Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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stau, m.

stau, m.
stauung, hemmung von flieszendem wasser, wehr. eine nominalbildung zu stauen, vgl. dieses, die vom nd. ausgeht: mnd. dat stow(e), stouw(e), stu, s. Schiller-Lübben 4, 420ᵃ, schon früh bezeugt: de ponte usque ad locum, qui dicitur stowe. Oldenb. urk. v. 1258, s. ebenda. in neuern mundarten: stau 'die hemmung des wassers, wenn man dessen andrang überwunden hat. dat water im stau holden, das wasser zurück halten, wie z. e. der müller oberhalb der mühlen. daher sagt man auch uneigentlich: he het idt im stau, er ist in beglückten umständen, bey gutem vermögen, im vortheilhaften nahrungszustande; wie ein müller, der wasser genug zu seiner mühle vorräthig hat'. brem. wb. 4, 1007; altmärk. 'stau ein damm etc. wodurch man das wasser aufstauet oder absperrt'. Danneil 209ᵇ; preusz. stau, m. 'die hemmung, der aufenthalt; das anschwellen, steigen des wassers'. Frischbier 2, 363ᵇ; in Husum übertragen stau in 't lief, verstopfung; he kann keen stau in 't lief krigen 'er hat die diarhöe'. Schütze 4, 189. holl. stouw, stuw. im hd. findet sich ein vereinzeltes frühes zeugnis auf nd. boden: den 2. augusti (1586), hat graff Johan ... die pastey an der Harne zu Oldenburg .., da man den baum beim stauw schleust, auffziehen lassen. Hamelmann Oldenburg. chron. (1599) 438. daraus bei Frisch 2, 331ᶜ gebucht: der stauuw, stagnum, redundatio. ... das geseumte oder stehende wasser, stagnum. danach wiederum Scherz-Oberlin 1562 (staw, stauung). 1572 (stewe). Adelung kennt stau nur als nd. form für stauch, m., vgl. dieses. das geschlecht scheint im mhd. durchweg masc. zu sein (gegen mnd. neutr.), wie überhaupt bei dieser bildungsweise, s. Weigand 2, 802. Sanders 3, 1183ᶜ. nur Campe giebt 'die stau oder staue, o. mz., 1) der stillstand des wassers, da es eine kurze zeit bei der ebbe und flut still stehet, ohne mehr ab- oder aufzulaufen. 2) das stauen des wassers, die handlung, da man das wasser stauet'. als fem. sonst nirgends bezeugt. (pfälz. stau, f. steig, Autenrieth 136, gehört jedenfalls nicht hierher.) belege: über nacht ist das wasser hier wunderbarer weise gar nicht gewachsen; es musz daher oberhalb eine eisstopfung und stau entstanden sein, dasz es nicht herunter kann. Bismarck br. an s. braut s. 47; von dem gehemmten wasser: um den vorspringenden fusz des felsens ... wirbelten die wasserblasen, die gewalt des staues zog tiefe furchen in der fluth. Freytag 7, 457 (verl. handschr. 5, 3); gesetzlich ist der stau oder die lage der überfallsschwelle oder höhe der wehrkrone durch aich- oder hammpfähle fixiert. österr. staatswb. 2, 1544ᵃ. nach Sanders a. a. o. besonders in der verbindung im stau: das wasser ist im stau, zwischen ebbe und flut (vgl.stauwasser); das wasser im stau haben, halten vom wassermüller, ein rad geht im stau (stauch), wenn das wasser unten nicht ordentlich abflieszt.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1910), Bd. X,II,I (1919), Sp. 1069, Z. 11.

stauen, verb.

stauen, verb.
