Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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schwadronieren, verb.

schwadronieren, verb.
1)
viele worte machen, schwätzen; oft mit dem nebensinne des renommistischen; in diesem sinne ist das wort seit dem vorigen jahrhundert litterarisch bezeugt und vielfach in die volkssprache gedrungen: schwadroniren, viel worte machen Kindleben bei Kluge studentenspr. 124ᵇ, schwadroniren, vieles über eine sache schwätzen (Pfalz) Klein prov.-wb. 2, 147; schwadronier'n, viel und prahlerisch reden. Schöpf 655. Sartorius 114; vgl. Hügel 145ᵇ. Kleemann 20ᶜ. Albrecht 208ᵇ: ha! werden unsre schwadronirenden hofjunker sagen, man sieht immer, dasz er kein cavalier ist. Göthe 10, 102; in diesem tone fuhr er fort zu schwadroniren. 20, 302; er wunderte sich nicht wenig über mein schwadroniren. 25, 230; bei tafel im hauptquartier schwadronirte ein major viel über künftige belagerung. 30, 290; dieser mensch hatte eine gabe zu fabuliren und zu schwadroniren, wie ich sie noch nimmer bei jemand wahrgenommen habe. Immermann Münchh. (1841) 1, 177; die wilden menschen, deren reden und schwadroniren schon von weiten sich hören liesz. 4, 82; indem sich ein junger mensch discutierend zu mir setzte und so entsetzlich schwadronierte, dasz die milch auf dem tische sauer wurde. Heine 3, 27 Elster; fing ich in hoffnungsvollem liebes-übermuth verschiedenes von frauengunst zu schwadroniren an. Mörike 2, 49; sie schwadronirten hin und her. Gotthelf Uli der knecht 315 Vetter;
den ellenbogen aufgestemmt
sasz ich in meiner sichern ruh,
hört all' dem schwadroniren zu.
Göthe 12, 191;
den gegner lange schwadroniren hören,
steht alten weibern gut.
H. v. Kleist Amph. 3, 10.
transitiv: vors andre schwadronirt er seine eitle engländische sprache. Hermes Soph. reise 1 (1776), 7. hierzu schwadroneur, m. schwätzer, groszsprecher, vgl. Hügel 145ᵇ. Schöpf 655. Albrecht 208ᵇ. schwadronierer, m.:
und jenen schwadronirer, prinz von Wales.
Shakespeare Heinrich IV 1, 1, 3.
2)
vergessen ist schwadronieren im sinne von herumstreichen, sich herumtreiben: sieh dich vor, hauptmann! es spukt! ganze haufen böhmischer reiter schwadroniren im holz herum. Schiller räuber 2, 3 schauspiel; was? seinen bruder länger in dem luderleben verwildern zu lassen, der mit spielern und buben im lande herumschwadroniert. Göthe 57, 153; auch die folgende stelle gehört wol hierher:
sie (Fama) schämt sich nicht, und schwadronirt
herum in allen schenken,
hält jedem, und prostituirt
sich da auf allen bänken.
Blumauer Aeneis 1, 151 (1784).
3)
Jacobsson 7, 283ᵇ erklärt: schwadroniren, 'mit dem degen oder säbel, rechts und links, immer um sich herum hauen, um die feinde von sich abzuhalten'. er schwadronirt sich durch die kerls durch (haut sich durch). der junge Göthe 3, 587. hiermit vergl.: einwürfe gegen seine sätze werden seiner vertheidigung die gehörige richtung geben, da er jetzt blosz schwadronirt (hierzu die anm. ein ausdruck der fechtschule), und wohl noch nicht selbst weisz, wohin er seine individuellen hiebe richten soll. Lichtenberg 7, 203.
4)
aus dieser stelle ergiebt sich mit ziemlicher sicherheit, dasz der ausdruck schwadronieren für wildes, planloses fechten akademischen kreisen entstammt (vgl. schwadronenhieb). in denselben kreisen mag sich die übertragung auf planloses, groszthuerisches wesen vollzogen haben (vielleicht in anlehnung an schwadern, schwatzen). auch schwadroniren 3, sich herumtreiben (eigentlich sich herumschlagen?) kann aus dem fechterausdruck abgeleitet werden; dann würden Göthe und Blumauer den eigentlichen sinn genauer getroffen haben als Schiller.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 12 (1898), Bd. IX (1899), Sp. 2175, Z. 43.

verschwadronieren, verb.

verschwadronieren, verb.,
in wendungen wie: er hat sich verschwadroniert, in prahlerischem geschwätz eine unvorsichtige äuszerung gethan; vgl. schwadronieren th. 9, sp. 2175.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1905), Bd. XII,I (1956), Sp. 1189, Z. 8.

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Zitationshilfe
„verschwadronieren“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/verschwadronieren>.

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