der hôchzît beginne
oder wie dem ende wære,
daʒ ist mir sô unmære.
reimchr. 9340;
er tet im kunt und seit
der ebnung wârheit,
wie der solde wesen.
36034;
sô muge wir enphinden
und erkennen dâbî,
wie sîner meinunge sî.
85646;
sô merkent wie der sachen sî,
von mîner juncvrouwen.
Virginal 26, 9;
sine ruohte wi im wære, want si vil sanfte lac.
Nibel. 589, 5;
nû sprechet wie dâ wære
dem guoten sündære.
Greg. 2605 Paul.
drum frag' ich dich nach dem,
der einer frag' unwürdig ist, dem mann
der schlauen, scharfen zunge, wie ist's ihm?
(τί νῦν κυρεῖ Soph. Phil. 440).
14, 277.
b)
für diese letztgenannte redeweise würde man in der umgangssprache lieber sagen wie ist (steht) es mit ihm: sagt, wie ist es mit Egmont? 8, 269 (Egm. 5). entsprechend:
gleichwertig ist die frage:
dafür auch: wat wolts meet deesem kerl sin? hey hett den tüfel in liff. Simpl. 1, 159, 24 Kurz (2, 13); mit dem jungen ist es etwas wunderliches. was groszes wird zeitlebens nicht aus ihm. 1, 174;
weiter ab liegt die wendung: um's himmels willen! rief Wilhelm, .. was ist das mit dem grafen? 20, 22. — ähnliche redewendungen in bezug auf sachen: wie war es mit dem ballet? .. ich fürchte, es ist nicht alles abgelaufen, wie es sollte. 18, 16;
es ist wahr, mit dem freyen ist zu langer kauff. es heist darnach, hast du mich genommen, so mustu mich behalten. comöd. pr. 221 (kaum unterschieden von: das freien ist langer kauf, vgl. d). — nach 4, 452 wären solche wendungen der anständigen schreibart fremd.
nicht immer war es mit uns so
jammervoll, als ihr uns heut auf diesen wegen erblicktet.
40, 245 (Herm. u. Dor. 2).
du trautes kind, was ist mit dir?
13ᵇ.
es ist mit ihm ein recht bedenklich ding.
214.
zwar ist's mit der gedanken-fabrik
wie mit einem weber-meisterstück.
12, 95;
c)
entsprechend mit um: aber wie war's um den landfrieden? 8, 32 (Götz v. Berl. 1; dagegen im Gottfr. v. Berl.: aber wie war's mit dem landfrieden? 42, 39);
vergl. auch: denn er hette es nicht dürffen schreiben, wenn er nicht wüsste, wie es umb den menschen gethan were. 4, 199ᵃ.
we it darom weire, dat ste da it ste.
d. städtechron. 13, 183, 7;
d)
so besonders in der sehr verbreiteten umschreibung es ist etwas schönes (eine schöne sache) um die gesundheit u. ähnl. (für: die gesundheit ist etwas schönes; selten mit in ähnlicher verwendung, s. b zu ende): wahr ists, dasz ich gesagt habe, es sey gut ding umb beichten. br. 2, 419; es ist ein unleidenlichs ding umb glück. S. Franck bei gr. 3, § 296, 8; es ist auch ein gefressig und hungerig ding um diese hüner. hausb. (1640) 382; weiter so ists um die tauben ein sehr fruchtbar ding. 386; ja das ist wahr, es ist ein edel kleinod um einen gesunden leib. comöd. pr. 285; es ist was schönes und erbauliches um die sinnbilder und sittensprüche, die man hier auf den öfen antrifft. 16, 203. — es ist schade um etwas, s. schade 7, b, β, theil 8, 1977:
es wär' ja schade um die art.
1, 190.
24)
mit präpositionaladverbien bildet sein die sog. trennbaren zusammensetzungen. sie sind meist unter dem ersten theile behandelt. im allgemeinen sind sie in der neuern sprache weniger verbreitet als in der ältern. sie haben theils gleichformige präp. neben sich (s. b. e. h. k, α. l. o), die im nhd. durchgehends bevorzugt werden (also mhd. einem bî wesen = nhd. bei einem
sein), theils ist bei ihnen ein verbalbegriff (meist der bewegung, im part. perf.) zu ergänzen (s. besonders a. c. d. f. i. m. n. q).
a)
absein, s. theil 1, 115, mhd. und im ältern nhd. (bei Luther) sehr häufig, gewöhnlich mit dem sinne 'vorbei, abgeschafft, weggeschafft, nicht (mehr) vorhanden sein, fehlen': seyn, an den præpositionen in der composition, musz mit einer ellipsi erklärt werden, das ist, dasz man ein verbum darunter verstehet das dabey stehen kan, die weise und andre umstände auszudrücken, als: ab seyn, vom ort, nicht da seyn, abesse, desiderari. es ist weit davon ab, (abgesondert, abgelegen etc.), longe distat, magnum intervallum est. er ist ab (nemlich abgeschafft, abgesetzt, abgedanckt etc.). 2, 266ᶜ;
wiewol .. solch alt osterfest unlengest ab ist, so sind doch die psalm und schrifft, so davon reden und singen, nicht gantz tod oder umb sonst. 5, 204ᵃ; das sein bund mit dem volck bleiben sol, und nicht absein, noch auffhören. 206ᵇ; denn dis alles sind nicht sonderliche und andere wesen ausser gott, sondern das einige göttliche wesen selbs, ja es mag auch kein engel noch mensch von sich selbs, als vielen reden, umb solcher eigenschafft willen, da sie doch nicht das wesen selbs sind, sondern bey, und ab sein mögen. 8, 30ᵇ; weil nu die tyranney des bapsts ab ist. 347ᵃ; wo nu die güter ab wären, dörfte man solchs bannes nit. br. 2, 386. auch von etwas frei, einer sache überhoben sein: wünscht mir nichts, dessen jr selbs gern ab weren. podagr. trostb. C 1ᵇ. — mundartlich (schweiz.) einem etwas abseyn, verweigern. 2, 369.
sint der kirchin von der wîgin
nî ab was druckindiʒ leit
noch duldende gerechtikeit.
2264;
swaʒ er mit sîner martel habe
erliten daʒ sî nu alleʒ abe,
daʒ werde niemer geklagt.
von gotes zuokunft 7856;
b)
an sein, vgl. theil 1, 459. so schon ahd.:
ebenso mhd.:
nhd. zunächst rein örtlich: unter den vögeln ist die see- oder schild-amsel sehr dumm .. wenn auch welche heraus kommen (aus dem 'strauche' beim vogelheerde), sind sie doch wohl wieder an, und fallen nochmals ein. 2, 216ᵃ. häufig bei einem wol an sein (wie sonst wol angeschrieben), hoch in gunst stehen, besonders schweiz. 2, 369: so brüllt es ihr ins gesicht, wie manch gut zeugnis es habe, wie es allenthalben wohl angewesen, es allen habe treffen können. Uli d. pächter s. 168 Vetter. ebenda auch: es ist ihm so an, in seiner natur; es ist mir heut nichts an, ich habe keine lust dazu. a. a. o.
ther gotes geist, ther mo anawas, ther gihiaʒ imo thaʒ.
1, 15, 5;
sunder ob etslîch genas,
dem dî snellekeit was an,
daʒ er in dî burg intran.
26056.
c)
auf sein, s. theil 1, 735, von der sonne:
vom menschen: früh aufseyn, surgere multo mane, matutinum esse. 2, 266ᶜ; lang aufseyn, bey der nacht, tardius cubitum ire. ebenda. besonders aufbrechen, aufstehen oder aufgestanden sein, sich erheben (mit waffen), im anzuge sein, z. b.: aufseyn wider einen. der Türk ist auf, Turci in armis sunt 2, 266ᶜ;
do was man allenthalben zu Dachspach und zu der Newenstat und anderswo auf und eilten den unsern nach. d. städtechron. 2, 225, 12; sie waren auff zuͦ ross und wagen. Pontus 28; l gr. einem bothen von Gotha nach Molhawszen geschicktt umb erforschunge willen ab der hertzogk von Luneburg auff sein wolt. Tenneb. amtsrechn. v. 1533 bei 852; so soll jedermann im gericht auf sein .. mit seiner wehr und harnisch. steir. teid. 427, 3; was man von aines gemainen nucz wegen ainer gemainen nachberschaft aufgepeut, weeg, steeg, prucken oder ander notturft zu machen, so soll ein jeder man ... auf und berait sein, solches helfen zu machen. 431, 13. sehr häufig ist wohl aufseyn (jetzt gewöhnlich in wohlauf sein zerlegt), bene valere, integra esse valetudine. 2, 266ᶜ; dagegen selten: übel aufseyn, male se habere. ebenda.
tot dat die son hooch op was.
Reinaert 6880;
swem nach êre stât der sin,
der sî ouf, ich var dâ hin.
Apoll. 19420;
darumb spricht gott, ich mus auff sein,
die armen sind verstöret.
8, 364ᵃ;
d)
aus sein, s. theil 1, 968 ff., ausgegangen, fort sein: allein es wurde ainer durch gottes gwalt oder der in seines herrn
geschäft auss wär verhindert. steir. teid. 338, 12; von lichtern, ausgelöscht sein: wenn im sehlosse die lichter alle aus sind. 15, 50 (d. aufger. 4, 1). — häufiger vorbei, zu ende sein: do ist es usz, und gilt usz. post. 3, 67ᶜ; demnach, mus denn auch gewis sein, das Mose gesetz mus aus sein und auffgehaben worden sein. 5, 130ᵃ; aus ist der bal paré — aber der teufel geht erst an. mumien 3, 18;
freier: aber nicht sage ich solchs, das gottes wort darumb aus sey. Röm. 9, 6. dafür gewöhnlicher es ist aus mit etwas: mit meiner hoffnung ist es aus. 2, 266ᶜ. so auch: es ist aus mit mir, perii, interii, de spe decidi. ebenda; da es denn endlich mit ihm aus (er tot) war, s. unter seelzügen, spalte 58. dafür es ist usz umb dich, s. unter 33, k. — auf etwas aus sein, s. 12, h.
dô der fride ouʒ was.
Apollon. 3641;
alles ist aus, vorüber.
Mess. 16, 149;
der tag war aus.
ged. 132.
e)
bei sein, s. theil 1, 1392, im mhd. häufig, z. b.:
seltener nhd., s. z. b. 8, 30ᵇ unter a. vgl. auch:
dagegen sehr gewöhnlich als substantiv das beisein, zugegensein, gegenwart.
al dîniu tougen
diu sint âne lougen
ir ougen, ir ôren al spehende bî.
135, 18;
mit schimpfe was sie dem tôren bî.
Trist. 5339;
mir ist iedoch diu wîsheit bî.
tochter Syon 2828.
din sorgen un din leven
is allens um un bi (in nächster nähe).
ged. 60.
f)
bevor sein, nicht häufig: mein arms unterthänigs gebet ist e. kurf. g. allzeit bevor. br. 1, 237. (ahd. bifora wesan. 1, 22, 40.)
g)
h)
mit sein, vgl. theil 6, 2324. 2366, in verschiedenem sinne: mitgehen, mit dabei sein, mitthun; einem mitsein, mhd. persönlich, einem zugethan sein:
nhd. nur mit unpersönlichem subject: das ist mir nicht mit, paszt, gefällt mir nicht.
wan sie gemeine wâren
Îsôten der clâren
künigîn mit triuwen mite.
Tristan 5633.
i)
nach sein, zurückgeblieben, übrig sein, hinter jemand zurück sein, s. theil 7, 123.
k)
loser ist die verbindung bei ohne sein, vergl. ohne I, theil 7, 1210 ff.
α)
einer sache ohne sein, im mhd. überaus häufig, ebenso noch nhd. im 16. jahrh., später aufgegeben, z. b.: haben sie yhren kindern wollen helffen, das sie gutte tage möchten haben und solcher unlust on sein. 14, 39, 20 Weim. ausg.
β)
dagegen ist sehr verbreitet, besonders in familiärer rede, nicht ohne sein, nicht ohne grund, nicht zu leugnen sein u. s. w., s. a. a. o. 1, c: es ist zwar nicht ohne, ... dasz erstlich die sitten in schulen nicht zum besten ausgeübet werden. stud. leb. A 6ᵇ. jetzt häufig in dem sinne 'nicht gering, sehr bedeutend, nicht so übel sein'.
l)
über sein, besonders mhd., einer sache überhoben, damit verschont sein:
jetzt nur in der umgangssprache für übrig sein.
möht ichs mit ihte über wesen,
ich wolt die maget lân genesen.
Apollon. 15488;
daʒ er niht hete des brôtes,
dâ mite er des tôtes
êwiclîche mohte uber sîn.
2916;
wes du gern uber werst von mir.
spieg. des reg. C 3.
m)
um sein, von der zeit oder ereignissen, vergangen, vorüber sein: bevor noch das erste jahr um war. 38, 270; wie die capitulation um war, adieu, herr hauptmann, macht' ich, und ging nach hause. 9, 11. — dieser weg ist um, ist ein umweg.
n)
unter sein, selten, mhd. für unterstellt, unterthan sein:
nhd. zuweilen von der sonne, untergegangen sein (wofür gewöhnlich hinunter):
die sal mit dienste ir underwesen.
pass. 33, 8 Hahn.
der sonne licht ist unter,
herabsteigt ein verhängniszvoller abend.
Wallensteins tod 4, 8.
o)
vor sein in verschiedenem sinne; im mhd. und ältern nhd. zumeist vorgesetzt sein, vorstehen, verwalten, regieren und ähnl., mit dativ: dô sprach der houbitman Accacius und der herzoge Helyades zu den nûntûsinden den si vore wâren. d. myst. 1, 138, 1; item Linhart Mendel und Peter Motter hab wir gefertigt an die Swobach, das sie der lantschaft vor sein und haubtleut sein. d. städtechron. 2, 85, 33; wan er nun alt und kranck worden were und dem reich nit notturfftiglich vorgesein möcht. 3, 288, 35; ward in gegeben .. Ott Herdegen .. zu hauptleuten und in vor zu sein. 410, 1; und zu wasserlei ambt ain jeder beruefen und dargestellt worden, der soll an aidesz stat angeloben, dasz er dem selben treulehist wolle vor sein und auszwarten. steir. teid. 26, 29; schützen: ruofet in ane vil inneclîchen ..., daʒ er in wege und vor sî. spec. eccles. 125 Kelle. mnd. für etwas sorgen oder es verhüten: se beghereden, dat se darvor weren, dat de stat Lubek umbeswaret bleve. Lüb. chron. 2, 154; aldus was de rad darvor, dat id nicht en schach. 2, 155, s. 5, 696ᵇ (ähnlich noch nhd., künstlich archaisierend und doppelt auffällig wegen des passivs: nachdem auch dieser sache vorgewesen war. gel. rep. 288). aber auch in ganz anderm sinne: lange weren se des vore, se volgeden ime iedoch mide. d. chron. 2, 260, 21 f. (at illi, licet dubii, secuntur tamen, s. zeitb. s. 578 Maszm.). — nhd. vorgehen, vor sich gehen, im gange sein: wer sich von den vorseyenden geschäften des landtages, oder von der republik üherhaupt unterreden will. gel. rep. 199; einem unserer .. bekannten machte man die bemerkung, dasz er ein buch, das er in einer vorseyenden auction im katalog angestrichen, schon dreymal besitze. 46, 193 (jetzt veraltet). — vorschweben, als ahnung, so mundartlich es ist mir vorgewesen. 490.
p)
wider sein, nhd. nur bis ins 16. jahrh., stets mit dativ, widerstehen (können):
hinderlich sein, bedrohen, von sachen:
gewöhnlich von personen, einem feindlich oder hinderlich sein: unter den fursten, die dem evangelio wider sind. br. 2, 547; ähnlich: so kann er je reichlich bewähren, dasz e. k. f. g. mir allzeit wider gewesen ist in solchem harten schreiben, oft mir auch lassen wehren. 305. mhd. mit gen der sache, einen woran hindern oder schädigen:
widerwillen erregen: und die weil wir den klux hand, so schmackend uns hymelsche ding nit, und sind uns wider. bilg. 57ᶜ. hierfür jetzt durchweg zuwider sein, das früher auch vereinzelt in dem andern sinne vorkommt: zu diesem handel hatten die Behmen erstlich einen obersten Zischa genant, der solch gros glück hette wider alle potentaten und fürsten, die jhme zu wider waren, unnd so grosse victorien erlangete. beschr. der lande Preuszen 122ᵃ.
sîner sterke was niht wider.
Wigalois 130, 27.
mihil ungiwitiri was in harto widari.
3, 8, 10.
welt ir der juncfrouwen mîn
gnâden und rehtes wider sîn.
Wigalois 75, 37.
q)
zu sein, zugemacht, geschlossen, verschlossen sein: das fenster ist zu; zuseyn, clausum esse, als eine thür. als eine wunde, sanatum esse. 2, 267ᵃ, wendungen, die meist der umgangssprache angehören; auch übertragen:
die geisterwelt ist nicht verschlossen,
dein sinn ist zu, dein herz ist todt!
12, 32.
25)
viel häufiger ist die verbindung von sein mit präpositionen. auch hier kann nur eine kurze übersicht gegeben werden (mit verweisen auf das bereits behandelte) und ist das nähere unter den letzteren nachzusehen. reiche zusammenstellungen aus den ältern mundarten bei gramm. 4, 814—6.
a)
ab, s. 11, a.
b)
an mit dativ.
α)
räumlich, s. 10, b. freier: an eines statt seyn in einem spil, partes aliquas, sive aliquem gerere. 371ᵈ;
wie ich so an eim sorglichen dienst weri. 10 Boos. an etwas theil nehmen: der babst Leo was daran sampt allen römischen fürsten. Morgant 341, 17 Bachmann. womit beschäftigt, in einer thätigkeit begriffen sein: es sich begabe eines tages sie an irer klage was. decam. 91, 32 Keller (2, 6). manchmal einem qualitätsgenitiv nahe stehend (vgl. 19, 9):
in manchen fällen sagt die ältere sprache an, wo wir jetzt in vorziehen. — an zur bildung des superlativadverbs, vgl. 22, g.
die wârn ouch an der wache
die naht mit ungemache.
Willehalm 71, 23;
die an disem gelouben sint
und behaltent kristen ê.
Wigalois 209, 18.
β)
an einem sein, auf seiner seite:
im ältern nhd. häufig im sinne von angreifen, s. 12 f. beides ist seit dem 16. jahrh. aufgegeben, doch finden sich ähnliche redeweisen noch mundartlich in der Schweiz: sy a n'eim, lacessere aliquem, urgere. Schmidts dict. Bern. s. 4, 17ᵇ, an einem seyn, in ihn dringen. 2, 369. (an n'emm seh) 420ᵃ, er ist an-em, ersucht ihn dringend. 240. vgl. ferner ε.
daʒ er in dâ mit lônte
und der Walhe schônte,
die noch an dem Priuzen wâren.
reimchron. 813;
man seit, die dienstman weren
an im durch die vorhte.
daʒ er si niht entworhte.
5500.
γ)
mit sächlichem subject, so mhd.:
nhd. die reihe ist an mir, es ist an mir (doch auch ich bin an der reihe), c'est mon tour. es ist an mir (nemlich die ordnung), ordo me tangit. 2, 266ᶜ;
ähnlich was an mir ist, soviel ich dazu thun kann: so viel an mir ist, quod mearum partium est. 2, 982; was an euch ist ruhe zu erhalten, leute, das thut. 8, 206 (Egm. 2).
mîne dinc die muͤʒen alle an gote sîn (gott anheimgestellt sein).
Silvester 286.
sie kehrt sich um, und spricht sie nicht, so ist's an mir.
11, 243.
δ)
im ältern nhd. wol an etwas sein, sich gut verhalten in bezug darauf, sich gut dazu stellen (?): denn ich hab, gott lob, etliche viel städte erfahren, da der rath nicht wohl am wort und schulen gewest. br. 4, 119; an einem: so bin ich zuvor wohl an ihm, als der unter mir aufgewachsen und mir bekannt, dasz ers werth sey. 522. einem zugethan sein: die pfaffen aber waren nit all woll an mier, wie woll sy mier ouch guͦtz datten. s. 63 Boos. — jetzt nur wol (übel u. ähnl.) dran sein, in guter lage, guten verhältnissen sein, es gut haben: er ist übel daran gewesen, male cum eo agebatur. 2, 982; ich bin übel dran. 8, 191 (Egm. 1);
so auch:
mit einem wol dran sein, gut stehen: Herodes Ascalonita, was gar wol dran mit dem keiszer Julio. postill. 3, 13ᵇ. ebenso bey einem wohl daran seyn, multum apud aliquem valere. 2, 982; vgl. auch: ich weisz nicht, wie ich mit ihm daran bin. ebenda. — du bist recht daran, rem divinasti, rem acu tetigisti. wenn ich anders recht daran bin, ni fallor; ihr seyd unrecht daran, erras. 2, 266ᶜ; verkehrt dran sein, verkehrt handeln: thun demnach diejenigen gar übel und sind gantz verkehrt daran, die da geschwind .. mit gott murren. Simpl. 1, 46 Keller. beide wendungen sind jetzt weniger üblich. — so noch: Lila hat ihrem kammermädchen .. unter dem siegel der gröszten verschwiegenheit versichert, dasz sie wohl wisse woran sie sey: es sey ihr offenbaret worden, ihr Sternthal sey nicht todt. 11, 55 (Lila 1).
so sind wir scheinfrei denn nach manchen jahren
nur enger dran als wir am anfang waren.
3, 102;
hört, lieben kinder, ihr seid glücklich dran,
dasz ihr noch einen vater habt.
1, 177;
betrübt euch nicht, ihr guten seelen!
denn wer nicht fehlt, weisz wohl wenn andre fehlen;
allein wer fehlt der ist erst recht daran,
er weisz nun deutlich wie sie wohlgethan.
5, 130.
ε)
daran sein in der ältern sprache auch häufig in anderm sinne (vgl.β), wonach streben:
wofür sorgen: ich bitt auch, meine lieben bruder, wollt daran seyn, dasz kein aufruhr durch uns erregt .. werde. br. 2, 223; damit ew. gn. daran seyn künnten, dasz nicht aus sollichem feinen mandat durch böse verkehrer und deuter die sache ärger werde. 374. worauf dringen: daran seyn, aliquid urgere. 2, 982; Ganellon was teglichen drann (sollicitoit), daz man gen Sant Johans Port rytte. Morg. 298, 33 Bachmann. dafür stimmen: wen dem also, so wirden ich nit dran sin, das man wider sy zieche. 42 Boos.
Nicolaus der gute man
mit stêtem herzen was dâran,
daʒ er zû Cristo wolde.
pass. 18, 18 Köpke.
ζ)
unpersönlich, es ist an dem, ist dicht daran, ist soweit gekommen, etwas steht nahe bevor: es ist an dem, ita nunc res agitur. 2, 982; es ist noch nicht an dem, dasz etc., res nondum eo pervenit, ut. 2, 266ᶜ; es ist jetzt an dem das wir sie, wo müglich, gantz abschaffen wöllen. Philand. 1, 28. in der ältern sprache auch mit bestimmtem subject (? oder
es zu ergänzen?): da der teufel ... mit seinen winden und meers wellen zu dem schifflin einstürmet und schluge, das es schier nicht mehr zu sehen, und jtzt an dem war, das es solte untersincken. 8, 288ᵃ. in anderm sinne: denn ich hoffe, es sey mein herz je an dem, dasz ich ... ein lust und gefallen allzeit an e. k. f. g. für allen fürsten und oberkeiten gehabt. br. 2, 138.
η)
es ist an dem bedeutet jetzt auch 'es verhält sich so, es ist wahr oder begründet'; ähnlich schon mhd.:
vergl. gramm. 4, 964 (zu 860). jetzt auch in ähnlichem sinne es ist was dran: Soest. .. und das bewies er euch alles aus der bibel. Jetter. da mag doch auch was dran seyn. ich sagt's immer selbst. 8, 177 (Egmont 1). vergl.: es ist nichts an dieser zeitung, falsa sunt quae narrantur. 2, 266ᶜ. ferner an einem menschen ist was, er hat wert und bedeutung: ich versichere sie, herr v. Schleunes, an hrn. Emanuel ist 'was! Hesp. 1, 76. daran ist nicht viel, es ist nicht viel wert: es ist nichts daran, parum carnis in hoc osse est. 2, 266ᶜ;
so auch was ist (gewöhnlicher liegt) daran? was hat es für wert: suchtest du den Götz? der ist lang' hin. sie haben mich nach und nach verstümmelt, meine hand, meine freiheit, güter und guten namen. mein kopf, was ist an dem? 8, 162 (Götz von Berl. 5); wenn ihr das leben gar zu ernsthaft nehmt, was ist denn dran? 215 (Egmont 2).
dô sprach der künec, des man im jehen
lange hôrte, deist an im.
Biterolf 5169.
an mir und meinem leben
ist nichts auf dieser erd;
das Christus mir gegeben,
das ist der liebe wert.
s. 229 Gödeke;
schaff' du ihr gleich ein neu geschmeid!
am ersten war ja so (so wie so, ohnehin) nicht viel.
12, 146.
θ)
ganz veraltet ist die wendung nicht anders dran sein, nicht zu vermeiden, zu umgehen sein: als ich nun der mechtigen statt Temixtitam zuͦnähet, und der künig sahe, dz es nit anderst dran was ... ergab er sich güttigklich dareyn. weltb. 230ᵇ. ähnlich mhd.:
nû was anders niht daran,
die herren giengen an ein sprâch.
reimchron. 5842;
dô was ot anders niht daran,
meniclich sich bereit
zuo der arbeit.
32899 (u. oft, s. das glossar).
ι)
an mit accus. s. 12, d. f. — bei ungefähren zahlangaben s. 21, d.
c)
auf,
α)
mit dativ s. 10, b. ferner: auf der wacht seyn unnd sy wol versähen, vigilias obire. auff einsi seyten seyn unnd einem sein sach guͦt machen, ab aliquo esse. 371ᵈ. zu erwähnen sind noch einige sehr gewöhnliche redensarten, so auf den beinen sein (vgl. bein B, 4, theil 1, 1383):
im bilde: inzwischen ist das verdrüszliche gerücht nun einmal in Deutschland auf den beinen und im laufe und schwerlich einzufangen. komet 1, xv. auf dem sprunge sein: ihr sucht .. nach einer höchsten philosophie .. und seid immer auf dem sprunge sie zu finden. über die rel. 46. — ferner auf gutem wege sein und ähnl.: geht geht ihr mägdel, die alten herren sind auff guten wege. com. pr. 245; ich hatte das gefühl, dasz der könig auf dem richtigen wege sei. ged. u. erinner. 1, 17.
wol zwen tag warn sy auff den painn.
ged. 5, 401.
β)
mit acc., s. 12, d. e.
d)
aus, z. b. aus einander sein, s. 22, f. gewöhnlich aus einem lande sein:
eigenthümlich ist: Hahn. der herr verzeihe mir, er wird gewisz ein doctor seyn. Zieg. oder wo er gar aus der schwartzen kunst ist, so müssen wir sprechen glück zu unsers gleichen. com. pr. 279. auszer, s. r, α. örtlich: aussert der gfaar seyn, sicher seyn, a periculo abesse. 371ᵈ.
so würde zu der kost
kein gast (er seye dann aus lszland) haben lust.
ged. 492.
e)
bei,
α)
bei einem sein, s. 10, b. — mit sächlichem, sogar abstractem subject, z. b.: aber meine warheit und gnade sol bey jm sein. ps. 89, 25. — beisammen sein s. 22, f.
β)
bei etwas sein, nämlich zugegen, vielfach mit dem nebenbegriff des helfens und mitthuns: bisz gegenwürtig mit dem engel Sant Gabriell in seiner hochwirdigenn potschaft zu
Maria .. darnach bisz bey seiner löblichen purdt mit Joseph. granatapfel F 1ᵈ; wider min conscientz zuͦ der abgöttery helffen, darby sin. s. 63 Boos; nun weisz ich in wahrheit kein Berlinger, der auf den tag bey der schlacht ist gewest. 59; doch weil ich den befehl einer liebreichen frau mutter nicht verschmähen darff, so will ich hoffen, gott wird mit seiner wunderthätigen hand dabey seyn. com. pr. 131. so besonders topp! ich bin dabei! (ich nehme daran theil, thue mit):
das geht ja hoch her. bin auch dabey.
Wallensteins lager 8.
γ)
in einigen verbindungen hat bei den sinn 'im besitze von etwas sein', so bei gelde sein:
freier, in bezug auf eigenschaften, zustände u. a., so schon mhd.:
nhd. meistens in festgeprägten redensarten, so bei leben (lebendig) sein: er ist genant, ist er anders noch pey leben, got wöls, Arigetto Capecz. decam. 98, 26 Keller (2, 6); so ich noch by läben weri. s. 11 Boos (jetzt häufiger am leben sein). ferner bei sinnen sein, s. oben; so schon mhd.:
mensch, du bist wol nicht recht bei sinnen oder gewöhnlicher bei troste! bei (klarem) verstande, bei (vollem) bewusztsein sein u. a. m.
und wär' ich bei geld,
so wär' ich bei sinnen.
12, 122;
die jungen leute sind nicht recht bei gelde.
1, 202.
doch möht ich harte wol genesen,
ob ich bî ruowe solte wesen.
Parz. 522, 6.
nu jeht, wie solt ich armeʒ wîp ...
alsolher nôt bî sinne sîn?
Parz. 616, 29;
δ)
für den letzten ausdruck auch gern bei sich (selber) sein: bey jm selbs seyn, apud se esse. 371ᵈ; er ist bey sich selbst, mentis compos est. 2, 982; darumb du tuͦ dz du by dir selbs syest. Terent. (1499) 20ᵃ; kum bin ich by mir also myn gemüt bewegt ist von forcht, hoffnung, wunderbarlicher fröd. 34ᵇ;
nicht recht klug sein: erfarung ist alles, sagen die weisen, und wer wider die erfarung redet, oder disputiret, der ist nicht wol bey sich selber. Sar. 62ᵃ. — vgl. noch: weil er das fleisch antregt, mus er schmertzen haben, und weil seine seele noch bey jm ist, mus er leide tragen. Hiob 14, 22.
da ist der dumme Hans
ganz wie verzückt und gar nicht bei sich selber.
1, 211.
f)
für.
α)
für einen (bestimmt) sein: die freude ist vornehmlich für die menschen und die menschen für die freude. Adelung;
so auch:
sprichwörtlich: das ist für die katz, taugt nichts (vgl. katze 2, g, theil 5, 285).
dîe (blume und biene) müssen wohl beide
für einander seyn.
1, 28;
für wen ist dieses weisze kleid?
traumbild. 2.
die krümlein aber waren für ein huhn.
ged. 151.
β)
von personen, für einen sein, auf seiner seite, helfend und schützend: fur einen seyn, pro aliquo esse. 372ᵃ;
jemandes meinung theilen, sich für einen oder auch etwas entscheiden: frl. Anna. sind sie nun für Rjäbinin oder für Djedoff? Johannes. jedenfalls bist du jetzt mehr für's lesen als für's malen. einsame menschen 39. — in anderm sinne für sich sein, allein: vor sich seyn, secum vivere 2, 982.
ist gott für mich, so trete
gleich alles wider mich.
s. 229 Gödeke.
γ)
für etwas sein, dafür sorgen, meist mit folgendem negativem satze: will ein weib darfür sein, das sie jhr man nit schlage. kunk. evang. G 1; es wolle ein ehrbar rath zusagung thun, und dafür seyn, dass nicht euern widersachern gelegenheit gegeben werde mit ubelreden von euch. briefe 3, 471. man könnte hier auch übersetzen: 'etwas verhüten', indem man die nachfolgende negation hinzunimmt, und diesen sinn hat für etwas sein auch dann, wenn eine solche negation nicht folgt. (für hat also hier denselben doppelsinn wie in den phrasen: dieses mittel ist gut für die gesundheit, für die augen — pro — und andrerseits: gut für die schwindsucht = gegen die schwindsucht, s. auch 20, g, δ.) beispiele: da sey gott für, das were uns nicht gut, das wir
von gottes wort und gottes gesetz abfielen. 1 Macc. 2, 21; denn wo du solchs nachlessest, so du kündest dafür sein, oder durch die finger sihest, als gienge dichs nicht an, bistu eben so wol schüldig, als der theter selbs. 4, 400ᵇ; das er jm für schaden was (sich vor schaden hütete). schimpf 520; Weislingen. .. ich sehe euch wieder! (ab). Adelheid. mich wieder? wir wollen dafür seyn. Margareta, wenn er kommt, weis' ihn ab. 8, 67 (Götz von Berl. 2). — vgl. auch vor, unter s.
g)
gegen, vgl. wider: du bist immer gegen mich gewesen; das ist gegen alles recht; ich bin entschieden gegen diesen vorschlag u. ähnl. — lockerer ist die verbindung bei vergleichen: aber was ist diess gegen jene unbeschreibliche süszigkeit, womit die grazie sich in die herzen hinein schmeichelt. 10, 93 (grazien 5). — nur gegen (nicht wider) wird gesagt bei ungenauen zahlangaben, s. 21, d.
h)
hinter, örtlich: sein haus ist (gewöhnlich liegt) hinter jenem hügel. — hinter einem oder etwas her sein s. 12, g. h.
i)
in.
α)
mit dem dativ, zunächst räumlich, s. 10, b. ebenso zeitlich: als er der von Schwartzenberg jm sechs und dreyssigsten jare seines alters was. Cic. 149ᵃ. — ungewöhnlich ist der ausdruck einem im herzen sein (cordi esse?): hab ich .. nit anders erfunden .. dann dass e. f. g. ihm aufs beste in seinem herzen, und ihm der kurfurst von Sachsen ein lieber furst ist. briefe 1, 77.
β)
vielfach freier, in einem zustande, einer lage sein: in den höchsten eeren seyn, hoch unnd eerlich gehalten werden. 372ᵃ; in einer grossen beschwerd oder verwirt seyn, difficultate affici. ebenda; in gefaar seyn sein guͦt lob zuͦverlieren. 372ᵃ; in gleychem stadt unnd waͤsen oder ansaͤhen seyn, agere ex aequo. ebenda; nymest du ein weib so bist du alzeyt in sorgen und angsten, in stetem krig mit dem weybe, mit der schwiger ... in verdechtikeyt mit anderen mennernn, und in ungewisheit der kinder. ob eim manne sey zu nemen ein weib 1ᵃ; dan du, wie ouch sy manchmall von mier gehört habend, in was grosser armuͦt von muͤtter lyb an, demnach in wie vill grosser gferden ich offt bin gsin mins lybs und läbens. s. 3 Boos; in acht tagen sollen sie alle mit einander in einem solchen stande seyn, dasz sie unser bürger-recht nicht verlangen werden. comöd. pr. 273;
so sehr gewöhnlich im stande (fähig) sein, etwas zu thun, s. daselbst. — in leben sein (vgl. e, γ): das wiszte ich zuͦ betzuͦgen mit ettlichen, die noch in läben sind. 45 Boos. in der ältern sprache auch im wesen sein, mächtig sein, blühen: was ich von besondern alten geschlechtern anzaigens find, die auf diese zeit sind in wesen gesein in der stat. d. städtechron. 3, 95, 17; da waren in wesen die Gwelfen und die Gibellin. 102, 14. von seelenzuständen u. ähnl.: in dem die weyle sy in sölchen gedancken was. decam. 92, 26 Keller (2, 6);
sehr gern dient in mit dem inf. oder einem verbalabstractum zur umschreibung eines verbs, so schon in den meisten vorstehenden beispielen: in der arbeit seyn, in opere esse. 372ᵃ; in zweyfel seyn, adduci in dubium. ebenda; in einem radtschlag seyn, von einem ding radtschlagen, cadere in deliberationem. ebenda; in förchten seyn, im förchten, in metu esse. 371ᵃ; ich musz gestehen und kan es nicht in abrede seyn. Simplic. 1, 14, 19 Kurz;
s. auch 19, q. — zuweilen in passivem sinne: in eim bösen argwon oder bösen geschrey und lümbden seyn, suspicione vel infamia aspergi, adduci in suspicionem. 371ᵃ; bey einem in grosser achtung seyn, magni apud aliquem esse. 371ᵈ.
ire lieben junger mine,
ire solt im ganczen fridde sine.
Alsfeld. passionssp. 7869;
ist jr gar vil inn disem fall.
Cic. 157ᵃ;
bist du wohl in süszem schlummer?
1, 309.
mîn dohter ist mit sêru in unwizzin zi wâru.
3, 10, 11;
dô sach der clâre Anfortas,
daʒ sîn geselle in pinen was.
Parz. 811, 18;
strenger ritter, wenn sie denn sendt
beide in solchen frewden süssen.
fastn. sp. 1, 8 neudruck;
in liebe ist gewiszlich das gespenst.
1, 265.
noch rade ich, Colne, bis in hoiden
vur den, de dich wolden intgoiden.
boich von Colne v. 5962 (d. städtechr. 12, 291).
γ)
ebenso von dingen: im brauch seyn, in usu esse. 372ᵃ; der anzug ist in arbeit, es wird daran gearbeitet. activisch: ein gewitter ist im anzuge u. a. — ferner das ist nicht in meiner macht u. ähnl.: es ist nit in deiner verstendtnisz, daz vor nit gesein vor in einem (l. deinem?) sinn. evangel. (1517) 14ᵃ; sein fester grundsatz, dem er allezeit getreu blieb, war: dasz es in unsrer gewalt sey, in allen umständen glücklich zu seyn. 3, 22 (Agath. 11, 2);
mac daʒ in iuwern hulden sîn.
Wigalois 67, 26.
δ)
häufig sind feste verbindungen, wie im werke sein, sich vorbereiten, bevorstehen: im werck seyn, esse in opere. fons lat. 649ᵃ; Kleonissa hatte bereits die hälfte ihrer künste erschöpft, eh' er nur gewahr wurde, dasz ein anschlag gegen ihn im werke sey. 3, 109 (Agath. 12, 4). früher auch 'in übung, gebräuchlich sein': so das kind lebendig bleibet, wie es jtzt bey uns bereits im werck ist, sollen gevattern gebeten werden. 8, 45ᵇ. — bei Luther auch im schlecht (im klaren?) sein: dasz in der zeddel bedacht wird, wie den widdersachern ihr argument zu verlegen sey, .. das ist droben durch das angezeichte mittel im schlecht, weil wir kaiserlichen rechten nicht wollen hierin folgen. briefe 3, 261.
ε)
in mit acc. s. 12, d.
k)
mit.
α)
mit einem sein, zunächst räumlich, mit ihm zusammen, in seiner gesellschaft:
nhd. dafür gewöhnlich bei.
sô lâʒ mih, druhtîn mîn, mit drûton thînên iamêr sîn!
1, 2, 40;
thaʒ ih iamêr, druhtîn mîn, mit themo droste megi sîn, ..
fon êwon unz in êwon mit thên sâligon sêlon.
55—58;
ich sol mit im vil gerne sîn.
Erec 1356;
nû bin ich ie mit iu gewesn.
Iwein 1951.
β)
jetzt bedeutet mit einem sein, auf seiner seite, mit ihm im bunde sein, es mit ihm halten, zu ihm stehen, vgl. sy mit eim, valere. Schmidts idiot. Bern. 4, 17ᵇ: wer nicht mit mir ist, der ist wider mich. Matth. 12, 30 (Luc. 11, 23);
so besonders von gott: und Saul sprach zu David, gehe hin, der herr sey mit dir. 1 Sam. 17, 38;
gott sei mit uns (gewöhnlicher gottseibeiuns, als éin wort) als euphemistische bezeichnung des teufels, vgl.:
so auch: ich wil mit deinem mund sein, und dich lernen, was du sagen solt. 2 Mos. 4, 12; die gnade unsers herrn Jhesu Christi sey mit euch. Röm. 16, 20.
und wenn ich jhr drumb redet ein,
meint sie, ich were nicht mit jhr,
und ward deszhalb ungünstig mir.
Keller.
871, 14 wer gott nicht mit uns diese zeit,
wir hetten must verzagen.
8, 365ᵃ.
ein wunderbares feienschlosz,
bei dem wohl sonder zweifel,
der es gebaut, viel schweis vergosz,
gott sey mit uns, der teufel.
Halm.
25 γ)
aufs ahd. und mhd. beschränkt sind die dort sehr gewöhnlichen redeweisen mit gnade, freude, minne u. s. w. sein:
von handlungen und veranstaltungen:
mit hûse sîn s. 10, c.
gisibbon filu liebe, thie wârun hiar in lîbe
mit minnon filu zeizên.
5, 20, 45;
sît ir mit fride gerne.
Biterolf 5035.
swie Gahmuret wær ouch mit klage.
Parz. 81, 4;
nû was mit hôchzîten
ir herre der künec Artûs.
Iwein 3064.
δ)
sehr gewöhnlich sind unpersönliche redeweisen, s. 22, k. 23, b. 24, d.
l)
nach, s. 12, d. e. g. h. — selten nach 'gemäsz, entsprechend':
daʒ lâʒ nâh mînen râte wesen.
Alex. 4259 Kinzel.
m)
ob etwas sein, dafür sorge tragen, bei Luther: e. k. f. g. wollen gegen röm. kais. majest. mich aufs unterthänigst verbitten, .. als ein weltlich heupt der heiligen christenheit darob seyn, dasz mein widerwärtigen .. abstellen. briefe 1, 549; das gerücht ist bey uns erschollen, als sollten etliche unter euch sich unterstehen, darob zu seyn, dass die Behmen wiederumb zum schädlichen stuel der römischen tyranney fallen sollen. 2, 225; mit gleicher sorgfältigkeit ist er (der papst) auch darob, dasz weltliche könige und fürsten aufs alleruneinigste unternander seyen und bleiben. 226; e. f. g. wollten gedachte prediger ihr lassen gnädiglich befohlen seyn, und mit ernst
drob seyn, dasz sie ein wenig besser gehalten werden. 4, 317. — bei zahlenangaben s. 21, d.
n)
ohne: warumb lessestu uns fur dir sterben, darumb, das wir on geld sind? 1 Mos. 47, 15. — abstract: on laster seyn, eins lasters unschuldig seyn, abesse a crimine. 372ᵈ; gottes wege sind on wandel. 2 Sam. 22, 31. ohne zweifel sein u. a., s. 19, q. solche ausdrücke sind ganz einem adjectiv (tadellos u. ä.) gleichwertig, vgl.: darumb seid klug, wie die schlangen, und on falsch, wie die tauben. Matth. 10, 16;
stärkeren sinn hat sein in der verbindung nicht ohne etwas sein (oder leben) können, es nicht entbehren können:
schwäbisch dron seyn (etwas entbehren) können. 490.
ich bin
erblos und ohne kinder, die mich liebten.
1, 244.
ich kann nicht ohne harnisch, schwerdt, helm sein.
261.
o)
über.
α)
räumlich mit dem dativ: meine kammer ist gerade über der küche u. a.
β)
häufiger mit dem acc. s. 12, d; nicht nur neben ausdrücken der bewegung, sondern auch im sinne 'sich erstrecken über etwas', so bildlich: sihe, so wird die hand des herrn sein, uber dein vieh auff dem felde, uber pferde, uber esel, uber kamel, uber ochsen, uber schafe, mit einer fast schweren pestilentz. 2 Mos. 9, 3; und wie viel nach dieser regel umher gehen, uber die sey friede und barmhertzigkeit, und uber den Israel gottes. Gal. 6, 16.
γ)
ferner etwas ist über meine macht, geht über mein können hinaus, ist mir zu schwer:
über bei zahlen, s. 21, d.
ubar mîno mahtî sô ist al thaʒ gidrahti.
ad Ludow. 11;
δ)
so auch über etwas, besser als etwas, sein: noch so ist dz brot über natürlich substantz, dan es ist über alles das, das es nit ist, und die es nit seind. patern. R 4ᵇ f.; aber über alle ist gesein, die keyserin und künigin der himmel Maria. narrensch. 131ᶜ; ferner:
über einen sein, stärker oder geschickter als er, wofür jetzt in der umgangssprache einem über sein: dan ich hatt by den geissen woll lärnen werffen, das kein hirt mins alters über mich was. 16 Boos. schweiz. auch: sy über öppis, valde appetere aliquid. es ist ihm nüt über chrut, prae ceteris. cibis delectatur herbis. 4, 17ᵇ (gewöhnlicher mir geht nichts darüber).
ein frischer helden-muth ist über alle schätze,
ist über allen neid (erhaben).
109;
o nein, es (das pferd) ist mir über allen werth.