flieszendes wasser hemmen; waren fest schichten.in ganz verschiedenem sinne finden sich in den germ. sprachen verben gleicher oder ähnlicher lautform, die sich auf ursprüngliches *stôwjan oder *stawjan zurückführen lassen und deren zusammenhang nicht ganz klar ist. sie sind wol alle als eine causativbildung zu der idg. wurzel sthu-, einer nebenform zu wurzel sthā- (schwachstufe zu der weiterbildung sthāv-) 'stehen' oder als ableitungen von dem auf dieser beruhenden nomen *stōwō 'stelle, stätte' (in got. staua gericht, altn. stó, eld-stó feuerstelle, ags. stów, altfries. stō, überall fem., vgl. lit. stowà 'stelle, wo etwas steht') aufzufassen. dann entspricht genau slaw. staviti 'stellen' (von stavŭ stand); vgl. ferner lit. stowěti stehen, lett. stāwēt, s. Torp bei Fick⁴ 3, 493. Prellwitz etym. wb.² 440 (στύω). Franck 977. ten Doornkaat Koolman 3, 322ᵇ. folgende hauptbedeutungen lassen sich unterscheiden:
1)
urgerm. *stôwjan (bezw. *stôwian) 'richten', vgl. J. Grimm rechtsalterth. 748 f. dies wort deckt sich lautlich mit slav. staviti 'stellen'. die specialisirung der bedeutung läszt sich auf verschiedene weise vermitteln, einerseits mit persönlichem object, einen vor gericht stellen, oder sächlich, eine rechtssache festsetzen, entscheiden. dies verb liegt im got. und hd. vor.
a)
got. stojan (prät. stauida), dazu staua, m., richter, und staua, f., gericht. vgl. J. Grimm a. a. o. Paul in Paul-Braunes beitr. 7, 156. Uhlenbeck² 141. Th. v. Grienberger unters. zur got. wortkunde (Wien 1900) s. 198 f. (mit lett. entsprechungen).
b)
im ahd. hat stojan eine doppelte entsprechung, vgl. darüber Paul in Paul - Braunes beitr. 8, 214—6 und Kögel ebenda 9, 514 f., sowie H. Möller anz. f. d. alterth. 20, 118.
α)
lautlich entspricht genau stûen (für *stuojan, -en) mit der gewandelten bedeutung 'büszen':
uuê demo in vinstrî scal   sîno virinâ stûen.
Musp. 25.
so häufiger arstuen luere; arstuota, expendit, pertulit. daneben jedoch auch stuouuan corripere, stuoot quaeritur, zi stuuanne conquerendum, s. Graff 6, 728. vgl. noch stûatago gerichtstag (vom jüngsten gericht), Musp. 55.
β)
daneben steht ein häufiges verb mit kurzem vocal der stammsilbe (also einem got. *staujan — *stawida entsprechend) und der bedeutung 'schelten'; es glossiert queri, conqueri, causari, incusare, increpare, objurgare, invehere. neben der überwiegenden flexion nach der 1. schwachen classe: stou(u)uan, prät. stouida, -ita, stouta begegnen formen nach der zweiten: stouuônes, -ônti, stauuôs causeris, stouuôt quaeritur, stouuôta u. s. w. dazu ferner arstouuôn, irstou(u)ita, part. arstou(u)iti correpti u. s. w., s. Graff 6, 727. vgl. J. Grimm rechtsalterth. 748 f. 855 (⁴2, 356. 488).
c)
stouwen, stöuwen in der bedeutung 'schelten' lebt auch im mhd. fort bis ins 13. jahrh.:
sumiliche instnovten (l. in stouten),
vil harte si im drouten,
si baten in swigen.
Diemer ged. 239, 16;
vil harte si in stouten.
248, 6;
den richtære si steuten,
ze dem chæiser si im dreuten,
si sprachen: ob er genist,
des chæisers vriunt du niene bist.
urstende 106, 76.
danach sind wol auch folgende stellen mit acc. zu verstehen:
dem andern sol hie nieman droon (?)
noch mit scharphen worten stoun.
109, 5;
des begunden si im starke dröun
und ungezogenlîchen stöun.
Konrad v. Fussesbrunnen 2684 Kochendörffer.
ferner oft einen umb etewaʒ stöuwen:
der künic Tybalt hin zer wide
Arabelen dicke dreute:
Ebmereiz in drumbe steute.
Wolfram Willeh. 221, 30;
ich weiʒ wol, daʒ eʒ geschach
in schimpf unde in tagalt,
... umb daʒ sie sô mich stöut.
vil wart er umb die rede gestöut.
16845.
