Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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verreden, verb.

verreden, verb.
geloben, nicht wieder zu thun, falsch reden, mhd. verreden, mnd. vorreden. die bedeutung wechselt, je nachdem ver die stammesbedeutung färbt; in alter zeit wirkte ver intensiv, so mhd. verreden, bis zu ende reden, etwas redend zu ende führen (Lexer 3, 198), doch ist diese bedeutung im mhd. selten nachweisbar. vielleicht dürfen wir hierzu stellen die bedeutung 'durch reden versprechen, geloben, vertheidigen' (reflex.). aber ver in der bedeutung 'fort, hinweg' zeigt sich sowol in alter als in neuer zeit 'durch reden etwas fortschaffen, beseitigen, geloben, dasz etwas nicht geschieht'; dann wirkt auch ver dahin, dasz verreden 'falsch reden' bedeutet (s. oben 12). endlich kommen noch zwei bedeutungen von ver in betracht, die dem zeitwort die bedeutung des falschen geben 'falsch reden, in üble nachrede bringen' (s. oben 12, 54, 2) und die über das ziel hinaus, also verreden s. v. a. verplaudern (12, 55, 8).
1)
verstärktes reden: und (ich Götz) hatte wohl einem fürsten veredt und verheiszen, ich müszte sein feind sterben. Götz v. Berlichingen lebensbeschreib. v. Büsching u. Hagen 82; darum kan mir kainer icht liederlich sagen oder verreden, das ich jm nit könd nachgeben und darzuͦ ainer nit möge ia unnd nain sprechen. Frank Erasm. lob d. thorh. 114; die jungfrau ist schon verredet, desponsata iam est virgo. Stieler 1546.
2)
durch reden entschuldigen, vertheidigen:
komb wir wöllen in kuchen gan,
der muter sollichs zeigen an,
das sie beim vatter uns all bedt
der sach halb versün und verredt.
H. Sachs 3, 1, 43 (10, 172 Keller);
er bittet für den schwarm der hencker in den schmertzen,
verredet ihn: dasz er nicht wisse, was er thu!
Lohenstein geistl. ged. 119, 2199.
3)
verschwören, geloben, dasz etwas nicht mehr geschieht: nun kan die, so einen mann hat, das wiederheurathen leichter verachten, als verreden. Butschky Pathm. 91; warumb müssen etliche den taback verreden und verschweren, wollen sie anderst bey der liebsten keinen korb kriegen. Weise erzn. 157 neudruck; und ich gleichfalls das heyrathen überhaupt verredet und verschworen. Felsenburg 1, 315; die einzigen, mit denen ich es nicht verredet habe, zu fechten. Weisze lustsp. 1, 7 (1783); ich habe es verredet, in meiner gegenwärtigen lage, niemals wieder eine nacht in Braunschweig zu bleiben. Lessing 12, 404; ich möcht es verreden und verwünschen, meinem nächsten zu dienen. Lenz 1, 121;
drumb war ein sprichwort bei den alten,
man solt verreden, was man könnt halten
und theten solche leut anweisen,
zu verreden das nasen abbeiszen.
J. Ayrer O, 408 (3, 2049);
verzeih nur, wenn du hier kein würdig lob erlangst;
ich hab es schon verredt, die wahrheit mehr zu sagen.
nun gut, das will ich auch nicht ganz verreden;
um meines mantels willen nicht.
Lessing 2, 247.
mit folgendem infinitiv: gehabter selbiger freundschaft halber habe ich fast verredet nach seinem tode meine liebe einen andern genieszen zu lassen. pers. rosenth. 5, 17. mundartlich heute noch s. z. b. Hügel (Wien) 180.
4)
nicht bereden, unberedet lassen: wir haben dreimal von der arbeit zu reden angefangen, um derentwillen ich eigentlich hier bin, aber allemal ist verredet. Herder an Heyne (briefe von und an Herder) 2, 118.
5)
durch reden vertreiben, verscheuchen: o wie gern reiste ich mit um meinen lieben .. brüderlich zu umarmen und an seiner seite die last meiner hypochondrie einige tage zu verreden. Gellert 5, 107.
6)
schlecht von etwas reden, verdächtigen, mit ver in tadelnder bedeutung (s. oben theil 12, 54, 2); den adel hingegen verredete Ditmann, und dasz die fürsten durch ihre prüfung leicht würden erforschen können, ob es ihm ernst oder heucheley wäre. Lohenstein Armin 2, 1269; verredet, verdächtigt wird alles, was wir thun. Alexis Dorothe 2, 44; aber auch darum wollen sie dich verreden. 2, 45; aber wir haben zu viel feinde, die uns verreden, und zufrieden mit dem, was euch ausgemacht ist, könnt ihr ein erträglich leben führen. 2, 37.
7)
reflexiv, sich vertheidigen:
geh unerschrocken fort: es wird kein mensch dich nicht
rechtfertigen. ja, weil dein mund gutt römisch spricht,
wirst du dich auf den fall wol zu verreden wissen.
Lohenstein Sophon. 29, 281;
hört wie die heucheley sich zu verreden weisz.
50, 370.
8)
bei sich verschwören: es machte ihm also hier niemand den kopf grosz und er hatte nicht gelegenheit, sich zu verreden: dieser und jener solle ihn nehmen, wenn er eine stunde länger hier bleibe, als bis seine zeit aus sei. J. Gotthelf Uli d. knecht 2, 6; der (ein reicher bauer) nehme nun alle winter einen ins haus für 6 bis 8 wochen, weil er sich verredet habe, seine kinder nicht mehr ins alte schulhaus zu schicken. l. u. fr. eines schulm. 127.
9)
zu viel reden: er hat sich verredt, lingua precurrit mentem, verbum istud evasit. Stieler 1546; man hat sich eher verredt, als verschwiegen. Zinkgreff apophth. 238, 2; bald hätte ich mich verredet und gesagt .. Hippel lebensl. 1, 287.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1895), Bd. XII,I (1956), Sp. 999, Z. 10.

verreden, n.

verreden, n.
subst. infin. des vorigen, falsches, unrichtiges reden. Adelung vers. 4, 1495.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1895), Bd. XII,I (1956), Sp. 1000, Z. 22.

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Zitationshilfe
„verreden“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/verreden>.

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