1, 355.
p)
um, besonders in unpersönlichen redensarten, s. 4, d. 5, c. 8, b. 23, c. d. 33, k. eigenthümlich ist schweiz. ich kann drum seyn, es entbehren. 2, 369.
q)
unter einem sein, ihm untergeben: donoch sprach got zu der frowen: darumb .. soltu genidert werden und under des mannes gewalt sin. d. städtechron. 8, 237, 33. — niedriger, geringer im range:
unter, weniger als, bei zahlen- und altersangaben, s. 21, d.
ein solcher monden-sohn, ist weit noch unter dir,
du stehst jhm oben an, und gehst jhm billich für.
1, 191.
r)
von.
α)
als ausdruck der entfernung, s. 11, a. — hierher gehört auch von sich sein, ohne bewusztsein, ohnmächtig:
dagegen bezeichnet auszer sich sein einen hohen, das bewusztsein störenden grad von erregung:
beide sind entgegengesetzt dem bei sich sein, s. e, δ. natürlich liegt ihnen allen die vorstellung einer räumlichen entfernung der seele von oder aus dem körper zu grunde.
sie ist von sich! gott!
Nathan 5, 7).
2, 351 (du bist ganz auszer dir. was hat's gegeben.
1, 211.
β)
selten ist von als ausdruck der verschiedenheit: wenn ew. wohlehrwürden mir bei guter gelegenheit zu erklären die güte hätten, wie das recht und das rechte recht von einander wären, würden ew. wohlehrwürden ihrem diener ein groszes licht anzünden. 4, 205.
γ)
von bezeichnet die herkunft, abstammung, den ursprung, s. 11, c. d; den stoff, s. 11, e.
δ)
von an stelle eines gen. qualitatis, s. 19, p.
ε)
von im sinne eines partitivverhältnisses, wozu gehören, s. 16, b. c.
ζ)
ähnlich sind freiere wendungen der ältern sprache, z. b.:
zo Collene enmaich man neit enbinnen
der dinge hei engein beginnen,
it si van schelden of van slaine.
boich v. Colne 1412 (d. städtechr. 12, 62; im glossar erklärt 'betreffen').
s)
vor, räumlich, vor der thür sein, vor augen, vor einem (coram eo) sein, s. 10, b; vorhanden sein s. 10, d. — vor etwas sein, es verhüten, verhindern, s. für unter f, γ: vorseyn, dasz etwas nicht fort oder durch kan, impedimento esse, obstare. da sey gott vor! 2, 267ᵃ; ich weysz nit, wie ich darvor mag sin ăn üwer hilf. Morgant 200, 17 Bachmann; es beschint sich wol, das Machmet schon ze alt ist und all sin macht verloren hat, das er nüt hat mögen darvor sin, das Ruolland und Ollifier ... nüt inn Franckrich kemmend. 254, 30; wer aber, da got vor sei, das ainer der in der freiung gesessen ist, das er ainen umbprecht oder erslüg. steir. teid. 27, 23; ich sahe die gefahr, darein ich mich begeben wolte, vor augen; noch kunte ich nicht davor sein. Philand. 2, 29; massen mir gleich hernach meine schöne pferde durch zauberey hinfielen. und zwar, was hätte davor seyn sollen? ich lebte gottlos wie ein Epicurer, und befahl das meine niemal in gottes schutz. Simpl. 2, 30, 1 Kurz. so auch:
einem wovor sein, woran verhindern oder wovor bewahren (gleichsam hindernd vor ihn hin, ihm in den weg treten): do Rengnold gsach, daz der platz gewunen was, do reyt er in pallast, daz im niemman darvor was. Morgant 95, 5; und Ruolland beleyb inn der gfäncknuss, der ward altag besechen von Roszmunda, die was im wol darvor, daz im nütz gebrast. 150, 33; keyser, du soltest mich billich lieb haben, wann ich wyl dir vor grosser arbeyt sin. 224, 6; damit und er im vor nachred were. 337, 7.
(vorbei als postposition, s. 12, d.)
dô sagete man mir, ub ich si (meine träume) zalte dir,
daʒ dâ vore nieht ne wâre (so wäre es sicher,) du ne sagetest mir suaʒ dâ ûʒ geskâhe.
fundgr. 2, 59, 40 (gen.).
t)
wider, vergl. gegen (g) und mit (k, β), auch zuwider (22, f).
α)
wider einen sein, feindlich: so wird die hand des herrn wider euch und wider ewr veter sein. 1 Sam. 12, 15; in der ältern sprache mit dativ:
ir quedet, thaʒ thiu wort mîn widar druhtîne sîn.
3, 22, 57.
β)
wider etwas sein, mit persönlichem subject, repugnare, adversari. 2, 982. von sachen, ihm entgegengesetzt, davon verschieden: sich zuͦ wie widereinander seint gesein die .ij. procession. narrensch. 84ᵇ. ihm zuwiderlaufend, nicht ihm gemäsz:
daʒ was ab dô wider dem site.
Wigalois 63, 20.
u)
zu. α) räumlich, sich wo befinden, s. 10, b. β) wohin (gegangen, gelangt) sein u. ähnl., s. 12, d. e. so auch: der tag war zu ende, dies exerat. 2, 982.
γ)
wozu gelangt, geworden sein, s. 12, i. — so auch zu gaste sein, als gast, in der eigenschaft eines gastes: da ich in dem hause meines liebchens zu gaste war. 2, 38.
δ)
wozu dienen, s. 18, f, vgl. 20, g, δ. so auch allgemeiner: was ist zu ihrem befehle? 4, 450;
einem zu willen sein, vgl. 14, r:
auch:
und was er braucht, das soll zu seinen diensten seyn.
1, 227;
sogleich will ich zu euern diensten sein.
1, 357.
gibt es hier im hause solche dirnen,
die dem fremden gleich zu willen sind?
1, 248.
vater, nicht gerne verschenk' ich die abgetragene leinwand;
denn sie ist zu manchem gebrauch.
40, 234 (Herm. u. Dor. 1).
ε)
sehr häufig sind redeweisen wie es ist zum lachen (so beschaffen, dasz man darüber lachen musz), es ist rein zum verrücktwerden u. ähnl.: wenn ich den schaden verschmerzt habe, ist es mehr zum lachen. 1, 188.
ζ)
andre, weniger bestimmte gebrauchsweisen: mir ist schlecht zu mute (zu sinne), ich fühle mich schlecht. mhd. auch:
auffallend ist die mundartliche redeweise: Jockel Dreyeck. .. wos hot a mich mit meeme hunde ze näcken? Greger Kornblume. sisz ze ins (es ist bei uns), wie z' euch; saht, eure leute hetten auch wul unsen hahn künn zufride lussen. Dornrose 57, 3 Palm (vgl. s. 34).
dem kunic was des ze muot,
daʒ er si verderben wolt.
reimchr. 10603.
v)
zwischen, z. b.: was wir beide geschworen haben im namen des herrn, und gesagt, der herr sey zwisschen mir
und dir, zwisschen meinem samen und deinem samen, das bleibe ewiglich. 1 Sam. 20, 42.
26)
es bleiben noch die fälle zu besprechen, wo das prädicat ein pronomen ist. sie haben die eigenthümlichkeit, dasz das sprachgefühl hier im allgemeinen schwankt, was als subject und was als prädicat aufgefaszt werden soll. die vorherrschende neigung (beim fragepronomen der zwang), das pronomen an die spitze zu stellen, läszt dieses leicht als subject erscheinen, auch wo es nicht auf den träger, sondern auf den inhalt der aussage hinweist; andrerseits wird das verb (in bezug auf numerus und person) stets nach dem substantiv construiert.
a)
mit dem persönlichen pronomen: wenn ich du wäre, so würde ich ganz anders verfahren. an besonderheiten ist zu erwähnen, α) dasz das mhd. auch in diesem falle ein pleonastisches eʒ vorangehen läszt, s. 27, b; β) dasz die mundarten (aber nicht die nd.!) hier zum theil den acc. setzen, s. 16, g zu ende. — vgl. im übrigen 28, d.
b)
die possessivpronomina unterscheiden sich syntactisch nicht vom gewöhnlichen adj.:
in poetischer emphase sogar im comparativ:
mit dem artikel:
weiteres s. 14, d ff.
dû bist min, ich bin dîn.
minnes. frühl. 3, 1;
und es ruft aus den tiefen:
lieb knabe, bist mein!
Tell 1, 1;
diesz ist unser! so lasz uns sagen und so es behaupten!
Herm. u. Dor. 9).
40, 337 (du bist mein; und nun ist das meine meiner als jemals.
ebenda.
sie sind die mein'gen, und ich bin ihr vater!
1, 45;
auch wir sind wieder, so wie sonst, die deinen!
394.
c)
mit dem hinweisenden fürwort, so streng logisch: die kinder aber von Seir des Horiten, der im lande wonete, sind diese. 1 Mos. 36, 20. viel üblicher, zumal in zwangloser rede, ist dagegen die stellung: das sind die fürsten der Horiten, kinder des Seir im lande Edom. 21; das sind die fürsten in Edom. 43. — zu den demonstrativen gehört auch derselbe: es ist fraglich, ob auf dem kürzeren und rascheren wege des märzsieges von 1848 die wirkung der geschichtlichen ereignisse auf die Deutschen dieselbe gewesen sein würde, wie die heut vorhandene. ged. u. erinner. 1, 43.
d)
mit fragepronomen.
α)
deutlich prädicativ: wer bist du? s. 17, a. während diese frage die identification zum zweck hat und die antwort gewöhnlich mit dem namen erfolgt, fragt was bist du? nach stand, beruf, lebensstellung; die antwort ist: ich bin arzt, (ein) kaufmann u. dergl. — mit dativ der beziehung:
einen ähnlichen sinn hat wer in redeweisen wie: du weiszt nicht (du vergiszt oder verkennst ganz), wer du bist, du überhebst dich:
nû sehet waʒ si einander sîn.
Wigalois 252, 17.
ir wiʒʒt niht selben. wer ir seit.
ir seit ein übermechtig man.
22, 114.
β)
wer ist häufig prädicat, wenn das subject durch einen satz gebildet wird, vgl. 30, a:
wer ist jene, die auf grüner haide
sitzt in mitte von zwölf edeln herren?
Suphan;
25, 452 wer ists, der wild
und fürchterlich siegreich brüllt?
der rasende Geldar).
2, 319 (γ)
was ist das? verlangt die erklärung, begriffsbestimmung, deutung eines dinges: so du fragest ... was da sey gelahrt (geschickt) seyn, so habe zur antwort. sprachenthür 2; 'nun weiszt du was gruseln ist?' 'nein', antwortete er, 'woher sollt ichs wissen?' märchen 15. — oft in anderm sinne, s. 17, g. h. — häufig auch was soll das sein (heiszen, bedeuten)? quid hoc est rei? 2, 982, als ausdruck des tadels oder unwillens:
was soll das seyn? wart! ihr bezahlt es theuer!
12, 116.
δ)
andre fügungen mit prädicativem was: wenn die priester keiner seele den himmel oder die hölle aufzuschlüssen hätten, was wäre es anders, als dasz sie mit dem sterblichen leibe verschwinden müste? Armin. 2, 540ᵇ; und was ist es denn nun, ob wir zuletzt reime hören oder keine. 7, 71 (dramat. 1, 15).
ε)
wer, was als subject:
wie nahe sich beide fälle berühren, zeigt die folgende stelle:
wo man kaum umhin kann, im ersten satze was als prädicat zu nehmen ('welchen wert hat das menschenleben?' s. 17, h), im zweiten als subject ('was giebt es an süszem?' s. 3, a).
wer soll braut seyn?
eule soll braut seyn.
Suphan;
25, 183 was ist des Deutschen vaterland?
ists Preuszenland, ists Schwabenland?
ged. 233;
wer ist ein mann? wer beten kann.
240;
wer will des stromes hüter sein?
ohne liebe,
was ist menschenleben?
unter aller sonne, was ist süszes
ohne dich, o liebe?
Suphan,
26, 165 e)
das prädicat ist ein relativpronomen, sein steht also im relativsatze:
etwas anderes ist es natürlich, wenn der ganze relativsatz selbst das prädicat bildet: disz sint die den mantel der lieb halber uff gott gezogen haben. bilg. 46ᵇ;
s. ferner 30, a. b. doch fällt nicht selten beides zusammen: es sey welches es sey; so trag' ich im geringsten keine beliebung zu solchen schulpossen. stud.-leben A 7ᵃ;
vergl. dazu die belege unter 22, m, ζ. hieraus verkürzt ist die construction:
was alles ich wär',
das gönnt' ich dir sehr.
1, 36;
was auch der rath der götter mit dir sey.
9, 15 (Iphig. 1, 3).
dat is de den hemel zo der erden
geschoif unde leis gewerden.
boich v. Colne 212 (d. städtechr. 12, 28);
doktor. nîcht wahr, herr amtmann, man ist was man bleibt?
amtmann. man ist wie man's treibt.
13, 37;
der eine (sohn) ging auf immer mir verloren,
der andre ist es, welcher dich gerettet.
1, 404.
sey's auch, was es sey.
wenn du es mir gebietest, ich gehorche.
don Karlos 4, 5.
jn nider wirf, ær sei wi boͤs.
ps. F 4ᵃ (17, 13);
es ist kains volkes zuͤng, ...
sei' an wi fremdem ort u. s. w.
G 6ᵃ (19, 4).
f)
zu den pronominen pflegt man auch wörter wie alles, nichts u. dergl. zu rechnen. auch sie können natürlich als prädicat stehen:
häufig: ist dies alles? das ist noch lange nicht alles u. ähnl. verstärkt alles in allem: wir musten das nachsehen haben, und der zukünfftige könig solte alles in allen seyn. com. pr. 163; jetzo seyn wir alles in allen, was wir sprechen, das musz gelten auff erden. 253. — mit dativ, das ist mir nichts, gilt mir nichts, hat für mich keinen wert: die erfüllung meiner wünsche war mir nichts. 1, 244.
nu lâ
die rede: wan diu ist enwiht.
Wigalois 52, 36;
und als sie da erwachte,
da war es lauter nichts.
volksl. 4, 125;
o mein kaiser,
wie bin ich nichts, bis ihr mich so gewürdigt.
1, 290.
27)
hieran reihen sich fälle, wo das (logische) prädicat aus dem zusammenhange zu ergänzen ist und im satze durch ein formwort (als grammatisches prädicat) ersetzt wird. diesen dienst versieht
a)
in der regel es:
auch das: ich habe so lang selbst geredet, dasz es zeit ist, unsern freund — ich hoffe, das sei er trotz alledem — ganz zu worte kommen zu lassen. auch einer 1, 125. — es bez. das vertritt also sowol ein substantivisches wie ein adjectivisches prädicat; die (im englischen übliche) einsetzung von so wid rstrebt dem deutschen sprachgefühle (vergl. 22, m, β). eine schweizerische eigenthümlichkeit scheint es zu sein, dasz es nur ein nicht determiniertes prädicat vertritt: bist du en drisger? i bi's, de bis-es (dagegen î bi's antwortet auf wer is-es?, s. 28, d). aber: bist du de tokter? i bi-n-e, de bist-e u. s. w. 240.
da hüpftet ihr geschwind ans ende
und wurdet glücklich; seyd's.
1, 44.
b)
hier sei erwähnt die vorausnahme des ausgedrückten prädicats durch eʒ, die im mhd. ungemein häufig ist. eʒ steht dabei sehr oft unmittelbar vor jenem:
sogar:
vgl. gramm. 4, 222. so noch im 15. jahrh.:
noch auffälliger ist dies pleonastische es in fällen wie den folgenden:
man kann zweifeln, ob sie überhaupt hierher zu ziehen sind.
ich bin eʒ Îwein.
Iwein 2611;
sô bin ichʒ doch der man
der iu baʒ heiles gan.
minnes. frühl. 49, 26;
daʒ ichʒ doch der bitende bin.
173, 23;
sô bistuʒ diu fröide mîn.
176, 12;
sô bist duʒ ir aller êre.
15, 8;
her Otte, ich binʒ der sun, ir sît der bœste man, ..
her künec, sît irʒ der beste.
26, 30. 32.
ich wunschet, daʒ ichʒ dû solde sîn.
50, 12.
mein her stalmeister sprach: 'ich bins der man,
mit got wil ich dich wol bestan'.
hist. volksl. 2, nr. 171, 169 (vom jahre 1489).
es was ein frisch freier reutersman.
der Epple von Geilingen ist ers genant.
1, nr. 28, 1 (vom jahre 1381);
maister Paul ist ers genannt.
106, 4 (vom j. 1457).
c)
durch partikeln wird das prädicat vertreten in vergleichen, so
α)
nach comparativen durch denn, dann, jetzt in der regel als: aber sich anders füget denn ir wille was. decam. 91, 21 Keller (2, 6); das jr grösser und stercker völcker einnemet denn jr seid. 5 Mos. 11, 23;
und im himmel ist kein geist verklärter,
als die seele Röschens ist.
Halm.
59 β)
nach positiven wie, seltner als: hältst du ihn für eben so klug wie sein bruder ist (oder wie seinen bruder); ich hätte ihn nicht für so eitel gehalten, wie er hiernach zu sein scheint u. ähnl. — so auch ohne die demonstrativpartikel: ein kerl, wie du bist, kommt überall durch u. a.;
vgl. 22, m, ζ. als besonders in der formel als da sind zur einführung von beispielen: so dir gott gibt die groszen gütter, als da sind die heiligen sacrament. seelenp. 34ᵈ.
nichts solches ist zu finden
bey leuten, wie wir seyn.
51.
28)
pronomina als subject sind theilweise schon unter 26 behandelt. anlasz zu bemerkungen bieten besonders die wendungen mit demonstrativen.
a)
sehr häufig sind demonstrativa als subject: das die sey das weib, das der herr meines herrn son bescheret hat. 1 Mos. 24, 44. hierbei ist zweierlei in syntaktischer beziehung bewerkenswert.
α)
das demonstrativpronomen hat in der regel die form des neutr. sing., ohne rücksicht auf geschlecht und zahl des wortes, das es vertritt: wer ist jener herr dort drüben? das ist mein vater. sogar, wenn das nomen unmittelbar vorhergeht, und nur pleonastisch durch das pron. aufgenommen wird, steht dieses bei sein gern im neutrum:
der tod, das ist die kühle nacht.
heimkehr 87;
die leutnants und die fähnderichs,
das sind die klügsten leute.
66.
β)
dagegen richtet sich die copula in der zahlform stets nach dem prädicat ohne rücksicht auf das pronominale subject: wer sind jene damen? das sind meine schwestern;
das sind die namen der kinder Ismael. 1 Mos. 25, 13. so auch: dann dis alles sind nicht sonderliche und andere wesen ausser gott, sondern das einige göttliche wesen selbs. 8, 30ᵇ.
ende binnen ...
stonden letteren in gheamelghiert ..,
dat waren drie hebreeusche namen.
Reinaert 5327;
o weib, närrisch anschleg das send.
2, 1, 32ᵈ;
b)
das ist dient zunächst zur bestimmung, erklärung, identification eines gegenstandes. was für ein thier ist das? das ist ein pferd; wann ein kind hette ein nusz yn der hand und du fragtest es was ist ein nusz, so thet es gleich die hand uff unnd sprech, das ist ein nusz. narrenschiff 155ᵈ. hierbei liegt der logische accent auf pferd. verschieden davon ist eine sehr gewöhnliche redeweise, die sich davon in der schrift gar nicht, in der mündlichen rede durch starke betonung des das unterscheidet, und den wert eines bewundernden oder preisenden ausrufes hat: dás ist ein pferd! d. h. das ist ein ausgezeichnetes, vorzügliches, ganz besonderes pferd! beispiele:
so auch: ey ey das müssen köpffe seyn, da so viel nein gehet. comöd. pr. 231. dafür in der umgangssprache: das ist aber ein pferd! nein, ist das ein pferd! das heiszt ein pferd! auch in tadelndem sinne, doch hat dann meist das prädicat den accent: das ist aber ein wétter heute! (nämlich ein garstiges wetter). das ist hier eine wirtschaft! u. ähnl. folgende stellen unterscheiden sich kaum von der gewöhnlichen aussage:
das war ein handel! ei, das ist ein vogel!
wie wird sich über den mein vater freuen!
1, 186;
das ist ein pferd, mein vater! das heiszt reiten!
207;
bei gott; das war ein stosz!
267;
nicht wahr? das ist ein pferd? es giebt so keines
als diesen Pontifer!
356.
das ist ein lärm mit pauken und trompeten, ...
man kann sein eigen wort davor nicht hören.
1, 239;
das ist ein flöten und geigen,
trompeten schmettern darein.
lyr. interm. 20;
das ist ein brausen und heulen,
herbstnacht und regen und wind.
57.
c)
es weist ebenfalls zunächst auf einen genannten, aus dem zusammenhange erkennbaren oder irgendwie vorhandenen gegenstand hin: es sind des herrn gebot. 1 Cor. 14, 37; es sind leute von grossen ausführungen, aber sie sitzen in einem einsamen winckel. baumg. 40ᵃ (3, 2); wir brauchen groszen raum, es sind sechs jüngere geschwister, und es ist ein groszes gut. handschr. 1, 54;
wer reitet so spät durch nacht und wind?
es ist der vater mit seinem kind.
1, 183;
was ist weiszes dort am grünen walde?
ist es schnee wohl oder sind es schwäne?
wär' es schnee, er wäre weggeschmolzen;
wären's schwäne, wären weggeflogen.
ist kein schnee nicht, es sind keine schwäne,
's ist der glanz der zelten Asan Aga.
2, 51;
so schau' ich was im grase in bewegung.
und wie ich näher reit, ist es ein affe.
1, 119.
d)
an stelle eines substantivs kann auch ein personalpronomen als prädicat stehen: wer hat dieses glas zerbrochen? das war ich. während hier die romanischen und die meisten andern germanischen sprachen ganz logisch das demonstrativ als subject setzen und die copula danach construieren (wobei dann das präd. 'ich' u. s. w. vielfach in den acc. tritt, s. 16, g: c'est moi; it is I oder me), richtet sich diese im deutschen nach dem persönlichen fürwort, das nun äuszerlich als subject erscheint: das bin ich oder ich bin es, du bist es, wir sind es. von den ausdrucksweisen, wo ich wirklich subject und es prädicat ist (s. 27, a), unterscheiden sich diese meistens durch die betonung: bist du arzt, mein freund, glücklich? ich bín's. — wer ist da? ích bin es. (schweiz. î bi's, du bis-es. 240.) beispiele:
dagegen bekommt das verb den accent, wenn man jemand nicht sicher erkennt, und nun fragt: bíst du's (wirklich)?, d. h. bist du der, für den ich dich halte? — eine redeweise, die also eigentlich zu 27, a zu stellen wäre. die antwort ist ich bín's:
wie anders sind die menschen geworden! in einer minute sagt er zweimal: sie sinds, und zweimal: sie sinds nicht. 1, 170;
vgl. auch 30, a.
ich dacht, es klopften zwen narren daus,
so seit irs.
fastn. sp. 1, 146, 17 neudruck;
das mag wohl ich, die nelke, seyn.
1, 191;
Faust. es klopft? herein! wer will mich wieder plagen?
Mephist. ich bin's.
12, 79.
auf dem felsen beim flusz ...
seh' ich etwas!
ist sie das?
1, 89;
wer kommt denn da? — ha! bist du's? bist du's nicht?
1, 291;
ja, du bist es, ich erkenne
die gestalt nun ohne zweifel.
329;
ein fenster klang, und in die nacht hinaus
rief eine stimme: 'bist du's?' — 'ja, ich bin's!'
ged. 137.
e)
während bei substantivischem prädicat es (oder das, s. a, α) jeden subjectsbegriff vertreten kann, darf es, wenn das prädicat ein eigenschafts- oder umstandsausdruck ist (nicht auf was, sondern auf wie, wo, wann u. s. w. ist das? antwortet), nur für ein neutr. sing. eintreten; man sagt also: wer ist die dame dort? sie oder es (das) ist frau N. N., aber notwendig: welche farbe hat diese blume? sie (nicht es) ist blau. sehr häufig dagegen bezeichnet es ein ganz allgemeines, unbestimmtes subject, so wenn ich sage: es ist gut, du kannst gehen. in andern fällen wird überhaupt kein subjectsbegriff gedacht. so z. b. bedeutet es ist kalt nicht, dasz irgend etwas, z. b. das wetter, die luft kalt ist, sondern soll nur die thatsache des kaltseins an sich aussagen, steht also ganz gleich mit dem sog. unpersönlichen verb
es friert. ein solcher satz enthält also logisch nur ein prädicat. in substantivischen redeweisen, wie es ist nacht, kann man auch dieses substantiv als subject auffassen; das es wäre nur die stütze, die das vorangestellte prädicat im deutschen verlangt. die sprache selbst schwankt hier, zieht jedoch in den meisten fällen die erstere prädicative fassung vor, s. 6, a—d. über das blosze sein in unpersönlicher verwendung s. 5.
f)
dagegen ist es deutlich nur grammatisches hülfswort in fällen wie: es sind leute, die das nicht wissen; es war einmal ein mann u. dergl., s. 3, b. d. g. hier sollte es demnach nur stehen, wo das verb dem subject vorangeht (auszer bei fragestellung), dagegen: keiner ist, der dies nicht wüszte u. ähnl. doch dringt zuweilen es auch in diese fügung ein:
es bekundet sich hier eine scheu der neuern sprache, sein allein ohne eine stütze als prädicat zu setzen.
und wären's ratten noch so viele,
und wären wiesel mit im spiele.
1, 200;
und keiner ist's, der sich nicht merke.
1, 15.
g)
es als vorbereitung eines infinitivs oder eines satzes als subject s. 29, b. d. 30, c. e.
29,
a)
der infinitiv findet sich selten als prädicat, und nur etwa in sätzen, wie: so tollkühn zu handeln, das wäre gott versuchen, doch sagt man gewöhnlicher: das hiesze. mit dativ (vgl. zur bedeutung 18, b. 22, m, ε): dem himmel ist beten wollen, auch beten. 2, 135 (Em. Gal. 2, 6). mit als verknüpft, s. unter 30, f. an stelle des inf. kann hier als allgemeiner ausdruck des verbalbegriffs auch das part. perf. stehen: das wäre ja gerade den idealismus angekündigt. 3, 392. vgl. 33, m.
b)
sehr häufig ist dagegen der inf. als subject, s. 4, b. 17, g. 26, d, γ. ferner mit nominalem prädicat: god ist unsis her wisan. Luc. 9, 33; guͦt ist mir anhangen got. 4. bibelübersetzung ps. 73, 28, s. gr. 3, s. 17; ainander verachten, haimlich übel reden ... ist nur ein lang hergeprachter brauch, nichts auf êr, nichts auf glauben noch trauen halten ist die höchst geschicklichait, weishait, gaistlichait. chron. 2, 45, 24—27; eines bischoffs ampt sey, gottes wort lehren, und nicht kriegen. apophthegm. 1, 3;
sprichwörtlich: reden ist silber, schweigen ist gold. — das nachgestellte subject wird gern durch es vorbereitet: was es mier beschwärlich wider min conscientz zuͦ der abgöttery helffen, darby sin und nit fry alle zyt dorfen reden. 63 Boos;
doch bevorzugt die deutsche sprache in den meisten fällen immer entschiedener den inf. mit zu, vgl. d. und gramm. 4, 102.
eʒ ist gar unmügelich
bî viure sitzen einem man.
Barl. u. Jos. 111, 40;
glauben, dasz man schön sey,
dächt' ich, ist erlaubt.
1, 32;
verplaudern ist schädlich, verschweigen ist gut.
228.
leicht ist's folgen dem wagen,
den Fortuna führt.
2, 65.
c)
dabei liebt es die sprache, ein prädicatsadj. zum subject zu ziehen, und anstatt es ist gut hier (zu) wohnen, zu sagen: hier ist gut wohnen, wo dann gut wohnen zusammen das subject bildet (ein gutes wohnen ist hier vorhanden oder möglich, also zu 4, b): hie ist gut seyn. gelehrten ist gut predigen. in diesem lande war damahls übel reiten. Adelung; vir war, esz was guot da sin! 19; meister, hie ist gut sein. Luc. 9, 33; secht bey solchen herrlein ist gut wohnen. Garg. 49ᵇ; da ist nicht gut seyn. 8, 93; es ist hier gar vergnüglich seyn, wenn man sich nur ein klein wenig einrichten könnte. 28, 69; häufig in sprichwörtlichen redensarten:
nd. gegen 'n backâwen (backofen) is slicht anhôjânen. nd. korrespondenzbl. 16, 36, vgl. 21. — hier wird selten ein es hinzugesetzt: denn es um i. f. g. nicht gut sein war, wenn i. f. g. hummeln hatten. 1, 114. eine art mischconstruction ist folgende:
mit groszen herrn ist nicht gut kirschen essen,
so sagt man, sprechen ist mit ihnen schwerer.
1, 291.
sie schaut nach mir,
fragt mich, ob ich auch fühle,
wie gut es weilen ist in dieser kühle.
auch einer 2, 415.
d)
sonst steht der inf. gewöhnlich mit zu. manchmal beides dicht neben einander, so in der sog. 4. bibelübersetzung: guͦt ist bekennen dem herren und o höchster zeloben din namen. ps. 92, 2; es ist nit guͦt einen schaden zuthuͦn dem gerechten. spr. 17, 26, s. gr. 3, § 36, 1; besser ist gestraffet zu werden von dem weysen denn betrogen werden von der liebkosung der toren. pred. 7, 6, s. ebenda s. 17; die frauen mit
wollust zuͦ begeren und von ir begert werden ist mit sünden. spiegel der sitten 22ᵃ;
weitere beispiele: von der liebe verner zu schreiben ist nit mein fürnemen und mein meinung gewest. ob eim manne sey zu nemen etc. 11ᵃ. durch es vorbereitet: wie es swär sey in tugenden zuͦ leben. spiegel der sitten 3ᵇ;
ist es besser, ruhig bleiben?
klammernd fest sich anzuhangen?
ist es besser, sich zu treiben?
1, 74.
wie nöthig war's euch wenig zu enthüllen!
1, 5;
zu lieblich ist's, ein wort zu brechen.
70;
mir ist
es leicht, in kleidern auszustopfen löcher.
1, 354.
e)
als besonderheit sei erwähnt, dasz nicht selten der inf. mit sein als umschreibung des verbum finitum steht und in die construction dieses letzteren eintritt:
vgl. auch:
wo ebenfalls neben mir zu sitz und nicht zu ist zu construieren ist. — auffallend ist die verbindung: und sein riechen wird sein in der furcht des herrn. Jes. 11, 3.
immer war nach dir mein sehnen.
1, 21.
steht auf, berühmte fürstin, neben mir
ist euer sitz.
237 f.,
30)
endlich können sowol subject wie prädicat durch sätze vertreten werden. diese werden meistens, doch nicht notwendig, durch es, das aufgenommen bez. vorbereitet. es kommen relativsätze und inhaltssätze in betracht.
a)
ein relativsatz als subject: das mus ein grosser herr sein, der sie gemacht hat. spr. Sal. 43, 5; ist das präd. ein persönliches pron., so tritt die unter 28, d besprochene verschiebung der construction ein: hab ich gnade fur dir funden, so mach mir ein zeichen, das du es seiest der mit mir redet. richt. 6, 17;
s. auch 26, d, β.
bin ich's noch, den du bei so viel lichtern
an dem spîeltisch hältst?
1, 79.
b)
häufig dient die fügung nur der rhetorischen emphase. der relativsatz erscheint dann in der regel als logisches prädicat. so besonders im mhd.:
auch hier gern mit pleonastischem eʒ:
zahlreiche parallelen zu dieser ausdrucksweise bringt Wilmanns zu den angegebenen Walther-stellen. nach altfranz. lieder und leiche s. 198 wäre sie dem franz. nachgebildet (vgl. z. b.: je suis cil qui plus a de torment). — ähnlich auch nhd.: wir seind, die des volcks sorg tragen. weltb. 109ᵇ;
so häufig in der umgangssprache: aber wer nicht kam, das war N. N. und ähnl.;
s. auch 17, f, ende.
der iu mære saget, daʒ bin ich.
56, 15;
unser herre sî der dich ner.
Erec 3188;
ich bin der niht wol vliehen kan.
Lanz. 4344;
ich bin der si meinet
mit triuwen.
Strauch (vgl. die anm.).
IV, 34 unde wiʒʒet daʒ: ich binʒ der,
des freude an ir genâden stât
und der ir ie gedienet hât
und der ir immer dienen wil.
332, 32.
nur der tod ist, was uns trennt.
1, 371.
wer dann nicht kommt, glaubt, das bin ich.
1, 345.
c)
auch andre satztheile können durch es ist umschrieben werden zum zweck stärkerer hervorhebung, z. b. das object:
ebenso andre bestimmungen. alle diese umschreibungen sind z. b. im franz. viel häufiger als im deutschen, denn sie sind dort bei der gebundenen wortstellung notwendig zur hervorhebung, während im deutschen vielfach voranstellung und betonung beim sprechen ausreicht. auch verfahren beide sprachen nicht gleichmäszig. nur beim subj. und directen obj. treten in gleicher weise relativsätze ein. dagegen beim indirecten object und bei allen umstandsbezeichnungen wird im franz. dieser ausdruck unverändert zu c'est gesetzt, und der nebensatz durch das indifferente que (dasz) eingeleitet, es wird also c'est — que in den unveränderten einfachen satz eingeschoben, um die voranstellung des betreffenden theiles zu ermöglichen. im deutschen dagegen wird ein regelmäsziges hypothetisches satzgefüge hergestellt, indem dieser satztheil, soweit substantiv, in den nominativ tritt, und die beziehung im satze an dem relativpronomen (bez. der relativconjunction) zum ausdruck
gebracht wird. vgl. z. b. es war dein bruder, dem ich das buch übergab (c'est à ton frère, que j'ai donné le livre); dieser ort ist es (besser dies ist der ort), wo jene berühmte schlacht geschlagen wurde; dies ist der grund, weswegen er nicht kam (c'est à cette cause, que ..):
jedoch werden manche bestimmungen, besonders zeitangaben, ebenso wie adverbia, auch unverändert in den hauptsatz herübergenommen, doch wird auch dann der nebensatz an stelle des farblosen dasz (franz. que) mit der durch den sinn geforderten conjunction eingeleitet: es war eben im herbste, da ich ihn sahe. 4, 452; es war den elften may nach der schlacht, als ich da stand. theater 3, 272;
doch ist in einigen fällen auch im deutschen dasz notwendig, z. b.:
doch klingen solche umschreibungen immer etwas undeutsch und werden besser gemieden.
das ist es eben, was ich sage.
1, 342;
du bist's, dem ruhm und ehre gebühret;
und ruhm und ehre bring ich dir.
2, 95.
dies ist der tag, an dem die christenschaaren
durch tod und blut bekräft'gen ihren heiland.
1, 363.
dort war es, wo wir uns zuerst umschlangen.
1, 395.
Gelimar sprach: auf ewig! was wähnest du anders? auf ewig
ist es, dasz wir uns trennen!
Mess. 16, 145.
d)
umschreibungen des subjects, wobei dieses selbst in einen durch was eingeführten relativsatz tritt, sind besonders der umgangssprache eigen: was ein rechter junge ist, der thut so etwas nicht u. ähnl. doch auch bei Luther: denn was viehhirten sind, das ist den Egyptern ein grewel. 1 Mos. 46, 34; wenn eine sach fur gericht dir zu schwer sein wird .. und was zenckische sachen sind in deinen thoren. 5 Mos. 17, 8. mundartlich auch in freierer fügung: was de kinger sinn, was die kinder anbetrifft. 104ᵇ.
e)
mit dasz eingeleitete inhaltssätze stehen häufig als subject: aber dennoch im grund ist die wahrheit, dasz wir solchen zusatz mit gott und gewissen mogen fallen lassen. briefe 4, 372;
häufiger mit vorangehendem es: daher ist es fein und recht, und noch jtzt löblich, das man die stet, da die Christen ligen, in ehren helt. 6, 76ᵃ.
sprach, sein und auch der Rhömer syt
wer, das sy laster brauchten nit.
Cic. 113ᵇ.
f)
selten und fast anakoluthisch mit andern conjunctionen: so ain man ansihet ain frauen, ist nit verpoten. spiegel der sitten 22ᵃ. vgl. auch:
mir ist es, denk' ich nur an dich,
als in den mond zu sehn.
1, 110.
g)
dagegen ist es bei der ausgesprochenen vorliebe der deutschen sprache für nebenordnung weder selten noch auffällig, dasz für solche nebensätze eine unabhängige satzform (directe oder indirecte rede) eintritt. im druck wird dies am besten durch ein vorgesetztes colon angedeutet. so z. b.: Augustus meynung war, die weil sie eynander ehnlich weren, so musten sie von einem vatter sein. sprichw. 159;
oder es kann auch ein theil eines satzes, aus der construction gelöst, aufgegriffen werden: du Belloy war ein junger mensch, der sich auf die rechte legen wollte, oder sollte. sollte, wird es wohl mehr gewesen seyn. 7, 83. in diesen fällen wird die fügung im druck gewöhnlich dadurch verdeutlicht, dasz man die betreffenden sätze oder satztheile in anführungszeichen setzt.
besser ist wir bleiben bey leben.
2, 1, 12ᵇ,
tages arbeit! abends gäste!
saure wochen! frohe feste!
sey dein künftig zauberwort.
1, 199.
h)
mit diesen letzteren ausdrucksweisen berührt es sich, wenn ein bestimmter verbalbegriff in der wiederholung durch sein ersetzt wird, und nun die construction desselben bestimmt: ists aber aus gnaden, so ists nicht aus verdienst der werck, sonst würde gnade nicht gnade sein. ists aber aus verdienst der werck, so ist die gnade nichts. Röm. 11, 6; wenn ich jemahls vergessen habe, dasz sie meine mutter war, so war es in diesem augenblicke. Dusch bei 4, 452; was ich etwa über auswärtige politik dachte, .. war im sinne der freiheitskriege. ged. u. erinn. 1, 2;
ferner häufig bei der unter 5, f angeführten ausdrucksweise, z. b.: sie sehen niemand an, es sey dann mit einem sturischen oder übermüthigen auge. pers. rosenth. 88ᵇ (7, 20);
s. auch 5, d und 29, e.
und wenn ich stottre, wenn ich lamentire,
ist's alles meinem könige zu ehren.
1, 362;
bin ich zu retten, ist's allein durch ihn.
M. Stuart 1, 6).
12, 427 (sît ... der werde Gurnamanz
... im vrâgen widerriet,
eʒ enwære bescheidenlîche.
Parz. 188, 19.
31)
sein in verbindung mit den nominalformen des verbs, zur umschreibung von tempus- oder modalformen und ähnlich (sein als 'hülfsverb'). — zunächst mit dem part. präs.
a)
mit dem part. präs. verbindet sich das präs. und prät. von sein zur umschreibung des präs. und imperf. mit dem begriff des dauernden, continuierlichen. diese fügung scheint bereits der ursprache anzugehören; sie findet sich im altind. (s. ved.- u. sanskr.-synt. § 203. 205) und gr., seltner im lat. am meisten verbreitet, aber nicht gleichmäszig, ist sie in den germ. sprachen, s. gr. 4, 4—6. 125. 942. Weinhold mhd. gr.² s. 465 f. in den ostgerm. sprachen findet sie sich nur vereinzelt. auch im nd. ist sie nicht häufig geworden, obwol sich im mnd. einige beispiele finden:
etwas üblicher scheint sie im mnl. zu sein, s. proeve eener beknopte mnl. syntaxe § 414. am meisten und uneingeschränktesten ist sie indessen im engl. in übung, sowol in älterer wie in neuerer zeit (die sog. 'progressive form'): he is just coming; it is raining now; it has been raining all night; I was writing a letter, when my friend came u. a.
dar scholen ze myner warende syn
unde liden nener hande pyn.
Redentiner ostersp. 673 Schröder;
ik bidde juw, dat gy willen twiden my
ener bede, der ick biddende sy.
quelle bei 5, 696ᵃ.
b)
im hd. ist sie in älterer zeit (ahd. und mhd.) weit verbreitet, s. a. a. o. und mhd. wb. 1, 128ᵃ. beispiele: tagâ uuas her lêrenti (erat docens) in themo temple. Tat. 140, 2;
sô wârun se unzan eltî thaʒ lîb leitendi.
1, 4, 10;
nû bit ich den hêrrin
den gûtin Daniêlin,
daʒ er mir sie weginde
undi dû mir sies vergebinde
die sundi mînes lîbes.
Rheinauer Paulus 73—77;
daʒ er im bitende wese
der sêle heiles hin ze gote.
der arm. Heinrich 25;
vor dem, der uns dâ schirmend ist.
Wigalois 209, 8;
ich wil iu immer dienend sîn.
4, 3;
vriunt, dû solt mir sagende sin.
291, 4;
si muosten schaden dulden,
die dâ werbende sîn
ûf und zetal bî dem Rîn.
reimchr. 39730.
c)
später tritt für das part. meist der inf. ein, s. u. 34, c. d. doch finden sich auch im 15. jahrh. noch häufige belege für jenes (vgl. gr. 3, § 7): wenn wir ain gemein von der stat notdurft wegen haben wellen oder bedürffent seyn. d. städtechron. 15, s. 267; so wir nachvolgen der natur, sein wir alltzeit begerende der tugenden. spiegel der sitten 3ᵇ; so du aber vastende bist, was hilfft dich das die därme läre seind. 44ᵃ; (so) der verdacht (suspectus), mit dem vergifften, inn uneynigkeyt gewest, oder aber vonn seinem todt, vortheyls oder nutz wartend wer. Carolina cap. 37; do erinnert sich der star seines herrn sprichwort und schreit immer: hüt dich vor böser gesellschaft. da war (für ward?) der vogeler lachend und liesz ihn beim leben. hausb. (1640) 479;
später nur, wenn das part. den wert eines adj. hat: er ist zugleich bitter und hassend, die person des gegners verfolgend. 1, s. xiii, oder in archaisierender rede (bez. als poetische licenz, im reime):
besonders lange hält sich vermutend sein, vgl. th. 12, 900: ich .. bin auch nichts anders vermuthend gewesen, als dasz ich meine seele durch einen schmertzlichen ausgang würde aus dem leibe schicken müssen. kl. leute 170; über die brust lege ich ihr ein pflaster von wahlrath, absonderlich wann ich vermuthend bin, dasz die milch etwan möchte geronnen ... seyn. hebamme 761. so noch jetzt in der umgangssprache, doch gewöhnlich mit abfall des d, auch mundartlich,
z. b. nd. dat was ek mek nich formauen. — das erstere beispiel (aus Weise) belegt zugleich die im engl. so gewöhnliche verbindung eines solchen part. mit einer zusammengesetzten zeitform auch fürs deutsche.
und das sie nieszend solten sein.
Reuaus 213 ( arch. 1, 23);
Murat kaiser der Turken
seim swager dez wal gunnend waz.
hist. ged. 5, 88;
zu bringen was das (l. das was?) wirckt zu dem was leidend ist.
4, 368.
frisch, muntre jugend! die du gerne schlagend
mit herzenslust bist zu gefahren ziehend.
247;
schon ist der tag absteigend.
382.
d)
im engl. kann dieses part. auch passive bedeutung haben: a ship is building, ein schiff wird gebaut; an operation is performing u. ähnl. im deutschen scheint ähnliches nur bei wissen vorzukommen: wissend sein, bekannt, bewuszt sein:
dafür wissen: ist dir etwas von der liebe wissen, so Reinhart zu der jungfrawen Rosamunde tragen thut, so zeyg mirs an. buch der liebe 243ᶜ.
weil ihm wol wissend war,
er köndte dieses nicht bekennen ohn gefahr.
4, 348;
damit, was dich ergetze,
mir kund und wissend sei!
nr. 10, 8 Gödeke.
32)
mit dem part. perf. verbindet sich sein in doppeltem sinne, nämlich einerseits zum ausdruck des passivs, andrerseits zur umschreibung der vergangenheit des activs. letzteres kann naturgemäsz nur bei intransitiven verben stattfinden. der unterschied liegt natürlich in der doppelten function des part., das sowol activen wie passiven sinn hat. wir stellen den letztgenannten fall (activ) voran.
a)
die umschreibung des prät. mit sein hat mit der entsprechenden passivbildung grosze ähnlichkeit. formell ist sie damit vollkommen identisch, wenigstens in den ältern sprachstadien; im nhd. besteht insofern ein unterschied, als zum passiv häufig worden hinzutritt bez. hinzugefügt werden kann (wenn auch nicht ohne sinnesnuance), zum activen perf. nicht, vgl. gramm. 4, 20. 156 f. und fälle, wie:
nû was dâ gestanden vil.
Willehalm 231, 28;
als nû lebt diu kristenheit,
sô mac der zehende niht genesen,
diu buoch enwellen gelogen wesen.