2)
vom 13.—16. jahrh. begegnet stöuwen, stouwen, stau(w)en in einer bedeutung, die nicht wol von der vorigen hergeleitet werden kann, so nahe sie sich zuweilen mit ihr berührt, nämlich 'einhalt thun, wehren, hemmen, hindern'. dabei ist die construction verschieden.
a)
zufrühest (im 13. jahrh.) mit acc. der sache:
ich weiʒ [wol], daʒ ir iuch (tuot) ze mîme schaden vröuwen:
doch wil ich iuwer valschen list mit vuoge stöuwen.
minnes. 3, 57, 12 Hagen (Rumelant);
kummer beschwichtigen, stillen u. ähnl.:
si begunden sich harte vröuwen
der râche und mit alle stöuwen
an ime alles jâmers muot,
als ein vrô herze tuot,
daʒ leides gar vergiʒʒet.
crone 19230;
al ir kumber wart gestöut.
22877;
ein trosteclichir clanc
der daʒ herze irfrouwet
und valschis (?) truren stouwit.
Hugo v. Langenstein Martina 28ᵇ, 52.
später in anderm sinne, gerichtlich, eine sache beilegen (?): die sache im besten helffen stauwen und nyderlegen Frankf. urk. v. 1442 bei Dief.-Wülcker 863.
b)
dafür selten der dativ der sache:
ich wil mîner vröude stöuwen,
ich möhte ir mê gemachen.
crone 25179.
c)
mit dativ der person; einen ärgern, verdrieszen, quälen, stören:
dà wider ein unvröude stöute
Artûse unde sînen man.
crone 11615;
dafür der acc. (?):
diu rede stöute in sêre.
28539.
d)
gewöhnlich doch in der bedeutung des wehrens:
als tuot der hofwart:
der bilt ie mê, sô man im stöut.
crone 17803.
so häufig im 15.—16. jahrh.: Abraham nam das swert und swang es auf in die luft, do was der engel gottes hie, und stauet im und wert im handschr. v. 1470 bei Schmeller² 709; das er do den lüten stouwe und were Straszb. quelle des 15. jahrh. bei Ch. Schmidt hist. wb. der els. mundart 342ᵃ; begert das man den chor mit einer brustgewer verschlagen wolt, domit das getreng nit so grosz würd, auch das man etliche knecht verordnet die den leuten stowen wolten Brant wyhe bisch. Wilh. v. Honstein (1507) s. cod. hist. de Strasb. 2, s. 254 (auch narrensch. 200ᵇ Zarncke. Ch. Schmidt a. a. o.); doch erschrocken die Römer so gar nichts ab dem schaden das man grösser müg und arbeit het inen zuͦ stauwen und weren (deterrendi et continendi), daz sie sich nit so sorglicher scharmützel underwünden, dann sie zuͦ reitzen oder ermanen Ringmann Jul. Caesar (Straszb. 1507) 113ᵃ (bell. Alex. 22); eim jungen kind ... dem lugestu uff ob es unzimliche wort rede oder schwere, das du im stoutest und treuwest im Keisersberg brös. 1, 70ᵃ bei Ch. Schmidt a. a. o.; die do für giengent, die schnawten jn (den blinden vor Jericho) an, überbolderten jn, stoͤwten jm das er solt schwygen, und nit also ein geschrey machen postill (1522) 1, 35ᵃ; die sprochent zuͦ jm. meister, geschweig, stoͤw, oder überbolder deine iüngeren. als ob sye spraͤchen. nit lossz sye also schryyen 116ᵇ;
und wan sie dir nit künnen stauwen,
so haben sie dir vil me getrauwen (gedroht).
redestu dem Luther noch ein wort,
sie wöllen es achten für ein mort.
Murner Luth. narr 449.
dazu: fieng ein mensch nur ein wenig an, sich mit usz treyben der laster zuͦ uͤben, ... so würd er sehen was im gebrest ... und gewunn mit im selber so vil zuͦ stowen, zuͦ meisteren, das er aller anderer leüt vergesse Keisersberg v. d. syben scheiden (1516) h 5ᵇ.
e)
mit angabe der sache daneben, zunächst im gen., einem bezw. einen eines dinges stouwen, ihn daran hindern:
hi vone er weiʒgot ir gebot,
daʒ si zu keiner hande not ...
zu gebesnitz (freigebig) enwere ...
sa sazte er ir zu biwar ...
ein deil strenger frouwen,
di ir des solten stouwen.
Elisab. 7936;
gleich eynem wasser, so sanfft geht
und dem keyn staden widersteht,
sobald es kompt an eynen strauch,
so laufft es erst ungstim und rauch,
dem gleichen auch Pentheus thet
do man in seinr wort gstawet het.
