Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

zänker, zanker, m., nomen agentis

zänker, zanker, m., nomen agentis
zu zanken und zänken; obd. früher ohne umlaut, heute noch landschaftlich; zäncker und zancker Alberus dict. (1540) e 3ᵇ; selten mit e: czenker (pl.) Tilo v. Kulm sib. inges. (1331) 91 Ko. (frühester beleg); diesen neidischen zenckern L. Thurneysser alch. 82. die wbb. übersetzen mit altercator, rixator, homo litigiosus (Steinbach 2, 1070), disceptator (Diefenbach 184ᵃ) und geben die vier hauptbedeutungen richtig an: 1) derjenige, welcher zankt, d. h. streit beginnt, schilt, mäkelt und schimpft, 2) der, welcher sich mit einem andern in streit, im wortwechsel, rechtsstreit, disput befindet; 3) und 4) beide bedeutungen können für eine vorübergehende handlung wie für eine eigenschaft (ein zu zank neigender mensch) verwandt werden.
1)
vom einseitigen zank: tadler, mäkler; stets in singularischem sinne gebraucht.
a)
von einer vorübergehenden handlung: da kostete ihr es mühe, nicht mit dem zanker zu zanken O. Ludwig ges. schr. 2, 357;
zank' o her mit meinen zánkern
Schede (Melissus) psalm. 127 ndr.
b)
häufiger einen zanksüchtigen, zum streit neigenden menschen bezeichnend, als attribut gern mit sinnverwandten ausdrücken zusammengestellt:
selig wird und soll sein friedfärtig,
der fluchs ein zäncker ist gewertig
Kirchhof wendunmuth 2, 172 lit. ver.;
aber der Belial ein grober und unverschämter zancker ist J. Ayrer process. juris 381; sogar noch mit verbaler construction: der zänker mit sich selbst Thümmel reise 1, 43; wahrhaftig! du hast mich aus einem spötter zum zänker gemacht. so sehr keife ich ohne die geringste ursache J. J. Schwabe belustigungen 1, 125; wenn ich ein zänker wäre, so würde ich sie fragen, wie es zugegangen ist, dasz ich keine (briefe) bekommen habe Klopstock briefe 222 Lapp.; solche falsche hofleuth, die ... in worten zucker, im hertzen zancker seynd Abraham a S. Clara Judas (1692) 3, 278; seit der 2. hälfte des 17. jhs. häufig endreimend mit stänker: dasz offt die ärgsten zäncker und stäncker denen unschul digsten und frömsten leuten überlegen seyn Chr Weise erznarren 22 ndr.; in den ruf eines zänckers und stänckers bringen J. Mattheson kleine generalbaszschule (1735) 32; in verbindung mit anderen ausdrücken für menschen mit ähnlichen charakterfehlern und anlagen: man gehet immer lieber mit ihm (einem frommen manne) um als mit einem zänker und trunkenbold J. M. Miller predigten 1, 79;
einen buhler, einen zäncker ...
hat in dem man zu erkennen,
den man kan versoffen nennen
Logau sinngedichte 209, 11 lit. ver.;
wobei gebiete des öffentlichen oder privaten lebens als deren nährboden erscheinen: eben dieses (die auferlegung einer geldstrafe) soll auch von den verläumbdern, schändern, schmähern und zänckern verstanden werden, wann sie gütlichen vergleich ... ausschlagen v. Hohberg georgica curiosa aucta 3 (1715) 41ᵇ; die männer, welche die ehre haben sollen, euch zu führen, dürfen keine breittreter sein, keine zänker und schwätzer, wie die fortschrittler! F. Lassalle ausgew. red. u. schr. 1, 132; die eigenschaftsbedeutung wird durch ein adj. hervorgehoben: ein beschwerlicher zänker, der sich aus verwandtschaft zu allen grobheiten berechtiget glaubt Lessing 10, 196 M.; von unliebsamen mahnern: die propheten musten nova tores, newling, zäncker und lermenbläser heissen Dannhawer catechismusmilch 4, 104;
klaff' um staat und kirch', o zänker!
lerm vermeid' ich stiller denker
J. H. Vosz sämtl. ged. (1802) 5, 275;