26, 19;
die mailust ist begonnen.
1, 6.
b)
die bildung des prät. mit sein ist im got. noch nicht bekannt, findet sich aber sonst in allen germ. sprachen. im ahd. scheint sie zuerst bei Tatian und im Musp. belegt zu sein, siehe gramm. 4, 150: after thiu thô argangana uuârun ahtu tagâ. Tat. 7, 1;
über das mhd. s. Paul mhd. gramm.² § 290, der zugleich die abweichungen vom nhd. zusammenstellt. über das nhd. gramm. 3, § 47. Blatz nhd. gramm.³ 1, s. 560—7. über die sprache Luthers speciell s. 215 f. zum ganzen gramm. 4, 155—167. — die flexion, die das part. im ahd. neben uuesan annimmt (s. das beispiel im Tat.), die übrigens nur im pl. hervortritt, ist im mhd. bereits vollständig aufgegeben, also noch früher und consequenter als sonst beim prädicatsadj.
diu marha ist farprunnan.
Musp. 61;
thaʒ in was queman herasun ther gotes einigo sun.
2, 3, 26;
selben Kristes stiuru joh sînera ginâdu
bin nû zi thiu gifierit, zi stade hiar gimierit;
bin nû mînes wortes gikêrit heimortes.
5, 25, 1—3.
c)
das mit sein (bez. haben) umschriebene prät. unterscheidet sich vom einfachen ganz ebenso wie in den romanischen sprachen. das letztere ist das gewöhnliche tempus der erzählung (also = ved. imperf., gr. aorist, lat. perf. historicum, frz. passé défini) und der zustandsschilderung (gr. lat. rom. imperf.), die zusammengesetzte form dagegen bezeichnet einmal die abgeschlossene handlung in bezug auf ihr resultat oder den dadurch erreichten zustand (das eigentliche perf., z. b. hast du dieses buch gelesen? d. h. kennst du es?; ich habe ihm verziehen, ich bin ihm nicht mehr böse, u. a.), sodann die soeben geschehene, gleichsam noch in die gegenwart hineinragende (er ist soeben angekommen; dies der ursprüngliche sinn des idg. aorists), oder die aus ihrem zusammenhange losgelöste, als vereinzeltes factum berichtete handlung (ich bin zweimal in der Schweiz gewesen). weitere ausdehnung hat die umschriebene form in den oberdeutschen mundarten gewonnen, wo die einfache form des ind. ganz aufgegeben ist. mit dem prät. von sein wird das sogen. plusquamperfectum gebildet. vergl. gramm. 4, 157 f. da die umschriebene form zuweilen rein präsentische bedeutung annimmt (z. b. gelegen sein im nhd. ganz dasselbe wie liegen, von örtlichkeiten), so wird zuweilen, um ein deutliches perf. zu bilden, sogar die zusammengesetzte form von sein noch einmal zu einem part. gesetzt:
so werden in der volkssprache auch zuweilen doppelplusquamperf. gebildet, wie: alle meine unruhe war schon vergangen gewesen, als ich von neuem erschreckt wurde. 1, 561.
die pflantze, die ein mehlthau stracks versängt,
musz niemals recht beklieben seyn gewest.
Agrippina 4, 420 (s. 73).
d)
noch ist zu erwähnen, dasz von sein in dieser verwendung das präs. und prät. im ind. und conj. sowie der inf. in uneingeschränktem gebrauche sind; dagegen kommt das part. in lebendiger rede kaum jemals vor; auch der imperativ ist streng genommen ausgeschlossen; doch findet er sich vereinzelt, so:
oder in fällen wie:
wo sît allerdings auch als ind. (in futurischem sinne) gefaszt werden kann, s. gramm. 4, 158.
in die ecke,
besen! besen!
seyd's gewesen.
der zauberlehrling).
1, 241 (tuont alsus und sît genesen.
Iwein 1253,
e)
das nebeneinander von sein und haben im prät. der intransitiven verben findet sich in ganz derselben weise in allen germ. und rom. sprachen, natürlich mit zahlreichen abweichungen im einzelnen. in den germ. sprachen zeigen die meisten ein entschiedenes überwiegen von haben, namentlich die nördlicheren, vgl. die zusammenstellungen aus den ältern quellen bei gramm. 4, 150—3. am ausgedehntesten ist der gebrauch von sein im deutschen, und auch hier wieder in den südlichen mundarten mehr als in den nördlichen. auch in der nhd. schriftsprache zeigt sich dieser unterschied, indem norddeutsche autoren in manchen fällen (z. b. bei stehen) haben, süddeutsche sein bevorzugen. der wesentlich hd. charakter derselben hat dann die weitere folge, dasz in solchen fällen meistens sein für feiner gilt und daher in schriftlichem gebrauche auch von leuten gesagt wird, die in der zwanglosen sprache des täglichen lebens haben anwenden würden.
f)
im allgemeinen kann man sagen, dasz haben mehr den nachdruck auf die thätigkeit, sein mehr auf den dadurch erreichten zustand legt. letzteres steht daher besonders bei verben, die das anfangen (oder auch das aufhören) einer thätigkeit ausdrücken, so bei den zusammensetzungen mit ent-, er-, ver-: der mond ist aufgegangen, erschienen ist der herrlich' tag, erloschen (verblichen, verglommen) ist der letzte tagesschein, es ist ein ros' entsprungen, Christ ist erstanden u. a. dagegen steht haben fast bei allen unpersönlichen verben, s. gramm. 4, 249 f. welche verben im einzelnen haben, welche sein annehmen, kann hier nicht ausführlich dargelegt werden, vergl. dazu die reichen zusammenstellungen bei haben IV, th. 4, 2, 70—75 und gramm. 4, 160—166, sowie die einzelnen wörter.
g)
während die meisten wörter entweder mit haben oder mit sein verbunden werden, nehmen manche beide an, mit verschiedenem sinne. die unterscheidung beruht gewöhnlich auf der unter f gegebenen regel. so sagt man mhd. ich hân gelegen, geseʒʒen, gestanden, geswigen in dem sinne 'ich bin (eine zeitlang) in diesem zustande gewesen', dagegen nehmen dieselben verben in incohativem sinne bin, wobei die bedeutung vielfach dem präsens nahe kommt; z. b. ich bin gelegen, ich habe mich gelegt, liege also jetzt; vgl. z. b.:
dagegen:
ebenso ich bin geswigen, verstummt, ich schweige. diese im mhd. häufige ausdrucksweise reicht noch in das ältere nhd. hinein, ist dagegen später aufgegeben; vgl. schweigen I, 20, th. 9, 2431:
bei den andern ist der unterschied dadurch gestört, dasz im norddeutschen die incohative bedeutung von liegen, sitzen, stehen u. ähnl. überhaupt nicht üblich ist, im süddeutschen dagegen und vielfach überhaupt in gehobener rede sein auch in den fällen eintritt, wo man nach obiger regel haben erwarten sollte: do gestanden syen die füsz der priester. 4. bibelübers. Jos. 4, 3 bei gramm. 1, s. 279; darob sien wir gesezzen manig zeit her und bedahten, wie wir von schulden kömen. d. städtechron. 4, 158, 20; Vespasianus .. der zerstörte Jherusalem, die was gestanden 1080 jor. 8, 27, 22; also send die von Nierenberg lang hie gelegen. 25, 129, 12 (Augsburger quelle von 1520); die 3 gefangen send zuͦ Waltstein gelegen, da sie aus send komen. 186, 8; also ein ganczes iare vergangen was, das die czwen in sölicher trübsale und gefencknüsz gestandenn waren.
decam. 97, 32 Keller (2. 6); do waren min bäsin und mins meisters gar alte frow die gantzen nacht an knüwen gelägen. 11 Boos; noch bey lebzeiten des letzten herzogs Sachsen-Römhildischer linie ist ein lust- oder trinkort hier gestanden, von welchem nichts mehr übrig ist. s. 335 Sauer;
doch auch haben bei nieder- und mitteldeutschen autoren: der vogel sitzt mir mein tage nicht wieder so gut, als er mir gesessen hat. comöd. prob. 179. — anders ist der unterschied bei träumen, mhd. troumen, s. das., sowie gramm. 4, 250. — ohne unterschied der bedeutung sagt man mhd. ich bin und ich hân gevarn:
were Hanibal noch dem gesige des strites gein Rome gefarn, er hette Rome gar zerstöret. d. städtechron. 8, 325, 23. jetzt wird das intransitive fahren mit sein, das transitive mit haben construiert: ich bin nach Dresden gefahren; der fährmann hat mich über den flusz gefahren. — ein unterschied wird in der heutigen sprache besonders bei den verben der bewegung gemacht, indem haben auf die ausübung der handlung, sein auf das ziel geht (vgl. 4, 453): ich habe heute morgen eine halbe stunde lang geschwommen; der junge hat den ganzen weg ununterbrochen gelaufen (wo allerdings auch bin bez. ist durchaus üblich ist), dagegen stets: ich bin über den flusz geschwommen, nach haus gelaufen. beispiele: darin ist ain alter, herlicher man mit ainem langen, growen bart in einem sessel gesessen, und seind vil kleiner kneblen uf der wisen und umb ine geloffen. Zimm. chron. 3, 14, 22 f.; doch nichts desterminder seind die andern churfürsten und fursten ... stetts auf das rhathaus geritten. d. städtechron. 25, 387, 32.
so ist mir alsô wol ze muote
als der bi vrowen hât gelegen.
minnes. frühl. 152, 4;
dâ hieʒ sî in sitzen an.
und dô er was geseʒʒen,
sî sprach 'welt ir iht eʒʒen?'
Iwein 1217.
geswigen sint die nahtegal.
minnes. frühl. 37, 32;
swen wunder, daʒ ich sî geswigen.
Wackernagel;
42, 1 geschwigen seind uns die vogelein.
bergreihen s. 92, 10 neudruck.
Friburg, du bist ein kerne, ...
man hat dich alzit gerne,
als lang du gestanden bist.
hist. volksl. 2, nr. 137, 6;
fest waren wir an sie gehangen.
1, 49.
er hat nicht recht gefaren,
wann er ist meineid.
hist. volksl. 35, 2;
er ist an ir gefaren als ein wicht.
179, 208;
h)
beispielsweise mögen einige weiteren abweichungen vom heutigen sprachgebrauche zusammengestellt werden.
α)
im mhd. steht bin bei gevallen u. ähnl.:
dagegen hân bei volgen:
sîn bei unpers. verben u. ähnl., z. b.:
ich wæn daʒ alleʒ sîn gesanc ...
sî got niht sô wol gevallen
sô im daʒ ein muoʒ missevallen.
d. welsche gast 11221 (vgl. die anm.);
wan diu künegîn was ein schœne maget.
si müeste wol sîn behaget
eim man der halbtôt wære.
Lanz. 5532;
wan ich im lange her gevolget hân.
minnes. frühl. 81, 36;
daʒ netze ist nû versmâhet.
152, 18;
daʒ im der sprâche zerunnen was.
Wigalois 80, 40.
β)
nhd. sein für gewöhnliches haben, z. b.: freilich von jenen eigentlichen verführerkünsten braucht' ich, und kannt' ich wirklich keine, doch bin ich überzeugt, dasz sie auch dergleichen siegreich widerstanden wäre. der arme mann im Tockenb. 59 Reclam; holder himmel Joniens! so war ich nie an dir gehangen. 2, 67 Köstlin;
wär man in helfleich pestanden pei.
hist. volksl. 1, nr. 39, 89
es ist si aber übel gerüwen
am selben abend spat.
2, nr. 203, 3;
der artzt ausz Syrien ... ist mit ihm umbgetretten
in Asi und Europ!
4, 343;
ach ja meîn täglich bier ist köstlich auszgejohren.
comöd. pr. 350.
γ)
umgekehrt haben für allgemein übliches sein: nun hatt sein treu unnd sein stätigkeyt von jm gewichen. Pontus d 3ᵇ; das dunkelbraune auge scheint kaum gealtert zu haben. dorfgesch. 3, 134; bei den rein preuszischen civil-diplomaten, welche der wirkung militärischer disciplin garnicht oder unzureichend unterlegen hatten, habe ich in der regel eine zu starke neigung zur kritik .. gefunden. ged. u. erinn. 1, 3;
s. auch 4, 296 unter 5, b.
aber im hat daran mislungen.
hist. volksl. 2, nr. 163, 37;
inen hat gar wol gelungen.
206 B, 9;
δ)
weiter als das hd. geht das nd. in der vorliebe für haben, vergl. z. b.:
so auch in neueren mundarten: westf. wen se bliewen hedden; dat piard hadde laupen, mecklenb. dat pîrd harr lopen; harst du man dôr blêwen. s. nd. korrespondenzbl. 16, 22. 36.
hedden öme de hiligen nicht hold gewesen,
nouwe hedde he genesen,
he hedde wol bleven in dem neste.
hist. volksl. 1, nr. 101, 17.
i)
besondere beachtung verdient endlich das umschriebene prät. von sein selbst, vgl. darüber gramm. 4, 160—162.
α)
hier steht der gebrauch von haben, wie in fast allen rom., so auch in den meisten germ. sprachen (nord. engl. fries.) fest. von jenen macht nur das ital., von diesen das deutsche eine ausnahme. in den ältesten sprachstufen (got. ags. alts. ahd.) ist die umschreibung überhaupt nicht bezeugt.
β)
im mnl. herrscht ich hebbe gheweest, ghesijn, ghewesen, z. b.:
im jetzigen holl. dagegen ik ben geweest.
van hem dien ic so groten vrient
van herten altoos heb ghesijn.
Reinaert 4437.
γ)
im mnd. haben viele quellen beides neben einander, so die Lübecker chron. (ik was geweset, aber he hadde ghevanghen weset) s. 5, 695ᵇ; ebenso hat des dodes danz sowol ik hebbe wie ik bin gewest, s. das gloss. v. Baethcke. in andern quellen steht hebbe: alle schicht unde unwillen, de de twischen den herren gewest hadde. Brunsv. illustr. 3, 188;
in êner stat hadde gewesen
wônhaftich ên beschêden man.
van sunte Marinen 24;
de sô lange hadde sêk gewesen.
van deme holte des hill. cruzes 500.
δ)
auch neund. mundarten haben theilweise hebben erhalten, so in Mecklenburg auf dem lande ik hewwe vêle jôr in Mälen-Eixen west, s. nd. korrespondenzbl. s. 16, 36, die meisten indessen sagen ikk bin weest. 424ᵃ; wor sün jy wesen? 338; hai es bî mi west. 237ᵃ. beides neben einander im ostfries. 3, 543ᵇ (nach 321ᵇ ist ikk hebb' wesst allgemeiner im gebrauche als ikk bünn oder sünn wesst); im südhann. mit sîn, selten mit hebben, s. 192ᵇ.
ε)
im mhd. herrscht ich bin gewesen, gesîn, doch findet sich ich hân gesîn u. s. w. häufig genug in mitteldeutschen mundarten, s. die belege bei Weinhold mhd. gramm.² s. 385 f. mhd. wb. 3, 765ᵇ f. handwb. 3, 799. nur ganz vereinzelt reichen spuren davon bis ins nhd.: darumb hatt nie kein heylge szo küne gewest, das er von ym selb sagete, das seyne weiszheit .. vor ym nichts sey. 1, 220, 9 Weim. ausg. (sieb. buszps. von 1517).
k)
nicht zu erkennen ist es, welches hilfsverb gemeint sei, wenn dieses ausgelassen ist, da diese auslassung bei haben und bei sein gleich beliebt ist, s. unter 39, a, γ. — unsicher kann man auch sein, wenn zu mehreren participien das hilfsverb nur einmal gesetzt ist. hier gestattet die ältere sprache deutlich die ergänzung von haben aus vorhergehendem sein, z. b.: do waren min bäsin .. die gantzen nacht an knüwen gelägen, gott gebätten, das er mich behütten welte. 11 Boos; bin ich einest in ein groszen keszel mit heiszer milch, die ob dem feur war, gfallen und mich dermoszen verbrandt u. s. w. 12. die neuere sprache hat diese freiheit nicht und gestattet einmalige setzung des hilfsverbs nur, wenn in beiden fällen dasselbe zu stehen hätte: als sie aber etliche meilen von Grünland ab, und in der geraumen see frey gelassen worden, sind sie geschwinde in die see gesprungen, und nach norden zugeschwummen. pers. reisebeschr. 84ᵃ; ein bauer .. sei vom teufel gepackt und hoch an das gewölbe geschleudert worden; der leib sei herabgefallen, die arme seele aber droben festgeklebt. novellen 15, 197.
l)
die bildung mit sein hat naturgemäsz nur bei intransitiven verben statt, da sie bei transitiven für das passiv verwendet wird. in einigen fällen indessen kommt sie auch hier in activem sinne vor.
α)
wenn im mhd. tuon ein andres verb vertritt, so übernimmt es, wie die rection, so auch die bildungsweise desselben:
nhd. würde man in solchen fällen lieber geschehen verwenden.
er wânde, im solde gelingen,
als im ofte ê was getân.
Wigalois 54, 30.
β)
eine reihe von part. perf. transitiver verben begegnet in activem sinne, doch meist in rein adjectivischem gebrauche, s. gramm. 4, 70 f. sie können auch die negation un- annehmen: ich bin heute noch ungegessen (habe noch nichts gegessen) u. ähnl. in weiterem umfange finden sich derartige redeweisen im mhd.:
so noch: ich möcht auch leiden das ich ungepredigt wer, wan ich hab vernügernt. evang. 13ᶜ. zu beachten ist, dasz die bedeutung manchmal rein präsentisch ist; so auch bei intransitiven verben, wie mhd. geriten sîn für unser beritten, meist in den verbindungen wol, baʒ geriten, s. a. a. o. das ebenfalls schon mhd. vorkommende beholfen unterscheidet sich von den vorgenannten dadurch, dasz es attributiv nicht begegnet und den rein verbalen charakter bewahrt hat. es steht also ganz im sinne eines part. präs.: do empfingen die kürfürsten ire lehen von ime und swuͦrent ime zuͦ beholfen sinde als eim romeschen künige. d. städtechron. 8, 42, 1;
dafür auch geholfen:
s. dazu handwb. 1, 153. 156 (beholf, adj.?). vgl. noch nd. ik sin dat vergeten. 237ᵃ.
dâ von muoʒ ich dur nôt sîn ungesungen.
minnes. frühl. 84, 5;
wie kunde er ungefrâget sîn
dâ von dirre mære.
Biterolf 1186;
wen si jm gern beholfen wären,
so macht erʒ ze uneren,
daʒ si jm ettwaʒ werffent jn.
liedersaal 1, 465, 103.
er sprach: 'ir purger, nuͦ lat mich ein,
ich wil euch geholfen sein!'
hist. volksl. 1, nr. 12, 100 (vom j. 1337).
γ)
manche ursprünglich transitiven verba, wie erbeiʒen, sprengen, bei denen daʒ ros zu ergänzen ist, verlieren im sprachgefühl allmählich ihre alte bedeutung, und werden, da sie ohne ausgedrücktes object stehen, als intransitive empfunden. wie man daher mhd. sagt:
so kann es auch nicht befremden, dasz man bildet:
ganz wie nhd. er was abgesessen, abgestiegen.
erbeiʒet von dem rosse.
Laurin 132,
ob er zuo den frouwen rite?
nein, er was erbeiʒet vor.
Wigalois 221, 39,
m)
andrerseits können von haus aus intransitive verben zuweilen ein object zu sich nehmen. nicht hierher gehören natürlich accusative der zeit, z. b.:
auch ein acc. des weges, der entfernung ändert an der conjugationsweise nichts: denn jr seid den weg vorhin nicht gegangen. Jos. 3, 4; ich bin (oder habe, nach g) gestern 3 meilen gegangen, 100 kilometer gefahren (zu rad) und ähnl. — notwendig ist dagegen die anwendung von haben, wenn ein accusativ des effects hinzutritt: das kind hat sich ein loch in den kopf gefallen, ich habe mir die füsze wund gelaufen (durchgelaufen), der offizier hat sein pferd zu schanden geritten und dergleichen.
dô gebunden wart der degen,
und eine wîle was gelegen.
Wigalois 215, 7.
n)
composita folgen im allgemeinen dem einfachen verbum, vgl. die belege unter g. h. doch sollten sie mit haben verbunden werden, wenn sie durch die zusammensetzung transitiv werden. die ältere sprache folgt meistens dieser regel, z. b.: swenne diu sêle alsus alliu dinc durchloufen hât. d. myst. 2, 503; das land das wir durchwandelt haben. 4 Mos. 14, 7; es hat dieser herr die historien sehr fleiszig durchgangen. apophthegm. 1, 127;
dafür in der ausgabe von Schade:
und so noch: nachdem er die lady vergeblich von allen seiten umgangen hat. kab. u. liebe 4, 9;
doch setzt die neuere sprache auch hier unter einflusz des stammworts vielfach sein; so schon: da gehorchten alle fürsten und alles volck, die solchen bund eingangen waren. Jer. 34, 10; kein geschöpf bist du vorbeigegangen. 4, 86, 9 Kühnemann (ideen 3, 2); er machte mir alsdann eine angenehme beschreibung von den sitten mancher länder, die er durchstrichen war. Ardingh. 1, 237; ich habe mich in diesen wenigen tagen schon viel umgesehen, bin die stadt umfahren und umgangen. 43, 23; ich idiot glaubte, als ich in Foligno angekommen war, ich sei nun den Apennin durchwandelt.
2, 105 Hempel; jener andre don Quixote .., der sich hinter dem namen eines zweiten theils versteckt hat, und so die welt durchwandert ist. Tieck don Quix.⁵ 2, s. iii. wie sehr hier das sprachgefühl schwankt, zeigt am deutlichsten folgende stelle:
(ich) hân erstrichen vrömdiu lant
nâch im.
Eckenliet 43, 5,
ich hab durchstrichen manich land.
39, 4;
das ir so traurig itzt thut sehen ...,
als het euch unglück übergangen.
Susanna 1, 1, v. 6;
ich meint', es hab' durchstrichen
ein loser vogel den hag.
ged. 227;
wenn nun dein aug' durchlaufen hat
die blätter alle, soll es lesen
auch dieses unbeschriebne blatt.
liebesfr. 1, 31).
(1882) 1, 382 (die felder alten ruhms bin ich durchschlichen,
Skamander's feld, die höh'n auf Gargara,
die sel'gen inseln hab' ich bang durchstrichen.
abschied von Griechenland, bei d. dichtung 116ᵃ.
o)
als besondere art der transitiven verlangen auch die reflexiven verben im deutschen haben, im gegensatz zu den roman. sprachen. nur die ganz vom ital. eingeschlossene cimbrische mundart verwendet sain(an): sedar benne bar sainüz net gepaichtet, da che tempo non ci siamo confessati. cimbr. wb. 225ᵃ. — ferner ganz vereinzelt im nd., wenn intransitive verben reflexiv gebraucht werden, so westfäl. ik sî mi fallen für älteres ik hewwe mi fallen. 237ᵃ.
33)
sein mit dem part. prät. zur umschreibung des passivs.
a)
die ältesten idg. sprachen, das arische und das gr., drücken das passiv durch das mittel der formenbildung aus; ebenso das lat., doch bildet dieses nur noch das präsens, imperfectum und futurum auf diesem wege; für das perfectum, plusquamperfectum und futurum exactum tritt die umschreibung durch das part. perf. pass. mit esse ein. die romanischen tochtersprachen haben jene einfachen bildungen ganz eingebüszt und müssen alle zeitformen durch zusammensetzung bilden. denselben weg haben die germ. sprachen eingeschlagen. indem für das detail auf die ausführliche darlegung bei gramm. 4, 9—21 (dazu über den inf. 56 f.) verwiesen werden kann, sollen hier nur die hauptetappen der entwicklung angedeutet werden.
b,
α)
eine besondere form für das passiv (eigentlich medium) haben innerhalb des germ. nur das got. und durch neubildung die neunord. sprachen (schwed., dän.), aber schon im got. ist nur das präs. erhalten das fehlende, in den übrigen sprachen alles, wird auch hier durch zusammensetzung gebildet. und zwar bietet sich wiederum als nächste und natürlichste fügung die zusammensetzung des part. mit sein. da indesz dieses sowol zur bildung des präs. als auch des prät. (nach lat. muster), wie endlich auch zur umschreibung des activen prät. der intransitiven verben (s. 32) dient, so machte sich bald das bedürfnis eines deutlicheren, bestimmteren ausdrucks fühlbar. hierzu bot sich zunächst das hilfsverb werden: das eintreten in den durch das part. perf. angegebenen zustand ergab von selbst den begriff des präsens. nur einzelne sprachen (mnl. schwed. dän.) haben dafür bleiben eingeführt.
β)
im got. ist eine umschreibung für das präsens noch nicht in gebrauch; es genügt das einfache gibada u. s. w.; für das prät. werden neben einander im, vas und varþ gibans verwendet, ohne dasz sich ein deutlicher unterschied der bedeutung erkennen liesze.
γ)
im ältesten deutschen (ahd. alts.) kommt zu diesen 3 formen das präs. wirdu hinzu. aber auch bim wird im ahd. in der regel für das präs. verwendet (z. b. uueset kalærte, kalærit uueset. erudimini gl. s. 2, 1021). es besteht also zwischen wesan und werdan kein wesentlicher unterschied und man braucht neben einander für das präs. ist und wirdit, für das prät. was und ward gigeban (alts. is, wirthiđ — was, warth gigeƀan). ebenso noch mnl., nur dasz hier anstatt des ahd. werdan bliven verwendet wird. also: es, blijft — prät. was, bleef ghegheven.
δ)
im laufe des ahd. beginnt allmählich werden immer entschiedener für das präs. bevorzugt zu werden, während ih bim mehr im sinne des prät. verstanden wird. für dieses stehen also nun genau dieselben formen wie im got. zur verfügung. da inzwischen auch im activ durch einbürgerung der umschreibung drei ausdrucksweisen gewonnen sind, so werden beide gruppen in parallele gesetzt und der sinnesunterschied nach maszgabe der drei lat. zeitformen der vergangenheit geregelt. es ergeben sich daher folgende entsprechungen:
act. pass.
präs. ih lobôn laudo ih wirdo gelobôt laudor
imperf. ih lobôta laudabam ih ward gelobôt laudabar
perf. ih habên gelobôt laudavi ih bin gelobôt laudatus sum
plusqpf. ih habêta gelobôt ih was klobôt laudatus
laudaveram eram.
ε)
dieses schema steht (nach Grimm) schon bei Notker im allgemeinen fest; es ist seitdem im hd. geblieben und hat sich ebenso im nd. und nl. festgesetzt; ganz ähnliche verhältnisse zeigen ferner
das altfries., das ags. und das altn. es kann demnach als die germ. normalform des passivs gelten.
ζ)
eine andre entwicklung hat das engl. genommen. hier hat sich allmählich sein im präs. festgesetzt, während werden überhaupt aus der passivbildung verdrängt ist. die präteritalformen werden dann durch die entsprechenden formen des hilfsverbs ausgedrückt: I am loved — I was loved — I have been loved — I had been loved. hierdurch ist eine genaue analogie zu den roman. sprachen erreicht. — in derselben weise bildet auch die vom italien. umschlossene cimbrische sprachinsel das passiv mit sain(an): (er) ist gabest ganagelt afz kreuce; ist mar gabest get, mi è stato dato. cimbr. wb. 225ᵃ. sonst ist derartiges im deutschen sehr selten, z. b.: (viele) hetten mögen liden, der Zwinglin were verbrend gsin (worden). s. 45 Boos.
η)
einen ähnlichen weg hat das neuisl. eingeschlagen. dieses bildet das präs. und die verschiedenen vergangenheitsformen genau wie das engl. (jeg er elskađur — jeg var elskađur — jeg hef veriđ elskađur — jeg hafđi veriđ elskađur), verwendet aber verđa neben vera im futurum, welches sonst in genauer analogie zum activ vom präsens gebildet bez. durch dieses ersetzt wird: jeg verđ elskađur (so nach Grimm, richtiger nach neuisl. gramm. § 117: jeg mun verđa oder vera elskađur).
θ)
den andern neunord. sprachen ist eigenthümlich die neubildung des medialpassivs auf -s (die im isl. noch entschiedener als reflexivform verwendet wird) und der gebrauch des hilfsverbs bleiben. das schwed. verwendet in präs. und imperf. nur die einfache form (jag älskas- jag älskades), in perf. und plusquampf. in der regel die umschreibung (jag har bez. hade blifvit älskad, selten jag har bez. hade älskats). das dän., das im letzteren falle auch das einfache være gestattet, hat in allen zeiten doppelformen: präs. jeg elskes oder bliver elsket, imperf. jeg elskedes oder blev elsket, perf. jeg er (bleven) elsket, plusquamperf. jeg var (bleven) elsket. (Grimms angaben treffen auf die heutige sprache nicht mehr zu.).
ι)
es verwenden demnach die meisten germ. sprachen zur bildung des passivs sein und werden, dafür im mnl. und dän sein und bleiben; in der art der vertheilung scheiden als besondere gruppen aus das got. (s.γ), das ahd. alts. und mnl. (s.δ), und das neuisl. (s. η). nur ein hilfsverb kennen das engl. (to be, s.ζ) und das schwed. (blifva, s. θ).
c)
im nhd. wird das perf. noch deutlicher gekennzeichnet durch zusatz von worden. es wird demnach jetzt werden durch alle zeitformen abgewandelt, gerade so wie sein im engl. und rom., blive im dän. aber ich bin geliebt und ich bin geliebt worden fallen nicht ganz zusammen, ersteres entspricht nicht überall dem franz. j'ai été aimé, sondern eben so oft einem je suis aimé, und umgekehrt kann dies im deutschen sowol mit ich bin geliebt als mit ich werde geliebt wiedergegeben werden. dies beruht darauf, dasz das part. perf. pass. vielfach den wert eines adjectivs bekommt und dann nur den begriff des verbs als dauernden zustand aussagt, ohne rücksicht auf zeitverhältnisse. es macht in diesem falle keinen unterschied aus, ob die jenen zustand hervorrufende handlung dabei fortdauert (ich bin geliebt, von ich werde geliebt nur modal leise verschieden; gebliebt also gewissermaszen part. präs. pass.), oder in der vergangenheit liegt (ich bin gekränkt, beschimpft, verbrannt), oder überhaupt als solche nicht gedacht wird (ich bin verloren bez. ein verlorner mann, wofür sowol ich werde verloren wie ich bin verloren worden absurd wäre). da hier also eigentlich ein adjectivisches prädicat vorliegt, so wird als copula in allen sprachen der gewöhnliche ausdruck für sein verwendet. es ergeben sich demnach 3 verschiedene ausdrucksweisen mit dem part. pass. (wobei von den secundären präteritalformen, die durch einsetzung von war, wurde für bin, werde gebildet werden, abgesehen wird), 1) ein actuelles präsens (handlung in der gegenwart), 2) ein actuelles präteritum (handlung in der vergangenheit) und 3) ein zeitloser zustandsausdruck (etwa als perfectum präsens zu bezeichnen), die in den hauptvertretern der behandelten sprachtypen folgende gestalt zeigen:
es fallen demnach im lat. und ältern deutsch (den meisten der unter b, ε genannten sprachen) die 2. und 3., im engl. und rom. die 1. und 3. reihe zusammen. das nhd., das alle 3 formen deutlich unterscheidet, erscheint hier als das vollkommenste. — diese form mit worden ist erst zu Luthers zeit in aufnahme gekommen (s. unter werden), und, wol unter nhd. einflusz, auch im holl. durchgesetzt (ik ben bemind geworden), dagegen ist sie nicht ins nd. eingedrungen. ihr entspricht genau die dän. unterscheidung von jeg er bleven elsket und jeg er elsket. beispiele: als der weier zuͦ Stuͦttgarten nach ostren auffgefror, da fand man etlich tod leutt darin von dem armen Kontzen, die haimlich ertrenckt send worden. d. städtechron. 25, 23, 16 (Augsburger quelle von 1514); zum beweisz, dasz die ersten glaubens-regeln in poesie seyn vorgetragen worden. übers. (1704) vorr. a 3ᵃ.
nhd. ich werde ge- ich bin geliebt ich bin geliebt
— worden — liebt;
mhd. ich wirde ge- ich bin (wart) ge- ich bin geminnet
— minnet — minnet;
lat. amor — amatus sum — amatus sum;
franz. je suis aimé — j'ai été aimé — je suis aimé;
engl. I am loved — I have been loved — I am loved;
dän. jeg elskes jeg er bleven
(bliver elsket) — elsket — jeg er elsket.
d)
für die gewöhnliche passivbildung brauchen belege nicht gegeben zu werden; für die dritte der in c behandelten ausdrucksarten nur wenige: eins dings beredt unnd gantz versicheret seyn, persuasum habere. 372ᵃ; sind wir auch versichert (sicher), dasz herr Isaac nichts dagegen sprechen wird? com. prob. 92; der ausdruck männlicher biederkeit und kraft .. war ihm versagt. 1, s. xviii;
so auch:
(so gut wie geschworen, so gewisz, als wenn es beschworen wäre). Lanz. 4048. — viele participien sind ganz zu adjectiven geworden und haben sich in der bedeutung vollständig vom verbum gelöst, wie beliebt, bekannt, besonnen, abgesehen von denen, die überhaupt kein verbum neben sich haben (bewuszt, gehörnt, gestirnt u. ähnl.); sie nehmen das adjectivische negativpräfix un- an: unbekannt, unbewuszt u. s. w. die ältere sprache setzt dieses auch zu wirklichen participien, die ihre verbale kraft und construction beibehalten (doch wol nur in diesem sinne des perf. präs.), z. b.:
in der stat Pistoya sase
ein witfraw, die genennet wase
Francisca.
fab. u. schw. 1, s. 188, 2 neudr.
swaʒ siu gesprach, daʒ was gesworn
belîbens was in ungedâht.
Wigalois 226, 21;
daʒ ich wil wesen unbetrogen
von der werlt unbestetichait.
22, 148.
e)
obwol für das präs. pass. seit Notker im allgemeinen die bildung mit werden feststeht (s. b, ε), so gibt es doch im mhd. und nhd. noch fälle genug, wo auch die fügung mit sein mehr oder weniger deutlich präsentischen sinn hat. in den folgenden beispielen könnte wol sein überall durch werden ersetzt werden, doch sind manche dieser ausdrucksweisen auch in der heutigen umgangssprache ganz gewöhnlich: zuͦ letst war Magnentius in die flucht geschlagen. chron. der Teutschen 42ᵇ; wenn mir eine kanne vors maul kömmt, so musz sie gleich auszgesoffen seyn. comöd. prob. 88; man sagt sonst: das eysen will geschmiedet seyn, wenn es warm ist. 124; Esau. ich soll mir den segen stehlen lassen .. ich soll untertreten seyn. 188; Pomp. ... also mit gunst zu sprechen, frage ich, ob mir vergönnet ist zu reden. Rol. ich frage die herren beysitzer, ist es ihm vergönnet zu reden? (sie schreyen alle miteinander, ja, ja, es ist ihm vergönnt.) 262 f. (so fast immer, obwol es sich doch erst um die ertheilung der erlaubnis handelt); wer uns in der hoffnung so schändlich betriegen will, der soll an seinem orte vielfältig betrogen seyn. 342;
präsentisch sind auch die häufigen redeweisen wie: musz es denn immer gebosselt seyn, wenn wir theil an einer naturerscheinung nehmen sollen? 16, 21.
darumb mustu verstoisszen sin
von den himmeln in disse helle-pin.
Alsfeld. passionssp. 7149;
da wird ihr dann, um ihrer untreu wegen,
das leben seyn genommen
(im orig.: la qual come colpevole, a morire
sarà senz' alcun dubbio condennata).
der getr. schäfer s. 10;
soll ich zum welken
gebrochen seyn?
1, 27;
o sie ist werth zu seyn geliebt!
85;
in allen guten stunden ...
soll dieses lied verbunden
von uns gesungen seyn!
130;
soll spott und hohn getragen seyn,
trag' ich allein den hohn.
204.
f)
ähnlich in den imperativischen und optativischen ausdrücken. ein imperativ des passivs hat streng genommen keinen sinn; er steht aber sehr häufig als andrer ausdruck für eine activische aussage, besonders in feststehenden formeln wie sei gegrüszt,
gelobt u. ähnl. = ich grüsze dich, lobe dich. hier ist überall sein viel beliebter als werden: sey gegrüsset lieber jüden könig. Joh. 19, 3;
auch:
ganz gleichwertig sind wunschformen, wie: gelobet sey, der da kompt in dem namen des herrn. Joh. 12, 13; gott aber sey gedancket, das jr knechte der sünde gewesen seid. Röm. 6, 17; nun sie seyn gebeten und setzen sich. com. pr. 226; die herren seyn gebeten, und spatzieren herein. 228;
so auch: das sei gethan! u. ähnl., das soll gethan werden, das will ich thun, besonders häufig im mhd.:
er sprach: 'herre, des sît gewert'.
Wigal. 220, 24;
Maria mueter, wis gemant
der lieb, di er tzu dier het!
19, 74;
seyt all gegrüst!
2, 2, 39ᵈ;
seit all gegrüsset in gemein.
3, 2, 64ᵈ (so sehr oft);
seid umschlungen millionen!
4, 1;
sey mir gegrüszt mein berg mit dem röthlich stralenden gipfel,
sey mir sonne gegrüszt, die ihn so lieblich bescheint!
11, 83.
drum sei du
hier von meinem spiesz durchbohrt!
1, 378.
er sprach: 'meister, vürdert mich
mit disem werke in diser zît,
des ir von mir getiuwert sît.
Tristan 5984;
gelobet sistu Jhesu Crist!
Alsf. passionssp. 1612;
gott sey gelobt und gebenedeiet,
der uns selber hat gespeiset.
8, 363ᵇ;
wer anders leret, wie Paulus spricht,
vermaledeiet seie!
bergreihen s. 52, 21 neudruck;
dem leckers buben geschworen sey,
der könig soll jhn also straffen, ...
dasz ers sein tag soll nimmer than.
Keller;
870, 27 diesen sey ein hoch gebracht!
1, 136;
nein! bei dieser flamme sey's geschworen.
245.
er sprach: 'frowe, daʒ sî getân!
iwer bete bin ich undertân'.
Wigalois 161, 18.
g)
hieran schlieszt sich die besonders im ältern nhd. verbreitete umschreibung etwas gethan sein lassen für etwas thun: darumb laszt mir dise schöne rabelistische kunist nit mit eim kalb gepflüget sein, sondern leget sie an. podagr. trostb. C 1ᵃ; ich bitte nochmahls um desz väterlichen segens willen, sie lassen mich aus diesem verdacht gesetzet seyn. comöd. prob. 68; ach er lasse mich doch gesegnet seyn. 147 (dafür gleich darauf: ach herr vater er segne mich auch!); ist in dieser that etwas von einer leiblichen schwachheit mit untergelauffen, .. ach so lasz dieses meinem frommen Jacob nicht zur sünde gereichen, sondern lasz .. alles vergessen und vergeben seyn. 154. die letzte wendung (in der form etwas vergeben und vergessen sein lassen) ist auch in der heutigen umgangssprache sehr gewöhnlich, ferner einige, neben denen ein activer ausdruck kaum vorkommt, wie dahingestellt sein lassen: ob das nützlicher und dauerhafter gewesen wäre, lasse ich dahingestellt sein. ged. u. erinn. 1, 41. — ähnlich kann auch ein activer ausdruck mit fremdem subject durch das part. pass. mit sein umschrieben werden, z. b.: weil ich nicht wuszte, ob er in seiner eigenschaft als 'abgeordneter für Wirsitz' mit mir gesehn sein wollte. 38. — nicht hierher gehört dagegen die sehr geläufige redeweise sich etwas angelegen sein lassen, wo vielmehr angelegen sein ein actives perf. präsens darstellt: im jahr 1065 hat Christianus IV. könig zu Dennemarck ihm die grünländische fahrt wieder angelegen sein lassen. pers. reisebeschr. 83ᵇ.
h)
präsentisch sind auch einige verbindungen von sein mit einem part. pass., die an stelle eines reflexiven verbs stehen, wie bemüht sein für sich bemühen: welchergestalt die reimensart auffkommen, seyn viel von den Frantzosen und Welschen zu ergründen bemühet. übers. (1704) vorr. a 4ᵃ; und bezeuget die öfftere erfahrung, wie unruhig der entleibten geister um ihre gräber zu schwärmen, der gottlosen gespenster ihre wohnungen zubeunruhigen, der frommen seelen die betrübten zu trösten mehrmahls bemüht sind. Armin. 1, 169ᵃ. vergl. auch: wenn du auf diesen eingang viel hohes und vornehmes erwartest, so bist du wieder übel betrogen (täuschest du dich sehr). 16, 21. — veraltet ist folgende wendung: die ehrenvesten herren grafen seyn doch besessen (setzen sich, nehmen gefälligst platz). comöd. prob. 327.
i)
das logische subject wird beim passiv gewöhnlich durch von, seltner durch, angefügt: dies buch ist von meinem vater eigenhändig geschrieben; die erforschung des nordpolgebiets ist
in unserer zeit besonders durch (oder von) F. Nansen gefördert u. ähnl.:
dafür kann auch, namentlich in dichterischer rede, der dativ eintreten. doch enthält diese redewendung eine stärkere betonung der activität und deckt sich ganz mit dem activen perf., das die alltagssprache hier anwenden würde. (mir ist etwas gefunden, es ist für mich da, als gefundenes, ich besitze es als solches, = ich habe es gefunden in dem eigentlichen sinne, aber verschieden von es ist von mir gefunden, worin das 'ich habe es nun' nicht zu liegen braucht.) beispiele:
auch diese wendung wird, ebenso wie ich habe, mit verben gebildet, die ein verlieren (also ein nichtmehrhaben) ausdrücken:
besonders beliebt und in uneingeschränkterem gebrauche ist etwas ist mir vergessen: sömlichs guͦtz läbens und freid han ich manchen by den geissen in bergen ghan, die mier vergessen sind. 12 Boos; weil mir der zu Einsidlen eingenommene schröcken allerdings wieder vergessen war. Simpl. 2, 27, 20 Kurz (5, 6);
sogar mundartlich in Ostfriesland: 't iss mi oder ikk hebb't vergäten. 311ᵃ.
durch mich sey dir von nun an nichts verwehrt.
1, 70.
schon ist mir das thal gefunden,
wo wir einst zusammen gehn.
1, 62;
es sey nun wie ihm sey! uns ist die schlacht gewonnen.
41, 288.
liebst du mich noch so hoch und hehr, ...
so ist uns beiden auch nichts mehr
verloren.
1, 217;
verscherzt ist dem menschen des lebens frucht,
solang er die schatten zu haschen sucht.
11, 320.
swie vîl si müeje hânt erliten,
des was in nû vergeʒʒen.
Lanz. 6679;
ich weisz nicht, wo es kommen hin,
auch, was es war, ist mir vergessen.
ged. 174.
k)
häufig sind unpersönliche passivformen, von verben, die den genitiv oder dativ regieren, besonders mhd.:
so auch wendungen wie: aber es ist denn zu lange geharret. 5, 134ᵃ;
besonders gebräuchlich sind einige stehenden redeweisen, wie damit ist mir nicht geholfen, gedient, kaum verschieden von das hilft (nützt) mir nicht: darumb sie täglich weynet und ir leyt klaget, doch wol erkante, mit irem weynen und klagen in nicht geholffen were. decam. 95, 5 Keller (2, 6); da war der nasen schon geholffen. podagr. trostb. B 8ᵇ; dem herren wird mit solchen dienern nicht viel gedienet seyn. comöd. prob. 342. ferner damit ist nichts ausgerichtet u. ähnl.:
veraltet ist es ist usz gericht ('ausgerichtet') bei Keisersberg, in doppeltem sinne, zunächst 'es ist entschieden, sicher': wenn ich mag am todbett elicieren charitatem dei .., so ist es uszgericht, so bin ich behalten postill. 3, 67ᵃ. zweitens es ist usz gericht (= es ist usz) um, ist aus, vorbei mit: wie keme ich ins himmelrych .. es ist usz gericht umb mich .. und ob es sach wer, das du bluͦt weyntest. so erbarmet sich gott nit uber dich, es ist usz umb dich. ebenda.
des lebens was im gar verzigen.
Wigal. 166, 40;
des was man von im verzigen.
reimchron. 7139;
die wanden die ungefuog,
der dem kunic was gedâht.
10608.
nun, gezweifelt ist genug.
1, 114.
mit unser macht ist nichts gethan,
wir sind gar bald verloren.
8, 364ᵇ.
l)
endlich sind einige besonderheiten zu erwähnen, die sich bei der verbindung des part. mit einem adj. ergeben.