Wickram 7, 159 Bolte (Ovid 3, 1361).
dafür der acc.:
das sie mir aber schreiben stauwen,
und mir uff weiter schenden trauwen (drohen) ...
das groͤwet mich nit umb ein hor.
Murner Luth. narr 486.
3)
damit berührt sich die heute gewöhnliche bedeutung 'wasser hemmen', so dasz es nahe läge, die behandelte gebrauchsweise als freiere verwendung von dieser herzuleiten (vgl. Kluge⁶ 376ᵇ und die stelle aus Wickram bezw. Albrecht v. Halberstadt unter 2, e). doch stehen dem die thatsachen des sprachgebrauchs entgegen. stouwen 'wehren, hindern' ist dem ältern hd. (13.—16. jahrh.) eigenthümlich und begegnet fast nur in oberd. quellen; (wasser) stauen fehlt im ältern oberd. vollständig, ist vielmehr zunächst specifisch nd. und erst in neuerer zeit in die nhd. schriftsprache eingedrungen.
a)
auch dieses *stawjan ist wol als eine causativbildung in dem sinne 'stillstehen machen' von der wurzel sthu- herzuleiten, die in gr. στύω steifen, emporrichten vorliegt und u. a. deutschem steuer, stier, stutzen, stützen, stollen zu grunde liegt. weniger nahe liegt es, von einer andern idg. wurzel steu-, stū 'stopfen, verdichten, ballen' auszugehen, auf die stauche, staude (?) zurückgeführt werden, vgl. diese. s. Fick³ 3, 342. ⁴1, 147 und 145. 570. 3, 493. Prellwitz etym. wb. der gr. spr. 306 f. bezw. ²440 (unter στύω). Kluge a. a. o. Franck 977. Goedel etymol. wb. der seemannsspr. 460. auffällig ist, dasz im holl. neben stouwen auch (jetzt überwiegend?) stuwen vorkommt.
b)
das verb geht aus vom mnd., wo es seit dem 14. jahrh. als stouwen, stowen, stawen, stuwen nicht selten bezeugt ist, s. Schiller - Lübben 4, 420. bemerkenswert ist, dasz auch eine mitteld. quelle das reflexiv in bildlicher verwendung bietet. es lebt fort in den nd. mundarten: hamb. stauen 'hemmen, aufhalten. wird insonderheit vom wasser gebraucht, wann selbiges durch dämme oder schliessung der schleusen an seinem lauffe behindert wird' Richey 288; so auch osnabr. water stauen Strodtmann 380ᵇ; brem. wasser dämmen, auch af stauen, up stauen brem. wb. 4, 1007; südhann. stawen Schambach 208ᵃ; ostfries. stauen Stürenburg 262ᵃ, stôen, stôjen, stauen ten Doornkaat Koolman 3, 322 (a); holst. stauen Schütze 4, 189; altmärk. stau'n, uppstau'n Danneil 209ᵇ; pomm. stauen 'das andringende wasser zurückhalten' Dähnert 458ᵇ; hinterpomm. stauge nd. korrespondenzbl. 13, 86ᵃ; preusz. stauen Frischbier 2, 363ᵇ; in Liv- und Estland 'dämmen, den abflusz des wassers hindern' ('einige sagen unrichtig dafür staugen') Hupel 227. den hd. mundarten ist es fremd. (nur Schmeller² 2, 709 giebt stâuen, stæuen in diesem sinne; aus der schriftsprache?in Handschuhsheim dafür šwelə Lenz 68ᵃ.) holl. stouwen, stuwen, vgl. a.
c)
in den nhd. wörterbüchern seit dem 17. jahrh.: das wasser stauen Schottel 1421; einen flusz stauen, arborum truncos, cespites et saxa obmoliri flumini Stieler 2126; stauen neben stauchen (vgl. dieses III, 1) Kramer dict. 2, 917ᵃ; 'stauen, (wasserbau) den lauf des wassers hemmen' Jacobsson 4, 266ᵃ; 'das wasser stauen, es in seinem laufe aufhalten und dadurch in die höhe schwellen machen' Campe. s. auch Stenzel seemänn. wb. 400ᵃ (4). vielfach noch als nd. bezeichnet (neben hd. stauchen): im niders. ist für stauchen stauwen, und von diesem stemmen, stauwen Frisch 2, 331ᶜ; stauen ... nieders. stauen, ital. stuare ... 'im niedersächsischen und einigen andern gemeinen mundarten lautet dieses wort ohne hauchlaut stauen' Adelung (2, 3 und anm.); 'das wasser stauen heiszt machen, dasz es wegen des gehinderten abflusses anschwillt. dieser ausdruck aber ist blosz niederdeutsch. die Hochdeutschen sagen dafür stämmen, andere auch ... stauchen' Heynatz Antibarb. 2, 444. (umgekehrt bezeichnet Campe fälschlich stauchen als nd.) die litteraturbelege setzen im allgemeinen erst im 19. jahrh. ein (mit Jahn, Eichendorff, Heine u. s. w., s. unten); vereinzelte ältere belege s. unter d und f (Stolberg).
