Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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schoren, verb.

schoren, verb.,
veraltetes und mundartliches wort, in verschiedenen bedeutungen, deren zusammenhang nicht ganz klar ist.
1)
das niederd. sprachgebiet kennt ein verb. schören, das sehr wahrscheinlich eine ableitung von scheren ist und also ursprünglich 'schneiden' bedeutet, gewöhnlich aber im sinne von 'zerreiszen' (transitiv und intransitiv) steht. so mnd. schoren Schiller-Lübben 4, 119; breken, schoeren, ryten, frangere, rumpere, s. ebenda; lacerare .. schoren (voc. von 1420) Dief. gloss. 314ᶜ; laciniare .. scoren, schoeren 315ᵃ, laniare 317ᵇ, rumpere .. schoren, schorren, schoeren 503ᶜ, vergl. Dief.-Wülcker 844; unde Peter venck so vele vissche to eynen worpe, dat sijn nette schoren wolde. Veghe 45, 38;
do krech de van yw eynen stod ...
so dat em dat fel moste schoren.
Reinke de vos 5442, vgl. auch brem. wb. 4, 675.
ebenso mnl. scoren, scuren, reiszen, bersten, nnl. scheuren geschrieben, vgl. Franck 845; scheuren, schoren, rumpere, disrumpere, lacerare, dilaniare, divellere, scindere, et rumpi, agere rimas Kilian.in heutigen nd. mundarten so nur noch im ostfries. schören, spalten, reiszen, brechen, bersten, springen ten Doornkaat Koolman 3, 135ᵇ. im brem. wb. 4, 675 bereits als veraltet bezeichnet. sonst in der bedeutung 'schneiden, absondern', auch afschoren, dörschoren, so in Hamburg Richey 237, vgl. brem. wb. a. a. o. Strodtmann 374ᵇ ('hier scheeren'), ferner in Holstein und Pommern Schütze 4, 61. Dähnert 412ᵃ. in Hamburg auch für 'reiben, verletzen, abstoszen', de huut is man eben schöret, suprema tantum cutis leviter perstricta est Richey 238, vgl. brem. wörterb. a. a. o. Strodtmann 374ᵇ (danach in Bremen und Osnabrück dafür schüren, also wol zu schauern).
2)
im hochd. dagegen ist die herrschende bedeutung 'mit der schaufel oder dem spaten arbeiten', also eine ableitung zu schore 1 oder auch zu scharren, vgl.: schoren, ist soviel als scharren oder scheuren, scabendo purgare Frisch 2, 220ᶜ und Krünitz 147, 747. so schon mhd. schorn, s. Lexer handwb. 2, 772 f., nhd. schorn schon bei Clajus 109, 17 Weidling, vgl. s. xxxix, auch in neuern mundarten noch weit verbreitet. im einzelnen
a)
schaufeln, zusammenscharren Schm. 2, 459. Weinhold 87ᵇ, den mist im hof zamschoren (vgl. schormist). quelle v. 1392 bei Schm. a. a. o.
b)
hierher wol auch: schoren, des landes getreyde einsamlen und vom feld weg nehmen, amasser le grain des champs et l'emmener Hulsius 288ᵇ; schoren, colligere frumentum, das getraid vom felde einsamlen. Schottel 1407; geschoret, präs. ich schore, colligo frumentum Steinbach 2, 493 (von Campe zu 1 gestellt).
c)
den unrat zusammenkehren und dadurch das haus reinigen; so jetzt besonders in der Schweiz und Tirol, auskehren, vom dünger Stalder 2, 348, den straszenkot zusammenscharren und wegschaffen, den kot von den schuhen scharren Seiler 263ᵇ; abschore den kot vom stallstroh entfernen Hunziker 230; schorra, schora schaufeln, wegkehren, schnee schora, de stall schora, den dünger im stall ausfegen Tobler 399ᵃ. Schöpf 644: ein stat paumeister soll die vorwerck und sunderlichen unter den thoren allenthalben ... raumen und schoren und auszfüren lassen. Tucher baumeisterb. 256, 24 Lexer; jetz aber damit niemand dero, so schuld am todschlag trugend, in jr statt fluche, liessend si die beschliessen, und mustend dem härd darvon rumen und schoren, dasz sis möchtind zubringen. Tschudi 1, 242. vgl. auch: die zän radtsamen, schoren oder seüberen mit einem bein, scarificare dentes osse Maaler 361ᵃ.
d)
mit der haue behacken und dadurch von unkraut reinigen, z. b. das maisfeld, den weinberg Kramer 121, krauten Stalder 2, 348.
e)
mit dem spaten arbeiten, umgraben Schmid 477; schora, 'rumschora Sartorius 113, s. auch Schm. 2, 459 ('in Franken und weiter hinab') und: umschoren, für umgraben, als man in den gärten thut, fodiendo colere, im nieder-teutschen Frisch 2, 220ᶜ;
und got der son das vetterlich wortt
selber jn dem gartten hackt und schortt
und got der heilig geist darein seet und egt.
fastn. sp. 1154.
f)
schoren, polieren (in den nadelfabriken zu Schwabach) gehört wol nicht hierher, sondern zu scheuern Schm. 2, 459.
3)
ein weiteres schoren stellt sich zu schore 2: schooren, fulcire, suffulcire, adminiculare, pedare, statuminare Kilian, jetzt holl. schoren stützen. hierzu das rheinische schoren, ein festsitzendes schiff mit einem langen hebel wieder flott machen Kehrein 1, 365.
4)
weitere besonderheiten. a) schören, bei den webern, für anschirren Jacobsson 7, 268ᵇ. b) in Kasseler schulen schoren, zu-schoren sich aushelfen mit dem frühstück, oder durch zuflüstern Pfister 266. 5) vgl. auch schorren.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 9 (1897), Bd. IX (1899), Sp. 1574, Z. 18.

verschorren

verschorren,
1)
part. zu dem alten, nhd. nur in dieser form erhaltenen verscherren, wofür jetzt verscharren, s. daselbst. zu den belegen sind folgende nachzutragen: als erstlich, sind in dis 5. cap. (Matth.) gefallen, die groben sew und esel, juristen, und sophisten .. die haben aus dieser schönen rosen, solche gifft gesogen, und in alle welt gestrewet, damit Christum verschorren, und den endechrist erhebt und erhalten. Luther 5, 343ᵇ; das heiszt ja Christum fein rein weggenomen, und nicht allein ungekennet, sondern schlecht gar zugedeckt, begraben, und verschorren. 7, 170ᵇ; und in die erde wie steintodte leute verschorren werden. Mathesius post. 1, 113ᵃ. das präs. wird im mhd. wb. und bei Lexer handwb. 3, 215 aus Megenberg 415, 8 angeführt, doch in der unregelmäszigen form eʒ verscherret, die vielleicht richtiger zu einem schwachen verscherren anstatt verscharren zu beziehen ist (vgl. wirret Megenberg 293, 36).
2)
daneben findet sich mhd. ein schwaches verb. verschorn, zuschaufeln, verscharren Lexer handwb. 3, 217, das eine dritte ablautstufe neben verscharren und verscherren darstellt.
3)
über ein weiteres verschorren s. verschurren.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1895), Bd. XII,I (1956), Sp. 1145, Z. 69.

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Zitationshilfe
„verschorren“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/verschorren>.

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