α)
in den im mhd. überaus häufigen verbindungen, wie daʒ ist guot gelesen .. ist gar nicht das part. prädicat, sondern das adj., und jenes ist prädicative bestimmung dazu (es ist gut, wenn es gelesen wird). die fügung wäre also eigentlich an 20, h anzuschlieszen gewesen. zahlreiche belege siehe bei gramm. 4, 129. 947, z. b.:
eʒ ist in sêre guot gelesen.
Tristan 172;
daʒ ist iu lîhte geseit.
6055;
Wâlweine wære ouch liep geseit,
war sîn vater wære komen.
Lanz. 3454;
dô wære in allen liep gezalt,
wie eʒ umb sîn sache möhte gestân.
3464;
dat ic bidde in dit beghin
bede den dorpren enten doren,
ofte si comen daer si horen
dese rime ende dese woort
die hem onnutte sijn ghehoort,
dat sise laten onbescaven.
Reinaert 16.
β)
schon mhd. kommt an stelle des adj. das adv. vor, sodasz nun das part. grammatisches prädicat wird, z. b.:
ebenso:
eʒ ist ein schedel baʒ verkorn
dann ob sîn wirt ie mêre.
rabenschlacht 419.
die claghe ware bet verholen.
Reinaert 255.
γ)
im nhd. ist diese construction das gewöhnliche, soweit überhaupt solche ausdrücke gebildet werden. wir sagen: das ist wol gethan, das ist leicht gesagt u. ähnl. dasz in letzterem beispiel leicht als adverb empfunden wird, zeigt das ganz parallele das ist bald gesagt (s. a. a. o.). wollen wir leicht als adj. behaupten, so sagen wir: das ist leicht zu sagen (s. unter 20, h); doch besteht hier die nuance, dasz der ausdruck das ist leicht gesagt immer auf etwas thatsächlich soeben gesagtes hinweist. nur in das ist viel gesagt scheint eine adjectivische fügung erhalten zu sein: und das ist freilich mit wenigem viel gesagt. 16, 21.
δ)
aber beide constructionen geben in vielen fällen die eigentliche meinung nur unvollkommen und schief wieder. es ist weder logisch correct zu sagen: daʒ wære beʒʒer vermiten (das wäre besser, nämlich wenn es vermieden würde; es ist also thatsächlich das schlimmere), noch daʒ wære baʒ vermiten (wäre auf eine bessere weise vermieden). gemeint ist vielmehr: das zu vermeiden wäre gut, oder es wäre gut, wenn des vermieden würde, das part. gehört also zum subj. und wird hauptsächlich seinem verbalinhalte nach empfunden. diese auffassung ist in allen oben genannten fällen möglich (und wol eigentlich bezweckt), sie ist notwendig in stellen wie den folgenden:
daʒ ist alsô guot vermiten.
Iwein 4711;
mîn lîp und unser beider lant
wæren beʒʒer verbrant.
7308;
beʒʒer ist diu reise verborn
denn ob dû lîdest den tôt.
Dietr. 2778.
m)
bei intransitiven (oder neutralen) verben geht die eigentliche bedeutung des part. perf. pass. vollends verloren und kommt nur der absolute verbalbegriff in betracht, so dasz dafür ohne weiteres der inf. eintreten kann: darvon weger geschwigen ist dann geredt. 7 schwerter aa 5ᵈ; besser ist es ehrlich gestorben denn schentlich gelebt; viel besser ist davon geblieben. s. gramm. 4, s. 152 neudr.;
in diesen beispielen ist das particip also subject. es kommt aber in derselben bedeutung (als allgemeiner ausdruck des verbalbegriffs) auch als prädicat vor, vgl.: das was gebetten nach der synnlicheit, wenn die vernunfft begeret des nitt. seelenp. 28ᶜ; aber einen stand draus zu machen, der besser sey, weder der gemein Christen stand, das ist verkeret ding, und Christum verleugnet und verflucht. 5, 131ᵇ. diese stelle ist besonders auffallend wegen des vom part. abhängigen accusativs. diese fügung ist also grundverschieden von der gewöhnlichen passivform (da ist Christus verleugnet). wir setzen jetzt zu gröszerer deutlichkeit für sein gern heiszen (das heiszt gelogen, aufgeschnitten = das heiszt lügen, aufschneiden. gr. 4, 947).
mir ist noch lieber tôt gelegen,
denn ich ze lande kêre
und weder lop, noch êre
gewinnen müge ûf mîner vart.
troj. krieg 8260;
sun, beʒʒer ist gemeʒʒen zwir
denne gar verhouwen âne sin.
Winsbeke 25;
frisch gewagt ist schon gewonnen.
1, 61.
34)
für das part. präs. steht bei sein im 15.—16. jahrh. fast immer der inf., ganz ebenso wie neben werden (in der umschreibung des futurums), und jedenfalls aus dem part. entstanden durch abfall des auslautenden d, t, s. gr. 4, 92. vgl. c und folgende stelle:
doch hat möglicherweise hier etwas anderes hineingespielt.
wie lang wollen unwissen sein,
die solche muͦhe auffladen.
8, 364ᵇ.
a)
es findet sich nämlich im mhd. des 13. jahrh. zuweilen wesen mit einem infinitiv des zweckes, z. b. er was jagen, wobei ein verbum der bewegung zu ergänzen ist ('er war gegangen um zu jagen'), ebenso wie in den fügungen unter 12:
es ist klar, dasz diese ausdrucksweise sich manchmal sehr nahe mit jener participialconstruction berührt, und sie mag mit dazu beigetragen haben, den inf. an stelle des part. einzubürgern.
der gebôt zwein vischæren
daʒ si benamen wæren
vor tage vischen ûf den sê.
Gregor. 947 Paul;
er was schowen die ritterschaft.
Lanz. 3014;
dar zuo ist mir unkunt,
wie vil der ritter sî erslagen,
die mit dem künege wâren jagen.
6748;
er ist uns breiden alle lant.
erlösung 1254.
b)
der blosze inf. des zweckes kommt nhd. nicht mehr vor, wol aber manchmal der inf. mit zu: vor kurzer zeit noch wäre ein mägdlein aus ihrem dorf nebst etlichen geisen an den ort zu weiden gewesen. sagen nr. 160;
so auch: was bleibst du nit ligen? bisz zuͦ rhuͦen und lege dich. rollwagenb. 103, 4 Kurz. wie leicht diese construction mit der im folgenden behandelten vermischt werden kann, lehrt folgende stelle: umb solichs so sind uns die Tütschherren alle jar uff st. Kathrinen tag haben ain vigili .. zum ersten seyn wir gan mit den parfussen umb ir kirchen in der procesz darnach ist man sy belaiten und mit jnen zu gan uff den kirchoff zu unnser lieber frowen. wyter syen wir widerumb zegan zu dem tütschen husz. artikelb. der marner in Ulm aus dem 15. jahrh. bei 490.
als er wieder zu fischen war,
da liesz ich einen schatz ihn finden.
Macbeth 1, 4.
c)
die gewöhnliche bedeutung von sein mit dem inf. ist, ganz ebenso wie beim part., die einer dauernden handlung. der älteste beleg dafür würde sein:
doch sind die belege vor 1400 nicht gerade zahlreich, siehe unten und mhd. wb. 1, 128ᵃ. sie findet sich auch mnd. seit etwa 1300: varende have, dhar se beyde geldes van wachtene syn. Bremer stat. (1303) 96; Salomon was herschen (erat regnans). 1. buch d. kön. 4, 1; als nu de greve na dem holde des dages was reysen. Münst. chron. 1, 156, s. 5, 696ᵃ. die erste stelle zeigt noch deutlich die lautliche entstehung aus dem part. zahlreiche belege für das nhd. bei gramm. 3, § 8. s. auch Germ. 5, 365 f.
nu is her dâr in Galîciâ bistên.
Annolied 86.
d)
beispiele: der wolt er also warten sein. d. städtechron. 2, 381, 3; nun was der jung konig ie warten des reichs nach abgang des alten. 3, 84, 1; wann wo wir stritten wider göttlichen willen oder wider seine gebot etwas gepieten werent. 138, 28; der perg ist zaigen die niederlegung der Römischen mit der legion Martia verdorben ist. 4, 285, 24; als got dem almechtigen gefallen waz. decam. 94, 24 Keller (2, 6); darumb er von genczem herczen begeren was, des sich im der alte herre zethon erpoten het. 99, 38; sölches ich stäcz in meinem herczen begern gewesen pin. 100, 16; wer vil ist leszen der würdt dester gelerter. pred. 77ᵇ; dieweil jnen (denen vom adel) doch solch gerichtbesitzung an jrer achtbarkeyt oder standt gantz keyn nachteyl geberen soll noch kan, sonder mer zuͦ fürderung der gerechtigkeyt, straff der boszhafften, und den selben vom adel und ämpter zuͦ ehren reychen und dienen ist. Carolina art. 1; alszdann zuͦ diser groszen sachen, welche des menschen ehr, leib, leben und guͦt belangen sein, dapffer und wol bedachter fleisz, gehorig. ebenda; und da was er (Paulus) drey tag nichts sehen, auch nit essen noch trincken. darnach geteüfft ward er wider essen. weltb. 169ᵃ; und ist diser berg (Tabor) vier meil lang sich strecken gegem galileischen mör, aber sich enden nit ferr von der statt, da der Jordan ausz dem galileischen möhr springt. 170ᵃ;
do man die messe was gelosen,
ich chom und rief 'nu schuͦht iur hosen!'
hist. volksl. nr. 4, 69 (vom jahre 1298);
das machten die edlen kurfürsten,
die alle zit nach ere ist dürsten.
40, 818 (1397—1400);
die sint got für uns bitten.
1390;
ab sie diner bedorfenn sin.
96, 158 (vom j. 1452);
edlir herr, seit uns begnaden.
107, 31;
durch waszer warent si swimmen.
136, 4;
weiter nach etlichen zimlichen zeiten
was könig Maximilian gen München reiten.
163, 102 (ferner 478. 775. 1013);
sie achtet nit zu keiner frist,
wie hart es in an komen ist.
Reuausz 76 ( arch. s. 19);
guot edelsanc ist ie und immer gote wol gevallen.
Kolm. 76, 34;
des sint mir in allen krefften beben,
dich sehen unsern schepper in solchen noden.
Alsfeld. passionssp. 6344;
hilff den armen selen usz der pin,
die in der helle warten sin!
7040;
wer kind tragen sich thut flyssen,
dem sind sie bald in die schosz schyssen.
de fide meretric. bei d. d. univ. 76, 4;
wie Salomon sagen ist,
als man in proverbijs lyszt.
volksl. s. 277 (vom jahre 1523);
weiszheit weit fuͦr stercke godt,
so mit unsz schirmen ist (streitet) der dodt.
schimpf 80 Österley;
so du aber das nicht bist thuͦn,
so mustu zorn, spott, schaden han.
sprichw. 673;
und was er darauff guͦttes asz,
jm gantz und gar nit schmecken was.
Cic. 112ᵇ;
Lucretie truͦg neid und hasz,
umb lob das man jr geben was.
113ᶜ;
das noch bisz heuͤt zuͦ diser frist,
kein kuͤng zuͦ Rom regirn ist.
113ᵈ;
wer lust hat zu leben hie und dort,
auch gutte tag ist begeren.
Hoffmann;
16 sein warheyt, so die glaubet würdt,
ist als ein schildt bewaren dich,
ausz aller nott sie bald dich fürt,
des bistu erfahren zeytlich.
nechtliche forcht und teufflisch list,
die du tag und nacht fühlen bist, ...
macht sie verschwinden als den windt.
26 (s. ferner s. 17. 22. 54. 81. 90);
jr wist das ich euch bin lieb habn.
tragedi von Ileli (1548) C 6;
nun wo welt jr mich füren hin?
geht fort, euch ich nachvolgen bin.
3, 1, 242ᵇ;
drum ich keins trosts mer warten bin.
irr reit. bilger 6ᵃ;
kundschafft mit dir ich begeren bin.
Ambras. liederb. 17, 1;
(die welt) mit leib und seel musz leyden sein
on unterlasz die ewig pein,
unnd mag doch nicht verbrennen.
geistl. lieder (1598) 179.
e)
über das 16. jahrh. hinaus läszt sich diese construction nicht verfolgen, während die mit dem part. noch im 17. jahrh. bezeugt ist, s. 31, c. — nur in nd. mundarten hat sie sich bis heute gehalten: ikk will di 't schwären wäsen. 240ᵇ; wo kannst du mi 't woll tomoden wäsen. 321ᵇ (anmoden wäsen 5ᵇ); ikk wer (mi) 't nich verwachten. 316ᵇ. anderwärts aber begegnet auch der inf. mit to (vgl. b), so: wi sind us te verwachten; ik was mi dat nitt te verwachten. 237ᵃ; dërenthalben sî de minsche nich tauplatzern. 192ᵃ (?). und zuweilen noch seltsamere fügungen, so mit dem part. perf.: dat was he sik nitt vermott. a. a. o. (vgl. 32, o), oder mit unabhängigem satz: er vâr was un hoggte holt, ihr vater war beim holzhauen, s. ebenda.
35)
hier mögen die fügungen von sein mit dem inf. mit zu sich anreihen, obwol sie kaum noch zur umschreibenden conjugation gerechnet werden können. abgesehen ist dabei von den fällen, die schon unter 34, b. e behandelt sind.
a)
der inf. mit zu vertritt im deutschen das lat. part. fut. pass. (das sogen. participium necessitatis): er ist zu loben, er musz gelobt werden, laudandus est. in dieser ausdrucksweise hat der inf. passiven sinn, 'er ist da zum gelobtwerden', vgl. gramm. 4, 60 f. (vgl. auch s. 66. 107. 113). doch würde man wol mehr dem geiste der deutschen sprache gemäsz ihn als einen inf. mit unbestimmtem subject bezeichnen, also 'er ist da zum loben, d. h. damit man (ihn) lobe'. dies tritt deutlicher zutage, wenn das subject dabei ausgedrückt wird, was, genau wie im lat., durch den dativ geschieht, vgl.:
('zum ansehen für die fremden, d. h. damit die sie ansähen'). Nib. 382, 2 f. doch ist zu bemerken, dasz das einfache mir ist etwas zu thun im deutschen nicht geläufig ist, und, wo es vorkommt, vielleicht auf lat. einflusse beruht; wir bevorzugen dafür: ich habe etwas zu thun.
sin solden dâ niht stân
den fremden an ze sehenne
b)
die besprochene fügung ist im got. noch nicht nachzuweisen; dagegen im hd. seit der ältesten zeit ganz gewöhnlich. beispiele für das ahd. giebt gr. 4, 60 f. 107; für das nhd. gr. 3, s. 25 f. der inf. erscheint, wie überall nach ze, im ahd. und mhd. in der flectierten form (ze sezzenne), im spätern mhd.
infolge der vermischung mit dem part. häufig mit dem ausgang -ende, welche form nhd. in der attributiven verwendung durchgedrungen ist, sonst nhd. mit dem gewöhnlichen ausgang -en (zu setzen).
c)
die fügung kommt natürlich zunächst von transitiven verben vor. beispiele: einem zeverweysen seyn, einem schmächlich und lasterlich anston, crimini esse alicui. 372ᵃ; mannes sun ist zi sellenne in hant manno (filius hominis tradendus est in manus hominum). Tat. 93, 1; pe diu ist nû zesagenne (nunc reor demonstrandum), uuâr diu folleglîcha sâlda gestatôt habe. 1, 179, 28 Piper (Boeth. 3, 72);
so der mensch in willen ist guts zuͦ tuͦn, wie wol er das nit volfürn mag, dannoch hat er verdienen und ist zuͦ lobnn. spiegel der sitten 3ᵇ; ob eim manne sey zu nemen ein elichs weib oder nit. titel eines werkes von dems. (Nürnberg 1472), s. 1ᵇ; daselbs mit und andern anzeschlachen und fürzenemmen, wie die entschüttung des landes, und rettung unser aller glimpfes und ehren zu tunde sye. burg. kr. 130; unter anderem gab es da obschwebende seerechtliche interessen, wegen welcher mit den brasilianischen diplomaten rücksprache zu nehmen war. 7, 111. mit negation (ist nicht zu thun, darf nicht gethan werden): darumb es ist nit zewenen. 4. bibelübers. 3 kön. 8, 27 bei gramm. 3, s. 25; das ist aber nitt also zuͦverston, das er darumb, in der synnlicheytt, nyemer trurig werd, das mag nit gesein. seelenp. 17ᵈ; so beduncket mich solchs auch inn gegenwärtigem unserm vorhaben voll von nötten, bequem, und in keinen weg zu unterlassen sein. podagr. trostb. C 1ᵇ; wenn eine frau bey guter zeit grosz-mutter heissen kan, so ist die herrlichkeit auch nicht zu verachten. comöd. prob. 227; es ist nicht daran zu gedencken. 225;
daʒ si ze erbarmenne was.
Erec 5867;
wo jungfraun sind, ist nichts
zu fürchten.
1, 259.
d)
doch wird die form auch, ebenso wie im lat., und wie das passiv überhaupt, von intransitiven verben gebildet (unpersönlich): ihm ist nicht zu trauen; jetzt ist zu fliehen oder zu sterben u. ähnl., so mit dativ des subjects (vgl. a am ende): damit sie der sach eins möchten werden, ob jnen in das thurnier zuͦ reiten wer oder nit. Bocc. 91. — nicht gut und nur im 15.—16. jahrh. üblich ist dagegen diese ausdrucksweise bei reflexiven verben: nun ist nüt dann sich redlich zehalten. Haimonskinder 49, 36 Bachmann; auch ist sich dis an jnen zu verwundern. das jr so viel in einem gehöffte beisamen, sich so friedlich können verhalten. preusz. landt. 161.
e)
der inf. mit zu bezeichnet indessen nicht nur die notwendigkeit (mit 'musz' oder 'soll' zu umschreiben), sondern ebenso oft die möglichkeit ('dies kann gethan werden'), wozu der übergang in vielen fällen sehr leicht ist. diese bedeutung begegnet vereinzelt schon im mhd.:
indessen ist sie doch erst im nhd. recht in aufnahme gekommen: invenire est, hoc est licet, es ist zu sehen, man kan finden. fons lat. 649ᵃ; wie darvon woll zuͦ schriben weri. s. 45 Boos; meinst, weri er zuͦ bereden, das er zuͦ uns kemmi? 80; ich weisz nicht, ob mir wird zu helffen seyn. comöd. prob. 283;
so besonders häufig mit negationen: zu dem, dazs es mit mir nicht will zu thun seyn, solch jamer täglich mit den zinsen einzumahnen, zu haben. briefe 2, 582; weil sie aber ganz unvermögend gewesen, ist mit ihnen auch nicht zu schlieszen gewest, sondern ohne frucht vergangen. 3, 125; ob sie schon etlicher nordländischen inseln .. gedacht, ist doch nichts gewisses und sonderliches daraus zu vernehmen. pers. reisebeschr. 82ᵇ; ja wir haben einen schlechten garten drauszen. es ist nicht viel davon zu gedenken. comöd. prob. 242; aber wo mögen unsere frau schwieger mütter stecken, dasz sie nicht an zu treffen seyn? 307; wenigstens vermischt sich politiker und poet bei
ihm (Aristophanes) so sehr, dasz sein poetischer glaube wohl nicht vom politischen zu sondern ist. 1, s. xii; sie suchten den könig auf, der momentan nicht zu finden war, weil er aus natürlichen gründen sich zurückgezogen hatte. ged. u. erinner. 1, 30;
mundartlich (nd.) dat is nig ênen to verklôren. nd. korrespondenzbl. 16, 36, vgl. 21.
dâ frumte manegen tôten des küenen Hagnen hant,
des vil ze sagene wære her in Burgonden lant.
Nibel. 233, 4,
hiervon musz ein begin und wurtzel sein zu finden.
4, 340;
Tertullian berufft sich selbst auff Paulus hand
die da noch war zu sehn.
341;
was wäre zu thun in der herbstlichen nacht?
1, 195;
(er) lobte, was zu loben war.
202;
ja, was ist zu machen?
1, 266.
doch kompt nit mehr mit solchen mern!
dann sie seind uns zu leiden nit.
Keller;
1005, 35 doch wünschet mund und hertz, dasz nichtes sey zunennen,
dasz sie und euch hinfort keinmal mehr möge trennen.
ged. 55;
ich liebe mir den müllerknecht;
an dem ist nichts zu verderben.
1, 206;
niemals ist genug zu loben
ihre schönheit.
1, 27.
f)
für sein wird manchmal stehn als hilfsverb verwendet, vgl. das., so z. b.: doch wem zu rathen steht, dem steht auch zu helffen. comöd. prob. 300.
g)
über die fügungen mit einem adj. vgl. 20, h. 29, c. — es ist mir um etwas zu thun, s. 8, b.
36)
zum zweck leichterer übersicht seien hier noch einmal die wortclassen zusammengestellt, die sich mit sein verbinden. als subject kommen vor:
a)
substantiva. so im weitesten umfange, s. 3. 6, a—g. 7 u. s. w. das subj. steht im nom., in gewissen fällen jedoch auch
α)
im gen., s. 21, c. d. 3, b. 4, c, vgl. auch 3, a. 9, d zu ende. seinem werte nach ist dieser genitiv immer ein partitiver. die fälle lassen sich auf zwei typen zurückführen. entweder tritt er in abhängigkeit zu einem zahlbegriffe, der, obwol dem sinne nach prädicat, nun grammatisch als subject erscheint; so 21, c. d. 3, a. b. dieser zahlbegriff kann zuweilen unausgedrückt bleiben, wie in der Opitz-stelle unter 3, b. oder aber, es steht eine negation dabei, so 4, c. hier ist zu bemerken, dasz die ältern dialekte bei sein als vollverb überhaupt in den negativen sätzen das subj. in den gen. treten lassen: ni was im barne. Luc. 1, 7; ni was im rumis in stada þamma. 2, 7, s. gramm. 4, 961 f. (zu 652. 703), — eine fügung, die wol schon idg. bestand und z. b. in den slav. sprachen sich bis heute erhalten hat. ebenso mhd. des enmac (niht) gesîn. s. mhd. gr. § 257. auch bleibt sie nicht auf das selbständige sein eingeschränkt, z. b.:
wenn man hier den gen. von niht abhängig machen könnte, so trifft auch das nicht überall zu. der gen. findet sich als subj. sogar, wo gar keine verbale negation steht, sondern eine zusammensetzung mit un-:
ein partitiv-verhältnis nach art von 16, a liegt wol in folgender stelle vor: desz gröszten leidens ist disz. wendunm. 1, 394 Österley.
dis spils enwere allet neit gedreven,
weren si eindreichtich geweist unde bleven.
boich v. Colne 1373.
jâ, des ist unlougen.
Wigalois 219, 25.
β)
im acc. ganz vereinzelt, wol nur als sprachfehler oder druckfehler zu beurtheilen:
witzig scherzen, reitzend lachen
und manch angenehmen tand
kann die schönen siegreich machen.
s. 414, 117 Sauer.
γ)
dasz in gewissen wendungen der dat. oder ein präpositionaler ausdruck einem subjects-nom. gleichwertig sein kann, ist 23 ausgeführt.
b)
pronomina, ebenfalls ohne einschränkung, s. besonders 26, d. 28, a. b. 30, d. namentlich steht es unendlich oft wirklich oder scheinbar als subj., s. 28, c—g.
c)
auch adjective, adverbien und andre wortclassen können als subject stehen, zunächst im falle der substantivierung: dort ist ein ewiges einerlei, das morgen ist wie das heute u. a. ferner bei begriffsbestimmungen und ähnlichen aussagen: weisz ist die farbe des schnees; grün ist für das auge die angenehmste farbe; nah und fern sind relative begriffe. so auch sprichwörtlich:
ferner in fällen, wo man sich das wort in anführungszeichen denken könnte: 'gut' wäre hier zu viel gesagt, es ist nur mittelmäszig (s. 30, g). — endlich wird im mhd. das adv. lîhte nicht selten wie die allgemeinen zahl- und maszbegriffe construiert:
(vgl. die anm. von Lachmann und sowie mhd. wb. 1, 129ᵃ).
und morgen is ok en dag.
ged. 60.
jâ ist des harte lîhte, dar umbe zürnent diu wîp.
Nibel. 809, 4;
swâ nüʒʒe schelnt diu kindelîn,
dâ mac des lônes lîhte sîn.
127, 3
d)
der inf. (ohne und mit zu) als subj. s. 29, b—d. — vereinzelt dafür das part. perf., s. 33, m.
e)
endlich kann ein ganzer satz als subject stehen, und zwar entweder ein relativsatz, s. 30, a. b, oder ein inhaltssatz, s. 30, e—g.
37)
die verschiedenen arten der prädicate sind schon aus der haupteintheilung erkennbar. es kommen vor:
a)
substantiva, s. besonders 15—18. sie stehen gewöhnlich im nominativ, aber auch
α)
im acc. (mundartlich); s. 16, g. β) sehr gewöhnlich im gen., und zwar im gen. partitivus, s. 16, a—f; im gen. qualitatis, s. 19; im gen. possessivus, s. 14. γ) im dat., s. 13. 19, o.
b)
adjectiva, s. 20. c) zahlwörter, s. 21. d) pronomina, s. 26. e) adverbien, s. 22—24. f) mit präpositionen gebildete ausdrücke, s. 25 und die verweise daselbst. g) participien, s. 31—33. h) der inf. ohne zu, s. 29, a. 34, a. c—e. — inf. mit zu, s. 34, b. 35. i) ein satz, s. 30, b.
38)
anhangsweise sei hier einiges über syntaktische verhältnisse zusammengestellt.
a)
rection. α) sein ist ein intransitives verb und als solches unfähig ein object zu regieren. doch giebt es fälle, wo es einen acc. bei sich hat, s. 6, g. 8, c. d. e, vgl. auch 12, b. 20, g, γ. über 19, g (h) s. 37, a, α.
β)
häufiger ist natürlich sein mit dativ. dieser steht entweder in fester verknüpfung (als 'indirectes object'), so 5, h. 6, e. f. 8, a. b. 9, f. 13. 18, e. f. 20, g, β. n. 22, k. l. m, ε. θ. oder er tritt in loserer fügung ('dativus ethicus' u. ähnl.) hinzu, s. z. b. 20, g, β. hierher gehört auch das reflexive sich, das in der übergangszeit vom mhd. zum nhd. so häufig zum prädicat tritt, ohne jeden wert für den sinn, z. b.:
s. gramm. 4, 36 f. 943. doch ist diese besonderheit ebenso wie die folgenden nicht auf sein beschränkt; ihre behandlung gehört daher der syntax an.
der eine was sich her Vâsolt ...
der ander was her Ecke.
Eckenliet 2, 4.
b)
concordanz.
α)
person. hier tritt eine abweichung ein, wenn das (logische) präd. ein persönliches fürwort ist, dadurch, dasz das verb sich dann in der person nach diesem und nicht nach dem (logischen) subject richtet, s. 28, d. 30, a. — für relativsätze gilt im deutschen die regel, dasz das verb, auch wenn der satz zu einem pronomen der 1. oder 2. person gehört, in die 3. person tritt, auszer wenn das pronomen im relativsatz wiederholt wird: du, der mein freund ist, oder: du, der du mein freund bist. selten und schlecht sind ausnahmefälle, die zum lat., roman., engl. u. s. w. sprachgebrauche stimmen, z. b.:
wenn das subject verschiedene personen enthält, so sollten die 1. und 2. in der 1. plur., die 1. oder 2. und die 3. in der 3. plur. zusammengefaszt werden; die sprache läszt indessen dies verhältnis nicht erkennen, da die 1. und 3. plur. überall zusammengefallen sind, vgl.: ob ich oder jr am rechten sind. 8, 32ᵇ unter I, 3, f, ε; Simpl. 2, 199, 30 unter I, 3, h.
dich herr! der grosz durch recht und güte, ...
durch seinen (!) wohlstand gröszer bist.
ged.¹⁰ 206.
β)
auch in der zahlform richtet sich das verb in der regel nach dem subject. doch kennt hier die deutsche sprache mehrfache ausnahmen.
aa)
das verb tritt in den plur., wenn das subj. ein sing., aber das präd. ein plur. ist. diese fügung ist am häufigsten bei pronominalem subject, s. 28 (a, β und folg.), tritt aber auch ein, wenn das subj. ein subst. ist, z. b.:
das ander almosen zwey fündlheuser sein.
spruch von Nürnberg 27, vgl. 1, 122.
bb)
wenn das grammatische subject ein bestimmter oder unbestimmter zahlausdruck ist, so setzt die ältere sprache das verb zumeist in den sing., die heutige stets in den plur., s. 21, c. d. umgekehrt hat die ältere sprache nicht selten das präd. im plural bei einem subj., das die form des sing. hat, aber eine vielheit ausdrückt, z. b.:
er saget im, daʒ dâ wæren
der besten ritter diu kraft.
Lanz. 1266.
cc)
eine jetzt sehr verbreitete, wenn auch nicht gut zu heiszende sprechweise ist es, als höflichkeitsausdruck das präd. in den plur. zu setzen bei singularischem subject, so zunächst in der anrede: sind herr professor schon in München gewesen?, wobei sind sie .. gedacht wird; dann aber, wenn wirklich von jemand gesprochen wird: sind herr professor zu hause? nein, herr professor sind noch verreist. beispiel aus der litteratur: der herr Diethelm sitzt in der herrenstube, der advokat Rothmann
sind auch schon drüben und unterhalten sich mit der Fränz. dorfgesch. 4, 6.
dd)
vereinzelt findet sich in der ältern sprache das voranstehende präd. im sing. bei pluralischem subject: es ist mangerley affen, die der teüfel gern isset. hell. löw. a 6ᵇ.
c)
von besonderheiten des gebrauchs der zeitformen ist zu erwähnen:
α)
dasz das präs., wie überall, häufig futurischen sinn hat, besonders im ältern deutsch, z. b.:
mit besonderem nachdruck in ausdrücken wie:
d. h. es ist so gut als wenn ihr schon tot wäret, so gewisz werdet ihr sterben.
bald ist die schlacht gewonnen.
1, 366.
ir sult iuch wern ode ir sît tôt.
Wigalois 185, 36,
β)
ein emphatischer gebrauch des perf. ist 2, c. d besprochen.
d)
modi.
α)
conj.
aa)
er steht in vielen bereits behandelten fällen, theils zum ausdruck einer hypothetischen annahme, s. besonders 5, c—f, so auch:
theils zum ausdruck eines wunsches oder zugeständnisses, s. 4, d. 13, d.
nacht! und so wär' es denn nacht!
nun überscheinst du des mondes
lieblichen, ladenden glanz.
1, 66.
bb)
der letztern weise steht nahe der conj. in verwünschungen, beteuerungen u. ähnl., wie ich sei des todes, des teufels, wofür jetzt lieber ich will ... sein, s. 14, p. q. so auch in sätzen wie ich sei unehrlich, wenn dies nicht wahr ist, d. h. ich will für unehrlich gelten (s. 18, b), ich gebe zu, dasz ich unehrlich bin, wenn ..: solt einer ridror ausz euch machen, so wolt ich jn, oder ich sey ungerecht, zu eim mönch an mein statt machen. Garg. 251ᵇ; thu ichs, so sei ich ein schelm! 2, nr. 336. hierfür in der neuern sprache immer: ich will unehrlich, ein schelm sein u. a.: denn ich will nicht ehrlich seyn, wenn ich in meinem leben einen so häszlichen wechselbalg gesehen habe. 11, 127 (don Sylvio 1, 2, 4).
cc)
ein ähnlicher conj. findet sich zuweilen in ausdrücken folgender art: schweig mein sohn. was vergangen ist, das sey vergangen (das wollen wir als vergangen und abgethan ansehen, behandeln, 'vergangen sein lassen', vergl. 20, m). comöd. pr. 125.
dd)
nicht selten ist der conj. als bescheidne einkleidung einer aussage: nun das essen wäre fertig und die tuncke darzu. comöd. pr. 143; da wären wir, soweit wären wir glücklich u. a. — ferner: die discretion wäre nicht zu verachten. 190; das wäre nicht übel u. ähnl., wobei man leicht ergänzt: wenn es so wäre.
ee)
der conj. ist üblich in indirecter rede, in indirecten fragesätzen u. s. w. so steht er tautologisch neben dem ind.: der selbe edel meister, der si lêret, was gût oder ungût ist oder sî. theologia s. 112 Pfeiffer³ (cap. 30).
β)
der imperativ steht häufig, wo von einem eigentlichen befehl keine rede sein kann, als umschreibung eines wunsches oder einer aussage, so besonders beim passiv, s. 33, f, aber auch bei andern ausdrücken.
aa)
als wunschform besonders in begrüszungsformeln der ältern sprache, z. b.:
ebenso nd.:
Tnugdale wis hæil.
Tnugd. 46, 31 Hahn;
der iuden chunic, wis hæil.
urstende 106, 17.
deme yd wol gheyt, heft vele vrunt.
to deme sprycktmen: 'wes lange ghesunt!'
Reineke Vos 6572.
bb)
eine aussage liegt besonders der verbindung sei willkommen (= du bist mir willkommen) zu grunde: seyt mir gott willkommen. sprichw. 540;
so auch sei frei, ich gebe dich frei:
vgl. besonders den übergang in die 1. person in folgender stelle: sey frei, Genua, und ich .. dein glücklichster bürger! Fiesko 2, 19.
se sprack to my: Reynke vrunt,
weset wylkomen!
Reineke Vos 5944;
bis willekom du edler gast.
8, 358ᵃ;
seyt gott willkumb, jr erbarn gest.
1, 473ᵇ;
seit mir willkomm inn meinem hausz.
2, 4, 1ᵃ;
bisz mir willkommen itzt, du ende meiner klagen.
625.
willst du viel lieber frey als unsre fürstin seyn?
ja wol! bisz! bisz denn frey!
Cath. von Georg.).
2, 237 (e)
actionsart. sein bezeichnet gewöhnlich einen dauernden zustand oder das resultat einer handlung. in manchen fällen
nimmt indessen sein den sinn eines incohativen verbs an, besonders wo es eine ortsbewegung ausdrückt, s. 12, e—h, vergl. auch 24, c. 25, b. f; ferner in nicht mehr sein für 'sterben' s. 2, d, vgl. noch 4, a. f.
39)
endlich sind verkürzte sätze zu besprechen.
a)
sehr gewöhnlich wird die copula sein selbst ausgelassen; diese ellipse konnte im indogerm. und kann noch jetzt in sehr vielen sprachen immer eintreten; auch die ältern germanischen dialecte kennen zum theil noch weitergehende freiheiten. im nhd. ist sie im allgemeinen auf den fall eingeschränkt, wenn sie am ende des satzes zu stehen hätte (nebensatzstellung). vgl. gramm. 4, 131 f. 4, 448.
α)
am leichtesten werden die präsensformen (ist, sind) ergänzt:
etwas seltner, doch auch ganz gewöhnlich und unbedenklich das prät. (war, waren): weil dann neben so starcken verboth, auch die gefahr zur see so grosz, hat man ferner zu solcher reise schlechten muth gehabt. pers. reisebeschr. 83ᵃ; die noch auff dem schiffe frey, haben sich geschwinde davon zu ihren böthgen gemachet. 85ᵃ;
ebenso auch conjunctivformen: dasz umb selbige zeit Grünland noch nicht bekandt gewesen, viel weniger zum christlichen glauben gebracht worden. reisebeschr. 83ᵃ; man helt dafür, dasz es zweene engel gottes gewesen. ged. 20;
über den imperativ s. unten.
ich staune, wie gewandt der junge ritter.
1, 269.
so musz feindlich den heiden alles werden,
was ihre hoffnung erst und pracht und hülfe.
1, 375;
ein blatt aus sommerlichen tagen,
ich nahm es so im wandern mit,
auf dasz es einst mir möge sagen, ...
wie grün der wald, den ich durchschritt.
ged. 18.
der patriarch
versprach mir eine siedeley auf Thabor,
sobald als eine leer.
Nathan 4, 7).
2, 320 (β)
die auslassung ist am verbreitetsten, wenn das prädicat ein adjectiv ist:
auch in unpersönlicher fügung: davon mir bewuszt. briefe 5, 542.
hier herrschet die vernunft von der natur geleitet,
die, was ihr nöthig, sucht; und mehrers hält für last.
ged.¹⁰ s. 24;
der staatsmann, der an würden grosz,
doch ungleich gröszer an verstande,
sitzt jedem könig in dem schoosz.
3, 105;
wie Boreas, wenn er die schwingen regt,
gepfropftes reis, das stablos, niederschlägt.
(1771) 1, 132;
als er erfuhr, wie viel euch Recha schuldig.
Nathan 1, 6).
2, 224 (γ)
ganz besonders häufig fällt sein als sogenanntes hilfsverb fort; so beim umschriebenen perf. act. (wo dann oft nicht zu entscheiden ist, ob sein oder haben zu ergänzen wäre, vgl. 32, k), s. gramm. 4, 173 f.: dann es ain fürtreffenliche guͦte ee gewesen. Cic. 149ᵃ; er widersetzte sich daher meiner geburt, die nicht eher erfolgen konnte, als bis diese stunde vorübergegangen. 24, 11;
beim passiv, z. b.:
neben dem infinitiv mit zu (s. 35): dahero die verdächtigen nit zu gedulten, auch sollen die nachbarn in der ganzen dorfschaft hinfiro niemanden .. einnehmen. tir. weisth. 1, 81, 3; also dasz gäntzlich zuschliessen, das die medici macht haben u. s. w. podagr. trostb. B 8ᵇ;
was thät der grosze mann, der auch in holtz geschwommen,
mit seinem holtze nicht?
ged. 24;
ach, die seelen der abende,
die uns freunden entflohn, werden oft vor mir stehn.
Halm.
92 es werde, was ob dem saphirenen bogen
im himmel beschlossen, fürst-löblich vollzogen.
ged. 167.
ihr habt mir allerdings etwas vertraut — ...
was mich verwirrt, — worauf ich gleich nicht weisz,
was mir zu thun.
Nathan 3, 9).
2, 295 (δ)
auch bei präpositionalen ausdrücken kann sein als copula wegfallen:
ungewöhnlicher dagegen ist:
wo man gewöhnlich steht ergänzen würde. auch in den unter 23 behandelten fällen ist die auslassung jetzt weniger üblich: dasz jhm also, nempt mir einen jungen knaben. Garg. 144ᵃ; wie dem allen. comöd. pr. 6ᵃ. ganz ungewöhnlich ist sie vollends, wenn sein eine stärkere, selbständigere bedeutung hat (in den fällen 1—14). mit recht beanstandet daher Adelung die wendung das soll dein (sein) bei Gellert.
wir wünschten uns schon glükk,
in dem von's jahres läng' ein so gar schmales stükk
im rest'.
ged. 59;
wie kommt's denn also wohl, du narr,
dasz wir noch immer ganz und gar
so ohne kinder, ohne erben?
1, 190.
dort glimmt im grünen feur das dick-begras'te feld,
das wie in roter gluht.
1, 85,
ε)
bei gewöhnlicher satzstellung ist die auslassung der copula auf die poetische sprache beschränkt: ich seh's, Solina, es ist keiner für dich ... alle männer einem falschen instrument gleich. theater 2, 214;
unter schon verloschnen siegeln
tausend väter hingestreckt,
ach! von neuen frischen hügeln
freund an freunden überdeckt.
3, 73;
fressendes feur seine schmachtenden blicke,
seine küsse zermalmung, gewittersturm
seine umarmung dir!
1, 329;
schnell um ihn her der helden trieb.
346.
ζ)
ferner in lebhafter sprechweise in gewissen, kurzen ausdrücken:
ebenso mhd.:
ferner bei kurzen gegenüberstellungen, wie: ein mann, ein wort; wie der herr, so der knecht, s. a. a. o.; ye grösser narr, ye besser pfarr. ye doller mensch, ye besser glück. sprichw. 1, 12ᵇ; je lieber kind, je schärfer rute u. a. hier kann sein auch als vollverb fortfallen: wo wenig verstand, da grosz glück. a. a. o.; hertz, wo gelt. 18ᵇ.
der handel war gemacht; wer froh, wie ich?
1, 209.
wâ nu der touf?
Wigalois 210, 2.
η)
sehr häufig fällt es ist weg, so dasz der ganze satz nur aus einem wort besteht: genung dasz Esau nicht könig wird. comöd. pr. 174;
besonders in ausrufen, wie: herrlich! gut! wie schön! was für ein unsinn! welch wunderbarer anblick! wunder über wunder! u. a. — selten ist dagegen die auslassung von es ist in andern verbindungen: man siht an farben und fluͦg wol was für ein vogel (besser was es für ein vogel). sprichw. 1, 21ᵃ.
thöricht, auf bess'rung der thoren zu harren!
1, 143.
θ)
auch ich bin fällt zuweilen in der höflichen umgangssprache aus:
ungewöhnlich ist dagegen die auslassung von bist du:
sehr erfreut,
den braven jungen mann zu sehn!
Nathan 4, 2).
2, 299 (seyd ihr es, ritter? wo gewesen, dasz
ihr bey dem sultan euch nicht treffen lassen?
336 (5, 5).
ι)
der imperativ kann fortbleiben in zurufen wie: still! ruhig da! nur mutig, unbesorgt, ohne furcht! u. ähnl.:
wer furchtsam, leb in noth; nur mutig, zuck ein schwerdt.
1, 64.
κ)
stärkere verkürzung tritt in gewissen satzformen ein, so mhd. in sätzen mit wan:
nhd. zum beispiel in redeweisen wie: so ein mann in der freundschaft, und sie ist glücklich. dorfgesch. 4, 4; noch ein sprung, und ich bin gerettet. das nähere hat die syntax zu behandeln.
wan des kraft, sô diuhte mich
im wære dâ misselungen.
Wigalois 18, 38;
niwan durch den selben degen
ir wæret benamen dâ tôt gelegen.
146, 18.
b)
besondere berücksichtigung erheischt der infinitiv. dieser kann in den ältern dialecten in weitem umfange fortbleiben, s. gramm. 4, 132—4. 947 f. im nhd. findet sie sich nur noch nach lassen, doch auch da nur in der ältern zeit, z. b.: ich wil euch nicht waisen lassen. Joh. 14, 18, oder etwa mundartlich, so schweizerisch in der verbindung: sie liessen die weiber nicht meister. Lienh. u. Gertr. 2, 131; wenn ich euch und eure dikken frauen über sie meister gelassen hätte. 203. die gewöhnliche redeweise von heute kennt alle solchen fügungen nicht mehr; in ausdrücken wie: lasz mich in ruhe! wird kaum der mangel eines infinitivs empfunden.
c)
umgekehrt setzt die ältere sprache (15.—17. jahrh.) häufig den inf. in fällen, wo die heutige ihn vermeidet und sich mit einem nominalen prädicatsausdruck begnügt. es entstehen so nominative oder accusative cum infinitivo, die sicher nicht ohne einflusz der lat. syntax gebildet sind. über die ältern dialecte, wo derartige constructionen ebenfalls verbreitet sind, sieh gramm. 4, 114—121. hier werden nur die im nhd. belegten fälle berücksichtigt. es ist zu unterscheiden
α)
nom. cum inf., besonders bei dünken: dann ich dünckte mich damals keine saue syn. Simpl. 2, 28, 19 (5, 6);
weitere belege s. bei gr. 3, s. 16. bei dünken würde man jetzt sein einfach auslassen. in andern fällen dagegen ist auch jetzt der inf. notwendig, wie er meint seiner sache sicher zu sein; hier weicht die ältere sprache nur darin ab, dasz sie zuweilen den bloszen inf. ohne zu hat, während dieses jetzt obligatorisch ist.
ob es uns gleich dünckt bitter sein.
2, 1, 73ᵈ;
und was jr jedem fellet ein,
das düncket jn das beste sein.
2, 5ᵇ.
β)
acc. c. inf. ohne zu: so hat er sie nie gesegnet, wan er uber felt gieng, noch sie in heissen wilkumen sein, wan er wider kam. schimpf u. ernst 95 Österley. so könnte man zur not noch sagen, obwol das blosze willkommen heiszen viel gewöhnlicher ist; ganz fremd und undeutsch klingen dagegen die folgenden redeweisen: besunder er schetzet es aller best sein, daz er geheissen wirt. seelenp. 18ᵇ; wie dick ist da überflüssigkeit in denen dingenn, dye wir glauben wore notdurfft sein. 32ᶜ; wa wir mercken, dise arbeit wol angewendet sein. podagr. trostb. C 1ᵇ; mein knän .. schätzte billig seyn, dasz ich meiner adelichen geburt gemäsz auch adelich thun und leben sollte. Simpl. 1, 13, 21 Kurz.