d)
zunächst eigentlich, transitiv, wasser, einen flusz stauen, vgl. oben: stouwan, schutten als men water stouwet Schueren Teuthonista 381ᵃ Verdam; dath die zelve Bernd of zine erven ... hebben vullecomene macht eweliche ... to dammene ind die Emeschere tho stuwene ... also, dat die Emeschere eren ganch hebbe tuschen den tven dyken ... ind valle op des vorseiden Berndes moln. were ouch zake, dath de dam uyt breke, ... so mach Bernd ... dammen ind dye Emeschere dvingen ind stuven Dortmunder urkundenb. 1, 509 (vom j. 1355); her Otto ... leyt stuwen boneden der stad dat water, dat utht den Garbroke kumt, dat um dat sloet geyt. do dranck syck dat water so hoge ynt more um dat sloet gelick off et eyn zee were Münstersche chron. 1, 173; up der stede, dar se buweden, mochte me stouwen dat water der Elmenowe hogher, wenne se wol lyden konden in der stad Lüb. chron. 2, 87 (zum j. 1443); dat water stouweden se so hoghe, dat id de stad vorvullede wente to den balken des huses Korner bei Schiller - Lübben 4, 420ᵇ. nhd.: soll kein wasser so hoch gequalt, zugelacht oder auffgetrungen, dasz die strassen oder wege vertrenckt, grundtlosz oder arg dadurch gemacht werden, sondern so ... jemandts einig wasser zu quellen oder zu stewen ... zugelassen wäre oder würde ... Gülich u. Bergische policey-ordn. (1696) s. 47, vgl. Frisch 2, 331ᶜ; zur zeit der wasserschwelle wird der höher als gewöhnlich aufsteigende strom durch einen querdamm gestaut Ritter erdkunde² 11, 608; wie wenn etwas eine röhre verstopft hat, das gestaute wasser erst heftiger und in stöszen gesprudelt kommt, ehe der gleichmäszigere flusz sich wiederherstellen kann Ludwig 5, 133; aber das wasser flieszt einmal den berg hinab. — es wird bald an eine schleuse kommen und dann für eine gute weile gestaut werden, brummte Mohr Heyse kinder der welt 1, 170; (im bilde:) das ringen aber bleibt keinem geschlechte erspart, ... nicht der kampf gegen jene, die den strom stauen wollen Anzengruber³ 4, 378;
es ist umsonst, sie stau'n mit macht den strom.
Grillparzer⁴ 7, 92 (weh dem, der lügt! 4);
je sichrer sie dein schifflein trug zur stelle,
wenn du sie nutztest, desto grimmer trachtet
dich zu vernichten die gestaute welle.
Geibel 2, 102.
so auch mit angabe des effects: man vermorastet die marschen durch fangdämme, einsumpft auen durch wehre ... und stauet wasserreiche thäler durch wall und mauer zu seen Jahn 2, 589 Euler (merke 162). der inf. substantivisch: um den karren und dem zugvieh einen weg durch den flusz zu sichern, stemmten sich die riesengestalten der männer mit ihren lindenschilden in langer kette gegen das reiszende wasser; im Kimbrerkriege sahen an der Etsch die Römer erstaunt, dasz die männer im strome die arbeit des stauens verrichteten, die man sonst wohl einmal der kraft der stiere und rosse überliesz Freytag 17 (bilder 1), 117.
e)
so reflexiv, in intransitivem sinne: das wasser staut sich an der schleuse; de Sassen hadden der Doringh so vele dot geslagen, dat de Unstrot dat water sick mydde stauwede mit den doden, dat me dar uppe over gingk script. rer. Brunsw. 3, 281 (Botho chron. Brunsv. pict.); hohl gurgelte das wasser und staute sich an den letzten stufen der treppe Freytag 5, 342 (soll u. haben 6, 4); wie sie (die gletschermasse) plötzlich anschwellt, und sich trübt, weil tief unten die gröszeren massen sich an unbekannten hemmnissen stauen Nitzsch deutsche studien s. 297. mit angabe des effects:
wo sich der fluss in einen see gestaut,
der eine stunde mag an breite messen.
