Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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gezahnt, gezähnt, participiale adjectivbildungen

gezahnt, gezähnt, participiale adjectivbildungen,
die mit umfassender bedeutung unmittelbar vom subst. abgeleitet sind.
1)
die ältere sprache hatte zwei diesbezügliche adjectivbildungen:
a)
er was starke gezan
als ein eber, nicht als ein man:
uʒerhalp des mundes tür
ragten si im her vür,
lanc, scharpf, grôʒ, breit.
Hartman v. Aue Iwein 455;
verwâʒe von mir den Satân
der ... als ein eber ist gezan.
Mariengrüsze 60 s. ztschr. d. d. alt. 8.
b)
Antilopus ein tier genamet ist mit namen ...
mit einem horne, daʒ eʒ treit ...
gezanet ze beiden siten scharf.
Boppe s. minnes. v. d. Hagen 2, 379ᵃ.
grôʒe swîn gezanet.
Ulrich v. Eschenbach Alexander 21663;
s. Jelinek mhd. wb. 319. vgl.farzanoten, laciniosis Graff 5, 685.
2)
die zweite bildung wird von der neueren sprache aufgenommen, die dabei zunächst umgelautete formen bevorzugtunverkennbar namentlich bei der beziehung auf organische gebilde, während die beziehung auf kunsterzeugnisse im dienste der technik den umlaut mehr und mehr meidet.
a)
serratus ... zerkärffet oder gezänet wie ein säge Ambros. Calepinus dict. undec. linguarum (1590) 1399; gezähnt, denticulatus Reyer (1645) g 4ᵃ; gezähnt, denté, dentelé Schwan 1, 751ᵃ.
α)
für werkzeuge der technik: darnach ist ... die ur erfunden worden, wölliche man stätigs sihet von mettallen, von gezennten redern, unnd gewichten Tat. Alpinus übers. des Polydor. Verg. v. erfindung der dinge (2, 5) 36ᵃ; noch ist eine manier das wasser zu heben durch gezähnte räder, die in einander schliessen Becher närrische weiszheit 199; ein gezäntes werkzeug, outil dentelé, qui a plusieurs dents Rondeau 2, Uu 4ᶜ; desgl. (gezähntes w.) Schwan 1, 751ᵃ; gezänte mauerkelle, tuelle brettée Rondeau, Schwan; ein gezänter mauerhammer, marteau bretté desgl.; mit gezäntem werkzeug abkratzen lassen Rondeau.
β)
für organische gebilde.
1))
sieh, in dem kraut versteckt, die krummgezähnete natter
ritzt der entfliehenden fuss, und hauchet ihr gift in die wunde.
Voss Ovid 2 (d. taucher 29), 248;
die käfer haben harte, hornige und meist stark gezähnte oberkiefer Oken allgem. naturgesch. 7, 12 (vgl. oben gezähnelt); die eigentlichen sirenen lassen sich daran erkennen, dass ihre kiefern gezähnt sind Brehm thierleben 2, 813;
da vertraute
die junge thierwelt, als ihr morgen graute,
den flügeln sich, noch ganz in harten schuppen.
noch stoben rauch der berge nackte kuppen,
und wie die wasserfluth allmählig staute,
so schwang es sich empor, gezähnt, und schaute
begierig aus nach grünen inselgruppen.
Hermann Lingg (urzeit) 2, 310.
2))
bei dem gezähnten blatte finden sich zwischenräume zwischen den spitzigen hervorhebungen, welche bei dem gesägten rande in einander übergehen Röhling Deutschlands flora 1, 150; gezähnte wurzel ... gezähnte staubfäden ebenda, kerbig ... grobgezähnt desgl.; die gezähnte hebenstreitie behauptet als zierliche form unter den schöneren kapppflanzen einen ansehnlichen rang Matthisson (er. 3 Pavia) 4, 102; und so schütt ich denn diese gezähnten sennesblätter in den fliehenden breiten strom des dunkeln lebens Jean Paul paling. 1. vorr. s. 36.
b)
gezant, wol gezant, dentatus, denticulatus; wie eine säge, serratus Henisch 1611.