γ)
häufiger, obwol nicht deutscher, ist der inf. mit zu: er hat wollen das menschlich geschlecht ewig zu sein. Albr. v. Eybe bei gr. 3, s. 26; darausz er aber on zweyfenlich vermergkt, vorgenänts boten anzaigen, war zü sein. Cic. 149ᵃ; duͦrch dj genade des allmächtigen, wölchs wolgefallen, er also zuͦ sein, erkännt. 149ᵇ; als achte ichs nicht gar unbequem zu seyn, allhier eine digression ... zu nehmen. reisebeschreib. 82ᵃ; (er) risz die hand des kindes los aus einer andern, die der jäger nicht sah, aber eiskalt zu sein fühlte. sagen nr. 147; wann er leichtlich zu einem eydschwur zubringen ist, und ... einen eydt nichts anders vermeynet zu seyn, als eine handsqvähle, mit welcher man die täglichen laster auftrucknet. 1, 271;
s. ferner 1, 277. 288. 4, 338. weitere belege bei gr. 3, s. 25.
jedennoch ist der grund, auff den mein sagen geht,
also dasz jederman ihn war zu sein versteht.
4, 329;
δ)
sogar, wenn der acc. mit dem subject identisch ist: dz er sich saget gerecht zesin vor got. 4. bibelübersetzung Job 32, 2 bei a. a. o.; weil ich mich einen witwer zusein wuste. Simpl. 2, 27, 16 Kurz (5, 6). — vgl. besonders den wechsel der constructionen in folgender stelle: ein warer demütiger mensch, der schetzet sich niemans gleich sein, er schetzet sich vorab zuͦ keinem der ob jm ist .. und dartzuͦ niemans gleich, der under jm unnd minder ist weder er, sunder er schetzet und gloubt er sey under ieder man. seelenpar. 13ᶜ.
d)
als ellipse kann man es auch ansehen, wenn bei sein ein prädicatsbegriff zu ergänzen ist, durch dessen wegfall sein einen differenzierten, prägnanten sinn bekommt. dahin gehören
α)
zumeist participien, zumal von verben der bewegung, wie gegangen, gekommen, s. 12, a—d. 24. 25 (passim); seltner gelangt, geworden, gewachsen, s. 12, i; ferner gethan, s. 4, d, erwiesen, geboten, s. 13, c, bestimmt (für) s. 25, f, α.
β)
hierher gehören auch fälle, wo sein eine räumliche oder zeitliche distanz angibt. sein für 'entfernt sein', z. b.:
sein für 'verflossen sein', von der zeit (es sind heute drei jahre, dasz ...), s. 6, d.
wær er über tûsent mîle gesîn,
si ensæh doch niht wan sînen schîn.
Lanz. 4925.
γ)
sein für 'alt sein': wie alt ist der junge? er ist gerade drei jahre. mit präpositionen: (vieh) wasz unter ainem jahr ist. steir. teid. 136, 46.
δ)
sein für 'verschieden sein', s. 25, r, β.
ε)
härter sind zwei ellipsen, die nur in beschränktem gebrauche sind, nämlich sein für 'wert sein', s. 8, c, und für 'schuldig sein', s. 8, d.
e)
ganz fällt das prädicat fort in einzelnen festen redensarten, so
α)
in dem ausruf der verwunderung das wäre! (nämlich schön, prächtig, oder auch wunderbar, merkwürdig), s. 4, 452 (12): 'dieses fällt durch die sätze deines nachbars dem Matthäus zur last'. ich. 'das wäre!' du. 'wie albern du dich stellst!' 10, 77; Schnaps. man gibt sich .. alle erdenkliche mühe .. mich für die sache der freiheit und gleichheit
zu gewinnen. Märten. das wäre! Schnaps. man kennt in Paris meinen verstand — Märten. ey! ey! Schnaps. meine geschicklichkeit. Märten. curios! 14, 265 (bürgergen. 6); das wär! 42, 6 (Gottfr. v. Berl. 1).
β)
beim kinderspiel du bist, auch er ist, wer ist, nämlich an der reihe (zu fangen oder zu kriegen), s. z. b. 240. 237ᵇ (du büss!). allgemein verbreitet. — in Luxemburg auch se' mer (fertig)? 414.
γ)
in andern fällen scheint in der verschweigung ein gewisser euphemismus zu liegen, so (nur in familiärer rede): du bist aber! (nämlich sonderbar, ein schöner! oder ähnliches). du bist wohl gar (verrückt)! (nd. du bist wol gar alheil!) u. ähnl.
f)
ähnlich ist es, wenn für das präd. zu gleichem zweck ein ganz allgemeiner ausdruck eintritt, so in der bair. beteuerungsformel: i will éppes (d. h. e ̃ spitzbue, lisger u. ähnl.) sei ̃, wenns nét so is. 2, 202. — vgl. auch die häufige redensart es ist wol so eine sache, d. h. bedenklich, heikel, oder unsicher, zweifelhaft, s. z. b. comöd. pr. 252.
g)
auslassung des subjects ist sehr selten und durchaus auf das pronomen beschränkt. im mhd. ist sie allgemein üblich in gewissen, von der syntax festzusetzenden fällen, s. gr. 4, 207 f. 212—5. besonders beim optativ:
nhd. begegnet nur auslassung des unpersönlichen es einige male bei z. b. 2, 340, s. 22, m, ζ. 2, 306, s. 23, a; ferner:
niht als ich wil, sî swie dû wil.
der welsche gast 11664;
die wîle ich lebe,
sîn vrî vor mir.
Strauch.
XI, 35 alles, was
von dir mir kömmt, — sey was es will — das lag
als wunsch in meiner seele.
2, 308 (Nathan 4, 3).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1899), Bd. X,I (1905), Sp. 228, Z. 59.
sein, n., der substantivierte infinitiv des verbs.
sein, n., der substantivierte infinitiv des verbs.
über die form vgl. dieses I, 3, n.
1)
die bedeutung ist eine ganz allgemeine, vergl.: aber bei gewissen worten, wie da sind recht, freiheit, das gute, das seyn (dieser nichtssagende infinitiv der kopula) u. a. m. wird dem deutschen ganz schwindlich. parerga u. paral. 2, s. 203. — dabei haben sich die beiden infinitive sein und wesen, die im mhd. noch gleichbedeutend gebraucht werden, im nhd. in der regel in der weise geschieden, dasz wesen (s. das.) eine mehr substantielle bedeutung hat und auf das 'wesentliche', das notwendige und bleibende in einem dinge geht, während das sein mehr abstract die thatsache, dasz ein ding ist, oder die art, wie es ist, bezeichnet, vergl. gramm. 3, 537. so werden beide entgegengesetzt: unsere evangelisch - lutherische kirche krankt mehr am äuszern sein, als am innern wesen. 1, 213 Euler; ohne unterscheidung zusammengestellt: unser ganzes wesen und seyn ist ausstellung. 22, 163. eine grosze rolle spielt der unterschied bei den nachkantischen philosophen: das interesse der philosophie ist ..., gott von diesem mit dem wesen identischen seyn, in das vom wesen verschiedene, in das ausdrückliche, wirkliche seyn hinauszuführen ... will man dieses mit dem wesen identische seyn das nothwendige seyn nennen, so ist nichts dagegen einzuwenden. 2, 2, 32, vgl. s. 438. Hegel theilt seine 'objective logik' ein in die lehre vom seyn (werke 3) und die lehre vom wesen (4); die wahrheit des seyns ist das wesen. das seyn ist das unmittelbare ... erst indem das wissen sich aus dem unmittelbaren seyn erinnert, durch diese vermittelung findet es das wesen. — die sprache hat im zeitwort: seyn, das wesen in der vergangenen zeit: gewesen, behalten; denn das wesen ist das vergangene, aber zeitlos vergangene seyn. 4, 1 f.; reines sein: so soll auch reines seyn nichts heiszen, als das seyn überhaupt; seyn, sonst nichts, ohne alle weitere bestimmung und erfüllung. 3, 62.
2)
sein zunächst als ausdruck der bloszen existenz, so mit dem gegensatz nichtsein:
ferner dem aufhören entgegengesetzt: noch war seine krankheit nicht todesgefährlich .. wie ich abends fünf uhr zurückkam, war schon der streit der natur zwischen seyn und aufhören angefangen, und mein armer freund im hinscheiden. briefw. 2, 661 (vgl. unten 4). — etwas, das nicht ist, ins sein rufen:
andre beziehungen: aber bestimmtheit eines reinen thun, als solchen, giebt kein seyn, sondern ein sollen. sittenl.
64; die objective beschaffenheit eines ich ist keinesweges ein seyn oder bestehen; denn dadurch würde es zu seinem entgegengesetzten, dem dinge. sein wesen ist absolute thätigkeit. 131.
seyn oder nichtseyn, das ist hier die frage.
Shakesp. Hamlet 2, 3.
du rufest meine träume bald ins sein.
Koch (d. Raphaels letztes gebet).
2, 15 3)
sein wird dem schein entgegengesetzt, vgl. sein, verb II, 18, a: (klosterbrüder) sind (jetzt) dem teüfel kein schleck, sunder teglich brot, in unreformierten klöstren, und auch in reformierten imm schein, aber nitt imm sein. hellisch löw a 5ᵃ;
sprichwörtlich: sein ist über schein. sprichw. 9471. — ferner dem sagen: dann wie das ja und nein, also ist auch das sagen und seyn unterschieden. Simpl. 1, 30 Keller. (dem traum, s. unter 2.) daher das wahre sein (hier vom künftigen leben):
Duplus ist ein spiegelmann; was man siht, das hat kein seyn,
siht zwar wie ein biedermann, gibet aber so nur schein.
2, 196, 2;
grüszt mir die undinen,
und bittet sie um ihrer fluthen schein.
durch weiberkünste, schwer zu kennen,
verstehen sie vom seyn den schein zu trennen,
und jeder schwört das sey das seyn.
41, 281.
da fing der fromme greis, mit mehr gerührtem ton
als sonst, zu reden an von diesem erdenleben
als einem traum, und vom hinüberschweben
ins wahre seyn.
Oberon 9, 29).
23, 141 (4)
sein besonders in bezug auf lebende wesen (vgl. sein, verb., II, 2, d), dann häufig in die bedeutung 'leben' übergehend, so mhd.: ist mîn leben gotes wesen, sô muoʒ daʒ gotes sîn mîn sîn unde gotes istikeit mîn istikeit. 204, 20 f.;
nhd.:
wir wêren alle tôt geslagen ...
wêr der lantgrâve nicht gewesen,
vor uns alle er sich bôt
durch unser wesen (damit wir am leben blieben) in den tôt.
Ludwigs kreuzfahrt 3672.
du mein künftiges seyn, wie jauchz' ich dir entgegen?
1, 150.
5)
dabei geht sein gewöhnlich auf die art, wie einer ist, auf seine lebens- und handlungsweise: es ist denn doch ein ander seyn (in Italien). 27, 157; ja, er faszte selbst den verwegnen gedanken, den erforschen zu wollen, dessen seyn uns so unbegreiflich, und dessen wirken uns so klar ist. 3, 6;
mein schrey-pult war das knie. solch arm seyn ist bey mir.
113;
o dichter schweig: zum lob der kleinen myriaden,
die sich in diesen meeren baden,
und deren sein noch keines aug durchdrang,
ist todtes nichts dein feurigster gesang.
1, 30;
so zieh'n sie (die kosacken), fremden schalles,
und ihres seins und thuns
ist nichts wie hier, und alles
ganz anders als bei uns.
(1882) 1, 64.
6)
in andern fällen nähert sich sein einer mehr concreten, substantiellen bedeutung (ähnlich wie leben oder wesen):
so auch:
leichtflieszendes leben,
unseres seyns urkraft, sie unauflösbar dem tode,
folgt' ihr aus dem leichname nach.
Mess. 7, 214);
4, 56 ( diese leidenschaft
gedacht' ich zu bekämpfen, stritt und stritt
mit meinem tiefsten seyn, zerstörte frech
mein eignes selbst.
Tasso 5, 4);
9, 237 ( dies blatt soll leben,
wenn meines seins atome längst zerstreut.
⁵ 2, 84;
das holde fieber, das man leben nennt,
es kehrt zurück, der dunkle born des seins
entläszt auf's neu die innern strömungen.
Genoveva 1, 2);
(1891) 1, 88 (dich einzig nur dachten alle gedanken,
du warst mein eigenstes, mein einzig sein.
1, 410.
7)
so auch in einem ganz allgemeinen, umfassenden sinne, ohne dasz ein bestimmtes subject dazu gedacht wird: in deme êwigen unwandelbêren sînde dâ enist niht dan got in gote. 377, 27;
o du erster des seyns! welchen himmlischen weg
hat geführt deinen sohn des todes labyrinth!
Mess. 20);
6, 256 (kein wesen kann zu nichts zerfallen,
das ew'ge regt sich fort in allen,
am seyn erhalte dich beglückt!
das seyn ist ewig, denn gesetze
bewahren die lebend'gen schätze
aus welchen sich das all geschmückt.
22, 261;
mir schien ein schönes, reiches recht
und eine ernste pflicht das leben;
der nerv, der pulsschlag alles seins,
die seele, die die welt bewegte.
ged.⁴ 143.
8)
sehr häufig sind zusammensetzungen mit sein.
a)
so schon mhd.: daʒ hât ein mitesîn und ein îngefloʒʒenheit mit den engeln in engelischer nâtûre. 253, 33;
häufiger sind indessen losere fügungen mit adverbialen bestimmungen, worin die verbale natur des infinitivs deutlicher als jetzt hervortritt:
waʒ frumt di vrouwen mîn
alsô mîn wunderlich hie sîn.
338, 30.
mîn wesen was von dann unlanc.
19, 12;
den dûhte bitter unde sûre
bî sînem wîbe daʒ wesen.
bloch 3.
b)
nhd. ist die zusammensetzungsmöglichkeit bei sein unbeschränkt. so verbindet es sich mit substantiven, gewöhnlich im sinne des subjects, z. b.: wie gern hätte ich mein menschseyn drum gegeben, mit jenem sturmwinde die wolken zu zerreiszen! 16, 152. doch auch in anderm sinne, wie erdensein, sein auf der erde:
häufig und unbeschränkt verwendbar sind die losen verbindungen mit adjectiven u. ähnl., wie: ja das böseseyn kömt an uns bauern nicht. comöd. pr. 120; das gefühl des erhabenen ist ein gemischtes gefühl. es ist eine zusammensetzung von wehseyn, das sich in seinem höchsten grad als ein schauer äuszert, und von frohseyn. 10, 218;
einige, wie bewusztsein, sind einheitlicher und fester verschmolzen.
und müszt' ich drum zurück ins erden-sein.
dram. dicht. 1, 98.
da galt geschwindseyn und entschlossenheit!
14, 406 (Tell 5, 1);
es lieget das todsein
in solcher stuten natur.
Koch (Rol. ein roszkamm).
1, 259 c)
die ältesten, üblichsten und festesten composita sind die mit kurzen adverbien, besonders ortsausdrücken, wie dasein, beisein, hiersein, ferner zugegen-, zusammen-, beisammensein, siehe daselbst: kurz die residentin gewann bei allem, wessen ihn heute das wegsein seiner Beata beraubte. mumien 3, 18;
ferner besonders nichtsein, n., s. Shakespeare unter 2, und theil 7, 727 f. ähnlich:
anderes:
die waren zweiffels frey ausz dieser zwölffen zahl
die mit Marien sohn gegangen überall
als derer beysein er am nechsten ihm erlesen.
4, 343.
kein sohn
des morgennimmerseyns soll diesen mund berühren.
1, 334.
ob in der tiefe der nacht des einsamempfundenen urseyns
dir aus dem dunkel hervor sprühet der funke des lichts.
1, 381.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1899), Bd. X,I (1905), Sp. 334, Z. 32.
sein, m.
sein, m.
falschheit, betrug; nur aus Brun von Schonebeck zu belegen, s. das glossar; z. b.:
wen ich wil al sunder seine
mit uch bliben immir vort.
8544;
dar in sal kunterfeit noch sein
zugemenget sin noch kluter.
12060.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1899), Bd. X,I (1905), Sp. 336, Z. 53.
sein, seiner, m., n., des ungeschlechtigen pronomens dritter person.
sein, seiner, gen. m. n. des ungeschlechtigen pronomens dritter person.
1)
die historisch berechtigte form ist sein, dessen vorstufen got. seina, ahd. mhd. sîn darstellen. sîn begegnet auch in den altndfränk. psalmen und im altnord. das alts. und das ags. mit seiner fortsetzung, dem engl., ebenso das fries. entbehren überhaupt dieser pronominalform. die neunord. sprachen, das schwed. und das dän. haben sie gleich jenen eingebüszt. die fortsetzung des altndfränk., das mndl., bietet die erweiterte form sîns (sijns mndl. gramm. § 215), die sich nndl. als zîns (zijns) erhält. seltener daneben nndl. zîner (zijner). gramm. 1², 782. 4, 331. vielleicht unter einflusz des mndl. und des hd. erscheint auch in der fortsetzung des alts., dem mnd., eine erweiterte form auf s sînes, daneben die im hd. bis heute erhaltene erweiterung sîner. gramm. 4, 330, zusammengezogen sîr:
auch das historisch berechtigte sîn tritt mnd. auf, wol gleichfalls durch einflusz des hd. mnd. gramm. § 76: so mut he sin (der richter des erben) warden mit dem erve. Sachsensp. 1, 1, 28 Homeyer. für das nnd. können sîn, sîner gelten. gramm. des mecklenb. dial. § 242 bezeichnet sîner als äuszerst selten, fast nur nach der präposition wegen, causa im gebrauch, aber auch da durch sîntwegen zurückgedrängt. eine ausgedehntere verwendung nach hd. vorbild ist in gehobener sprache denkbar.
auf hd. sprachgebiet begegnet die erweiterung auf s schon in ahd. zeit: gilîh ist rîhhi himilo treseuue giborganemo in accare, thaʒ thie iʒ findit man gibirgit inti bî gifehen sînes gengit enti furcoufit ellu thiu her habet inti coufit accar then. Tat. 77, 1 (Matth. 13, 44. in der vorlage: pre gaudio illius). mhd. erhält sie sich. mhd. gramm. § 475: 121 Seemüller (diese stelle s. unter 5, a);
häufiger erscheint sie ahd. und mhd. verbunden mit selbes (sieh unter 5, c), und mhd. gramm. § 471 vermutet in dieser verbindung den anlasz zur entwicklung dieser form. selp ist darnach hier als subst. zu fassen und die pronominalform auf s eigentlich der gen. des possessivpronomens. zweifelnd erwähnt diese möglichkeit gramm. 4, 356. 357. denkbar ist auch falsche analogie nach dem possessiv auszerhalb dieser verbindung. nhd. ist die form erloschen. die nebenform sîner, sinre scheint gleichfalls schon im ahd. zu begegnen, mhd. häufiger. mhd. gramm. § 475: in herzin siner, cordis sui. 6, 4 (wegen der syntactischen verbindung zweifelhaft);
sie setzt sich nhd. als seiner fort und ist in gewöhnlicher rede heute sogar üblicher als sein, das mundartlich anscheinend zu sen abgeschwächt wird. Schm.² 2, 287. schweiz. hat sich die vollere form sinere erhalten. ztschr. 4, 14. mhd. gramm. § 471 nimmt für mîner und damit für die entsprechenden bildungen der 2. und 3. pers. sing. gleichfalls beeinflussung durch das possessiv an. möglich ist auch einflusz der entsprechenden genitivformen unser, euer. dafür scheint die folgende stelle zu sprechen, wo eine eigenthümliche pluralische verwendung vorliegt, die ganz der von unser, euer entspricht:
die fügung ist auch heute noch denkbar und nur unter anwendung der gleichen form (vgl. unten 4, f). später erst wird die nebenform sînen üblich, die sich in frühnhd. quellen als seinen, alemann. sinen fortsetzt, heute aber auf mundartlichen gebrauch beschränkt ist, so noch am Monte Rosa sinen. alemann. gramm. § 414: do er (der bischof) von schulden kam, do wart er also geneme unde liep dem lande und der stat, pfaffen und leien, den richen und den armen, daʒ sü sinen keinen wandel gertent. d. städtechron. 8, 93, 6 (Straszburg, Closener); wen ich priester wurde sölte ich sinen (eines freundes) ingedenk sin. 9 Boos; da antwurtend im (dem erzbischof) die cardinæl, ziehe du vorhin, so wollend wir nacher kommen; und spottetend sinen. chron. 1, 76ᵃ; der künig lag zu Hagnow, was gar erschrocken, und hette gern der fürsten und stetten hülff gehept, do woltend si sich sinen nit beladen. 131ᵃ; da lasset das gemeyn gebett für jhn thun, gedenckt seinen uber tisch. Garg. 107 neudr.; welchs als es dem könig angesagt ward, lies er jhn nicht in die statt, sondern hiesz jhn vor der statt auff dem bollwerck seinen warten. 339;
diese erweiterung läszt sich als eine gen.-form schwacher flexion nach analogie von seines auffassen. möglich ist auch einflusz der mhd. verbindung von sînen wegen, wo sînen wol eigentlich dat. plur. des possess. ist. vgl. seinetwegen und zur formellen entwicklung überhaupt du 2 oben theil 2, 1484 und ich III, 1 oben theil 4, 2, 2029.
ik en kôp syr nicht!
Theoph. 468 Hoffmann.
ir deweder sines (reflexiv) vergaʒ.
nach a. a. o. durch den schreiber gesetzt);
2526 (si sprâchen alle so man gicht,
si enwusten sînes nicht.
Fischer.
569 (700) sy was synre vrô.
Karlmeinet 212, 10;
der do trostet alle die,
die siner wollen gern!
Alsf. passionssp. 2081 Grein.
er chan ains nachts gehaissen mer
wenn seiner drei gelaisten.
28, 75.
da trauret manches gecken weib,
hat seinen nit vil genoszen.
volksl.² 390 (nr. 185), 42 (von 1525);
wie wol ich vil gesündet han,
so hat mich doch gott nie verlan
und dänk doch sinen selten.
706 (nr. 347), 10 (druck von 1564).
2)
sein entspricht seiner bildung nach den genitiven der ersten und zweiten pers. sing. und hat wie diese ein im stamme übereinstimmendes, im deutschen in unflectierter form gleichlautendes possessivpronomen zur seite. für sein verhältnis zu diesem gilt daher das unter mein 1, oben theil 6, 1912 angeführte. nach urgerm. gramm. § 183 liegt in got. meina u. s. w. eine (nicht näher bestimmbare) form des possessivpronomens got. meins u. s. w. vor. jedenfalls haben beide pronominalformen die
engste etymologische beziehung und stellen in ihrer bildungsart auf eina eine im grunde einheitliche neubildung zu einer indogermanischen basis dar. Scherer z. gesch. d. d. sprache² 378. diese basis, die auch deutlich in dem zugehörigen, im deutschen eine zeitlang überall durch den dativ des geschlechtigen pronomens vertretenen, heute in reflexivem gebrauch durch den acc. ersetzten dat. got. sis und im acc. sich hervortritt, erscheint auszerhalb des germanischen in den sinnentsprechenden formen ksl. sebě, se̜, lat. sibi, sē, zd. hē, šē, hōi. Feist in Paul und beiträgen 15, 548. sie hat eine vielleicht ältere form mit inlautendem w neben sich, *sewo, *swo, die in ahd. alts. swās, ags. swǽs, eigen, altfries. swēs, verwandt, altnord. sváss, traut, lieb, got. swēs, eigen, altpreusz. swais, lit. gen. sâvo, sein, ksl. svojĭ, altlat. sovos, lat. suus, gr. ἑός, skr. svá-, eigen, erkennbar ist. a. a. o. etym. wb. d. got. spr. 139. vgl. auch Fick etym. wb.⁴ 1, 140. 339. 578.
3)
das ungeschlechtige pronomen der dritten pers. sing. ist eigentlich reflexiv, hat demgemäsz ursprünglich für alle genera und numeri geltung und kann zunächst, wie bis heute die entsprechenden bildungen der ersten und zweiten person, nur auf personen anwendung finden. diese verhältnisse liegen rein im got. und altnord. vor. für den gen. seina führt got. glossar 299ᵃ nur die folgende stelle an, die für die pluralische anwendbarkeit beweisend ist: galeikai sind barnam þaim in garunsai sitandam jah wopjandam seina misso. Luc. 7, 32 (griech. προσφωνοῦσιν ἀλλήλοις. der gebrauch des refl. im got. läszt sich rechtfertigen, wenn man die gesamtheit der rufer als object betrachtet). im deutschen, von dem das ndl. in dieser entwicklung abhängig erscheint, hat der acc. sein altes functionsgebiet bewahrt und dazu die fähigkeit der beziehung auf unpersönliches gewonnen. er hat auch, nachdem der alte dativ durch formen des geschlechtigen pronomens verdrängt war, diese formen seinerseits verdrängt. das functionsgebiet des gen. erscheint schon ahd. auf unpersönlichen und unreflexiven gebrauch ausgedehnt. für das n. ist in beiden beziehungen die unter 1 angeführte stelle Tat. 77, 1 beweisend, für das m. folgende: doh ich mînen uuîngarton bevolehan habe den uuînzurnelon, also du zelist, dîe sîn hûoten. 146, 2. das gilt aber nur für das m. und n. sing., wo in nicht reflexivem gebrauch noch mhd. auch der gen. des geschlechtigen pronom. gilt (und zwar nicht blosz im n., wie gramm. 4, 327 ausgeführt ist, denn es als gen. m. kommt noch bei Hartmann v. Aue vor. vergl. mhd. gr. § 476) und auch demonstratives thes stehen kann, so bei Isidor; für den pl. und den sing. des fem. hat der gen. seine anwendbarkeit selbst in reflexivem gebrauch schon ahd. eingebüszt. er ist hier durch die entsprechenden formen des geschlechtigen pronomens (irâ, iro) verdrängt. vergl.:
durch belege läszt sich das für das ahd. nicht ausreichend erweisen, doch ist es durch den berechtigten schlusz von dem analogen verhältnis beim possessivpronomen schon für diese zeit sicher. mhd. bleiben im allgemeinen die verhältnisse wie im ahd., nur dasz das neutrale sîn in nicht reflexivem gebrauch an ausdehnung gewinnt. das genitivische es und des besteht hier daneben fort. im früheren nhd. ist sein in dieser anwendung gleichfalls noch sehr häufig (belege unten). noch im 17. jh. wird es so gebraucht:
heute ist solche anwendung, soweit sie unpersönliches angeht, durchaus veraltet. unverstandenes neutrales genitivisches es ist erhalten (vgl. oben theil 3, 1126 ff.), im übrigen tritt ersatz durch das aus des entwickelte dessen, desselben, davon, daran u. ä. ein. mundarten kennen ein sen auch als n. in partit. gebrauch, das vielleicht hierher gehört (s. oben 1). in bezug auf personen ist neutrales genitivisches sein dagegen noch so anwendbar. die folgende fügung erscheint z. b. auch heute möglich: ein hungerndes kind stand am wege. niemand erbarmte sich sein, obgleich auch da wol anderes vorgezogen würde. der gen. des m. wird auch in nichtreflexivem gebrauch vorzugsweise auf personen bezogen, aber daneben nicht selten auf unpersönliches, z. b.:
üblicher ist auch hier dessen, desselben. bemerkenswert ist, dasz sich sein in der alten ausdehnung auf fem. und plur. zum theil
mundartlich erhält. Schm.² 2, 290. der nicht reflexive gebrauch überwiegt bei sein in neuerer sprache so stark, dasz es in reflexiver anwendung am liebsten vermieden oder durch selbst verstärkt wird. vergl. unten 5, c und zu der ganzen ausführung gramm. 4, 317 ff.
thie jungoron iro ziloton, in koufe in muas thô holêtun.
2, 14, 11.
ein guter reiner trunk schmekt ja so wohl aus holtz',
und gar aus bloosser hand, als aus dem theuren golde,
desz mancher mehr verthut, als er sein hat zu solde.
92.
schön, wie du, o holdinn, blüht der garten,
den des dichters phantasie dir schafft.
sein als gärtner treu und hold zu warten,
sehnet sich des herzens ganze kraft.
79ᵇ.
4)
sein erscheint vorzugsweise abhängig von verben. selbst wo ein abhängigkeitsverhältnis zu einem nomen besteht, wird dies in der regel durch vorwiegen verbalen sinnes in diesem oder durch eine verbindung desselben mit einem verb ermöglicht. die allgemeine bedeutung von sein läszt sich als partitiv in weitestem sinne bezeichnen; es steht wo es sich um eine antheilnahme handelt. ob es auch je allgemein rein attributiv in unmittelbarer partitiver verbindung mit einem subst. stehen konnte, was heute durchaus unmöglich ist, läszt sich aus den vorliegenden belegen nicht erkennen. es würde sich dabei hauptsächlich um einen freieren gebrauch, beziehung auf unpersönliches handeln, denn ein attributivpartitives verhältnis zu einer person hat selten statt. man konnte und kann noch sagen: du wirst sein ein theil (s. unten 4, c, γ), vielleicht aber war früher auch möglich: du gibest mir ein stücke sîn; ein stücke sîn wart mir gegeben (z. b. des vorhandenen fleisches). das wäre ein fall, wo unmittelbare attributiv partitive abhängigkeit von einem subst. vorläge. in verbindungen wie der vater sein, die brüder sein, wo sein nachgestellt wird und unflectiert bleibt, liegt nach gr. 4, 339. 340 das unflectierte possessivpronomen vor, wofür spricht, dasz ahd. (bis auf besondere fälle) und got. (abgesehen vom acc. sing. neutr.) bei sein wie in der ersten und zweiten person im allgemeinen keine unflectierten formen im obliquen casus voran- oder nachgestellt erscheinen. gr. 4, 470. 474 (in den altndrfrkr. psalmen schon: geuuîit ist namo mancrefti sîn an êuuon, benedictum nomen majestatis ejus in aeternum. 72, 19). nur in der verbindung mit selb, ohd. mhd. sîn selbes, die sich bis in die neueste zeit erhalten hat (s. unten 5, c), got. allerdings unbezeugt ist, wird gramm. 4, 355 sîn auch in fällen gleich den obigen als gen. gefaszt. vergl. dagegen die unter 1 erwähnte andre auffassung Weinholds. zur folgenden zusammenstellung vgl. bezüglich der eintheilung es gen. oben th. 3, 1126 ff. und grundzüge d. d. syntax 2, § 205 ff.
a)
rein verbale verbindungen.
α)
sein als object.
αα)
bei verben, die ein freundliches oder feindliches streben, berühren, theilhaben, beschäftigtsein bezeichnen, so bei ahd. farên: Herodias farêta sîn (Johannes) inti uuolta inan arslahan. Tat. 79, 2; sîn (Christus) fârendo irsluog si (synagoga Judaeorum) sih selbun. ps. 7, 16. bei ahd. kostôn, korôn: inti gieng thô ein fon thên buohhârin, êuuâ lêrâri, costônti sîn (Christus). Tat. 128, 1;
bei ahd. wisôn: in arbêiten uuîsotost du sîn (gott das herz). ps. 16, 3. bei veraltetem beiten, älterem bîten:
79, 2 (d. stelle s. unten bei langen); (einer) schray den metzger an, das er sin baitet und in mit im liesz. facet. (1486) nr. 9 (s. 90 Keller). bei harren: als er ihn (Jacob den Joseph) nimmer unter seinen kindern fand — und vergebens sein harrte. räuber schausp. 2, 2;
bei warten, pflegen: nu wasz ein seer reicher pfaff im dorff, der lag gar hartt an dem podegram und hat zween starcker junger knecht, die seiner warten muͦszten. rollw. 105, 15 Kurz; mich dünkt vater! wir wollen es (das reh) unsrer jüngsten für eigen lassen: aber Melboe, unsre liebvolle, darf sein warten und pflegen und also auch ihre freude mit daran genieszen. 1, 12. 79ᵇ (die stelle s. unter 3);
bei hüten 146, 2 (die stelle sieh unter 3); aber wan er (unser nächster) ein mensch ist, der gevallen mac, so süle
wir sîn hüeten, daʒ wir im keine ursache geben des valles. myst. 1, 339, 27. bei schonen: daʒ wir .. schônen sîn (unsres nächsten) mit worten unde mit werken unde mit gebærden. 1, 339, 34;
bei walten:
bei bekommen: wie möcht wir sein (m.) bechomen. gesta Romanorum 156 Keller. bei genieszen:
neben einem accusativ, bei bitten:
so auch bei unpersönlichen verben wie lüsten, veraltetem langen in ähnlichem sinne: lâ dich sîn (gottes) lusten. unde ube dih sîn lustet. sih selben gibet er dir. ps. 36, 4; so chît der sîn bîtet den sîn langet, der dirigens ist (gottes). 79, 2. ebenso bei reflexiven, veraltetem sich nieten: daʒ ih in (gott) selben sêhe. unde mih sîn niêten muôʒʒe. 26, 4. sich unterwinden:
ther tiufel sîn (Christus) ni korati, furi man er nan ni habêti.
2, 4, 101.
er wolt ze velde rîten
und sîn dâ ûʒe bîten
unz erm sîn harnasch bræhte nâch.
Iwein 956;
sagt im, sein herr beitet sein.
Teuerdank 23, 21
kalt wird sonst
sein (Apollos) fürstenblick
über dich vorübergleiten,
neidgetroffen
auf der ceder kraft verweilen,
die zu grünen
sein nicht harrt.
2, 72.
diu frouwe was ir gastes geil.
dô bôt si im sin trinken dar
und phlac sîn wol.
Parz. 33, 14;
und wil sîn (neutrum) unser trehten
nâch rehtem gerihte pflegn,
sô sît ir schiere gelegn.
Iwein 5014.
doch schone seiner wenn du mit ihm sprichst.
9, 39.
joh wialt sîn (des Judas) ubar al selbo ther diufal.
4, 12, 40;
vil schône wart gewalten
sîn und der künegîn.
Erec 7205.
thia worolt minnôta er sô fram,
bi thia sô sant er herasun then sînan einogon sun,
thaʒ si sih bithâhti, ginâda sîna suahti,
joh ouch thes gifliʒʒi, thaʒ si iamer sîn ginuʒʒi.
2, 12, 74;
nu wol uff, ir leben gesellen,
helffet mer den tisch bestellen
und loszet uch des nit vordrisszen
mer woln sin alsampt genisszen.
Alsfeld. passionssp. 897 Grein.
ich enwil des nicht enpern
und bit iuch sîn (darum).
Trist. 2382.
si giengen dâ si funden
Parzivâln den wunden
von eime sper, daʒ bleib doch ganz.
sîn underwant sich Gurnemanz (seiner nahm sich G hülfreich an).
Parz. 165, 8
ββ)
bei verben, die eine geistes- oder gemütsthätigkeit bezeichnen, so bei gedenken: und sind (heiszen) denkbrot drumb, das sie damit gottes gedenken und von im predigen sollen gleich wie Christus uns befilhet, das wir sein gedenken, das ist seinen tod verkündigen und predigen sollen. gl. zu 3 Mos. 24, 7 (Binds. 7, 488). bei glauben neutrales sîn in einer gr. 4, 328 angeführten stelle, heute veraltet. bei mhd. geruochen:
bei vergessen: die herrische gewohnheit jungen männern meines alters in herzens- und geistesnöthen beizustehen, liesz mich sein (des jungen mannes) doch nicht ganz vergessen. 30, 218. bei achten: die selbige niderlegung, maint man, dasz dem hertzogen alweg zwen man an ain umbkam gen den auf der stet tail (dasz er doppelt so viel leute verlor wie die städter), aber er achtet sein nit. d. städtechron. 25, 338, 21 (Augsburg, v. 1462);
bei ahd. ginâdôn:
neben einem acc., so in unpersönlichen fügungen gleich den folgenden: so leîd ist mir diser lîb, so irdriûʒʒit mih sîn .. daʒ ih dârinne humanę consolationis neruocho. ps. 76, 3; euer leiblicher vater dort — mich jammerte sein. räuber schausp. 4, 5;
bei reflexiven verben, wie sich erbarmen: auch sol dein auge seiner (des götzendieners) nicht schonen, und solt dich seiner nicht erbarmen. 5 Mos. 13, 8. sich freuen: dir aber ist er (Christus) ein herr, dir zu gut geboren ... darumb darffestu dich ja nichtt fürchten, sondern solt dich sein frewen, und trösten auffs aller höhest. 6, 71ᵃ;
sich schämen, mhd. geschamen:
geruochet sîn (neutr.) unser trehten.
Iwein 4773 (lesart, im text geruochets).
(Judas:) Jhesus hot der junger viel,
dasz hie nicht enachtet min;
also wenig wel ich achten sinn.
Alsfeld. passionssp. 3157 Grein;
wer wollt' ihn (den knaben) nicht mit fröhlichkeit betrachten,
und nur der vater schien nicht sein zu achten.
13, 186;
Zawisch. hörst du, freund Milota? (was Seyfried spricht).
Milota. wer achtet sein?
5 (1887), 45.
iʒ irgangi (irreal) thanne zi beʒiremo thinge,
got ginâdoti sîn.
2, 6, 46.
'mich wundert sin' gedâchte Isôt
'daʒ der gevüege Tristan
nicht zu vrouwenliebe kan ...'
Trist. 3718.
sus lebet er also minneclich
mit ir, daʒ sîn vrouten sich
der herzoge und die herzogîn.
Trist. 1124.
ir sît mit im (Iwein) gêret
und endurft iuch sîn niemer geschamen.
Iwein 2105 (lesart, im text endurft iuchs niemer geschamen);
wer sich seiner (Amors) schämt, der musz erst leiden.
1, 290.
γγ)
bei verben der rede, so ahd. bei furlougnen: thie mîn furlougnit fora mannun ..., furlougnu ich sîn fora mînemo fater. Tat. 44, 21. bei spotten: und wenn (als) der pur in dem markt beharret .., spottet sin der knecht noch mer. facet. (1486) nr. 12 (s. 94) Keller. mhd. bei sweren:
bei dem den begriff der rede verneinenden (ge)schweigen:
neben einem acc., z. b. bei danken:
jâ, frouwe: ich hân sîn (neutr.) gesworn.
Wig. 156, 14 (lesart, im text: ich hâns gesworn).
kommet is den luden widder under die hende,
so geswigen sie sin nummer me.
Alsfeld. passionssp. 7437 Grein.
ich wil euch sein (neutr.) danken.
bei ² 2, 289.
δδ)
bei verben der trennung, des bedürfens, entbehrens: auch öffnen wür gegen den Axambern, das wür recht haben, holz zu schlagen in dem Senders, als die march sagent, als vil wür sein betürfen zu unsern heusern oder zu ander unser notdurft. tir. weisth. 1, 258, 16 (v. 1660);
wir inmogen sin (des heil. Maternus) noch neit enbeiren.
d. städtechron. 12, 25, 106 (Köln, ).
β)
in freierem abhängigkeitsverhältnis zu einem verb, causal bei sterben: solt ich mir selber allso umbermeder gewalt an thuͦn, ich müst seyn sterben. seelenp. 161ᵇ.
b)
der gen. steht auch, besonders in älterer sprache bei verben, die ein schöpfen aus einem vorrat bezeichnen. fügungen wie sîn nemen, eʒʒen erscheinen in älterer sprache möglich. belege dafür liegen nicht vor. wol aber sind fälle bezeugt, in denen das partitive verhältnis durch zusätze näher bestimmt wird, so dasz sein zu diesen in nähere abhängigkeit tritt. derartige zusätze sind quantitativer art, so viel: (sie) prachten auch vil geltz und clainet mit in das closter, das sie darnach wider muͦsten geben, doch wurd sein vil verstollen. d. städtechron. 25, 330, 29 (Augsburg, v. 1462); alda wechszt kein reisz, sein wirt aber vil dahin bracht. weltb. 204ᵃ. so erscheint nun sein auch allgemeiner in verbalen fügungen neben solchen zusätzen, sowol bei verben, die zu den unter a erwähnten klassen gehören, als bei andern; so bei lützel, viel, alles: ih tuon sîn îe doch selbo alliʒ âna uuara. 146, 2;
(in dieser stelle liegt vielleicht beziehung von sîn auf einen plur. begriff vor. es kann gemeint sein: ob der heiden wenig oder viel waren. doch erscheint auch beziehung auf den begriff der verwundung möglich). ähnlich bei mhd. swaʒ:
daran schlieszt sich ein in älterer sprache ganz gewöhnlicher allgemeiner gebrauch in verbindung mit nicht, ahd. ni-wiht (auch die verbindung mit dem positiven icht, ahd. wiht ist natürlich möglich). eine wirklich partitive bedeutung, wie sie diese anwendung eigentlich voraussetzt, kann meist erkannt werden (nicht immer), wo sîn neutral ist: ich waiʒʒ sein nicht. gesta Roman. 88 Keller; er süll im sein nicht (er sei ihm nichts der art schuldig). quelle bei Schm.² 2, 289; und das liecht leuchtet in der vinsternus und die vinsternus begreifft sein nicht. quelle ebenda;
alter spruch:
eine art neutraler beziehung kann gesehen werden in den folgenden stellen: do quam aber der tufel in eines werltlichen jungelinges glichnisse vor in geloufen und besach in von dem houbete uncz an die vuʒe und sprach: ist erʒ? er ist sin nicht? d. veter buoch 63, 19; ich pin sein nicht (ich bin es nicht). quelle bei Schm.² 2, 289;
in bezug auf personen liegt viel seltener ein verhältnis vor, das wirklich partitiv gefaszt werden kann (so in der unten angeführten
stelle 1, 27, 53), es entwickelt sich hier schon ahd. ein durchaus freier gebrauch: des nahtes an mînemo bette uorderota ih minen uuine, ih uorderota in unte neuant sîn nîet. 48, 2; ob ich sag, daʒ ich sein nit enwaiʒʒ (Christus von gott), ich wurde euch geleich ein lugner. wan ich waiʒʒ in, und ich behut seine wort. codex Tepl. Joh. 8, 55; da verlögnet er (Petrus) des herren tzuͦ dreyen malen. er sprach: ich hab sein nie gekannt. pred. (1510) 65ᶜ (Matth. 26, 72, 74. bei Luther: ich kenne des menschen nicht); so ich würde sagen, ich kenne sein nicht, so würde ich ein lügener, gleich wie jr seid. aber ich kenne jn, und halte sein wort. Joh. 8, 55;
ze swie getâner stunt
ein heiden wart wunt,
sîn wær lutzel oder vil,
den warf man an dem zil
in den graben nider.
Seemüller
48993 sus entworhter in (der löwe den ritter) dô,
wand er in gar zevuorte,
swaʒ er sîn beruorte.
Iwein 5384.
lieber thu sein nit.
ebenda.
tritt mich nicht,
ich leid sein nicht.
² 2, 289.
dô'r sîn niht was (als es nicht der heil. Franciscus war, sondern ein andrer), daʒ was in swære.
Franc. 2642.
wiht ni wiʒut ir sîn (von Christus).
1, 27, 53;
wie tiurer clagte
daʒ er sîn niht erkande!
wand er sich niht ennande.
Iwein 5695.
c)
verbindungen, in denen abhängigkeit von einem substantiv statt hat.
α)
zunächst sind hier fälle zu verzeichnen, wo das subst. mit einem verb einen einheitlichen begriff bilden, der einem der unter a verzeichneten verben dem sinne nach gleich oder nahe kommt. so deutlich bei dem früh erstarrten wara (wahrnehmen): nim sîn uuara. quelle bei 6, 5;
(auch bei gewahr werden, vgl. d, α:
so aber auch in fügungen gleich den folgenden: habe sîn (des kranken) suorgen. Tat. 128, 9; sein sind auch czeuge. quelle v. 1358 bei bair. gramm. § 359; doch so bitt ich euch, mir meiner red verzeihen, denn ich sein von Rosamunda gantz keinen befelch gehabt hab. buch d. liebe 239ᵇ; ich hette sein (n.) ein grosz gefallen. 242ᵃ; so sullent Meltner geben alleʒ daʒ dilleholtz, daʒ man darzu bedarf als oft sein not ist. tir. weisth. 4, 192, 21;
eigenartiger: Gabriotto ... zu der jungfrawen sprach: Philomena, seyt ihr auch des spiels in dem schach bericht? ja sicher sprach Philomena, habt jr sein lust zu ziehen? buch der liebe 242ᵃ (sein hat da wol als nähere bestimmung zu lust haben und zu ziehen zu gelten).
dô ich aver im (dem mann) nâher quam
und ich sîn rehte war genâm.
Iwein 422.
ouch wurden sî sîn (Iweins) gewar.
6221;
biʒ morgen sul wir rîten dar,
daʒ sîn nieman werde gewar,
war hin wir kumen od wâ wir sîn.