Gries Bojardo 2, 2, 15.
so schon mhd., im ausgeführten bilde:
do uns geborn ein mensche wart,
der in den vluʒ (der gerechtigkeit) wart geleit,
als (so) daʒ die gerechtekeit,
die mit den luten vloʒ den val,
in der vinsternisse tal
sich stouwen muste und ufhaben!
pass. 3, 77 Köpke;
da die barmherzekeit
(die) sich stouwet und hin uf treit ...
biʒ zu der vreuden trone,
swaʒ in ir bevangen ist.
4, 81.
f)
in demselben sinne auch bloszes stauen; so schon mnd.: sunder reghen quam dat water ut der erden unde stowede so hoghe upwordes, dat it quam den perden bet to dem sadel Lüb. chron. 1, 67: ok in ener tyd weren se mit den gantzen heere in eme dale, dar stowede up en beke, unde vordrenkede des volkes een grot deel 38. so auch neund. 'aufsteigen, aufschwellen, wie das gestauete oder gehemmete wasser' brem. wb. 4, 1007. Stürenburg 262ᵃ. Frischbier 2, 363ᵇ; 't water fangt an to stôen, 't stôed op ten Doornkaat Koolman 3, 322ᵇ. stauend water 'wenn der strom zwischen ebbe und fluth gleichsam stille stehet' Richey 288 (auch: et is stahnde water). Schütze 4, 189. hierher die frühesten nhd. belege: die lava flosz wie ein breiter und tiefer strom gegen die stadt an. ... statt, wie man erwartete, die mauer zu stürzen, staute sie vor derselben, erhub sich und flosz über sie hinweg Stolberg 9, 230; wie wenn an einer stelle im gebirge ... eine plötzlich gehobene, unsichtbare schleuse einen wasserstrom in majestätischem sturze niederdonnern läszt, nur umgekehrt! hier staute plötzlich der volle strom und wie im nu waren die brausenden gewässer zum unheimlichen schweigen gebracht Gutzkow ritter v. g. 9, 367; gleichmässig die bergländer und die tiefebene bedeckend, mag der wald nur da von anfang an den gesellig lebenden graspflanzen gewichen sein, wo periodische überschwemmung und stauende bodennässe ihn verdrängten Bernhardt gesch. des waldeigentums (1872) 65;
die ströme werden nimmer rückwärts stauen.
Eichendorff² 1, 437.
g)
in neuerer litteratur sehr gewöhnlich von einer menschenmenge ('menschenstrom').
α)
transitiv selten, auszer im part.: einer nur, ein kranker gelber mann, schleppte sich teilnahmlos und mühsam durch die gestauten massen Ilse Frapan arbeit 251. (dafür gewöhnlich aufgestaut.)
β)
häufiger reflexiv: 'die menschen stauen sich, wenn bei groszem gedränge das vorwärtskommen gehindert wird' Frischbier 2, 363ᵇ; mit unwiderstehlicher wucht dringen die Germanen in das land ... endlich staut sich die fluth an einer stadt, deren bürger in der verzweiflung die mauern besetzen Freytag 17 (bilder 1), 117; für sie wehten diese fahnen, für sie staute sich die menge in den straszen Isolde Kurz lebensfluten 87;
doch siehe, da staut sich der völkerstrom,
nicht treibt's ihn, nach westen zu fluthen.
Scherenberg ged.⁵ 386;
so auch:
kaum dasz die hand des herrschers (kais. Wilhelms I.)
zurück den vorhang schnellt,
staut sich vor dem palaste
die buntbewegte welt.
236;
da packt die Trojaner entsetzen und grau'n;
es drängen, dasz wagen und leichen sich stau'n,
die scharen zur flucht.
Leuthold ged.⁴ 307 (Penthes. 10).