Voltaire ist ein nickelhafter zänker Fr. Th. Vischer altes und neues 3, 86; wie die alten philosophen ... durch ihre subtilen vernunftschlüsse ihre schüler nicht zu ... forschern der wahrheit, sondern zu zänkern machten: so macht ein solcher künstler die liebhaber ... zu eingebildeten, windigen virtuosen Sulzer theorie d. schönen künste 4, 727; von politischen widersachern, aufrührern:
so ist das gantze landvolck gut,
das uns keins wegs verlassen thut,
sonder helffn uns die zancker dempffen
J. Ayrer 2, 1017 Keller;
dieses gantzn kriegs redleinführer,
im volck die zäncker und auffrührer
ebda 1, 182;
es fehlen hier nur noch der zänker und der liberale Lichtenberg Hogarth. kupferst. 1, 98; als zuname für Heinrich von Bayern, kaiser Ottos I. neffen, Riezler gesch. Bayerns 1, 359; auf das gelehrte leben bezogen:
(den titel der juristen)
giebt man der ungelehrten schaar
der zänker und der rabulisten
Gottsched ged. (1751) 1, 177;
es finden sich unter den herren geistlichen ja solche ... miszgönstige und tadelsüchtige zäncker J. Rist friedejauchz. Teutschland (1653) vorber. (:) (:) 4ᵇ.
2)
vom wechselseitigen streit mit worten, auch wohl mit einer thätlichen zugabe, nur im plur. möglich
a)
von vorübergehenden geschehnissen: damit aber das fest nicht unterbrochen würde, stellte man gleich einen andern an die trommel und jagte die beiden zänker zum hause hinaus G. Forster schr. 1, 331;
die zänker machten
bald grössern lerm als der orkan
Pfeffel poet. versuche 7, 119;
itzt kömmt der bischof angefahren, hört im wagen
den lärm, geht in ein nahes haus,
und ruft die zänker vor
Ramler fabellese 3, 191;
das lustspiel die verliebten zänker ist aus den neuesten werken des ruhmvollen dr. Goldoni ... übersetzt worden sammlung von schauspielen Wien 1764—69 bd. 7, vorbericht s. 5; von thieren: nicht selten flattern zwei ... zänker ... in senkrechter richtung eine kleine strecke aufwärts, ehe eins nachgiebt (von rothkehlchen) J. A. Naumann naturgesch. d. vögel 2, 1, 404.
b)
eine neigung oder eigenschaft bezeichnend: dieses volk sind gute boxer, sie sind unruhige zänker, ... durch ihre ungestümen schlägereien und ihre händel berüchtigt Ritter erdkunde 7, 734; lasz die sonne nicht im zorn bey den zänckern untergehen B. Schmolcke trost- u. geistr. schr. 1 (1740) 34.
3)
in fach- und standessprachen: zänker gendarm, zänkerer polizeiwachmann H. Ostwald rinnsteinsprache 169; zancker ein schlagwerk zum eintreiben von pfählen Cgm 2941 f. 128 (Schmeller² 2, 1137); name der dachshunde: dem hunde den namen Zänkerle gegeben Auerbach schatzk. 1, 183 (Fischer 6, 1041). dazu das femininum zänkerin, zankerin (wofür kölnisch und hessisch zänkersch[e]), nur in der bedeutung zanksüchtige frauensperson, keifendes weib belegt, obwohl auch alle beim masculinum vorkommenden bedeutungen denkbar wären, vgl. z. b. man konnte die beiden zänkerinnen nicht von einander fernhalten. zuerst bei H. Sachs 20, 137, 8 lit. ver. anzutreffen: (sie) war ja eine stoltze zankerin; die übrigen belege aus der schauspiellitteratur des 18. jhs.: mich eine ... zänkerinn zu nennen! das geht zu weit! theater der Deutschen 1768ff. 14, 139; the taming of the shrew heiszt nicht die zahmgemachte zauberinn, sondern zänkerinn Gerstenberg recens. (d. lit.-denkm. 128) 44, 27;
nie war ich böse,
bin keineswegs geschickt zur zänkerin
Shakespeare 1, 244.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1925), Bd. XV (1956), Sp. 243, Z. 26.

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Zitationshilfe
„zanker“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/zanker>.

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