Trist. 6024;
da flogen jm die kranchen auff (auf den weizen)
und antvögel ein grosser hauff,
frassen jm auff den samen gar,
zuletzt wardt sein der bawr gewar.
Esop 1, 80, 8 Kurz).
sag im, er hât sîn iemer danc,
und daʒ eʒ im lange vrumt,
ob er morgen wider kumt.
Iwein 2138 (lesart, im text hâts).
β)
daran schlieszen sich fälle, wo das wort als unmittelbare objective ergänzung eines verbalsubst. erscheint: also befahl auch Christus seinen aposteln, dasz sie der gantzen welt das evangelium predigen solten, damit sie dardurch zu der seligmachenden erkäntnüsz seiner möchten gebracht werden. Nicodemus quaerens 2 (1719), 87. so auch noch später. hier berührt sich der genitiv eng mit dem possessivpronomen. bisweilen auch neben einem substantiv, das nicht als eigentliches verbalsubstantiv gelten kann, das aber doch einer art objectiven ergänzung fähig ist: konnte in aller welt mehr das menschengeschöpf geehrt, und gleichsam vergöttert werden, als durch prägung zum bilde seiner (gottes)! 6, 249 Suphan.
γ)
auch den unter b erwähnten fällen entsprechend steht sein in verbindung mit einem lebendigen subst., nicht nur bei dem erstarrten (ni-)wicht und dem nicht mehr als subst. empfundenen viel, aber auch hier wie dort in der regel nicht in unmittelbarer beziehung zu dem nominalbegriff, sondern so, dasz das subst. als eine art prädicativer ergänzung erscheint, so bei theil:
ähnlich bei rein prädicativem verhältnis des subst.:
dô er den sâmen sâte,
sîn viel ein teil ûf herten stein.
Barlaam 41, 13;
gedenk' an gott zur stunde, da der pfeil
des todes schwirrt, und du wirst sein ein theil.
3 (1888), 94.
des tages wâren sîn zwei jâr
daʒ sîn wîp was genesen.
Wigalois 35, 31.
d)
in abhängigkeitsverhältnis zu einem adj.
α)
als objective ergänzung in fügungen, wo das adj. in verbindung mit einem verb einem der unter a erwähnten verben im sinne gleich oder nahe kommt: uuaʒ ist der mennischo. daʒ dû (gott) sîn gebugtig pist? ps. 8, 5; sîn (gottes) bin ih lobesam und guôllih, nals mîn selbes. 33, 3; ich pin sein (n.) berait. gesta Roman. 91; am letsten da man yederman gab und kainer da was, der sin als notdurfftig were und der als gyrlich warttet, als ich, zerran die ustailung an mir. facet. (1486) 38 (s. 128 Keller); und sol auch albeg vierzehen tag vor der eleichen täding ain vorrecht geboten werden, und ob sich das über die benante zeit verzüg, so stet es after des an den gerichtsleuten, ob si sein gehorsam wellen sein oder nit. tir. weisth. 4, 402, 18 (16. jahrh.); jhr solt sein auch, sprach Rosamunda, sicher und on allen zweifel seyn, dasz jhr mir nicht allein vor dem ritter liebet, sondern vor allen mannen auf erden. buch der liebe 239ᵈ;
(er) wil sein gewaltig sein.
quelle bei gramm. des 15.—17. jh. 1, § 330.
β)
dem unter 4, a, β erwähnten sterben mit gen. gemäsz:
bei dem prädicativen wert, würdig früher natürlich auch neutral, in der folgenden stelle dabei mit genug verbunden, was zu γ überleitet: es begib(t) sich aber zuo zyten, das eer und gewalt an etlich lüt raichen, so sin nicht genuog wirdig sin. facet. (1486) 54 (s. 155 Keller).
want mer hatten gebrochen din gebott
und musten sin ewiglichen wesen toid.
Alsfeld. passionssp. 7187 Grein.
γ)
den unter 4, b erwähnten fügungen entsprechend partitiv neben prädicativ gebrauchten adj. wie genug: sein ist genug. quelle bei Schm.² 2, 289. freier: sein ist lanch, daʒ si auf gestanden sint. gesta Roman. 157.
e)
in abhängigkeitsverhältnis zu adverbien und präpositionen. auch diese wörter gewinnen die rectionsfähigkeit ja eigentlich erst im anschlusz an ein verb. so bei innen in verbindung mit werden: so wirt man sein (neutr.) nicht ynn. gesta Romanor. 156 Keller; so wil ich euch verborgenlich, in meiner jungfrauwen kammer und gemach bringen, also, dasz sein kein mensch innen werden sol. buch der liebe 241ᶜ. aber auch allgemeiner, so bei ahd. ûʒʒan: alliu thuruh thaʒ (das wort gottes) wurdun gitân inti ûʒʒan sîn ni uuas uuiht gitânes thaʒ thar gitân uuas. Tat. 1, 2. bei mhd. (ni)wan, auszer:
bei neben:
im bair.-österr. noch heute neben seiner wie neben meiner, deiner. Schm.² 1, 1713. zeitschr. 2, 90, 10. 3, 392. 6, 339. aus älterer sprache ist neben auch in anderen fügungen mit dem gen. bezeugt oben theil 7, 491. 492. bei hinter: so ain man stirbt und ain eeliche hausfraw hinter sein verlasst. tirol. weisth. 4, 660, 26; ir auch zwei kinder, die er eelichen bei ir uberkumen, hinder sein gelassen. urk. Max. 22; mich wundert sehr, dasz niemand öffentlich sich an den d. Ettner macht, und alle so heimtückisch hinter seiner reden. unvors. hebamme 356. noch heute so bair.-österr. Schm.² 1, 1137. zeitschr. 6, 252. in älterer sprache erscheint hinter auch sonst mit gen., wofür das erstarrte hinterrücks einen beweis liefert. vergl. hinter oben theil 4, 2, 1496. bei vor: sondern zumahlen wann es arme und mühselige weibespersonen trifft, .. gehet man mit ihnen um, als hätte man eine kuh oder hündin vor seiner. unvors. hebamme 379;
noch heute so bair.-österr. Schm.² 1, 846. vgl. vor des ebenda. vor tages mhd. hdwb. 3, 458. bei zwischen:
auffällig erscheint hier der dat. iu neben sîn. ebenso steht der dat. in der folgenden stelle:
auch zwischen erscheint aber in älterer sprache neben andern pron. und subst. mit gen. vgl. mhd. wb. 3, 955. Schm.² 2, 1184. aus solcher anwendung folgt also nicht, dasz der gen. sein etwa zur vertretung eines andern casus dienen könnte, sondern nur, dasz er in diesen verbindungen sehr beliebt war (was natürlich ebenso für mein und dein gilt). in der umgangssprache, nicht gerade in der schriftsprache, bis heute üblich ist die verbindung wegen seiner (wie meiner, deiner) im sinne des eigentlich schriftgemäszen seinetwegen. schon in älterer sprache begegnet: von seiner wegen. dür. chron. 648 (die stelle s. unter seinetwegen). in der form seinetwegen, die aus seinentwegen, (von) sînen wegen entstellt ist, liegt wahrscheinlich das possessivpronomen vor. sieh dies. in der gleichfalls der umgangssprache angehörigen, aber selteneren form seinerhalb kann seiner gen. oder possessivpron. sein. schon ahd. begegnet mîn halb, dîn halb 4, 885, wo man mîn, dîn als gen. nehmen könnte, besonders unter berücksichtigung der folgenden stelle:
das gewöhnlichere seinethalben und seinetwillen ist wie seinetwegen aufzufassen. s. diese.
ob ander nieman lebete wan dîn unde sîn,
sô möhten im diu rîche wol wesen undertân.
Nib. 759, 2.
Blœdelîn der hêre,
der erbeizte nider neben sîn.
Biterolf 10421.
der alte vuorte vor sîn
einen schaft hurnîn
geneiget harte sêre.
Biterolf 879;
dô sluoc des elteren hant
ûf den helm stähelîn,
daʒ der junge vor sîn
strûhte nider in daʒ bluot.
3644;
dann das war îm sein höchste pein,
den helden zu sehen vor sein
frisch, wolmügend und auch gesund.
Teuerdank 71, 100 Gödeke.
diu sippe diu ist ûʒ gezelt
zwischen iu unde sîn.
Dietrichs flucht 2807.
diu si p pe diu ist ûʒ gezelt
zwischen mir und mînem neven.
3852.
sî, druhtîn, io ther segan sin (des kreuzes) in allen anahalbon
mîn.
5, 3, 3.
f)
rein attributiv-partitiv kann sich ein abhängigkeitsverhältnis zu einem zahlwort gestalten. mhd. ist bezeugt:
der zusatz eines scheint diese noch prädicativ zu fassende fügung nicht zu bedingen. rein attributiv erscheint seiner so in der unter 1 angeführten stelle 28, 75, und auch in neuerer sprache läszt sich sagen: seiner drei hätten das kaum gekonnt. den ausgangspunkt dieser fügung bilden die analogen verbindungen mit unser, euer, wo ein wirklich partitives verhältnis statthaben kann.
er erfrüre, wærn sîn eines drî.
Parz. 4495.
5)
sein in paratactischer verbindung mit andern wörtern. hier greift das gebrauchsgebiet deutlich in das sonst dem possessivpronomen vorbehaltene über.
a)
mit subst. oder adj.:
oben theil 3, 1191 unter euer 3 ist bemerkt, dasz verbindungen möglich sind wie in mein des schreibers gegenwart, wo mein als gen. zu fassen sei. das läszt sich natürlich auch auf sein beziehen.
die pfaffen mohten niht geheln,
daʒ si sîns tôtes heten haʒ (ihn noch als toten haszten).
Seemüller.
121 b)
mit ein: in partitivem abhängigkeitsverhältnis zu einem zahlwort (die stelle sieh oben unter 4, f). in abhängigkeitsverhältnis zu einem subst.:
wand sîn eines manheit
diu tetes (sie) unstetelîchen
an einen vurt entwîchen.
Iwein 3730.
c)
mit selb, zur hervorhebung reflexiver bedeutung. die alte dabei übliche gen.-form selbes, selbs wird nhd. wie sonst auch hier allmählich zu selbst umgebildet. die form selber erscheint hier schon früher, s. β, αα. vgl. gramm. 4, 355 ff. über Weinholds abweichende auffassung der form sînes selbes s. oben 1.
α)
im gebrauchsumfange des alleinstehenden genitivischen sein. noch in neuerer sprache üblich.
αα)
abhängig von verben, nach 4, a, α: er hat sein selbs vergässen. 369ᶜ;
Reinhart sîn selbes niht vergaʒ.
Reinhart 941;
der narren büchlin billich lysszt.
wer wis ist, und syn selbs vergiszt.
narrensch. 58, 7 Zarncke.
ββ)
abhängig von verbalsubst. (gen. object.), nach 4, c, β: Spalding ist auch mir nie in der welt mehr als pfaffe erschienen, als in der ehrenerklärung sein selbst gegen jugendbriefe. Herder in briefs. 2, 34 (vielleicht hier gen. subst., dann nach β gehörig); ein lobredner sein selbst. derselbe bei Campe; dies erste menschengedicht war gesang sein selbst (wol auf menschen bezüglich). derselbe ebenda; alles was man gute gesellschaft nennt, besteht in einer immer wachsenden verneinung sein selbst. 6, 144.
γγ)
abhängig von adj., nach 4, d: und als er morndes den handel geoffnet, sagt er, er het gnuog erfaren, das ain mensch, so von zorn brunn, sin selbs nit mächtig wer. facet. (1486) 53 (s. 153 Keller);
sînes selbes ist er gîre.
Alex. 1620 (Straszb. handschr., in der Vorauer handschr. sîn selbes).
δδ)
abhängig von präp., vgl. 4, f: seiner selbst wegen. auch noch jetzt um seiner selbst willen, obgleich sein in um seinetwillen
possessiv ist: dasz ein jüngling, wie du, schutz und beförderung nicht zu erkaufen braucht, und diejenigen verachtet, die ihn nicht um sein selbstwillen begünstigen. 3, 47; der fürst ist freund, und (bildlich) pflückt dann erst die herrliche früchte von dem, nur um sein selbst willen gepflanzten baume (sein selbst geht auf baum, das reflexive verhältnis wird durch das part. gepflanzt vermittelt). 1, 34.
β)
in freierem gebrauch das possessivpron. vertretend, in neuerer zeit im allgemeinen durch sein eigen ersetzt, wo sein possessivpron. ist. doch vergl. unten ββ.
αα)
in attributivem, possessivem abhängigkeitverhältnis zu einem subst.: bidhiu huuanda ir (Christus) in siin selbes sculdrom siin cruci druoc. Isidor 23, 2 Hench; von sines mannes manne nimt die herre anevelle alse an sines selves gude, die wile die kindere beide binnen iren jaren sin. Sachsensp. 2, 1, 58, 1 Homeyer; er wolt jn (Isaak) mitt sein selbs hand gott dem herren uf geopffert haben. seelenp. 18ᵃ; ohne dasz er (Karl v. Burgund) alle seine gaben, macht und reichtumb allein ausz sein selbs geschicklichkeit und kräften zu haben vermeinet. wendunm. 3, 58; mit sein selbst hand, das ist, mit seinem eyde. 544;
es findet sich auch selb dem folgenden subst. in der flexion angeglichen:
ebenso erweist sich sein zuweilen durch übereinstimmung seiner flexion mit der des subst. offenbar als possessivpron. vgl. dies. fälle gleich den folgenden vermitteln den übergang dazu: ein jglicher aber prüfe sein selbs werck. Galat. 6, 4;
in sînes selbes brusti ist herza filu festi.
Ludw. 15;
thaʒ hôh er (gott) iuo wirdi mit sînes selbes huldi.
Sal. 35;
thaʒ sînes selben guati thaʒ eina was gimuati,
in sulicheru nôti er uns ginâdôti.
5, 1, 5;
mit sînes selbes hanten
huͦber in (der kaiser den Roland) von der erde.
Rolandslied 257, 14;
dâ von ir velschent aller meist
daʒ wort, daʒ unser herre sprach,
der mit sîn selbes munde jach
'ich bin ein got alleine'.
Silvester 2884.
mit sein selber hand.
bei gramm. des 15.—17. jahrh. 3, § 115.
ni sant er nan (gott Christus) zi wâru bi niheinigeru fâru,
thaʒ thiu sîn selbes guati thia worolt pînôti.
2, 12, 76;
(er) sante, als sî in bat,
sîn selbes tohter an ir stat.
Iwein 5774;
o wahrer pelican, der seine todten jungen
durch sein selbst blut belebt.
12.
ββ)
prädicativ, so in der fügung sein selbst, selber sein, sich selbst angehören, verfügung über sich selbst haben: so aber der mann thut, was die frau will, so ist er unsinnig, dann er ist sein selbst nimmer und entlehnet vernunft. (1590) 9, 20. bair. er, sie ist sein selber, ist nicht im dienst, lebt von eigenen mitteln, selbständig. Schm.² 2, 290. sprichwörtlich: wer sein selbst kan seyn, der diene kain (sc. kaim, keinem). Lehmann bei 4, 535, 77; wer sein selbst sein kann, diene keinem. 74, 1623; wer sein selbst ist, der ist des teufels knecht. 448, 9492.
6)
sein kann wie jeder gen. vor und hinter dem wort stehen, von dem es abhängt. ist die person oder sache genannt, worauf es geht, so steht es sinngemäsz hinter der bezeichnung derselben. nur ausnahmsweise hat das umgekehrte statt, steht es vordeutend: Trist. 3718 (die stelle sieh unter 4, a, ββ).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1899), Bd. X,I (1905), Sp. 336, Z. 59.
sein, pron. poss.
sein, pron. poss.
suus, ejus.
1)
got. seins, altnord. sînn, schwed. dän. sîn; ags. sîn, engl. aufgegeben; altfries. sîn, neufries. sijn, altndrfrk. sîn, mndl. sijn, nndl. zijn; alts. mnd. nnd. sîn; ahd. mhd. sîn. über die formale beziehung zum gen. sein und die weitere etymologische verwandtschaft sieh 2 des vorigen.
2)
das wort zeigt im ostgerman. nur die starke flexion eines adj., noch schwed. dän. ist das n. als sitt, sit streng vom m. und f. unterschieden. im westgerm. gewinnt die flexionslose form an ausdehnung und bildet sich auszerdem schwache adjectiv-flexion heraus.
3)
gekürzte formen des starken gen. und dat., die mhd. mehrfach erscheinen (gen. sîns, sîs für sînes, dat. sîme für sîneme, sînem. mhd. wb. 2, 2, 292ᵇ) begegnen noch in quellen des 16. jh.: item der prophet Samuel, trotzet auch also gegen seim volck.
6, 53ᵇ; von der gnade und recht, so ein fürst, gegen seim gesinde, und unterthan ubet. 138ᵃ;
besonders liebt das alemannische diese verkürzungen: werffent ir in ab, so ist er dester ehe todt und sint ier an sim tott schuldig. 74 Boos; Oporinus aber hat sins vatters zunfft zum himell. 89; damit er sim bruder zum bistumb gehelffen möcht. 1, 118ᵃ; (der kaiser) schickt sin sun Heinrich ... hinusz in Tütschland. 118ᵇ; do fur abt Cunrat von St. Gallen, geborner von Busznang zu ime (könig Heinrich) und empfieng sins gottszhusz fürstliche regalia und fryheiten durch fürmundung hertzog Ludwigs von Beiern, sins innerlichen ratgäben. 120ᵃ;
es hat sie auch bis heute bewahrt. sîm, sîs (mit ausfall des n) sind dort heute die gewöhnlichen formen. zeitschr. 4, 14ᵇ. aleman. gesellt sich dazu noch eine verkürzung sîr für seiner. ebenda, die auf demselben sprachgebiet schon im 14. jh. begegnet: so mag er .. dem amman den stecken uss sir hand nemen. weisth. 1, 241 (Ermetingen, Thurgau). die form begegnet übrigens auch mnd.:
in al seim willen er erzogen wart.
Homulus 311;
seins predigens hab ich verdrus.
Keller;
329, 19 weil dem könig auch sein verderbn
erfolgt durch seins sohns ubelthat.
347, 11;
der seim soltzen weib folgen thut.
360, 17.
ouch was er täglich sinnt und macht
usz muͦtwill und sim öden pracht,
das muͦsz mit gwalt den fürgang han.
Tellensp. 72, 399 Bächtold.
wan godes sôn kumt mit syr klage
over alle sunderlude.
Theophilus 563 Hoffmann.
4)
stellung des pron. und gebrauch der flexion.
a)
in attributiver verbindung mit einem subst. oder substantivisch gebrauchten wort andrer art steht sein heute wie alle andern pronomina gewöhnlich ohne artikel vor diesem in starker flexion. der nom. m. und nom. acc. n. zeigt keine flexion: sein vater, seine mutter, sein kind, sein schönstes, sein alles. im got., wo ja überhaupt noch kein artikel vorhanden ist, kann das wort vor und hinter dem subst. stehen, doch scheint die letztere stellung bevorzugt zu werden. ahd. ist sie auch ohne artikel oder anderes coordiniertes pronomen noch möglich, gehört aber eigentlich wol mehr der dichterischen sprache an. gramm. 4, 474;
mhd. nur sehr selten noch so:
nhd. höchstens noch im volkslied und ihm ähnlicher dichtung nach zwei subst. (der ersten der beiden zuletzt angeführten stellen entsprechend). der fall der anrede, wo die stellung bei mein und unser möglich ist, fällt bei sein natürlich weg. der nom. acc. n. zeigt ahd. sowol in der stellung hinter dem subst. (s. oben 3, 18, 7) als auch besonders in der vor dem subst. ohne artikel häufig flexion: bithiu uuanta sînaʒ folc heilaʒ tuot fon iro sunton. Tat. 5, 8;
die flexion erhält sich hier im alemannischen:
noch heute schweizerisch durchaus üblich. es heiszt schweiz. sis chalb, sis müli (mäulchen). zeitschr. 4, 14ᵇ. gramm. 4, 496. der nom. m. erscheint ahd. gleichfalls nicht nur in der stellung hinter dem subst.:
sondern auch in der vor diesem ohne artikel flectiert, aber seltener:
gelegentlich wol auch später, vgl. mîner sin. minnes. 1, 150 Hagen. andrerseits ist die flexionslose form, die got. nur für den nom. acc. n. neben der auf -ata ausgehenden gilt, schon ahd. für den nom. m. durchgedrungen und im mhd. auch für den nom.
acc. n. schon die regelmäszige. auch der nom. fem. erscheint selbst voranstehend ahd. ohne flexion (sîn ist die lautliche entsprechung des got. seina): siin restin scal uuesan ærliihhu. Isidor 43, 17 Hench; sîn muoter bihielt allu thisu uuort in irâ herzen. Tat. 12, 9; so ist sîn uuinstra unter mînemo hôibete unte sîn zeseuua umbegrîffet mih. 32, 2 Seemüller. mhd. ist auch der acc. f. flectionslos bezeugt:
daneben:
ebenso ist aus frühnd. quellen der nom. und acc. f. häufig voranstehend als flexionslos zu erweisen: ob inen not brot, win oder gelt würd, sölt inen sin hilff alzit berait sin. facet. (1486) 21 (104 Keller); (der bauer) legt im sin sach für. 107; sein sach darthun und sich verantworten, causam dicere. 369ᶜ;
heute noch so mundartlich. auch der acc. m. erscheint mhd. und frühnhd. vor dem subst. bisweilen als sîn, sein (hier wol verkürzt aus sînen, seinen):
sein eigen willen haben, sui iuris esse. 369ᶜ. heute gleichfalls nur mundartlich. sonst ist in der stellung vor dem subst. flexionslose form selten:
nachgestellt kann sein schon ahd. auch im nom. plur. die flexion entbehren (s. oben 3, 20, 127), mhd. in der seltenen anwendung ohne artikel oder andres coordiniertes pron. auch im obliquen casus (sieh oben Trist. 334). später notwendig immer so.
thu bist forsago sîn.
1, 10, 19;
ther hôrit wort sînaʒ.
3, 18, 7;
jr wollet ouh in wâr mîn werdan jungoron sîn.
20, 127;
thaʒ wir io muaʒin blide wesen skalkâ sîne.
142.
ganz unde sterker baʒ
wirt im valz und ecke sîn.
Parz. 254, 13;
nu daʒ der hêrre Riwalîn
wol unt nâch grôʒen êren sîn
wol driu jâr ritter was gewesen.
Trist. 334.
sô man thuruh nôt sînaʒ korn reinôt.
1, 1, 28;
ther ni thuingit sînaʒ muat.
2, 12, 91;
(Alexander) hat sich heimlich zu gerist,
verendren lassen synes kleid.
geuchm. 523 Uhl.
mahtig druhtîn, wîh namo sinêr.
1, 7, 9,
bi thiu, thaʒ sîner scîmo ni meldo dâti sîno.
2, 12, 93,
er hete sîn rede vür ein spil.
Iwein 6282.
(gott) ruoche iu durch sîne güete
iuwer swæreʒ ungemüete
vil schiere verkêren
ze vreuden unde ze êren.
5537.
dasz hie uns sîn gnade vorlihe.
Alsf. pass. 105 Grein;
dasz sijn missetad musz vorstehen (aufhören).
4240.
sîn hanen er her ûʒ nam.
Amis 974;
ouch lieʒ er niht hie heim
herzog Ludwigen sîn oheim.
Seemüller;
2844 so haben sie sein sohn erschlagen.
Keller;
351, 12 ze sîn (contrahiert aus sînen?) gevangen er dô sprach.
Parz. 388, 16;
das imperium hot hie uff sin schulder getragen.
Alsfeld. pass. 4705 Grein.
b)
über die verbindung des sein und der andern possessiva mit dem bestimmten artikel sieh der 32 oben theil 2, 991 ff.
α)
es ist dort ausgeführt, dasz bei einem subst. ahd. und mhd. das possessiv zwischen artikel und subst. stehen kann, was mhd. seltener ist als ahd., dasz daneben schon ahd. die stellung des possessivs hinter dem subst. bezeugt ist, die mhd. die gewöhnliche und nhd., wo heute diese verbindung nur dichterisch in wiederaufnahme älteren brauches üblich ist, die einzige wird. unter f sind dort belege dafür gegeben, dasz noch frühnhd. das poss. zuweilen zwischen artikel und subst. erscheint. andre belege für sein mögen hier folgen:
neben starker flexion, die mhd. noch bei voran- und nachstellung des possessivs möglich ist:
begegnet mhd. in beiden stellungen auch schwache:
die frühnhd. belege für das poss. zwischen artikel und subst. zeigen gleichfalls noch beide flexionsarten. s. diese oben. bei nachgestelltem poss. überwiegt die flexionslose form im mhd. und gilt allein im nhd. belege aus frühnhd. zeit oben a. a. o., aus neuerer:
(der phönix) macht aus dem allen ein nest
und schwingt darob das sein gefider
an heisser sonnen, hin und wider.
1 (1558), 76ᵃ;
ains tages inn eim alten fuchs
grosz rew der seinen sünd erwuchs.
482ᵃ;
wenn ihr euch von dem seinen weg abwendet.
ps. 2;
die seinen pfeil er richtet zu,
dasz er mein feind vernichten thu.
7.
der künic bat in bringen und die sîne man.
Nib. 83, 3;
den ouch die trahte sîne
verwurren in der minne
sins herzen küniginne.
Trist. 870,
diu mînen wort muoʒ er mir lân
durch den vil liehten tegel gân
der kamênischen sinne.
4889;
(er) bat in,
daʒ er frô wolde sîn,
und grôʒlich dem herren sînen
danchte, Sâlatînen.
Ludwigs kreuzf. 7974.
sagt' ich ihm nicht voraus
der Circe listen, des Cyclopen graus?
das zaudern sein, der seinen leichten sinn,
und was nicht alles! bracht ihm das gewinn?
41, 162;
schlieszt er (der in die sonne sieht) das auge sein,
schwarz und klein,
sieht er zwei pünktelein
überall vor sich.
⁵ 1, 167.
β)
wie a. a. o. unter d bemerkt ist, steht, wenn das possessiv sich auf ein vorangegangenes, aber nicht wiederholtes subst. bezieht, entweder das poss. ohne artikel in der starken form: eine verurtheilung wie seine war. Klopstock bei Campe, wobei der nom. m. die form auf -er, der nom. acc. n. die auf -es, -s zeigt: mein vater ist tot, aber seiner lebt noch; wem gehört dieser schirm? das ist seiner;
oder mit artikel in der schwachen (in alter zeit auch anders), welcher gebrauch mhd. der regelmäszige zu sein scheint und heute als gewählter gilt: dein vater ist todt, aber der seine lebt noch. deutsch-ital. dict. 2 (1702), 760ᵇ;
über einen besondern fall der zurückbeziehung bei sein, wo es mit einem genitiv verbunden wird und nur ohne artikel und in starker flexion erscheint, s. unten.
eh' ihr noch warmes blut vom antlitz abgeflossen:
kam seines durch mein schwerdt aus seiner brust geschossen.
1 (1698), 204, 261;
si brâchen ûf im alle ir sper:
daʒ sîn behielt aber er.
Iwein 5322;
swie kleine ich nuo gesagen kan
daʒ mînes siechtuomes sî,
sô sprichet einer hie bî,
der sîne sî noch kleiner,
sô sprichet aber einer,
der sîn sî zwir als kleine.
Amis 873. 875.
γ)
bei substantivischer geltung des pron. kann der artikel wie bei den übrigen poss. auch bei sein heute gewöhnlich nicht fehlen. vgl. oben a. a. o. für die alte sprache gilt das nicht unbedingt:
wo wol gemeint ist: leute von ihm, und auch für die neuere zeit kann als ausnahme die familiäre anwendung von seiner, seine für sein herr, seine frau und das plur. seine für seine leute gelten. für die flexion gilt dasselbe wie für die vorige anwendung, doch begegnet in besonderem sinne auch in neuerer sprache das sein, s. unten.
swâ sîne wâren kumberhaft,
die lôste er mit sîner kraft.
Mai u. Beaflor 116, 5,
c)
mit dem unbestimmten artikel wird sein wie andre possessiva nur in älterer sprache paratactisch verbunden. es folgt ihm und zeigt durchgängig starke flexion. belege oben theil 3 unter ein 19. in neuerer sprache kann es nur mit dem begleitenden subst. genitivisch oder mit von und dat. construiert von dem als zahlwort empfundenen einer abhängen: einer seiner freunde, von seinen freunden, oder bei gleicher auffassung von einer diesem vorausgehen (familiär): sein einer sohn. deutsch - ital. dict. 2 (1702), 760ᵇ. ähnlich verhält es sich in verbindung mit kein. vgl. oben theil 5, 490 kein 20, a. mhd.:
heute nur: keiner seiner freunde oder von seinen freunden.
wan er künde nie gewan,
noch dehein sîn schifman.
Parz. 17, 2;
alsô daʒ dehein ôre nie
dehein sîn untât vernam.
160, 13.
d)
sein bei pluralischen zahlwörtern:
daneben:
heute: seine zwei söhne, wenn es nur zwei sind, sonst zwei seiner söhne, von seinen söhnen.
dâ der keiser Frederîch
gaf twein sînen sonen swert.
En. 13231 Behagel;
got müeʒ eʒ ze rehte scheiden
durch die sîne namen drî.
16, 32.
e)
bei beide liebt die ältere sprache sein wie ein adj. in starker flexion folgen zu lassen, die neuere stellt es lieber mit starker flexion voran. vgl. beide 3 oben theil 1, 1362.
f)
sein bei ander und subst.: so gibet er mir .. intellectum sacrarum scripturarum unte andera sîne dona. 32, 7 Seemüller; dô unsir trehtin von deme grabe irstuont, unde dir unde anderen sînen boton daʒ hieʒ chundin, daʒ er zi Galilea in daʒ lant fuore. altd. leseb.² 277, 4 Wackernagel; wann dieser ye vester uff siner maynung beharret und im ze wartzaichen ander sine nachgepuren und fründe nemen kunt. facet. (1486) 32 (119 Keller); als dersellb von andern sinen mittgeferten ein förmlich schreyen und ruͦffen hort. rollwagenb. 11, 13 Kurz;
heute nur: sein andrer freund, wenn er nur zwei freunde hat, sonst ein andrer von seinen freunden. ebenso pluralisch seine andern freunde, alle, sonst: andre von seinen freunden.
daʒ her anderiu sîniu werch sach rehte gên.
Annolied 42 Rödiger;
sîme liebsten got Mahmeten
und andern goten sînen,
den lieʒ er dicke erschînen
mit opfer mange êre.
Willehalm 9, 9.
g)
sein bei manch und subst.:
heute: mancher, manche von seinen genossen.
man jach daʒ manec sîn rotte
wol striten.
Willehalm 35, 30;
doch fuor dâ manec sîn genôʒ
mit manegem sunderringe grôʒ.
214, 3.
h)
sein bei all in verbindung mit einem subst.: thô gilaupta her inti al sîn hûs. Tatian 55, 8; elliu sîne uuerch scuntent unsih ad spem et desiderium caelestium. 92, 10 Seemüller; also stuond er uff mit allem sinem gesind, den dieb ze suochen. facet. (1486) 13 (95 Keller); kann ich ein nationalstück in alle seinem leben geben? 6, 56 Suphan;
diese stellung und flexionsart von sein ist heute die gewöhnliche. es kann aber all auch hinter das subst. treten: seine freunde alle. ohne subst. alle die seinen oder die seinen alle, mhd.:
pfaffen unde müniche si belîben bat,
und alleʒ sîn gesinde, daʒ des heldes pflac.
Nib. 998, 3;
ouch wurden ir mit dienste sîder undertân
al des küneges mâge und alle sîne man.
1325, 2;
daʒ aller sîn smerze
von disem kumber gar verswant.
Parz. 584. 16.
er sluoc unde stach,
und die sîne alle,
daʒ jene mit maneges valle
muosen unstatlîchen
von dem vurte entwîchen.
Iwein 3739.
i)
sein bei allerlei: da .. keys. may. bey jhm (einem bischof) zu tisch asse, und under allerley seinen reden jhn auch dessen erinnerte, sein ampt hinfüro ohn alles ansehen der personen fleissig und trewlich zu verrichten. apophthegmata 1, 6. heute nicht mehr üblich.
k)
wie gewöhnlich bei all steht sein in verbindung mit demonstrativen (und subst.) in starker flexion hinter diesen: so sol er fur seine schuld dieser seiner sunde die er gethan hat, dem herrn bringen von der herd, ein schaf oder zigenmutter, zum sündopffer. 3 Mos. 5, 6; gedencke mein gott des Tobia und Saneballat, nach diesen seinen wercken auch des propheten Noadja und der andern propheten, die mich wollten abschrecken. Neh. 6, 14; dann ich schätze mich nicht besser, als mein knän war, welcher diese seine wohnung an einem sehr lustigen ort, nemlich im Spessart (allwo die wölffe einander gute nacht geben) liegen hatte. Simplic. 1, 12, 6 Kurz. ebenso in älterer sprache bei solch, wo es heute kaum noch üblich ist: in solchen seinen nöten kam im zuͦ gedancken. rollwagenb. 7, 12 Kurz.
l)
über sein bei selb s. unten.
m)
in verbindung mit adjectiven oder adjectivisch gebrauchten particip. steht sein heute gewöhnlich in starker flexion voran, ebenso schon früher oft, auch flexionslos: do er imo selbemo mahelta mit demo uuidemen sînes hêiligen bluotes dîe ecclesiam. 53, 13;
das adj. zeigt dabei zum theil andre formen als heute, wo gilt: sein lieber vater, seine liebe frau, sein liebes (lieb) kind, sonst lieben. es kann auch, heute wie früher, das adjectiv mit artikel verbunden hinter das subst. treten:
aber auch ohne artikel, flectiert:
unflectiert:
in letzterer art dichterisch noch heute möglich. weiter kann sein hinter das subst. treten, ohne zutritt des artikels vor dem adj.:
mit zutritt desselben, schwach flectiert:
unflectiert:
und diese letzte fügung erscheint dichterisch gleichfalls noch heute möglich. auszerdem begegnet eine fügung, bei der sein hinter dem adj. und vor dem subst. steht. die flexion von sein ist hier die starke. diese verbindung hält sich nhd. ziemlich lange, ist aber heute vergessen: desêm wîhem sînem manungum. Keron. gloss. 33; er hatt got lieb von gantzem seinem hertzen. Keisersberg granatapfel bei gramm. des 15.—17. jh. 3, § 112; bemelter sein vatter. rhetorik (1528) ebenda; ja so wäre nicht an warer seiner urstend zuzweiffelen. güld. tugendb. 108; dasz diese seine standhafftigkeit mit nichten ausz eignen seinen kräfften hergesprossen seye. 114; sondern noch darzu bey hoher seiner ungnad befohlen. 192;
länger beliebt als beim eigentlichen adj. blieb diese fügung anscheinend beim part. prät., wo sie zum ersatz eines verbalsubstantivs mit genitiv dienen konnte: dasz sein herr und meister Christus nach vollbrachtem seinem ampt auff erden .. zu den himmlen herrlich auffgefaren wäre. güld. tugendb. 111; der aquitanische krieg war der erste, welchen Carolus M. nach angetretener seiner regierung führen muste. histor. (1721) 1, 20; Ludwig der fromme fand nach angetretener seiner regierung viel auszubessern. 72. heute ist in diesen fällen auch sein vor dem particip unmöglich.
mir ist sîn hôhiu fuor wol kunt.
20, 13;
do erzeicte aver Keiî
sîn alte gewonheit.
Iwein 109;
ouch tragent sî in vür iuch hin,
sîne liebe gesellen.
1247;
diu versûmde riuwe
und sîn grôziu triuwe
sînes stæten muotes ...
die benâmen sîme lîbe
beide vreude und den sin.
3210;
si hete sîn dienst wol gedolt,
ich wæn durch sîniu fremdiu mâl.
Parz. 774, 7;
sîn himelisch figûre
ist von dir worden irdisch.
gold. schmiede 1002.
zuo des sales want
sînen schilt den guoten leint er von der hant.
Nibel. 1771, 2;
sînen sun den jungen muose er von den starken grîfen vliesen.
Kudrun 55, 4.
unz daʒ siʒ (das schwert) mit zangen ûʒ sînen vingern langen
muosen klœʒen dem man.
klage 845,
wan daʒ grôʒ jâmer under sluoc
die hœhe an sîner freude breit.
Parz. 84, 17.
wanti si sâgin schînin
sô brete scarin sîni.
Annolied 426 Rödiger.
doe sprac Ênêas
als vele sô hem lief was
met vrouwen Lâwînen.
der lieven gemâlen sînen.
En. 12950 Behagel,
der hêrre sande vor hin în
den kluogen meisterknappen sîn.
Parz. 59, 30;
dar ûʒ sach man dâ flieʒen
bech und manic brünnelîn,
daʒ mit dem süeʒen fluʒʒe sîn
die wisen kunden erfiuhten.
troj. krieg 1153.
mit naʒʒen sînen ougen
flêget er got tougen,
daʒ in der tievel niene bekorte.
kaiserchron. 14344 Schröder;
mit starken sînen handen lief er Albrîchen an.
Nib. 466, 1;
der begunde sagen ein mære,
von grôʒer sîner swære,
von cleiner sîner vrümekheit.
Iw. 94. 95;
n)
attributiv mit sein verbundene oblique casus verändern im allgemeinen seine flexion nicht. s. unten.
o)
unflectiert bleibt sein meist in den fügungen sein werden, sein, bleiben, gehören, s. unten.
p)
steigerung ist der bedeutung gemäsz selten: die bildende natur hasset abstracta: sie gab nie éinem alles und jedem das seinige auf die seineste weise. 8, 80 Suphan.
5)
bedeutung.
a)
gleich dem gen. des ungeschlechtigen pronomens der dritten person sing. gilt das zugehörige possessiv zunächst nur in reflexiver anwendung und bezieht sich innerhalb dieser auf jedes genus und jeden numerus. so ist der gebrauch im gotischen. beispiele für fem. und plur.: Marja bisvarb fôtuns is skufta seinamma. Joh. 12, 3; lêt thans dauthans urfilhan seinans dauthans. Luc. 9, 60 (wie die letzte stelle zeigt, gleich unserm sich auch bei liegendem verb). dasselbe verhältnis liegt im altnord. vor und ist in den neunord. sprachen ziemlich rein bewahrt. nur tritt im dänischen fast immer ein andres pronomen ein (gen. pl. deres), wenn der casus rectus im pl. steht. im nicht reflexiven gebrauch stehen got. und nordisch genitive des geschlechtigen pronomens dritter person (oder demonstrativs). auch ags. kann sich sîn auf alle genera und numeri beziehen und wird meist nur reflexiv gebraucht. daneben greifen genitive des geschlechtigen pronomens in sein gebiet über und haben es im
heutigen engl. völlig verdrängt. vgl. Sievers ags. gramm.³ § 335. as. verhält es sich bezüglich der reflexiven anwendung ähnlich wie im ags., doch hat hier schon nicht mehr beziehung auf fem. und plur. statt. vgl. as. gramm. § 242. die spätere entwicklung verläuft wie im hd., ebenso im ndl. die entwicklung im hochdeutschen entspricht der des gen. sein. schon ahd. erscheint es auf unreflexiven gebrauch ausgedehnt: antlingôta thô sîn muoter inti quad. Tatian 4, 11;
andrerseits wird es aber nicht mehr auf ein fem. oder einen plur. bezogen, auch nicht in reflexiver anwendung. auch da tritt der gen. des geschlechtigen pronomens ein, irâ, iro: bithiu uuanta Elisabeth uuas unberenti inti beidu fram gigiengun in iro tagun. Tat. 2, 2; mîn quena fram ist gigangan in irâ tagun. 8. spuren der alten ausdehnung des possessivs sein auf fem. und plur. finden sich aber noch später:
die zyt hat sin ende. 4. bibelübers. Daniel 8, 19 bei gramm. des 15.—17. jahrh. 3, § 107; die sun get uff und get under und keret wider zu siner stat. pred. 1, 5 ebenda; das alle ding zu seinen zeiten gehalten werden möchten. rhetorik (1528) bei a. a. o.; sintemal ja die Helena die eynig krigsbraut mit seinen zwen prüdern Castor und Pollux ausz eim ey geschloffen ist. Garg. (1575) cap. 28 (später iren); wo stercke und krafft one weissheit, und die weissheit der krefft als seiner diener beraubt ist. kriegsb. 1, 108ᵇ; welliche person die were, die bei der nacht oder bei dem tag sein vich nit für den gemainen hirten treiben und allain die egerten, rain und halbm etzen wolte oder wurde. tirol. weisth. 2, 306, 2 (v. 1624); da kan zu gewöhnlicher rechter zeit nicht ein jedes reportirt, noch rath gehalten, vielweniger die sachen reifflich erwogen, expedirt, und eine jede an seinen ort gebracht werden. 105; eine jegliche rede hat seine maasz und ziel. pers. rosenth. 4, 7; wenn die erste verdauung nicht seine richtigkeit hat. unw. doctor 791; hiermit liesz sich der kerl besänfftigen, steckte die klinge wider an seinen ort. 955; damit man diese wahrheit in aller seiner stärke empfinde, so wird man mir erlauben, ein verhasztes exempel anzuführen. 4, 119; sie hängt und schwebt frei, und ohne unterstützung, wie seines orts die sonne und der mond, in dem unermeszlichen raum des weltalls. schatzkästlein 4. in sprichwörtlichen wendungen: sein thor kent ein jede kuh. Garg. 50ᵇ; untreu aber schlug seinen eignen herrn. 3, 162;
in der letzten wendung kann untreu allerdings als männlicher eigenname gefaszt werden. doch begegnet daneben:
es scheint immerhin, als ob sich solche anwendung besonders lange in festen verbindungen hält, wo sie zum theil auf secundärer übertragung beruhen kann. vgl. an seinen ort, seines orts in den oben angeführten stellen 105. unw. doct. 791. schatzkästlein 4. andere der angeführten stellen beweisen aber freiere und ursprüngliche anwendung, und mundartlich hat sein die alte fähigkeit der beziehung auf plur. und fem. bis heute bewahrt, so im bair., wo man noch sagt: die schwester liebt seinen bruder, die kinder lieben seine eltern. bair. gramm. § 362. mundartlich begegnet in gewissen redensarten auch durchaus secundäre ausdehnung von sein auf andere personen als die dritte. osnabr.: du bist je all sin leven en kloken fent ewesen. gramm. 4, 340; ik bin ju sin leven na noch nich
dorbi egannen. ebenda. im übrigen gelten die verhältnisse, wie sie schon ahd. vorliegen. nicht reflexive beziehung ist neben reflexiver möglich. auf fem. und plur. wird sein nicht bezogen, da steht das schon mhd. aus den gen. irâ, iro entwickelte pronomen ihr. die fähigkeit der beziehung auf unpersönliches, die dem possessiv seinem ursprünglich reflexiven character gemäsz eigentlich fremd ist, hat es wol schon lange, doch wird es so auch heute nicht so allgemein gebraucht wie in beziehung auf personen. in nicht reflexiver anwendung tritt, wo zweideutigkeit entstehen kann, dessen ein, die fortsetzung des mhd. schon so gebrauchten des: der knabe ging mit seinem freunde und dessen vater. reflexive beziehung wurde früher durch verbindung mit selb verstärkt, heute ist dafür eigen eingetreten. vgl. unten und zu der ganzen ausführung gramm. 4, 338 ff.
unz er nan (gott den könig Ludwig) gileitta, sîn rîchi mo gibreitta.
Ludw. 55;
sum quad, er (Christus) dâti widar got, joh er firbrâchi sîn gibot.
3, 20, 61.
ir (der göttinnen) iegeliche mir sîne gift bôt.
troj. krieg 2202;
ein muoter ir fruht gebirt:
diu fruht sinr muoter muoter wirt.
Parz. 659, 24;
juncherren suln von Gâwein
hœren, Clîes, Êrec, Îwein,
und suln rihten sîn jugent
gar nâch Gâweins reiner tugent.
w. gast 1043;
iedoch hat auch warheit sein zeit.
froschm. (1595) A 4ᵇ;
das öchslein und das eselein
erkhanten gott den herren sein.
quelle bei ² 2, 290;
also traf untreu sein herren.
Teuerdank 69, 64;
untrew sein eigen herren trifft.
froschm. (1595) L 7ᵃ.
das untrew jren herrn schlug.