γ)
intransitiv: niemals staut der zug, unaufhaltsam strebt er vorwärts M. v. Ebner-Eschenbach meine kinderjahre 6;
nun, stauend wie ein mühlenbach,
zum lager schiebt es drängend nach,
es ist ein fürchterlicher trosz.
A. v. Droste-Hülshoff 2, 143 (d. schlacht im Loener bruch).
h)
in mannigfacher nuancierung wird stauen gelegentlich vom blute gesagt.
α)
mnd. transitiv, eine blutung stillen: naderwort mit mede ghedrunken stowet dat blot quelle bei Schiller-Lübben 4, 420ᵇ; dat blôd is nêt to stôen ten Doornkaat Koolman 3, 322ᵇ.
β)
reflexiv, im bilde: auch die unter der bezeichnung allegorisches und didaktisches erscheinenden stücke (Schnyders v. Wartensee) sind gehaltvoll. im gröszten derselben ... staut sich jedoch die poetische ader an einer kleinen hauptsache Keller nachlasz s. 26.
γ)
intransitiv, vom stocken des blutumlaufs: ein kaum spürbares rieseln war durch des knaben starre pulse geglitten, und wenn es auch sofort wieder staute, dennoch erklärte der doctor voll siegesgewiszheit: 'jetzt hab' ich ihn' M. v. Ebner-Eschenbach dorf- u. schloszgesch. 14. — ähnlich brem. 'idt stauet mi to koppe, wenn das geblüt, oder die dünste aus dem magen, mit einer plötzlichen hitze und röthe ins gesicht steigen' brem. wb. 4, 1007.
i)
selten wird stauen von festen körpern gesagt, deren bewegung gehemmt wird.
α)
mnd. trans., vom ruder: datt he ... datt rohr stauen scholde, darmede J. R. vorby dryven mochte brem. urk. v. 1564 bei Schiller-Lübben 4, 420ᵇ.
β)
intransitiv: das leben ist eine schublade, die nicht geht, stockt, staut, spannt Vischer auch einer 2, 318.
4)
schichten, fest packen. diese bedeutung hat das wort besonders in der sprache der Nordsee-anwohner.
a)
engl. stow (spr. stōu) packen, zurechtlegen, aufbewahren; dies geht zurück auf mittelengl. stōwin 'stow away, place' Stratmann-Bradley 582ᵃ, das offenbar eine verbalbildung zu dem subst. stōwe, f., platz, ist. dieses ist ags. stów, f., s. Bosworth - Toller 924ᵇ, das bereits vorgerm. gebildet ist, vgl. altfries. stoe Richthofen 1050ᵇ, altn. stó in eldstó feuerstelle, herd Cleasby-Vigfusson 126ᵃ, lit. stowà stelle, s. Fick⁴ 1, 147. 3, 493. Goedel etym. wb. der seemannsspr. 460. (das ags. verb stówian zurückhalten, zügeln, stouuigan retentare, läszt sich nicht direct mit dem heutigen stow identifizieren, sowol wegen der abweichenden bedeutung, wie wegen der nebenform steowien, steowe, stewen, s. Bosworth-Toller 924ᵇ.) vgl. Skeat 601ᵃ. Kluge-Lutz 201ᵃ.
b)
im deutschen besteht kein lautlicher unterschied gegenüber der vorstehenden bedeutung. auch diese gebrauchsweise ist zuerst im nd. zu belegen, wie sie überhaupt zunächst der seemannssprache angehört. doch im mnd. nur ganz vereinzelt nachgewiesen: dat schip is al vol ghestouvet (voll waren gestopft) Hans. rec. v. 1395 bei Schiller-Lübben 6, 273ᵃ. heute in den mundarten der Nordseeanwohner: hamb. stauen 'fest und gepackt zusammen setzen, insonderheit die waaren in einem schiffe, welche in der fahrt nicht müssen gerüttelt, gestossen oder zerdrücket werden; wiedrigen falls hat der schiffer nicht wol gestauet, und ist für den schaden gehalten' Richey 288 (so nicht in Osnabr. Strodtmann 380ᵇ); holst. Schütze 4, 189; brem. wb. 4, 1006 f.; ostfries. stauen 'fest u. dicht zusammenpacken, schichten (z. b. holz, torf, waaren im schiff etc.)' Stürenburg 262ᵃ, stôen, stôjen ten Doornkaat Koolman 3, 322ᵇ (c). so auch nl. stouwen, vetus vel tassen, acervare, accumulare, cogere Kilian 2, 644ᵇ. auch preusz. 'kunstrecht, fest und gedrängt verpacken, namentlich schiffsladungen' Frischbier 2, 363ᵇ. — auch in die nord. sprachen übernommen (?): dän. - norw. stuve, norw. stuva, stua Aasen 765.