α)
die form gezahnt hat sich vor allem in der sprache der technik behauptet und durchgesetzt:
1))
also mit eingreiffung der zähne in dem trillis Y, den stein umlauffend macht ... das grosse liegende rad B, welches oben und an der stirn gezahnt, und damit in die stecken bei A und C eingreiffet ... gegenwärtige mühl hat auch ein liegendes über sich gezahntes rad, welches in den liegenden trillis B eingreiffet G. A. Böckler schauplatz der mechan. künsten von mühl- und wasserwercken (Nürnberg 1661) 6ᵃ; durch den grossen trillis B, in welches stecken das grosse gezahnte rad C zugleich sampt dessen wellbaum K umgehend, und durch die gevierten schauffeln, so in den kasten G gehen, das wasser über sich hebet 6ᵇ. und so oft im wechsel mit kammrad (kamrad Z welches mit seinem kam in den trillis eingreifet 8ᵇ u. a.), einmal auch mit dem gezapften rad (s. gezapft), welche beide nach den beigefügten abbildungen mit dem gezahnten rad (zahnrad) identisch sind; vgl. dazu kleine fässer, die sich um ihre axe drehen, indem eine gezahnte stange, welche sich hin und her bewegt, in ein an jeder tonne befestigtes gezahntes rad eingreift Mitscherlich lehrb. d. chemie 2, 2, 402; gezahnte walze, zahnwalze, verzahnte räder, zahnräder Karmarsch 1⁵, 596; sägenartig gezahnte stahlblätter 706.
2))
und mit gezahnter Saturnusklinge verfolgt er
scherend verödete reben umher, und bildet sie schneitelnd.
Voss Virgils ländl. ged. (landbau 2, 249 curvo Saturni dente) 3, 249;
hängt sie den kessel an die gezahnte eisenstange, die wie ein schwarzer strich aus dem schwarzen schlunde des kamins auf das feuer herabgezogen ist H. Sohnrey im grünen klee 88;
gezahntes geräte und äxte, jetzt stumpf
zerfressen vom dust der urzeit.
H. Leuthold ged.⁴ 279;
seine säge besteht aus einem nur zwei zoll langen stück flins, das heisst feuerstein, mit unregelmässig gezahntem rande Vischer auch einer 1, 140; u. a.
β)
fast gar nicht dagegen ist die beziehung auf organische gebilde für gezahnt im gegensatz zu gezähnt bezeugt:
1))
so ist jeglicher mund geschickt die speise zu fassen
welche dem körper gebührt, er sei nun schwächlich und zahnlos
oder mächtig der kiefer gezahnt.
Göthe (metamorphose d. thiere) 3, 97.
2))
zwei andere zeugnisse gehören nur scheinbar hierher, in wirklichkeit ist die äuszere form des gezahnten auch hier durch menschliche thätigkeit hervorgerufen: vor sich die wimmelnde menge der schwarzen gondeln, deren stählerne gezahnte schnäbel bei jeder wendung ihre sonnenblitze über die wellen werfen Paul Heyse (Andrea Delfin) 2, 1, 156; gesetzt, einer nähme ein kurschwert und schnitte ihn (den reichskörper) damit wie einen ohrwurm entzwei, so würde sich die gezahnte hälfte, wie der gespaltene ohrwurm umkehren und den hinterrest rein aufspeisen Jean Paul Titan 1, 25.
3))
anders in berührung mit gezackt: hoch über dem thal fällt eine glühende röte über den gezahnten grat der steilen felswand L. Ganghofer doppelte wahrheit (1893) 12.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1913), Bd. IV,I,IV (1949), Sp. 6899, Z. 53.

zahnen, zähnen, verb.

zahnen, zähnen, verb.
zu zahn.
1)
zähne bekommen, ahd. (er) zanta, dentes ei orti sunt Graff 5, 685, präteritum einer ja-bildung, deren eigentlicher sinn ist: zähne hervorbringen, nhd. zänen, zän herausz lassen, dentire Dasypodius, dentes emittere Calepin (1570) 411, Stieler 2596, zähnen, dentire Schottel 1446, daneben das zanen, zanwachsen, dentitio Maaler 512ᵇ, zahnen, zähne bekommen, dentire Frisch 2, 463ᶜ, Adelung, Campe, heute in diesem sinne allein schriftgemäsz, auch mundartlich so Hügel 192ᵇ, Seiler 323ᵃ, Martin-Lienhart 2, 906ᵃ, Follmann 553ᵃ, Meisinger 209ᵃ, Hertel thür. sprachsch. 262, nd. tānen Bauer-Collitz 103ᵃ: das kind beginnet zu zänen, dentes puero nasci incipiunt Stieler 2596; da wir eine krankengeschichte jener unglücklich zahnenden person erwarten können Göthe IV 13, 118, 5 Weim.;
so launisch, wie ein kind das zahnt
IV 1, 170, 3.