2 (1570), 2, 38ᵈ.
b)
sein begleitet vorzugsweise substantive und wörter, die sie vertreten können. als seine eigentliche bedeutung erscheint die rein possessive, es drückt dann aber auch andere beziehungen der wörter aus, die es begleitet, soweit sie sonst der genitiv bezeichnen kann. nur in partitiver anwendung vermag es dem gen. nicht ganz zu folgen. hier kann der gen. sein ergänzend eintreten. mit dem gen. sein, der der eigentliche begleiter von verben ist, also die andern functionen eines gen. hat, berührt es sich in der anwendung bei verbalsubstantiven. fälle, in denen sein nachgestallt erscheint, können bisweilen zweifelhaft sein, ebenso sein in verbindung mit selb, wo der gen. wol tief in das gebiet eingreift, das sonst dem poss. vorbehalten ist. im allgemeinen darf das unflectierte sein bei substantiven nicht als genitiv gelten. vgl. dazu 4 und 5, c des vorigen.
c)
die reichste bedeutungsentfaltung zeigt das poss. sein in attributiver verbindung mit substantiven oder deren vertretern.
α)
es geht zunächst auf wirkliches eigenthum: der kuning lêitota mih in sînen uuînkellare. 30, 1 Seemüller; ih geron, daʒ mîn uuine kume in sînen garton. 73, 1; der gerechte erbarmet sich seins viehs. spr. Sal. 12, 10;
man musz got rechnung geben,
wie man sin gut gebrucht in disem leben.
Homulus 144;
da fand er sein schlösselein oben;
doch diener und habe zerstoben.
1, 195;
β)
so auch auf beherrschtes, eine beziehung, die sich freier gestalten kann: gehe hin ein und rede mit Pharao dem könige in Egypten, das er die kinder Israel aus seinem lande lasse. 2 Mos. 6, 11;
von personen, die eines andern eigenthum sind, von ihm beherrscht werden, zu ihm im verhältnis der dienstbarkeit, abhängigkeit stehen: genesis saghet huueo Abrahames chibot uuas zi sinemu chnehte. Isidor 33, 4 Hench; bithiu uuanta her (gott) giscouuôta ôdmuoti sînero thiuuî (Maria). Tatian 4, 5; thes bigihu ih fora mînemo fater, thie in himile ist, inti fora sînen engilun. 44, 21; thô gihalâtero menigî mit sînen iungoron quad (Christus) in. 90, 5; mare rubrum, dâ Pharao unte ale sîn here inne irtrank. 15, 5 Seemüller; swelk herre en gut liet sime manne. Sachsensp. 2, 1, lehnrecht art. 7, § 1 Homeyer; her Hanns von Wildenstain, abt des gotshusz in der Richenow, satzt im für, sine münch zuo andacht und gaistlichait ziehen. facet. (1486) 24 (109 Keller); las dich nicht gelüsten deines nehesten weibs, noch seines knechts, noch seiner magd. 2 Mos. 20, 17;
und als er kam zu sterben,
zählt' er seine städt' im reich.
1, 187;
klein ist unter den fürsten Germaniens freilich der meine;
kurz und schmal ist sein land, mäszig nur, was er vermag.
357.
in jenem sale wîten hân ich in (den könig) gesehen
bî den sînen helden.
Nib. 79, 3;
hat der alte hexenmeister
sich doch einmal wegbegeben!
und nun sollen seine geister
auch nach meinem willen leben.
1, 237.
γ)
dann aber auch umgekehrt auf den herrschenden, gebietenden, bestimmenden in solchem verhältnis gehend: agricola, der .. sînemo hêrren uuirke. 145, 6 Seemüller; selig ist der knecht, welchen sein herr findet also thun, wenn er kompt. Luc. 12, 43;
bei unpersönlichem subject des verhältnisses: da erinnert sich der star seines herrn sprichwort. hausb. 479.
sîner meister gebot
im sô gar ze herzen kam.
Barl. 25, 4;
den (Judas) wel ich dar zu brengen gar trode,
dasz hie sinen meinster sal vorraden.
Alsf. pass. 194;
(der schiffer) vertrauet, scheiternd oder landend,
seinen göttern.
2, 76;
in froschpfuhl all das volk verbannt
das seinen meister je verkannt.
13, 131.
δ)
zum ausdruck verwandtschaftlicher zugehörigkeit: fater meinida dhar sînan sun. Isidor 18, 21; sînerâ sipheâ ni uuirdit endi. 22, 15; inti Zarachîas sîn fater uuard gifullit heilages geistes. Tatian 4, 14; (Simeon) quod zi Mariun sînero (des Johannes) muoter. 7, 7; andere electi sint filii dei unte sîne brûodera per adoptionis gratiam. 28, 15 Seemüller; seine (des Moses) schwester stund von ferne. 2 Mos. 2, 4; Jacob hatte der söhne zwölf, aber um seinen Joseph hat er blutige thränen geweint. räuber schausp. 2, 2;
sin fro un min kinner! spaszhafte gesundheit an einen verehlichten. 4, 103.
dô wuohs in Niderlanden eins rîchen küneges kint
(des vater hieʒ Sigemunt, sîn muoter Sigelint).
Nib. 20, 2;
er sach einen sînen mâk gevallen in daʒ bluot.
1953, 2;
sölch was sîn underwinden,
daʒ ein vater sînen kinden,
der sich triwe kunde nieten,
möhteʒ in niht paʒ erbieten.
Parz. 165, 10;
sîn (meines vaters) wîp, von der ich wart geborn,
durh minne ein sterben nâch im kôs.
750, 24;
Abraham vorcht synr frowen ee
dann er ye kaͤm gon Gerare.
narrensch. 33, 85;
es ist der vater mit seinem kind.
1, 183.
ε)
zum ausdruck freundlicher beziehung, freundlicher genossenschaft: und da David gen Ziklag kam, sandte er des raubs den eltesten in Juda seinen freunden. 1 Sam. 30, 26; zuͦ letzt sagt einer seiner gesellen: 'o mein lieber compani, du versprichst seer grosse ding ..' rollwagenb. 12, 5 Kurz;
auf wirt und gast bezogen:
fürsten, die gesellen sîn (des Galoes),
tuont herzenlîche ir klagen schîn.
Parz. 91, 29;
glücklich, wenn ein deutscher mann
seinem freunde vetter Micheln
guten abend bieten kann.
1, 163.
Parzival zem wirte sîn
sprach.
Parz. 460, 1;
als gegen seinen gast das herz am stärksten quoll.
13, 187.
ζ)
auch allgemeiner auf zusammengehörigkeit: sein landsmann, amtsgenosse. dahin gehört die verbindung mit dem substantivierten ahd. gelîcho, mhd. gelîche, wie die flexion ausweist, obgleich hier sîn ursprünglich vielleicht der gen. des personalpron. gewesen ist:
entsprechend frähnhd.:
noch Luther bietet sein gleiche: hast du nicht acht gehabt auff meinen knecht Hiob? denn es ist sein gleiche nicht im lande. Hiob 1, 8. erhalten nur im gen. seines gleichen, auch als ein wort geschrieben, der allgemeinere geltung gewinnt von fügungen aus, wo er berechtigt ist, wie in der folgenden stelle: sich legt der nebel gern zuo den waʒʒern und zuo den fäuhten steten, dar umb, daʒ er auch fäuht ist, dar umb fräut er sich der gesellschaft seins geleichen. 95, 30 oder in der häufigen verbindung mit nicht: wiltu das selbige (das schwert Goliaths), so nims hin, denn es ist hie kein anders denn das. David sprach, es ist seins gleichen nit, gib mirs. 1 Sam. 21, 9; er (Hiskia) vertrawete dem herrn dem gott Israel, das nach jm seines gleichen nicht war unter allen königen Juda, noch vor jm gewesen. 2 könige 18, 5. allgemeiner: ein jglich thier helt sich zu seines gleichen, so sol ein mensch sich gesellen zu seines gleichen. Syrach 13, 19. 20; denn wo sein (des wolerzogenen kindes) vater stirbt, so ist's als were er nicht gestorben, denn er hat seines gleichen hinder sich
gelassen. 30, 4; es entstand ein enthusiasmus ohne seinesgleichen. briefe zu beförderung d. humanität 8, 97. man faszt nun die verbindung so auf, als ob dabei ein subst. wie mann, leute u. dergl. ausgefallen wäre und sagt auch ein mann, leute seinesgleichen u. s. f. die anwendbarkeit auf unpersönliches zeigt die oben angeführte stelle 1 Sam. 21, 9. vgl. meinesgleichen oben theil 6, 1915. J. Paul wagt die bildung seines ungleichen: er (ein fürst) hat schon von seines gleichen her keinen andern ton gewohnt als den geselligsten, der nichts stärker fürchtet, als sich oder andere zu verstimmen, wie vielmehr folglich von seines ungleichen! freiheitbüchl. 131.
quâdun iogilîcho theiz wâri sîn gilîcho.
3, 20, 36;
diu schrift niender rüeret,
sît dehein bischof wesen begunde,
daʒ ie iemen sînen (des Servatius) gelîchen erfunde.
Servatius 610;
dâ von wart er gelobet baʒ
danne kein sîn gelîche.
Lanz. 136;
und dô der arme Heinrich
allrêrst verstuont sich
daʒ er der werlte widerstuont,
als alle sîne gelîchen tuont.
a. Heinr. 136.
ain ritter an des künges hof,
wa findt man sein geleichen?
hist. volksl. herausg. von nr. 107, 45 (15. jahrh.).
η)
aber auch zum ausdruck feindlicher beziehung: ih habo uernomen, daʒ mîn sponsus erlôibet habet sînen unte mînen uîenton, daʒ sie mih besûochen. 73, 4 Seemüller; doch waʒ er (der bischof) sinen vienden gar harte. d. städtechron. 8, 93, 6 (Straszburg, Closener); jm (Juda) müsse wider seine feinde geholffen werden. 5 Mos. 33, 7;
sie wolden in gote irsterben,
oder den sig erwerben
an sînen vienden mit craft.
Ludwigs kreuzf. 2336.
θ)
in bezug auf den körper und körpertheile einer person, von der die rede ist: huuer uuac himilâ sîneru folmu. Isidor 19, 10 Hench; mit zuuêm (flügeln) dhecchidon sîn (gottes) antlutti enti mit zuuêm dhecchidon sîne fuoʒssi. 20, 7. 8; gioffonôta sih thô sliumo sîn mund inti sîn zunga. Tatian 4, 12; cusser mih mit demo cusse sînes mundes. 1, 1 Seemüller; sîne ôigen sint samo tûbon bî den rinnenten bachen. 89, 1; sîn bûch ist helphenbêinin. 93, 1; der uuîn, den du mêinest, der zimet mînemo trûte zetrinkene unte sînen lefson unte sînen zenen ze itdrukkene. 124, 2. 3; alle ende der erde sein in seiner (gottes) hand. bibel von 1483 284ᵇ (ps. 94, 4); den selben (einem gehenkten abgehauenen) schenkel er darnach, so er bettlet, an stat sins rechten schenkels .. schicklich kunt fügen. facet. (1486) 2 (79 Keller); da huob der gepur erst uff sine ougen gen himel. 14 (96 Keller); seine beine sind wie marmelseulen, gegründet auff gülden füssen. seine gestalt ist wie Libanon, ausserwelt wie cedern. seine kele ist süsse und gantz lieblich. hohel. 5, 14—16; als er (der reiche) nu in der helle und in der qual war, hub er seine augen auff, und sahe Abraham von fernen, und Lazarum in seinem schos. Luc. 16, 23;
ähnlich, wenn sein in verbindung mit einem substantivischen begriff die rückbeziehung auf etwas unpersönliches vermittelt, von dem dieser begriff ein theil ist: du solt auch einen tisch machen von foern holtz .. und solt vier gülden ringe dran machen, an die vier ort an seinen vier füssen. 2 Mos. 25, 26;
sîn ougen er dâ wenken zuo den gesten lie.
Nib. 85, 2;
von vilze truoc er eînen huot
und zwêne schuohe rinderîn,
die wâren zuo den beinen sîn
mit riemen dâ gebunden.
troj. krieg 1658;
die stund', da sie (die geliebte) verschieden war,
wird bang dem buben, graus't sein haar.
1, 131;
in seinen armen das kind war todt.
184;
und das mädchen steht gefangen,
und sie weint zum erstenmal;
sinkt zu seinen (des gottes) füszen nieder.
253;
ein glockenklang erschallt in seinen ohren.
13, 178;
soll er wirklich seinen augen trauen?
191.
ich schnitt in seine (des baumes) rinde
so manches liebe wort.
1 (1837), 129.
ι)
ebenso in bezug auf das innere, geist, seele, gemüt: guot man fon guotemo treseuue sînes herzen frambringit guot. Tat. 41, 5; under den was ein münch, der siner sel hail basz betrachtet. facet. (1486) 8 (88 Keller); das haben wir an unserm bruder verschuldet, das wir sahen die angst seiner seelen, da er uns flehet, und wir wolten jn nicht erhören. 1 Mos. 42, 21; er glaubte, die pflichten der freundschaft und der tugend verböthen ihm, ihnen sein herz zu entdecken. 1, 82;
swer an rehte güete
wendet sîn gemüete.
Iwein 2;
sein geist war ganz dahin gebannt.
13, 128;
wir nahmen keinen auf, den, jung an jahren
sein herz zu früh der welt entsagen hiesz.
182.
κ)
von eigenschaften und fähigkeiten: arquâmun thô alle thie inan gihôrtun ubar sînan uuîstuom. Tatian 12, 5; welcher ist unter euch, ob er schon darumb sorget, der da künde eine elle lang seiner grösse zusetzen? Luc. 12, 25; wenn nu hie
ein zenkischer sophist seine spitzige klugheit zu beweisen sich aufmecht. 3, 79ᵇ;
bei unpersönlichem träger der eigenschaft: vierecket sol es (das schild) sein und zwifach, eine hand breit sol seine lenge sein, und eine handbreit seine breite. 2 Mos. 28, 16.
sîn manlîchiu kraft
behielt den prîs in heidenschaft.
Parz. 15, 15.
λ)
von körperlichen und geistigen zuständen, von bethätigung, äuszerung der in rede stehenden person, wobei sein oft das subject eines in dem subst. liegenden verbalbegriffs bezeichnet: chimanacfaldit uuirdhit siin chibot. Isidor 22, 14 Hench; huuanda ni uuardh ir ęr Dauides dode nibu after sînemu dôde chiforadodot zi aruuehhane. 39, 2; dicco gehîeʒʒer mir sîne cuonft per prophetas. 1, 2 Seemüller; sîne sprunge tet er durh mînen uuillon. 35, 5; an den er die (tugend) uindet, unter den ist sîn uuesan. 46, 10; mîn uuamba erbibeneta ze sînemo anagriffe. 79, 2; daʒ ih ze sîner frûintschefte nîene quam ullis praecedentibus meritis, sunter okkeret gratuita gratia illius. 97, 6; gott, der da reich ist von barmhertzigkeit, durch seine grosse liebe, da mit er uns geliebet hat. Ephes. 2, 4; da waren gar wenig, so zuͦ dem rechten schiffmann rüfften, welcher mit seinem betröuwen wind und meer augenblicklich stillen kundt. rollwagenbuch 11, 18 Kurz;
in beziehung auf persönlich gedachtes:
auf unpersönliches: troj. krieg 1152 (die stelle s. oben unter 4, m);
waʒ hulfe in dan sîn vrechiu ger?
Parz. 32, 6;
wan daʒ grôʒ jâmer under sluoc
die hœhe an sîner freude breit,
sîn minne wære ir vil bereit.
84, 17;
des twang in art und sîn gelust.
118, 27;
unerlœset pfandes
stuont sîn ellenthafteʒ lebn.
344, 25;
wie unser her Jhesus Crist
noch Johanni kommen ist
und sines predigens begann.
Alsfeld. passionssp. 67 Grein;
uber die vögel sein zorn ergrimmt.
Esop 1, 80, 9 Kurz;
dem schöpfern selbs für sein getrewe gunst,
für sein endlose lieb, mit aller lieb, trew, kunst
solt du (seele) mein lebenlang lobsingen.
303;
der könig, dem das lied gefiel,
liesz, ihn zu ehren für sein spiel,
eine goldne kette reichen.
1, 178;
seiner umarmung gedenket sie gern.
274;
wo einer fiel, seh' jeder seinen fall.
13, 137;
ein jeder soll nach seiner lust genieszen.
177;
und so ist uns sein ganz gewisses scheiden
geheimniszvoll und voller bittren leiden.
181;
was ist der mensch, warum kann er sein leben
umsonst, und nicht für einen bessern geben?
182;
doch eben ward sein reden unterbrochen.
187;
hoch ist sein schritt, fest ist sein tritt.
47, 61.
der morgen kam: es scheuchten seine tritte
den leisen schlaf, der mich gelind umfing.
1, 3;
hier sieht er einen feuerfarbnen drachen,
der seinen durst in wilden flammen stillt.
13, 189.
μ)
von dem, was durch die in rede stehende person hervorgebracht ist, was von ihr herrührt: gotes gheist ist sprehhendi dhurah mich, endi siin uuort ferit dhurah mîna zungun. Isidor 14, 10 Hench; das were on sin schuld beschehen. facet. (1486) 54 (155 Keller); erkennet heute ... seine (gottes) zeichen und werck, die er gethan hat unter den Egyptern. 5 Mos. 11, 3;
in beziehung auf unpersönliches:
si widerwürkent sîniu (gottes) werc und felschent sîniu wort.
33, 27;
seine wort' und werke
merkt' ich.
1, 237;
wie ihr's mögt in seinen schriften lesen.
13, 127.
ich träumt' in seinem (des lindenbaums) schatten
so manchen süszen traum.
1 (1837), 129.
ν)
aber auch von dem, was auf die in rede stehende person wirkt, sich auf sie erstreckt, so dasz sein das object eines in dem substantiv liegenden verbalbegriffs bezeichnet: ih uuil ioh den gedingon an in haban, daʒ ih mîne mûoter Synagogam, diu mih êrest ze gelôiben brâhta, mit sînero helfo abo noh
uuidere ze sînemo gelôiben bringe. 48, 39 Seemüller; ih besueron iuuih, iunkfrouuon ze Hierusalem, ob ir mînen uuine uindet, daʒ ir imo kundet, daʒ ih sînero minnon siechon. 85, 3; ich wil den herrn loben alle zeit, sein lob sol jmerdar in meinem munde sein. ps. 34, 2;
ganz gewöhnlich so bei den verbalsubstantiven auf -ung, soweit sie zu verben gehören, die eines persönlichen objects fähig sind: seine ermordung, verherrlichung, erniedrigung, vergewaltigung.
nâch sînem willen ich gerne var
durch sîne liebe, swar er wil.
Wigal. 225, 24;
darumb auch jhr geschöpff, des meers, der lufft und erden,
bewöget durch den flug, das schwimmen und den gang,
die jhr ausz staub gemacht zu staub solt wider werden,
erklinget sein gesang (singt gottes lob).
305;
ihr grosse wunder-thier, jhr schröcklich böse drachen,
und jhr land-gleiche fisch, verlasset den abgrund,
mit meer verschlingendem, meer-auszgiessendem rachen,
sein lob zu machen kund.
ebenda;
der Houdart, den ich mir zum muster nie erlesen,
ist nicht so grosz, auch nicht so klein geweser,
als Fontenell' und Rousseau ihn gemacht.
sein tadel wird noch itzt von vielen nachgeschrieben,
die blosz die kunst des mitbejahens üben,
und lachen, wenn ein andrer lacht.
1, 104;
diesz
hat alles zwischen uns verändert; hat
mit eins ein seil mir umgeworfen, das
mich seinem dienst' auf ewig fesselt.
2, 252;
wir hören dann aus seinem eignen munde,
wie wunderbar die vorsicht ihn geführt:
wir merken auf, damit die sichre kunde
im kleinsten auch die nachwelt nicht verliert;
auch sorgen wir, dasz einer fleiszig schreibe,
und sein gedächtnisz rein und wahrhaft bleibe.
13, 183;
ich hab' in seinem dienst mir was erworben.
Piccolom. 4, 4.
ξ)
ebenso ist das verhältnis, wenn das substantiv ein nomen agentis eines objectiver ergänzung fähigen verbs ist: sein ankläger, der ihn anklagt; sein verräter, der ihn verrät: Eurylas sagte weiter, gleichwohl hätte sich dieser rechtschaffene kerle über ihn beschwert, als were er sein verräther gewesen. erzn. 101 neudruck. ähnlich dann auch sonst, wo das subst. eine person nach einer thätigkeit bezeichnet und gemeint ist, dasz ihr thun die in rede stehende person trifft, angeht: sve kampliken grüten wille enen sinen genot, die mut bidden den richtere, dat he sik underwinden mute enes sines vredebrekers to rechte, den he dar se. Sachsenspiegel 1, 1, 63, 1 Homeyer; unnd wo einer so arm were, sein dieb nicht mocht richten, wenn er den beschreit hat fur sin diep unnd eines gantzen landes đieb, so sal die gemein den richten lassen. weisth. 3, 593 (Franken, von 1500);
der mit ausgespannten armen
unser wartet,
die sich ach! vergebens öffnen,
seine sehnenden zu fassen.
2, 56;
er sprach zu seiner verwunderten also.
40, 305.
ο)
allgemein von dem, was als zu der in rede stehenden person oder sache gehörig, ihr zukommend, sie angehend, berührend, mit ihr in beziehung stehend bezeichnet werden soll.
αα)
sein name: endi uuirdit siin namo chinemnit uundarliih. Isidor 22, 11 Hench; der herr wird seinen (des götzendieners) namen austilgen unter dem himel. 5 Mos. 29, 20; lobe den herrn meine seele, und was in mir ist, seinen heiligen namen. ps. 103, 2. in beziehung auf unpersönliches: und đer mensch gab einem jglichen vieh, und vogel unter dem himel, und thier auff dem felde, seinen namen. 1 Mos. 2, 20;
(du sollst) frummkeit und tugend bieder preisen,
das böse mit seinem namen heiszen.
13, 127.
ββ)
seine kleidung, nicht so häufig in der bedeutung: die kleidung die er besitzt, die sein eigenthum ist, als: die er trägt: Jacob zureis seine kleider. 1 Mos. 37, 34;
sprichwörtlich: einem ieden narren gefällt seine kappe. 2, 575.
wenn der uralte
heilige vater ...
segnende blitze
über die erde sä't,
küss' ich den letzten
saum seines kleides.
2, 84;
in seiner werkstatt sonntags früh
steht unser theurer meister hie,
sein schmutzig schurzfell abgelegt,
einen saubern feyerwamms er trägt.
13, 125.
γγ)
von örtlichen bestimmingen: siin hôhsetli scal uuesan festista untazs in euun. Isidor 38, 2 Hench; dô der kuning gesaʒ ûffe sînemo stûole. 19, 1 Seemüller; daʒ bette veri Salomonis, daʒ ist Ecclesia; in iro ruͦouuet er, also der man in sînemo bette. 51, 7; Abraham keret wider hin an seinen ort. 1 Mos. 18, 33; diser red lachten alle umbstender und auch der artzet, nam urlob und zoch seins weges wider zuͦ hausz. rollw. 107, 26 Kurz; er mag seine wege (im gemeinen leben seiner wege) gehen. Adelung;
vgl. auch seinerseits. in beziehung auf unpersönliches, thiere
sächliches: das messer sy üwer, doch mit dem underschaid, das es nicht dester minder da an siner stat belib hangen! facet. (1486) 25 (111 Keller); stecke dein schwert an seinen ort. Matth. 26, 52; er warf das papier an seinen ort. erzn. 57 neudruck;
freier, etwas an seinen ort stellen, an seinem ort gestellt sein lassen, wie 'dahin gestellt sein lassen': ob es aber mir zur seligkeit und gesundheit gereichet, stelle ich an seinen ort. 1, 64; ich lasse dieses an seinem orte gestellet seyn. 96; ob dieses von euch oder den druckern nicht in acht genommen sey, das stelle ich an seinen ort. 796.
als stünd' in seiner capelle
der würdige pfaffe schon da.
1, 104;
so rennet nun alles in vollem galopp
und kührt sich im saale sein plätzchen.
197;
der künstler freuet sich seiner
werkstatt, wenn sie um ihn immer ein pantheon scheint.
274;
denn ein gott hat
jedem seine bahn
vorgezeichnet.
2, 64;
wer nie die kummervollen nächte
auf seinem bette weinend sasz.
122;
ein jeder steht betäubt an seinem ort.
13, 136;
hier, wo sich jeder seines weges treibt.
139.
das maulthier sucht im nebel seinen weg.
1, 177;
du hast das firmament an seinem ort erhöht.
Hirzel.
4 δδ)
von zeitlichen bestimmungen: seine zeit, seine tage, die zeit, wo er lebt, die er zur verfügung hat: seine tage sind gezählt; seine zeit ist gemessen. adverbial: Hainrich Hämmerly, by sinen zyten gaistlicher rechten gar ain gelarter man. facet. (1486) 7 (87 Keller); er was in seinen tagen nit vil gewandret. rollw. 120, 6 Kurz; sein tage hat er nicht so oft nach den sennen gesehn, als neuerdings. 11, 7; sein tage dann formelhaft auch in allgemeinerer anwendung: wo ist sein tag je erhört worden, dasz der lehrjung das handwerck besser verstehe als der lehrmeister? Simpl. 1, 417, 14 Kurz; wenn ich auf schläge was gegeben hätte, wäre sein tage nichts aus mir geworden. 8, 242:
vgl. auch seine, seiner lebtage oben theil 7, 470. zu seiner zeit geht auch auf die zeit, über die einer die gröszte verfügbarkeit hat, mit der er den engsten zusammenhang hat, zu der er blüht: der alte sagte, zu seiner zeit sei das anders gewesen. in beziehung auf unpersönliches: der ist wie ein bawm gepflantzet an den wasserbechen, der seine frucht bringet zu seiner zeit. ps. 1, 3; ein wort geredt zu seiner zeit, ist wie ein gülden epffel in silbern schalen. sprüche Sal. 25, 11; ein jglichs hat seine zeit, und alles fürnemen unter dem himel hat seine stund. pred. Sal. 3, 1. sprichwörtlich: alles zu seiner zeit. 2001. adverbial auch seiner zeit: ich habe dir das seiner zeit erzählt; ich werde dich seiner zeit daran erinnern.
ein helt ward sein tag nie so stark (wie er).
fastn. sp. 279, 20 Keller;
doch ach mit allen specereyen
werd' ich sein tag kein mädchen mehr erfreun.
1, 164.
εε)
von dem, was als gegenstand einer thätigkeit oder eines interesses erscheint: sîn muos uuas heuuiskrekco inti uuildi honag. Tatian 13, 11;
er hat endlich gelegenheit bekommen, sein Italien mit leiblichen augen zu sehen. so natürlich auch von personen: der dichter läszt seinen helden viel wunderbares erleben; er kennt seinen Goethe; seinen Homer studiren, ist überhaupt eine redensart, bei der mich alle mal ein heimlicher unwille anwandelt, sie ist das rechte losungswort der galanten, prächtigen, denen im herzen nichts über einen musenalmanach
geht. seinen Homer? ja, ich glaube fast', was mancher studirt, ist sein Homer: der gesprächige erfahrungsvolle alte, verstellt und verzerrt durch das brechende mittel des stockigen, unerfahrnen krafthasen, der ihn studirt: und so hat freilich jeder den seinigen. 4, 199.
wer nie sein brod mit thränen asz.
2, 122;
man steht am fenster, trinkt sein gläschen aus.
12, 51;
ζζ)
von der thätigkeit selbst, sofern sie als in besonderer beziehung zum ausübenden stehend, seiner art, seinem interesse entsprechend bezeichnet werden soll: er hat nur seinen scherz mit dir treiben wollen. Adelung, aber auch sofern sie in solcher beziehung steht zu dem, auf den sie sich richtet: er wird schon seine schläge bekommen.
ηη)
so dann auch sonst zum ausdruck eines solchen verhältnisses: sein recht ist das einem zukommende recht; sein theil der ihm zukommende theil. man sagt nd. von einem trinker, der genug hat: he hett sin deel, von einem der zuviel hat: he hett en bitjen meer as sin deel. 4, 103. etwas hat seine ordnung, seine richtigkeit, die gebührende. in älterer sprache: er kleidet sich auf sein ungerisch, utitur vestitu patriae suae Ungariae. 2, 261ᵃ. verblaszter, doch so, dasz die zugehörigkeit besonders betont erscheint: da hatt ich neben meinem hausz einen graben, der, wie wenig, seine acht schuh breit war, wo wir buben uns in die wette bemühten hinüber zu springen. räuber schausp. 1, 2; ein baum, der .. seine dreyhundert jahre dauert, ist wohl der verehrung werth. 27, 76; das ist seine drei thaler wert; das kostet seine hundert thaler. ähnlich: er war ein so guter stiller mensch, der mich ernähren half, seine schöne hand schrieb. 16, 137. auch in beziehung auf sächliches zugehörigkeit hervorhebend: ein prang-bett mit seinen schönen vorhängen. deutsch-it. dict. 2 (1702), 760ᵇ; ein güldner becher mit seinem deckel. 2, 261ᵃ.
6)
im eigentlich prädicativen gebrauch, wo nicht ein vorhergegangenes subst. zu ergänzen ist (wie: das ist nicht mein hut, das ist seiner) und sein in der regel unflectiert erscheint (in älterer sprache und mundartlich auch in schwacher flexion, als seine), herrscht streng possessive bedeutung vor: das haus ist nicht sein, aedes, quas possidet, non sunt ejus. 2001; auf geistige aneignung deutend:
so auch meist in bezug auf personen den begriff des eigenthums scharf betonend, in geistigem sinne:
auf etwas persönlich gedachtes gehend:
geschlechtliche hingabe bezeichnend: Julia .. da lächelte er und antwortete: sei nur erst mein, und du wirst klar sehen! ich ward sein! ich ward es erst nach den heiligsten schwüren, von denen gott selbst wohl nicht geglaubt hat, dasz sie gebrochen werden könnten, aber ich ward's! 2 (1891), 197. sein sein mit zurückbeziehung auf das subject, die volle verfügbarkeit über sich haben, herr über sich sein, in bezug auf selbständigkeit in der lebensstellung, unabhängigkeit, sprichwörtlich: wer sein kan seyn, der diene keinem. (1716) bei 4, 524;
aber auch in rein geistigem sinne, herr über sich sein: doch auch im gröszten schmerz noch sein. Gellert bei Adelung; in flectierter form:
ähnlich in der regel von einer eigenschaft, bethätigung, obliegenheit u. dgl., so dasz die person nicht blosz als subject derselben bezeichnet, sondern hervorgehoben werden soll, dasz gerade ihr und nicht einer andern das ausgesagte eigen ist: ich halte mich an den gewissenhaften mann, von dem sie (die angeredete) abhängen. sein ist die verantwortung. 3 (1802), 103. ebenso mit besonderem nachdruck in wendungen wie: er hat einen kopf, der sein ist, ist eigensinnig. deutsch-ital. dict. 2 (1702), 760ᵇ.
über die verbindung sein gehören s. oben theil 4, 1, 2, 2508 ff., wo belege gegeben sind: recht im gegentheil geht Egmont einen freien schritt, als wenn die welt sein gehörte.
Egmont 1, 2 handschrift (im druck ihm gehörte). vgl. Weim. ausgabe 9, 348.
er hätt' ein auge treu und klug,
und wär auch liebevoll genug,
zu schauen manches klar und rein,
und wieder alles zu machen sein.
13, 125.
wer auch nur eine seele
sein nennt auf dem erdenrund.
4, 1;
jeder heiszt dich (die wahrheit) sein.
1, 5.
ehe denn er diente einem herren;
wolt er ein schelm und böszwicht sein.
wer sein könt sein, der diente keim.
froschm. (1595) X 6ᵇ;
ein geist musz in der lust der sichern freyheit leeben,
der etwas freyes thun, und an den tag soll geeben.
musz still' und seine seyn.
96.
7)
in rein substantivischer anwendung geht der plur. ahd. thie sîne, mhd. die sîne, seltener unflectiert die sîn oder mit schwacher flexion die sînen auf personen und bezeichnet meist solche, die sich in abhängigkeitsverhältnis zu der in rede stehenden person befinden:
wir gebrauchen die seinen nicht oft in dieser art. der ausdruck schlieszt für uns eine innigere beziehung in sich, die wir in solcher anwendung nicht erkennen. wol ist es noch allgemein üblich in bezug auf das verhältnis der menschen zu gott, Christus, das ja auch als abhängigkeitsverhältnis gefaszt werden kann. so auch schon mhd.: unde dô er (Christus) als reineclîche geborn wart von mîner frouwen sant Marîen, daʒ wart er dar umbe, daʒ er erlœsen wolte die sînen, die sô lange gebiten und in so lange an geruofet heten und ouch die dâ sît geborn solten werden, daʒ sîn wir kristenliute. 1, 291, 24;
sprichwörtlich: gott verlesset die seinen nicht. sprichw. (1534) 99; ähnlich:
gott gibt's den seinen im schlafe, nach ps. 127, 2: denn seinen freunden gibt er's schlafend. gefl. w. (1880) 20. von den jüngern Christi:
von denen, die dem teufel ergeben sind:
seltener geht der ausdruck mhd. auf zugehörigkeit, verbundensein in allgemeinem sinne:
nhd. geht es in der regel auf zugehörigkeit, und zwar meist auf familienzugehörigkeit, im älteren nhd. gelegentlich noch unflectiert:
er wollte den seinen die schlimme nachricht vorenthalten (dabei kann er irgend ein männliches familienglied bezeichnen). sprichwörtlich: einem jeden sind die seinen lieb. 2 (1605) T 4ᵃ. in gleichem sinne wie die sîne begegnet ahd. mhd. auch einfaches sîne:
und so gilt nhd. seine im volksmunde noch für seine leute, angehörigen. der sîne ist mhd. bezeugt in der bedeutung 'ebenbürtiger kämpfer':
auszerdem erscheint es in unpersönlicher anwendung verhüllend für penis:
nhd. gilt der seine lediglich in persönlichem gebrauch und bezeichnet ein enges ergebenheitsverhältnis: will er das durchsetzen, so bin ich der seine, so darf er dabei über mich verfügen, auf meine hülfe rechnen. die seine kann ebenso gebraucht werden, geht aber besonders auf hingabe oder verbundensein in liebe:
sie ward die seine, gab sich ihm in liebe hin, heiratete ihn. einfaches seiner, seine bezeichnet im volksmund auch den herrn, die herrin, seine daneben die geliebte, die gattin.
mir (Porus) ne geswîchen di mîne
ih tribin (Alexander) und di sîne
wider heim ze lande.
Alexander 4211 Straszb. handschr.;
dô reit darzuo mit schalle
Artûs mit den sînen.
Parz. 764, 25;
Anfortas und die sîn
noch vor jâmer dolten pîn.
787, 1;
dô sich der starke Titurel mohte gerüeren,
er getorste wol sich selben unt die sîne in sturme gefüeren.
Titurel 1, 2;
die man hieʒ die sîne (leute des königs),
die prüef ich alsus mit der zal.
Willeh. 10, 10;
ein vürste niemer kan genesen
wellent im die sîne vient gewesen.
72, 10;
daʒ (was der könig that) was al der sînen spot.
Bartaam 44, 18.
er (gott) heiʒʒet dir (Pharao) sagen daʒ negeturren wir verdagen:
du habest dir die dîne unde læʒʒest im die sîne.
exodus 132, 5 Diemer;
den sîn half er (gott den juden gegen Pharao) ûʒer nôt.
Rolandslied 204, 17;
Jesus will die seinen decken,
wenn kanonen schrecken.
wunderhorn 1, 173 Boxberger (um 1700).
dann gott läpt noch, das sag ich dir,
er hat die synen nie verlan.
Susanna 269 Geszler.
er (Christus) after thiu gidougno, nales ofono thô,
fuar thara mit then sinen zen stetin filu wîhen.
3, 15, 36.
er (der teufel) thâr niheina stigilla ni firliaʒ ouh unfirslagana,
then ingang ouh ni rîne, ni sî ekordi thie sîne,
thier in themo êristen man mit sînen luginon giwan.
2, 4, 10.
wider zuo den sînen kom Îrinc wol gesunt.
Nib. 1991, 1;
wande er die sînen sach
fürhteclîche entwîchen.
Erec 2643.
nun ist beschlossen von der gemein,
dasz der könig und all die sein
nimmermehr gehn Rom sollen kommen.
Keller;
347, 1 in sînes (könig Ludwigs) selbes brusti ist herza filu festi;
managfalto guati: bi thiu ist sinen er gimuati.
Ludw. 16;
gibot thô druhtin sînen (Christus seinen jüngern) thaʒ wola sie thes giîlen,
thie liuti thes firwâsin, thie brosmun thâr gilâsin.
3, 6, 45;
(Alexander) sprah zô sînen ubir al.
Alex. 2780 Straszb. handschr.
dô sluoc der hêrre Sîfrit (im kampfe mit Liudgast) daʒ al daʒ velt erdôʒ.
dô stoup ûʒ dem helme, sam von brenden grôʒ,
die viwerrôte vanken von des heldes hant.
ir ietweder den sînen an dem andern vant.
Nib. 185, 4;
ieglîcher den sinen nam,
als es vil wol rittern zam.
krone 27000.
sî hete den sînen in der hant.
gesammtabent. 2, 80, 212 Hagen.
nun begrüsz' ich sie sogleich,
sie die einzig eine.
jeder denke ritterlich
sich dabei die seine.
1, 135;
8)
das rein substantivische das seine, mhd. regelmäszig mit starker flexion daʒ sîn (daʒ sîne, vom eignen haus in einer quelle des 14. jahrh. bei mhd. handwb. 3, nachtr. 365), gelegentlich im obliquen casus unflectiert, so auch noch frühnhd., kann heute wie früher das eigenthum in concretem sinne bezeichnen, das seyn, sein eigen guͦt, suum 369ᶜ: heft em (dem herrn) ok sin man des sinen wat to borge dan. Sachsenspiegel (richtsteig lehnrechts) 2, 1, s. 412 Homeyer; szo einer das sin vorloren unnd dem diebe uff frischen fusse nach volgt, das sin widder erbringet, so fern ess das sin were, der solt sich billich widder halden zu dem sin. weisth. 3, 593 (Franken, von 1500); das sein haben und behalten, suum tenere. 369ᶜ; ausz dem seinen gäben, von seinem gelt auszgäben, seinem seckel die riemen ziehen, de domo numerare. ebenda; eim anderen das sein verthuͦn, conficere argentum alicuius. ebenda; einen umb das sein bringen, dasselbe. ebenda;
sprichwörtlich: ein yeder wartte des seinen, und lauffe nicht ferne. sprichw. (1534) 141; wer das sein nit kündig helt zurath, der wirt nit reich, sein wirt nit rath. sprichw. 2 (1541), 52ᵃ; das sein ist nit sein, er sparts einem andern. 112ᵇ. das seine in freierer syntactischer fügung wie 'eigenthum': erwerbung durch die that eines anderen, zu der ich diesen nach rechtsgesetzen bestimme, ist also jederzeit von dem seinen des anderen abgeleitet. 5, 76; der act der vereinigten willkühr zweier personen, wodurch überhaupt das seine des einen auf den anderen übergeht, ist der vertrag. 77. ähnlich: das seine ist allezeit das feine, suum cuique pulchrum. 2001. daneben zeigt das seine die bedeutung des einem zukommenden, gebührenden:
ebenso in der verbindung jedem das seine, übertragung von suum cuique. vgl. gefl. w. (1880) 280. so auch in bezug auf handlungen, das seine thun, wozu man verpflichtet ist, was von einem erwartet werden kann, sprichwörtlich: jeder soll das seine thun, so wird es wol im hause stan. Lehmann bei 4, 525, 17 (eigentlich wol verse mit dem reime thōn [dōn]: stōn), in beziehung auf unpersönliches, schwäbisch: der wein thut das sein (wol auch als verse gedacht), macht beredt, offenherzig, mutig. 622. noch anders, wie 'sein vortheil, ruhm':
selten begegnet in rein substantivischem gebrauch stark flectiertes sein ohne artikel: wer mit seinem, obs gleich geringe ist, vor lieb nimmt. Witzenbürger 3, 185;
daʒ er im land und burge gebe
und al daʒ er des sînes wolte.
Rolandsl. 278, 15;
der bôt im des sînes
ze gebenne swaʒ er wolde,
daʒ er vride haben solde.
Parz. 658, 12;
in und umb und uff dem sin
sig hertzog Lüpolt erschlagen,
das tund die herren ennert Rhin
von den eidgnossen sagen.
histor. volkslieder herausg. von 1, nr. 34, 54;
wer Cresus arm, und wis gesyn,
er hett behalten wol das syn.
narrensch. 83. 93 Zarncke;
Avar stirbt, und vermacht dem hospital das seine,
damit sein erbe nicht verstellte thränen weine.
1, 27.
ir sult vil rehte nemen war,
daʒ ir dem keiser gebt daʒ sîn.
Seemüller;
471 ther fon imo (sich) saget waʒ: ther suachit io thaʒ sinaʒ,
wilit thes gigâhen thaʒ sînaʒ io gihôhen.
3, 16, 19.
er (der teufel) wolta in alawâri thaʒ er (Christus) ouh sîn wâri;
thô ni ward imo ther sand, ouh wiht thar sînes ni fand.
2, 4, 16.
9)
auch in neuerer sprache begegnet eine neutrale substantivische verbindung, die sein ohne flexion zeigt, aber in besonderem sinne. es bezeichnet das, was den namen 'sein' hat, das ganze einer zugehörigkeit:
o denk! o denke
wem du gehörest!
wie es uns kränke,
wie du zerstörest
das schön errungene
mein, dein und sein.
41, 235.
10)
besondere verbindungen.
a)
einem von einem folgenden subst. abhängigen gen. der eigenheit wird sein ebenso wie ihr (vgl. dies oben theil 4, 2, 2053) heute nur in volksmäsziger sprache, früher aber auch in der schriftsprache pleonastisch oder nachdrücklich beigefügt: des löners sin tag. 4. bibelübers. Hiob 14, 6 bei gr. des 15.—17. jh. 3, § 110; die kinder bedeuten eines jeden menschen seinen nechsten. christenth. (1610) 298; in eines artztes sein stambuch. 273; mit Solanders seiner keuschheit. polit. stockfisch 118; des Esau sein hasz ist ein grosse sünd gewest: des Cain sein neyd ist ein grosse sünd gewest: des Aman sein hoffart ist ein grosse sünd gewest: des Achan sein diebstal ist ein grosse sünd gewest; aber noch eine grössere sünd ist die undanckbarkeit deren kinder gegen jhre eltern. Judas 1, 101; (sie) fuhren auf des ambtmanns sein gut. unw. doctor 132; wenig tage nach des herrn grafen seiner abreise, fing sie auf unser bitten an, starb mein gemahl an dem zurückgetretenen podagra. 4 (1775), 406; wer des Regnard seine unvermuthete wiederkunft gelesen hat, der hat von diesem stücke (Mostellaria) eine glückliche nachahmung gelesen. 3, 26; (ihr) bringt ja des teufels sein gepäck! 8, 149;
ebenso bei pronominalem genitiv: sitte by dem stene des syn name is Esel. bücher der könige 43 Merzdorf; de drudđe kif der heiden de was darynne wart gheslaghen Goliath des sin sper was ghestalt also ene schotspole der wevere. 112; di schritte aines tuͦgentsamen mannes seint bestettet vom herren: uͦnt er hat luͦst an des seinem wege. ps. Q 4ᵇ; dessen
(des alten) sein weisses haar solte nebenst der Argenis weissen antlitze den schnee selber beschämet haben, wann jhn der himmel mit grossen flocken herab wirfft. Arg. 2, 228; worin nämlich jeder seine glückseligkeit zu setzen habe, kommt auf jedes sein besonderes gefühl der lust und unlust an. 4, 124;
selten folgt sein nicht unmittelbar auf den genitiv: sälig ist das volck des der herr ist sein got. 4. bibelübersetzung ps. 33, 12 bei gramm. des 15.—17. jh. 3, § 110; sanctus Joannes spricht. er ist der do noch mir zuͦkünfftig ist, und vor mir gemacht ist, des ich nit wirdig bin syn schuͦchriemen uff zuͦthuͦn. bilgersch. 50ᵃ; (ich) ritte vor desz herrn, der mir das geld auszahlen solte, sein haus. unw. doct. 402;
statt des genitivs erscheint auch der dativ. in fällen gleich den folgenden kann daher der casus zweifelhaft sein: der herr hatte Samuel seinen ohren offenbart einen tag zuvor, ehe denn Saul kam, und gesaget ... 1 Sam. 9, 15;
den anlasz zum freieren gebrauch des dativs in solcher art bieten fälle, wo er zwar vor sein steht, aber eigentlich von einem verb abhängt, wo sich dann secundär ein näheres verhältnis zwischen dem dativ und sein entwickeln kann: der Herculi sîniu rinder ferstal. Boeth. 211ᵃ; Amon der het dem Absolon sein schwester geschwecht. granatapf. f 5ᵃ; von stund an, ward dem Alexander sein hertz getroffen. gg 5ᶜ; einer schendet dem andern sein weib. Hesek. 33, 26; nit lang darnach fiel aber ein pestelentz in und starb d. Hervagio sin corrector Jacobus Ruͦberus. 83 Boos; und starb dero zit dem abt sin bruder. 1, 191ᵇ;
daran schlieszt sich dann eine freiere rein attributive verwendung des dativs in verbindung mit sein: denn gegen dem seine weisheit ist die seinige kinderpossen. 3, 41;
mundartlich ist besonders diese dativische fügung heute verbreitet, wobei allerdings oft der dativ wegen seiner formellen angleichung an den accussativ nicht mehr genau als solcher zu erkennen ist: 'n vater sei ̃ haus. kärnt. wb. 230; min vaoder sîn hôt. 192ᵃ; düssen sîn bôk. ebenda; denn sîn glas. ebenda; wek sîn stäwel iss dat? ebenda (brem. wen sin). bei personen ist dies überhaupt die gewöhnliche art mundartlicher gen.-bildung (bei fem. natürlich ihr), bei sachen tritt statt dessen meist von ein: de brêd von den gaorn iss dürttig (30) schritt. ebenda. im anschlusz an solchen gebrauch sagt man nd. auch dem et siin is, dem es zugehört. 423ᵇ: genögt dem gerichte dar nicht an, so mag sich jenne, dem de diek sien ist, vorwillkören up dem dieke to bliewen so lange, dat he em gemaket heft, so schall he sünder bräcke bliefen. weisth. 4, 705, 21 (land Hadeln, von 1439). man sagt sogar: dat 's min
sin, gehört mir, als scherzhafte antwort auf die frage wen sin is dit, dat? 4, 103, aber anscheinend auch allgemeiner. 192ᵃ.
hie (Christus) werte uns des keisers sinen zins zu geben.