c)
im nhd. erst in neuerer zeit nachzuweisen: wahren stauen bei Kramer dict. 2 (1702), 2, 917ᵃ, s. stauchen III, 2. sonst erst bei Jacobsson (1784) verzeichnet: 'stauen, (schifffahrt) soviel als schichten, die waaren so legen, dasz nichts verderbe, auch alles in gehöriger ordnung und dicht neben einander liege, doch so, dasz überall eine katze dazwischen kann, um die mäuse zu vertreiben' 7, 266ᵃ; 'waaren stauen, sie fest und so zusammenlegen, dasz sie ohne schaden zu leiden den wenigsten raum einnehmen. besonders in der schifffahrt, die ladung eines schiffes gehörig vertheilen und bequem fest legen, so dasz die güter weder gedrückt werden, noch ihre lage verändern können, und dasz auch das schiff, wie durch schlechte vertheilung der last geschiehet, weder dem stampfen und rollen ausgesetzt, noch zu sehr vorderlastig oder hinterlastig gemacht werde' Campe; s. ferner Krünitz 171, 72. Bobrik 660ᵇ. Stenzel seemänn. wb. 400ᵃ unterscheidet: '1) die arbeit des wegpackens von gegenständen an bord, besonders von gütern im raum; 2) eine aus verschiedenen waren und gütern bestehende ladung im schiffsraum unter berücksichtigung der schwere und des inhalts der einzelnen stücke sachgemäsz unterbringen, so dasz der laderaum möglichst vollkommen ausgenützt wird; 3) sachgemäszes unterbringen des inventars und materials an bord; auch verstauen.'
d)
litteraturbelege: nach dem nothwendigen hin- und herreden ... wurden die sachen der fremden jungfer auf den wagen gestaut Freytag 12, 84 (ahnen 5, 1, 5);
wo in den raum des schiffs man deine ballen stau't.
Freiligrath⁵ 1, 99.
dazu: der wackere steuermann versicherte .., ich könne ihn (den Klabotermann) selber sehr gut im schiffsraume hören, wo er die waren gern noch besser nachstaue. Heine 3, 100 Elster (Nordsee 3).
e)
daher übertragen im ostfries. für 'sehr sättigen' Stürenburg 262ᵃ; dat ëten stôed dügtig, dâr kan man nêt fȫl fan ëten, von dichten schweren mehlspeisen u. a. ten Doornkaat Koolman 3, 322ᵇ (b). dazu stausam, s. das.noch freier und allgemeiner im brem.: dat stauet nig veel 'das bringt nicht viel zu, der vorrath ist nicht grosz brem. wb. 4, 1007 (3), was auch zu 3 gezogen werden könnte.
f)
schwerlich gehört hierher die rätselhafte glosse: aggregatus ptc. gestv͡uet; sbst. eyn stvuenȗg der wort ader ander ding'. Dief. gloss. 18ᵃ.
5)
stauen als nebenform zu andern wörtern (stauchen).
a)
für stauchen, luxare, s. das. I, 4 (Stieler 2125 f.).
b)
ochsen stauen = stauchen, s. das. I, 2, a (Kramer dict. 2, 917ᵃ).
c)
das vereinzelte stauen vaporare, Stieler 2125 f., ist wol nur versehen für stauchen, s. das. III, 3.
6)
weitere abweichende bedeutungen finden sich vereinzelt in bair. mundarten:
a)
bair. stæuen, stáiə ̃ stellen, stützen, stemmen. den arm auf den tisch stæuen. sich á 'm tisch eini stáiə ̃, mit aufgestütztem ellbogen hinsetzen Schmeller² 2, 709 (c). vgl. stauchen IV, 3.
b)
tirol. stauen 'windig, stürmisch sein' Schöpf 703.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1910), Bd. X,II,I (1919), Sp. 1161, Z. 75.

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Zitationshilfe
„stauen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/stauen>.

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