von thieren: derselbe hat lehrreiche beobachtungen über die verschiedenen arten elephanten und ihr zahnen angestellt Oken 7, 1167. das zahnen der kinder galt in der älteren medizin und gilt volksmäszig noch heute als ursache mancher krankheiten, daher nähere bestimmungen gleich den folgenden: wenn er nicht etwa über die brust zahnt Görres br. 1, 249; els. dis kind zahnt durchs brüstel, bei luftröhrenentzündung, durch die glieder, bei gliederschmerzen, durichs büchel, bei durchfall, was als günstig erscheint Martin-Lienhart 2, 906ᵃ. mittel zur erleichterung des zahnens: eschen von den gebranten hundszänen ... mit butter die bilderen gesalbet, macht one schmertzen zanen Gesner thierb. (1563) 88ᵃ; die wolffs zäne eynem kleynen kinde angebunden ... befördern trefflich das zanen Sebiz 261; excellenz sind's gewesen, der vor fünfzig jahren einer lebendigen maus den kopf abgebissen haben, den Julie G. im ledernen säckel am halse tragen sollte, damit sie leichter 'zahnen' möchte Holtei erz. schr. 38, 102, vgl. myth. (1835) anhg. xc, 581 und Germ. 20, 349, 15 (Niederösterreich); man soll einem kinde mit dem wasser, aus welchem ein kreuzschnabel getrunken hat, die sog. zahnpillen (das zahnfleisch) einreiben, damit dasselbe leichter zahne Blaas in der Germ. 20, 352, 58 (Wien). zahnen in wortspielen: disz waren sein eingefaszte und angehenckte wolffszän zum zanen und zännen (s. dies unten) Garg. 197 neudr.; man hält die zeit, da die mädchen anfangen zu zehnen (13, 14 jahre alt werden), ... für gefährlicher als die, da sie anfangen zu zahnen Lichtenberg Hogarth. kupferst. 2, 11. bildlich: sie nennen daher gern denker ungläubige und heterodoxe wölfe, deren zähne glätten und zahnen helfen J. Paul 11/14, 278 Hempel; Sterne ist am unglücklichen vermehren der satiren schuld, bei dessen erscheinung alle kinder unserer schönen geister zu zahnen anfingen grönld. proc. 6. der inf. substantiviert, das zänen, herfürwachsung der zänen Calepin (1570) 411, das zahnen, dentitio Frisch 2, 463ᶜ, das zahnen der kinder Nemnigh lex. nosol.: es ist ein sehr hübscher aufsatz über das schwere zahnen der kinder darinn Göthe IV 11, 182, 2 Weim.; zu den seltensten fällen gehört das sogenannte dritte zahnen Sömmerring 2, 95; jetzt leidet er etwas am zahnen L. Schücking an A. v. Droste in den briefen beider 344; sie läszt ... dir sagen, der husten des jungen und die bräuneartigen zufälle Mariechens hingen lediglich mit dem zahnen zusammen Bismarck br. a. s. brt. 184. bildlich: schienen gedachte ich zu produziren für etwanige gefährliche brüche zwischen fürst und volk; ächtenglische zahnperlen oder wolfszähne, vor dem zahnen desselben, d. h. vor den wahlen anzuwenden Gaudy 8, 167.