Alsf. passionssp. 3685 Grein;
yr di gots seine gut' erkent,
lobsingt ym.
ps. L 8ᵇ;
ist disz ein grimmes wesen
desz Priamus sein kindt zum opffer zu erlesen
dem sohne Peleus?
1, 218, 302;
es ist noch edler blut, Polyxena, als du.
so das verhengnisz sucht: es wil auch von uns haben
den enckel Priamus, des Hectors seinen knaben,
den man von höchsten thurn' herunter stürtzen soll.
222, 402;
des Grotij gemüthe,
des Heinsius sein geist bewohnen dein geblüthe.
47;
der äuglein milder plitz,
gott Amors sein geschütz,
und die korallen-lippen
sind meine feste klippen,
und starcker ritter-sitz.
504;
o dasz nicht an dich (eine fichte) setze
noch Mulcibers sein grimm ..!
1, 193;
Pygmalions sein bild und beispiel lehrt:
dasz lieb' auch helffenbein beseelt macht und verliebt.
Sophon. 1, 523;
kam Curions sein kopf, ob schon sein vater war
des ersten keysers hertz, nicht auf sein rach-altar?
Cleopatra 1, 301;
Proc. wenn hat Augustus nicht das bündnüsz steif erfüllt?
Anton. als er des Lepidus sein theil für sich behielt.
790;
zu Rom lag noch kein stein, es glam noch kein altar,
als ich (Athen) schon Griechenlands sein augen-apffel war.
Armin. 2, 442ᵇ;
ich (ein reitknecht) habe leider nichts gethan,
als meines herrn sein vieh getreu in acht genommen.
1 (1775), 260;
kellermeister.
(den becher) der auf des Friedrichs seine königskrönung
vom meiser Wîlhelm ist verfertigt worden.
Piccolom. 4, 5;
bedienter.
ich mach' mir an des Illo seinem stuhl
deszwegen auch zu thun, so viel ich kann.
ebenda.
doch wird gott yn (den gerechten) gelifert nit begêben
in des (des gottlosen) — sein' hand.
ps. P 7ᵇ.
dem hern ich dæs wiel mein' lebtagen
um sein' gerechtikait dank sagen,
uͦnt des aller-höchsten hirob
seim hailgen namen singen lob.
ps. C 3ᵃ.
nu sihe ich rôt von bluote Hagnen sîn gewant.
Nib. 1992, 3;
o we! der (winter) zervuert uns ie
meien sîniu wunneklîchen kleider.
minnes. 1, 160ᵇ Hagen;
auch hab' ich üm Parnassen
und sein gelehrtes volk mich offte finden lassen.
hab' allen fleîsz gethan üm Phöbus seine gunst.
96;
drum ist dir (einer fichte) euch verehret
zum zeichen deiner trew das jmmer grüne kleid
das seinen schmuck behält, das nimmer nie bestreit
noch Boreas sein eisz, noch Sirius sein brennen.
1, 191.
dû uuart demo Balderes volon sîn vuoʒ birenkit.
2. Merseburger zauberspruch 2 ( denkm.³ 1, 16);
wanana ist iʒ, frô mîn, thaʒ ih es wirdig bin,
thaʒ ih druhtine sinan sun souge?
1, 5, 36;
darunder was ein schlangen (geschütz) lang,
draus traf einer dem held sein pferd
durch den hals.
Teuerdank 80, 43 Gödeke;
man wird richten ein armen sclaven
der hat eim ritter sein tochter bschlaffen.
2 (1570), 3, 94ᶜ.
gott grüsz mir dem wirt sein freulein!
das löset meine pfant.
volksl.² 448 (nr. 212), 9 Uhland;
da ist dem kerl sein platz zu beten.
es thut mir in den augen weh,
wenn ich dem narren seinen herrgott seh.
13, 82;
so ging es auch, wie's jeder schaut,
dem könig von Garba seiner braut.
56, 63.
b)
bisweilen steht sein wie ihr (vgl. dies theil 4, 2, 2053) hinter einem zugehörigen genitiv ohne ein folgendes subst. in starker flexion (nom. m. -er, n. -s), wenn nämlich ein vorhergehendes subst. zu ergänzen ist. auch diese verbindung gehörte früher der schriftsprache an und ist heute auf volksmäszige sprache beschränkt. schriftgemäsz ist heute hier das demonstrativ, das dann vor den gen. tritt: mit anbrechenden tage machte ich ein grab neben des don Cyrillo seinem. Felsenburg 1, 206; da, nimm meinen ring, verwahre ihn, und gieb mir des majors seinen dafür. 1, 573; eine so poetische einbildungskraft, als des Thomsons seine war, konnte also keine andre, als die grausesten und schrecklichsten bilder (für die schilderung des winters) darbieten. 4, 161; er verglich ihre eigene erzählung mit des Hippias seiner. 2, 215; er (Alcibiades) sprach über diesen gegenstand wie ein zweyter Socrates, und affektierte ... eine strenge, welche in dem munde dieses weisen mannes vielleicht ehrwürdig gewesen wäre, aber in des Alcibiades seinem lächerlich war. 3, 347; er (der alte) reichte ihm die hand, drückte des Emirs seine mit einer kraft, welche diesen in erstaunen setzte. 6, 89; er erzählt, als er den sechsten april 1735 unweit der factorey zu Joar spazieren gegangen, hätte er von einem thiere, dessen rumpf vermuthlich von einem löwen aufgezehrt worden, einen fuss gefunden, der dem fuss eines bavians ziemlich gleich gesehen, und mit haaren eines zolles lang bedeckt, hingegen so dick als eines mannes seiner gewesen sey. 14, 195; ihre weiber sind angenehm, zärtlich und lebhaft (sagt der p. Labat, dessen von La Rüe gezogene nachrichten in vielen stücken mit Moore's seinen ziemlich zusammen stimmen). 319; eure (Wielands) Alceste mag gut seyn ... ich bin darüber weggegangen, wie man von einer verstimmten cither wegweicht. des Euripides seine hab' ich doch ganz ausgehört, mich manchmal drüber gefreut und auch drüber gelächelt. 33, 275; bei den Römern durfte man nicht einmal seine statue höher als des kaisers seine stellen. aus des teuf. pap. 2, 47; entzückt sah Julienne es an, wenn sie etwa ... plötzlich und mit unbefangener freude mit ihrer feingeformten hand zu des jünglings seiner zurückkehrte, dem ihr händedruck nichts kleineres war als eine zärtliche umarmung. Tit. 4, 158; neue regierungen fahren mit den pferden von Aurora's wagen, welche flügel hatten; den rossen an Phöbus seinem, die den längern weg zu ziehen haben, mangeln sie. dämmerungen 22; da die schönheiten dieses urdichters (Göthes) so wie Raphaels seine, so schwer das rechte gelehrte auge finden: so ist es ein glück für die literatur, dasz man sie unaufhörlich kopiert, um sie einigermaszen zu entschleiern. vorsch. der ästh. 3, 113. ebenso nach dem genitiv eines pronomens: da der römische stuhl keine hölzernen beine weiter hat, als dessen seine, der sich auf ihn setzt. biogr. belust. 1, 153; so z. b. ist einmal aus dem ei eines fisches ein ophidier, ein ander mal aus dieses seinem ein saurier, zugleich aber aus dieses seinem ein chelonier hervorgegangen. parerga u. paral. 2, 122. auch hier kann natürlich wie bei folgendem subst. der dat. statt des gen. stehen. in der folgenden stelle liegt vielleicht ein dativ vor, der in näherer beziehung zum verb steht: Morholdt der kam jhm (Tristan) entgegen gefahren, der hefft sein schiff an, und stiesz herr Tristanten seines ferr hindan. buch der liebe 80ᶜ. in volksthümlicher sprache heiszt es dann auch: mein hut ist schöner als dem seiner u. ähnl.
c)
der unter a erwähnten verbindung nahe kommt es, wenn zu sein mit folgendem zugehörigen subst. nachdrücklich ein nachgestellter gen. hinzugefügt wird, der die durch sein angezogene person noch einmal deutlicher bezeichnet, ein seltener gebrauch: sîn êrstiʒ werch Adâmes was ein hoͮbhaft sunde. spec. eccl. 9 Kelle; sîn sêle des sæligen wîssagen erkande vil wol, daʒ diu gotes wunder nieman mak ergrunden. 28;
bisweilen erscheint hier sein geradezu vordeutend, ebenso im folgenden falle, wo es für des steht:
sîn schar, des künec Aropatîn,
mit koste geflôret muoste sîn
mit maneger sunderzierde.
Willeh. 382, 17;
(Adam) blickte zur erde nieder, aus welcher ihn gott einst aufschuf;
aber in der sein gebein, des gerichteten, in der verfluchten,
auch verwest war.
Mess. 10, 792);
4, 236 ( ruhet nicht hier sein gebein auch,
Sauls?
5, 71 (Mess. 11, 1054).
daʒ machten sîne ræte,
der ouch vroun Êven verriet,
daʒ sî von gotes gebote schiet.
Greg. 1788.
d)
zum zwecke nachdrücklicher hervorhebung wird vereinzelt auch die person, auf die sein geht, auszerhalb der syntactischen fügung im nom. vorangestellt:
der künec von Kukûmerlant,
al rôt von golde ûf sîner hant
stuont ein kopf vil wol ergrabn.
Parz. 145, 29;
von Steinahe Blîkêr
diu sîniu wort sint lussam.
Trist. 119, 13 Maszmann.
e)
die durch sein ausgedrückte beziehung wird wol durch nebensätze noch hervorgehoben. vgl. gramm. 4, 350, wo zahlreiche belege aus mhd. zeit gegeben sind, unter andern die folgenden:
daʒ mugent ir kiesen, ob ir welt,
bî sînem ampte des er pflac.
Iwein 2571;
eʒ ist mir sô umb in gewant,
daʒ er mir müese gestân
ze mîme kumber den ich hân.
4732;
sîn hôher muot der ist gelegen
und sîn gewalt den er begie.
Wigal. 219, 33.
f)
die mhd. sprache verwendet das subst. lîp mit einem possessiv statt eines einfachen personal- oder demonstrativpronomens:
dieser brauch ist heute erloschen, es können aber noch hand, fusz, mund u. dergleichen heute wie in älterer sprache ähnlich gebraucht werden:
kühner:
got haʒʒe iemer sînen lîp
der âne danc deheinen man,
der selbe wol gesprechen kan,
ze schœnem wîbe ziehe,
der sî sô sêre vliehe.
Iwein 2262;
nû durch wen möhte ein vrumer man
gerner wirden sînen lîp
danne durch sîn biderbeʒ wip?
2861;
diu verlust des guotes,
der jâmer nâch dem wîbe,
die benâmen sîme lîbe
beide vreude unde den sin.
3215.
dô greif si zuo der sîten, dâ si den porten vant,
und wold in hân gebunden: dô werteʒ sô sîn hant,
daʒ ir diu lit erkrachten, dar zuo al der lip.
Nib. 625, 2;
sô wil ich mich legen
für iuwer füeʒe nider an daʒ gras.
915, 3;
sin munt der botschefte ein wer
wurde, swenner kæme zir.
Parz. 58, 18;
bî der küneginne rîche
saʒ sîn munt gar âne wort,
nâhe aldâ, niht verre dort.
188, 21.
g)
sein vor titeln: seine majestät. sprachk. 280, gewöhnlich geschrieben se. majestät. Adelung, pluralisch: seine gnaden. a. a. o.: als .. her Otto, bischoff, do ze mal erwelter ze Costentz, min genediger herre, in alle schlosz rait, die lüt sinen genaden underwürfflich in aid ze nemen. facet. (1486) 29 (115. Keller), aber auch singularisch: ich darf mich nicht vor seiner gnaden so sehen lassen. kab. u. l. 1, 3, pluralisch nach Gottsched seine wohlgebohrnen, hochgebohrnen, hochwohlgebohrnen (sc. gnaden), heute seine (geschrieben se.), flectiert seiner (sr.) wolgeboren u. s. f., auch nach demselben seine durchlauchten (sc. gnaden), sonst auch se. durchlaucht. Adelung, und früher. vgl. durchlaucht oben theil 2, 1638.
h)
dem veralteten gebrauch von er in der anrede entsprechend, der auf der wiederaufnahme eines titels, einer ehrenden bezeichnung mittelst des pronomens beruht (vgl. er 10 oben th. 3, 698 ff.), wird auch sein in älterer sprache in bezug auf die zweite person gebraucht: seine frau, uxor tua. 2001; sein son ist da, filius tuus adest. ebenda; nach seinem gefallen, pro lubitu tuo, ebenda; ich ehre sein (tuam) hausz. 2, 261ᵃ; (präsident zu Wurm:) dasz er sich seinen nebenbuler gern vom hals geschafft hätte, glaub ich ihm herzlich gern. kab. u. liebe 1, 5. als grusz sein diener mein herr. deutsch-ital. dict. 2 (1702), 760ᵇ, sein diener! salve! dominum meum salvere jubeo. 2, 260ᵇ: Just (kehrt sich um und will gehen). sein diener! der wirt (hält ihn). nicht doch, herr Just! Just. nun gut; nicht sein diener! 1, 510; ironisch:
'ihr denket, ich sey der herr abt von St. Gallen' —
'ganz recht! und das kann von der wahrheit nicht fallen'. —
'sein diener, herr kaiser! euch trüget eur sinn:
denn wiszt, dasz ich Bendix, sein schäfer, nur bin!'
67ᵇ.
i)
sein in der alten, die bedeutung verstärkenden verbindung mit selb ist, soweit es hier formen aufweist, die für den gen. des personalpronomens vorkommen, unter 5 des vorigen nach gr. 4, 355 als gen. aufgefaszt worden. es begegnen aber auch fälle, wo sein in verbindung mit selb sich durch die flexion klar als possessiv erweist, was schon für das got. belegt werden kann. gewöhnlich steht selb dabei im gen., got. silbins, ahd. mhd. selbes, nhd. selbs und dann mit verstärkung des auslauts selbst, wobei die auffassung als gen. verschwindet: sein silbins leik frijoþ, saei seina quen frijoþ. Ephes. 5, 28 (der genitiv lautet gotisch seina); umbi dhen druhtin nerrendo Christ sîneru selbes stimnu urchundida. Isidor 19, 2 Hench; so seine (des Hebräers, der sich einem fremdling verkauft hat) selbs hand so viel erwirbt, so sol er sich lösen. 3 Mos. 25, 49; seine selbst schuld. landsiedelr. 2, 6 a (von 1571). es kann aber auch, wenigstens ahd., dabei selb formelle congruenz mit dem subst. zeigen:
bisweilen tritt zu selb in solchen verbindungen zu weiterer verstärkung noch eigen hinzu:
nhd. entwickelt sich ein adj. selbsteigen und dies kann natürlich noch wie jedes andere mit sein verbunden werden. es erscheint als verstärktes eigen, das in der verwendung mit sein sonst selb ganz verdrängt hat. sein eigen begegnet übrigens auch schon in alter zeit: daʒ er dâ eʒʒe sînes êigenen obeʒes. 73, 2; es lasse die erde auffgehen gras und kraut, das sich besame, und fruchtbare bewme, da ein jglicher nach seiner art frucht trage, und habe seinen eigen samen bey jm selbs. 1 Mos. 1, 11; er ging zu jm hin ab mit eim stecken, und nam jm den spies aus der hand, und erwürget jn mit seim eigen spies. 1 chron. 12, 23; Paulus aber bleib zwey jar in seinem eigen gedinge. apostelgesch. 28, 30; doch dieweil sein eigen neffe hiran keinen gefallen tragen könte, ward er von demselben gefangen, und listiglich umbgebracht. altes Pommern 1, 180; es ist seine eigene hand. 2001; sein eigener herr sein wollen. deutsch - ital. dict. 2 (1702), 760ᵇ;
sein eigen erscheint auch wie sein selbst prädicativisch, auf concretes eigenthum gehend:
freier:
sîd thô thesen thingon fuar Krist zen heimingon,
in selbaʒ gewi sînaʒ.
2, 14, 2.
er zah (zog) mit seim selbs aigen her.
bei gramm. des 15.—17. jh. 3, § 116.
sîner eigen kinde
was er sô vlîʒec niht sô sîn.
Trist. 56, 27 Maszmann;
nu wart im daʒ reine wîp
liep alsame sîn eigen lîp.
Wigalois 30, 36;
wir hören dann aus seinem eignen munde,
wie wunderbar die vorsicht ihn geführt.
13, 183;
was es (das herz) gewollt, was es verlor,
es bleibt zuletzt sein eigner thor.
47, 89;
(ich) bin des Friedlands knecht, so bald es ihm
gefallen wird, sein eigner herr zu seyn.
Piccolom. 4, 4.
wer mir den becher kann wieder zeigen,
er mag ihn behalten, er ist sein eigen.
11, 220;
doch wenn ein mann von allen lebensproben
die sauerste besteht, sich selbst bezwingt;
dann kann man ihn mit freuden andern zeigen,
und sagen: das ist er, das ist sein eigen (was er ist, ist sein werk, gehört ihm wirklich).
13, 184.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2,3 (1899,1900), Bd. X,I (1905), Sp. 345, Z. 66.
sein, adj.
sein, adj.,
mundartlich, sain, träge, saumselig Höfer 3, 58, langsam, spät, träge, traurig, kränklich. Schm.² 2, 286, soan, langsam. cimbr. wb. 234ᵃ, mhd. seine, sein, seim, langsam, träge, klein, gering, kurz, adverbial auch: kaum. Lexer mhd. handwb. 2, 858. 859, ahd. seine (unde sûmich). Graff 6, 239; ags. sæ̂ne Bosworth - Toller 811; altnord. neuisländ. seinn Cleasby-Vigfusson 520ᵇ, schwed. sen, dän. seen; got. zu erschlieszen aus sainjan, säumen, sich verspäten. 1 Tim. 3, 15; vom schwed.-lapp. übernommen als saines. Thomsen einfl. der germ. spr. auf d. finn.-lapp. 168. verglichen wird lat. segnis gramm. 1³, 184, auch serus, sanskr. sâyas, ende, abend und innerhalb des germ. got. seiþus, spät und seit. Schade² 2, 751. als zusammensetzung mit lang hat vielleicht das oben theil 6, 179 unter langsam erwähnte mhd. lancseine, -seime, -seim, ahd. *langseini, langseimi zu gelten. eine weiterbildung sainlich bietet Oswald v. Wolkenstein 65, 2, 8. fraglich ist, ob in der folgenden stelle eine weiterbildung vorliegt: sänig, wercklos und verdrieszlich.
quelle von 1586 bei Schm.² 2, 286. verbale ableitungen sind das oben erwähnte got. sainjan, altnord. seina, to delay, slacken. Cleasby-Vigfusson 520ᵃ, mhd. seinen, verspäten, versäumen, aufschieben, aufhalten, hindern. Lexer mhd. handwb. 2, 859, mundartlich: faul, schläfrig sprechen, singen, beten Schmid 490; sainlen, sauneln, saundeln, langsam sein im thun und sprechen. Schm.² 2, 286, soandlen, soanln, saundln, zögern, langsam, träge thun. Schöpf 577 (vergl. dazu auch säumeln 1 oben theil 8, 1910), davon die sainel, unausrichtsame person. Schm.² 2, 286, die soandl, der soandler. Schöpf 577 (daneben oberpfälz. seineln, schnurren, einen laut von sich geben wie die katze, wenn sie sich gütlich thut, oder schmeichelnd um etwas herumstreicht, schmeicheln; sich seineln, sich gütlich thun Schm.² 2, 286, vielleicht ein anderes wort, doch zeigt schmeichen, schmeicheln einen ähnlichen bedeutungsübergang, wobei allerdings die bedeutung 'schnurren' zurücktreten müszte. dazu seinerla, lockruf für katzen. Baierns mundarten 2, 267); altnord. neuisländ. seinka, to delay, slacken. Cleasby - Vigfusson 520ᵇ, deutsch mundartlich seinken, sich träge daher schleppen Schm.² 2, 286; soanzeln, im reden langsam, faul sein. Schöpf 577, daneben in gleichem sinne sienzeln ebenda, säinzeln Schm.² 2, 286. 316, seanzln, im reden mit der zunge anstoszen. Castelli 254, davon der säinzler, die säinzel. Schm.² 2, 286 (auch in weiter abliegender bedeutung ungestüm nach etwas verlangen, weinerlich bitten [von kindern]. Schöpf 673).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1900), Bd. X,I (1905), Sp. 365, Z. 66.
sein, n.
sein, n.
seemännisch für signal, plur. seinen 635, das holländ. sein, zeichen. dazu seinbrief, signalbrief, signalbuch, worin die bedeutungen der signale verzeichnet sind. 639.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1900), Bd. X,I (1905), Sp. 366, Z. 26.
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- bierstütze, f.
- biersuppe, f.
- biersupper, m.
- biersäufer, m.
- biertisch, m.
- biertod, m.
- biertonne, f.
- biertrichter, m.
- biertrinken, n.
- biertrinker, m.
- biertropfe, m.
- biertrunken
- bierverderber, m.
- bierverkauf, m.
- bierverleger, m.
- bierwage, f.
- bierwagen, m.
- bierwirt, m.
- bierwisch, m.
- bierwürze, f.
- bierzapfe, m.
- bierzapfer, m.
- bierzeche, f.
- bierzeichen, n.
- bierzeuge, m.
- bierziese, f.
- bierzwang, m.
- bierörte, f.
- biesam
- biese, f.
- bieseln
- biesen
- biesen
- biesen
- bieslauch, n.
- biest, m.
- biest, n.
- biestbutter, f.
- biester
- biester, m.
- biesterfrei
- biestern
- biestkuchen, m.
- biestkäse, m.
- biestmilch, f.
- biesze, f.
- biet, n.
- bietbret, n.
- biete, f.
- bieten
- bieter, m.
- bietersäcklein, n.
- bietler, m.
- bietlerin, f.
- bietz, m.
- bietzchen, n.
- bietzen
- bifang, m.
- bifangsweise, adv.
- biffen
- bigendsweise, adv.
- bil
- bilberschnitt, m.
- bilbiz
- bilch, f.
- bilchmaus, f.
- bild, n.
- bildbar
- bildbarkeit, f.
- bildblock, m.
- bildchen, n.
- bilde, f.
- bildeln
- bilden
- bilden, f.
- bilder
- bilder, m.
- bilderanbeter, m.
- bilderanbetung, f.
- bilderbibel, f.
- bilderblende, f.
- bilderbogen, m.
- bilderbuch, n.
- bilderbuler, m.
- bilderdeutung, f.
- bilderdiener, m.
- bilderdienerisch
- bilderdienst, m.
- bilderei, f.
- bilderer, m.
- bilderfeind, m.
- bilderfeindlich
- bilderfibel, f.
- bilderform, f.
- bilderfreund, m.
- bilderförmig
- bildergedicht, n.
- bilderhalle, f.
- bilderhandel, m.
- bilderheer, m.
- bilderhändler, m.
- bilderhässig
- bilderin, f.
- bilderisch, adv.
- bilderjagd, f.
- bilderjäger, m.
- bilderkammer, f.
- bilderkasten, m.
- bilderkram, m.
- bilderkrieg, m.
- bilderkrämer, m.
- bilderladen, m.
- bilderleer
- bilderlein
- bilderliebhaber, m.
- bilderliebhaberei, f.
- bilderlos
- bilderlust, f.
- bildermann, m.
- bildern
- bildern
- bildernaht, f.
- bildernarr, m.
- bilderrahmen, m.
- bilderreich
- bilderreihe, f.
- bildersal, m.
- bildersamlung, f.
- bilderschatz, m.
- bilderschau, f.
- bilderschere, f.
- bilderschrift, f.
- bildersprache, f.
- bilderstellung, f.
- bilderstreit, m.
- bilderstul, m.
- bildersturm, m.
- bilderstürmer, m.
- bilderstürmerei, f.
- bilderstürmerisch
- bildertafel, f.
- bilderuhr, f.
- bilderverehrung, f.
- bildervoll
- bildervorrat, m.
- bilderwelt, f.
- bilderwerk, n.
- bilderwitz, m.
- bilderzauberer, m.
- bildformer, m.
- bildgeklapper, n.
- bildgieszer, m.
- bildgieszerei, f.
- bildgraber
- bildgraberei, f.
- bildhauen
- bildhauer, m.
- bildhauerarbeit, f.
- bildhauerei, f.
- bildhauerisch
- bildhauerkunst, f.
- bildhaus, n.
- bildkraft, f.
- bildkunst, f.
- bildkünstler, m.
- bildkünstlerisch, adv.
- bildlein, n.
- bildlich
- bildlichkeit, f.
- bildlos
- bildlosigkeit, f.
- bildmacher, m.
- bildmasz, n.
- bildmäszig
- bildner, m.
- bildner, m.
- bildnerei, f.
- bildnergeist, m.
- bildnerin, f.
- bildnerisch
- bildnis, f. und n.
- bildnismädchen, n.
- bildnisverfertiger, m.
- bildpunct, m.
- bildsam
- bildsamkeit, f.
- bildschnitzen
- bildschnitzer, m.
- bildschnitzerarbeit, f.
- bildschnitzerei, f.
- bildschnitzler, m.
- bildschön
- bildseite, f.
- bildseule, f.
- bildspiel, n.
- bildstein, m.
- bildstelle, f.
- bildstock, m.
- bildsturm, m.
- bildstöckig
- bildstöcklein, n.
- bildstürmen
- bildstürmer, m.
- bildstürmerei, f.
- bildsäule
- bildträger, m.
- bildträgerin, f.
- bildung, f.
- bildungsanstalt, f.
- bildungsart, f.
- bildungsfähig
- bildungsgabe, f.
- bildungsgang, m.
- bildungsgeschäft, n.
- bildungsgesetz, n.
- bildungskraft, f.
- bildungslos
- bildungslustig
- bildungsmittel, n.
- bildungsplatz, m.
- bildungspracht, f.
- bildungssinn, m.
- bildungsspiel, n.
- bildungsstof, m.
- bildungsstufe, f.
- bildungsstätte, f.
- bildungstrieb, m.
- bildungsweise, adv.
- bildungswerk, n.
- bildvoll
- bildwerk, n.
- bildwesen, n.
- bildwirker, m.
- bilern, m.
- bilfinger, m.
- bilge, f.
- bilgenschneider, m.
- bilger, m.
- bilgerfart, f.
- bilgram, m.
- bilgramskleid, n.
- bilgramsteuern
- bilharz, n.
- bilhein, n.
- bill, f.
- bille, f.
- bille, f.
- bille, f.
- billen
- billen
- billente, f.
- billersteiferlein, n.
- billich
- billich, adv.
- billichen
- billichen, adv.
- billichkeit, f.
- billichmäszig
- billig
- billig, adv.
- billigen
- billigenswerth
- billigermaszen
- billigkeit, f.
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- billigmäszig
- billigung, f.
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- billing, m.
- billion, f.
- billmaus
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- bilsam
- bilsamkraut, n.
- bilse, f.
- bilse, f.
- bilsen
- bilsenkraut, n.
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- bilsensame, m.
- bilsenschnitt, m.
- bilsenöl, n.
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- bilwiszzotte, f.
- bimbam
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- biminze, f.
- bimmel, f.
- bimmeln
- bims, m.
- bimsen
- bimsstein, m.
- bin
- bindahle, f.
- bindaxt, f.
- bindbast, m.
- bindchen, n.
- binde, f.
- bindebalke, m.
- bindeband, n.
- bindebank, f.
- bindebaum, m.
- bindebock, m.
- bindebrief, m.
- bindedraht, m.
- bindehaus, n.
- bindeholz, n.
- bindeisen, n.
- bindekalk, m.
- bindeknecht, m.
- bindelohn, m.
- bindemesser, n.
- bindemittel, n.
- binden
- binder, m.
- binderei, f.
- binderin, f.
- binderlohn, m.
- bindescheide, f.
- bindeschlüssel, m.
- bindeschusz, m.
- bindeschusztritt, m.
- bindesparre, m.
- bindestein, m.
- bindestück, n.
- bindetag, m.
- bindewort, n.
- bindezeichen, n.
- bindezeug, n.
- bindfaden, m.
- bindfadenrolle, f.
- bindfutter, n.
- bindgarn, n.
- bindhammer, m.
- bindig
- bindlich
- bindling, m.
- bindloch, n.
- bindmesser, m.
- bindriegel, m.
- bindrieme, m.
- bindsalat, m.
- bindseil, n.
- bindsel, n.
- bindstock, m.
- bindung
- bindung, f.
- bindung, f.
- bindungsglied, n.
- bindungsmittel, n.
- bindweide, f.
- bindwerk, n.
- bindwurm, m.
- bindzeug
- binetsch, m.
- binge, f.
- bingeling, m.
- bingelkraut, n.
- bingelmütze, f.
- bingeln
- bingelsaft, m.
- binkebank
- binkeln
- binkeltopf, m.
- binken
- binkkachel, f.
- binne, f.
- binnen
- binnendeich, m.
- binnengericht, n.
- binnenhandel, m.
- binnenkammer, f.
- binnenland, n.
- binnenlehre, f.
- binnenländisch
- binnenmann, m.
- binnenmeer, n.
- binnenraum, m.
- binnensee, m.
- binnenwärts, adv.
- binnenzeit, f.
- binnenzoll, m.
- binnig
- binse, f.
- binsenartig
- binsenblume, f.
- binsendecke, f.
- binsengras, n.
- binsenkranz, m.
- binsenlager, n.
- binsenreich
- binsenstof, m.
- binsicht
- bippap
- bippapen
- bippaper, m.
- bippaperei, f.
- bippaperisch
- bir, f.
- birbaum, m.
- birbäumen
- birenbrater, m.
- birendörrer, m.
- birenstiel, m.
- biret, n.
- birgauge, n.
- birge, n.
- birgisch
- birgluft, f.
- birisch
- birkbaum, m.
- birke, f.
- birkel
- birken
- birkenbesen, m.
- birkenbusch, m.
- birkengretchen
- birkenholz, n.
- birkenmeie
- birkenmeier, m.
- birkenmeth, m.
- birkenpilz, m.
- birkenreis, n.
- birkenreisig, n.
- birkenreizker, m.
- birkenrinde, f.
- birkenrute, f.
- birkensaft, m.
- birkenschwamm, m.
- birkenspanner, m.
- birkenspinne, f.
- birkenthon, m.
- birkenvogel, m.
- birkenwald, m.
- birkenwasser, n.
- birkenwein, m.
- birkenwelle, f.
- birkenwickler, m.
- birkenzepter, m.
- birkenzucker, m.
- birkfuchs, m.
- birkgeflügel, n.
- birkhahn
- birkhahnenfusz, m.
- birkheher, m.
- birkhenne
- birkhuhn, n.
- birkicht, n.
- birkling, m.
- birkschlag
- birkwildbret, n.
- birkwurz, f.
- birling, m.
- birment, n.
- birmentin
- birnbaum, m.
- birnbitzel, m.
- birne, f.
- birnessich, m.
- birnicht
- birnlein, n.
- birnmost, m.
- birnmotte, f.
- birnsaft, m.
- birnstiel, m.
- birnwalze, f.
- birolt
- birsch, f.
- birschbezirk, m.
- birschbracke, m.
- birschbüchse, f.
- birschen
- birschfrevler, m.
- birschgeld, n.
- birschgenosz, m.
- birschgerechtigkeit, f.
- birschhund, m.
- birschjagd, f.
- birschmeister, m.
- birschordnung, f.
- birschpulver, n.
- birschrohr, n.
- birschschütze, m.
- birschstein, m.
- birschtag, m.
- birschwagen, m.
- birschzeit, f.
- birst
- birz, m.
- birz, m.
- birz, m.
- birzel, m.
- bis
- bis, praep.
- bisam, m.
- bisamblume
- bisameinen
- bisamen
- bisamgeruch, m.
- bisamknopfig
- bisammehl, n.
- bischen
- bischof, m.
- bischoferei, f.
- bischofsamt, n.
- bischofshof, m.
- bischofshut, m.
- bischofslarve, f.
- bischofsmütze, f.
- bischofssitz, m.m.
- bischofszettel, f.
- bischofthum, n.
- bischöflich
- biscot
- bise, f.
- bisem
- bisemapfel, m.
- bisemgeruch, m.
- bisemkuchen, m.
- bisemmaus, f.
- bisen
- bisher, adv.
- bisherig
- bishero
- bishin, adv.
- bislang, adv.
- bismer
- bismut
- bispeln
- bisse, m.
- bissel, n.
- bissenfischchen, n.
- bissenweise, adv.
- bissig
- bissigkeit, f.
- bissinger, m.
- bisten
- bisthum, n.
- bisweilen, adv.
- biswurm, m.
- bisz, m.
- bisz, n.
- bisz, praet.
- biszchen, n.
- biszedelmann, m.
- biszgurre
- biszhaft
- biszlein, n.
- biszmann
- biszwunde, f.
- bit, f.
- bitebau, m.
- bitig
- bitschaft, n.
- bitsche, f.
- bitscheln
- bitschen
- bitschuldig
- bittabend, m.
- bittbrief, m.
- bittdienst, m.
- bitte, f.
- bittel, m.
- bitten
- bitten, n.
- bittenlich, adj. und adv.
- bitter
- bitter, adv.
- bitter, m.
- bitter, m.
- bitterapfel, m.
- bitterbier, n.
- bitterböse
- bitterdistel, f.
- bittere, f.
- bitterecht
- bittererde, f.
- bitterfeind
- bitterfisch, m.
- bittergallig
- bittergroll, m.
- bittergurke, f.
- bitterherb
- bitterholz, n.
- bitterholzbaum, m.
- bitterigkeit, f.
- bitterkalk, m.
- bitterkalt
- bitterkeit, f.
- bitterkirsche, f.
- bitterklee, m.
- bitterknecht, m.
- bitterkraut, n.
- bitterkresse, f.
- bitterkürbisz, m.
- bitterleid
- bitterlich
- bitterlich, adv.
- bitterling, m.
- bitterling, m.
- bittern
- bittersalz, n.
- bitterschwer
- bitterspat, m.
- bittersüsz
- bittersüsz, n.
- bittertäschig
- bitterung, f.
- bitterwasser, n.
- bitterweide, f.
- bitterwein, m.
- bitterwurz, f.
- bittessen, n.
- bittfahrt, f.
- bittfrone, f.
- bittfuhre, f.
- bittgang, m.
- bittgesuch, n.
- bitthaft
- bitthaftig
- bittkauf, m.
- bittlich
- bittlich, adv.
- bittlichkeit, f.
- bittlied, n.
- bittlos
- bittrigkeit, f.
- bittschreiben, n.f.
- bittschrift, n.f.
- bittselig
- bittseligen
- bittseligkeit, f.
- bittsteller, m.
- bittstellung, f.
- bittung, f.
- bittweise, adv.
- bittwort, n.
- bittzettel, m.
- bitz, m.
- bitze, f.
- bitzel, m.
- bitzelechtig
- bitzelein, n.
- bitzeli, n.
- bitzeln
- bitzer
- bitzlecht
- bitzweize, m.
- bitzwurzel, f.
- bla
- blach
- blachfeld, n.
- blachfrost, m.
- blachgefilde, n.
- blachmal, n.
- blachmann, m.
- blachstirnig
- black, n.
- blacke, m.
- blacken
- blacker, m.
- blackerei, f.
- blackerer, m.
- blackert, m.
- blackfasz, n.
- blackfisch, m.
- blackhorn, n.
- blackscheiszer, m.
- blackscheiszerei, f.
- blackvogel, m.
- bladergans, f.
- bladern
- blaf
- blaffabilität, f.
- blaffen
- blaffer, m.
- blaffert, m.
- blage
- blagen
- blagen
- blahe, f.
- blahendig
- blaken
- blaker, m.
- blakerig
- blakern
- blamensier, m.
- blampen, verb.
- blan
- blan, interj.
- blane, f.
- blanen
- blangen
- blank
- blanke, f.
- blanke, f.
- blankfrost, m.
- blankscheit, n.
- blankschmied, m.
- blankstoszbock, m.
- blankstoszen
- blankwein, n.
- blankweisz
- blanzsche, f.
- blaphart, m.
- blappen
- blappermaul, n.
- blappern
- blar, n.
- blarre, f.
- blarren
- blarrer, m.
- blarricht
- blas, m.
- blas, m.
- blase, f.
- blasebalg, m.
- blasebalgmacher, m.
- blaseloch
- blasemeister, m.
- blasen
- blasen, n.
- blasenampfer, m.
- blasenartig
- blasenbandwurm, m.
- blasenbruch, m.
- blasenentzündung, f.
- blasenerbse, f.
- blasenerdrauch, m.
- blasenfieber, n.
- blasenfusz, m.
- blasengang, m.
- blasengriesz, m.
- blasengrundfeste, f.
- blasengrün
- blasenhals, m.
- blasenheide, f.
- blasenhelm, m.
- blasenhut, m.
- blasenklee, m.
- blasenkohl, m.
- blasenkopf, m.
- blasenkrampf, m.
- blasenkrankheit, f.
- blasenkraut, n.
- blasenkresse, m.
- blasenkäfer, m.
- blasennusz, f.
- blasenperle, f.
- blasenpflanze, f.
- blasenpflaster, n.
- blasenraum, m.
- blasenregen, m.
- blasenriedgras, n.
- blasenschaum, m.
- blasenschlagader, f.
- blasenschnitt, m.
- blasenschnur, f.
- blasensegge, f.
- blasenstaude, f.
- blasenstein, m.
- blasensteinsäure, f.
- blasenstich, m.
- blasenstrauch, m.
- blasenträger, m.
- blasenvorfall, m.
- blasenwurm, m.
- blasenwurst, f.
- blasenzieher, m.
- blasenzins, m.
- blasenzug, m.
- blasenöfnung, f.
- blaserohr, n.
- blashorn, n.
- blasicht
- blasse, f.
- blassen
- blast, m.
- blaster, n.
- blastücker, m.
- blastückerei, f.
- blasung, f.
- blasz
- blaszbleich
- blaszblühend
- blaszen
- blaszgrün
- blaszroth
- blateise, f.
- blatsch
- blatschen
- blatt, n.
- blatt und blosz
- blattauge, n.
- blattbeil
- blattblei, n.
- blatte, f.
- blatten
- blatter, f.
- blatteransatz, m.
- blatterbech, n.
- blatterbletzig
- blatterflechte, f.
- blattergift, n.
- blattergrube, f.
- blattergrubig
- blatterheiler, m.
- blatterholz, n.
- blatterig
- blatterisch
- blatterkrank
- blatterkraut, n.
- blatterkuchen, m.
- blattermase, f.
- blattermasig
- blattern
- blattern
- blatternarbe, f.
- blatternarbig
- blatternatter, f.
- blatterngift, n.
- blatternimpfung, f.
- blatterrose, f.
- blattersalbe, f.
- blatterscherer, m.
- blatterstein, m.
- blattersteppig
- blatterstüpflicht
- blatterzug, m.
- blattfederchen, n.
- blattfloh, m.
- blattfläche, f.
- blattgerippe, n.
- blattgerste, f.
- blattgestalt, f.
- blattgewebt
- blattgold, n.
- blattgräber, m.
- blatthalter, m.
- blatthuf, m.
- blatthufig
- blatthäutchen, n.
- blattkeim, m.
- blattknospe, f.
- blattkohl, m.
- blattkraut, n.
- blattkupfer, n.
- blattkäfer, m.
- blattkäferchen, n.
- blattlage, f.
- blattlahm
- blattlauf, m.
- blattlaus, f.
- blattlos
- blattlose, f.
- blattnagel, m.
- blattner, m.
- blattrand, m.
- blattraupe, f.
- blattreich
- blattrig
- blattrippe, f.
- blattroller, m.
- blattsalbe, f.
- blattsauger, m.
- blattscheibe, f.
- blattscheide, f.
- blattscheu
- blattschosz, m.
- blattschusz, m.
- blattseite, f.
- blattsetzer, m.
- blattsichel, f.
- blattsilber, n.
- blattstein, m.
- blattstiel, m.
- blattständig
- blattstück, n.
- blattumschlag, m.
- blattvergoldung, f.
- blattversilberung, f.
- blattweise, adv.
- blattweiser, m.
- blattwespe, f.
- blattwickler, m.
- blattzinn, n.
- blattähnlich
- blattähnlichkeit, f.
- blatz, m.
- blatzen
- blau
- blauammer, f.
- blauauge, n.
- blaubart, m.
- blaubeere, f.
- blaubelzchen, n.
- blaublühend
- blaubäckchen, n.
- blaubärtig
- blaudunstig
- blaue, f.
- blauen
- blauen
- blauente, f.
- blauer, m.
- blauerz, n.
- blaufarb
- blaufarbe, f.
- blaufelche, f.
- blaufen
- blaufeuer, interj.
- blaufusz, m.
- blaufärber, m.
- blaugeblümt
- blaugelb
- blaugestrümpft
- blaugewölbt
- blaugewürfelt
- blaugeäugt
- blauglanz, m.
- blauglas, n.
- blaugolden
- blaugrau
- blaugrundel, m.
- blaugrün
- blauheit, f.
- blauhell
- blauhimmel, m.
- blaukehlchen, n.
- blaukohl, m.
- blaukopf, m.
- blaukupfer, n.
- blauküpe, f.
- blaulicht
- blaulilie, f.
- blauling, m.
- blaumahl, n.
- blaumahlig
- blaumeise, f.
- blaumergel, m.
- blaumähnig
- blaumüller, m.
- blaumütze, f.
- blaunase, f.
- blauohr, n.
- blaurock, m.
- blauroth
- blausauer
- blauschecke, m.
- blauschielend
- blauschielicht
- blauschimmel, m.
- blauschwarz
- blauspat, m.
- blauspecht, m.
- blaustein, m.
- blaustroh, n.
- blaustrumpf, m.
- blausäure, f.
- blautaube, f.
- blauvogel, m.
- blauziemer, m.
- blauäugig, adj.
- ble, interj.
- blech, n.
- blechatsche, f.
- blechbiege, f.
- blechbüchse, f.
- blechdach, n.
- blechen
- blechern
- blechfeder, f.
- blechfeuer, n.
- blechhammer, m.
- blechhandschuh, m.
- blechhaube, f.
- blechhütte, f.
- blechkappe, f.
- blechklappernd
- blechle, n.
- blechlein, n.
- blechmann, m.
- blechmasz, n.
- blechmeister, m.
- blechmünze, f.
- blechmütze, f.
- blechpfennig, m.
- blechpforte, f.
- blechröhre, f.
- blechschere, f.
- blechschläger, m.
- blechschmid, m.
- blechstab, m.
- blechsturz, m.
- blechverzinnung, f.
- blechwaare, f.
- blechzange, f.
- bleckarsch, m.
- bleckdecke, f.
- blecken
Zitationshilfe
„bin“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/bin>.
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