Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

staubfaden, m.

staubfaden, m.

eingebettete Stichwörter in diesem Artikel

bezeichnet in der sprache der botanik jenen fadenartigen theil einer männlichen blüte, welcher den staubbeutel (s. oben) trägt. beide zusammen bilden das staubgefäsz (s. unten). von Göthes versuchen seiner morphologischen bestimmung: die geheime verwandtschaft der verschiedenen äuszeren pflanzentheile, als der blätter, des kelchs, der krone, der staubfäden, welche sich nach einander und gleichsam aus einander entwickeln 2, 6, 25 w. a. (metamorphose 4); so verändert sich meistens die einfache blume dann in eine gefüllte, wenn sich anstatt der staubfäden und staubbeutel blumenblätter entwickeln ebenda 25 (2); vgl. auch noch 49 (47); bemerkungen, dasz griffel und staubfäden auf der gleichen stufe des wachsthums stehen ebenda 62 (73). die anzahl der staubfäden in einer blüte und ihr verhältnis zu den blütenblättern gaben hauptbestimmungsmerkmale für das ältere pflanzensystem ab, deshalb unterscheidet man die (mit den blumenblättern) abwechselnden staubfäden Oken 2, 64 von den gegenüberstehenden staubfäden, welche am grunde eines blumenblattes, gleichsam seine abgelöste rippe bildend, stehen, denn die regelmäszige zahl der staubfäden richtet sich immer nach der zahl der blumenblätter ebenda. die verkrümmung der staubfäden tritt ein, wenn nicht alle staubfäden einer blüte, infolge einer ungleichen anordnung der letzteren, voll ausgebildet werden 3, 65; werden z. b. vier staubfäden paarweise ungleich grosz, so nennt man sie zweimächtig. 66. entsprechend heiszen sie viermächtig, wenn z. b. von sechs staubfäden nur vier voll ausgebildet sind. man findet einbrüderige staubfäden, wenn mehrere staubfäden röhrenförmig verwachsen sind (stamina monadelpha) 2, 65; löst sich ein staubfaden von dieser röhre ab, so heiszen sie zweybrüderig (stamina diadelpha) (ebenda), und trennen sie sich in mehrere bündel, so gelten sie als vielbrüderig ebenda.gegen diese seine wertung wendet sich Heines spott: die mutter verlangte den namen der blume zu wissen. ... der schweigsame begleiter öffnete jetzt auf einmal den mund, zählte die staubfäden der blume und sagte ganz trocken: 'sie gehört zur achten klasse' werke 3, 69 Elster (Harzreise); es ärgert mich jedesmal, wenn ich sehe, dasz man auch gottes liebe blumen, ebenso wie uns, in kasten geteilt hat, und nach ähnlichen äuszerlichkeiten, nämlich nach staubfädenverschiedenheiten ebenda; vgl. auch noch 26. im versuch, den höchsten grad weibischer prüderie auszudrücken: sie (Emerentia) mochte die blumen nicht mehr leiden, seitdem ihr ein durchreisender professor die bedeutung der staubfäden auseinandergesetzt hatte Immermann Münchhausen 1, 72. in dichterischer erschauung bewegt sich: bald sind die blätter des güldnen löwenzahns verwelket und das gespinn der staubfäden steht geisterhaft da Herder 24, 110 Suphan. bildlich: dieser ansehnliche gedankenstrich soll weder die sitzstange eines ausgeflogenen gedankens sein, noch der fühlfaden eines an sich unempfindsamen perioden, noch der staubfaden eines poetischen blümchens J. Paul 6, 9 vorr. (grönländ. proc. 2). — als weitere zusammensetzungen bieten sich:
staubfädenartig adj.
staminiformis Dietrich lexicon der gärtnerei und botanik 9 (1809), 466. —
staubfadenförmig adj.
staminiformis: staubfadenförmiger kranz einer blüte ebenda; staubfadenförmige blätter einer blüte Campe.
staubfädengleich adj.
sich staubfäden vergleichend:
ihr brautkelch ist die sonn', um die im ringe
staubfädengleich planeten stehn zur traue.
Rückert 7, 301.
staubfadenkranz, m. kranzförmige anordnung der staubfäden in einer blüte: die gefüllte blume ist oft handbreit, fleischroth, mit weiszen flecken gesprenkelt und dem staubfadenkranz geziert Oken 3, 1184. — s. auch oben staubfädenverschiedenheiten, plur. in dem beleg aus Heines Harzreise.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1910), Bd. X,II,I (1919), Sp. 1107, Z. 72.

Im ¹DWB stöbern

a b c d e f g h i
j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
starrschädel steglos
Zitationshilfe
„staubfaden“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/staubfaden>.

Weitere Informationen …


Weitere Informationen zum Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)