2)
mit zähnen versehen. als verbum finitum naturgemäsz kaum anders als in bezug auf zahnähnliches, nach zahn II, 2, d und f: ein rad, einen kamm zahnen Adelung, zähnen Campe. meist im part. praet., schon mhd. gezanet und gezendet neben der adjectivbildung gezan Lexer mhd. hdwb. 1, 1000, nhd. auch schon früh mit und ohne umlaut bezeugt. dem eigentlichen sinne von zahn entsprechend: (der königsvogel) hât ainen snabel wol gezendet Megenberg 185, 8; ein grabstein ..., auf welchem das bild des todes mit stark gezahnten kiefern ausgehauen war Storm werke 7 (1899), 200;
so ist jeglicher mund (eines thieres) geschickt die speise zu fassen,
welche dem körper gebührt, es sei nun schwächlich und zahnlos
oder mächtig der kiefer gezahnt
Göthe 3, 89 Weim.;
bildlich: ich bin ... ein abkömmling des sogenannten grammatischen hundes, des gezähnten humanisten Scioppius, deutsch Schoppe J. Paul Tit. 1, 22. häufiger in bezug auf zahnähnliches. von andern theilen des animalischen körpers: die hörner waren gezant als segen Hartlieb Alexander 149ᵇ; die krebs ... haben auch ein jederer zwen arm mit gezännten scheren Heyden Plinius (1565) 372;
unt wie eʒ (ein thier) in den welden stæt' unbildet
mit einem horne, daʒ eʒ treit.
gelîch den sagen, in sîner stirne vorne ...
gezanet ze beiden sîten scharf
minnes. 2, 379ᵃ Hagen.
in der botanik: denticulati pili, gezähnte haare, die auf einer seite wie mit kleinen zähnchen besetzt sind Dietrich lex. d. gärtnerei u. botanik 3, 589; mentha dentata, gezähnte münze ... die blätter sind ... am rande sägeförmig gezähnt 6, 104. von theilen der unbelebten natur: kalksinter, in dem das abflieszende wasser sich weite, flache bassins bildet, deren ränder alle seltsam gezahnt ... erscheinen Ritter erdkunde 3, 667; erhöhungen (am sonnenrande): welche ... andere mit unbeweglichen, gezahnten, rothen flammen verglichen Humboldt kosmos 3, 389. in der baukunst, mit vorsprüngen, zinnen versehen: die vier thürmchen traten an den vier ecken des mauerwerks von werkstücken heraus, auch ein gezähnter gang zwischen ihnen war zur bessern vertheidigung hinaus gebaut Arnim kronenw. 1, 11.
3)
ahd. zanôn, mit den zähnen fassen, kauen, nagen, zerreiszen Graff 5, 685, neben zenden (*zandjan), beiszen 686 und der gleichbedeutenden weiterbildung zanigôn ebenda, mhd. frühnhd. zanen, kauen Lexer mhd. hdwb. 3, 1027;
die fressind hüner und hanen,
sinds nit gsoten, so müends (müssen sie) dran zanen
Liliencron hist. volksl. 1, 553 (nr. 121), 7 (von 1468);
bildlich:
ich mag nun nümmer an dir zanen
fastnsp. 844, 24 Keller.
daneben zanegen Lexer a. a. o. noch später mundartlich zanen, zanigen, mit den zähnen nagen, kauen, reiszen Schmeller ² 2, 1126/27. ebenso nd. tanen, nagen Schiller-Lübben 4, 509ᵇ, etwas zähes kauen, durch die zähne ziehen, bildlich einen verkleinern Strodtmann 241.
4)
durch zähne, zahnartige vorsprünge einfügen, frühnhd.: und der ain (bruch) ist nach dem sinn ainer segen in ainander gezent Braunschweig chir. (1539) 102ᵃ. reflexiv, bildlich: das alt und nuw testament, dieselben zanent sich gantz ineinander Keisersberg post. 3, 24ᵇ bei Schmidt els. wb. 434ᵇ. vgl. einzahnen, verzahnen.
5)
besondere technische gebrauchsarten, die sich wohl von 2) aus entwickelt haben.
a)
eine figur zahnen, bei den bildhauern, sie mit dem zahneisen (vgl. zahneisen 2 oben) bearbeiten Adelung, zähnen Campe.
b)
in der heraldik ist gezahnt oder gezähnelt (vgl. zähneln oben) soviel als: mit sehr kleinen spitzen besetzt, getheilt, gespalten Querfurth wb. d. heraldischen terminologie 54.
c)
gezahntes eisen, bei den eisenarbeitern, kraus geschmiedetes (vgl. zahneisen 4 oben) Adelung, das eisen zähnen. vgl. dazu auch zainen.
6)
sieh weiter zannen, zännen unten.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1925), Bd. XV (1956), Sp. 161, Z. 1.

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Zitationshilfe
„zahnen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/zahnen>.

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